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Schlagwort: Liebe

Emily Perkins: Die Forrests – Roman einer Familie

Emily Perkins: Die Forrests – Roman einer Familie

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Insgesamt haben die Forrests vier Kinder. Dorothy, Evelyn, Michael und Ruth. Daniel kam in schwierigen Zeiten in die Familie, als Freund Michaels. Die Kinder wachsen ohne Erziehung auf. Sie werden von alleine groß, fühlen sich frei in ihrer Wahlheimat Neuseeland, bis Geldsorgen alles kaputt machen. Als die Eltern Frank und Lee zurück nach Amerika gehen, nehmen sie nur die Jüngste mit.
Dorothy, Evelyn und Michael und natürlich auch Daniel bleiben und beginnen ihr eigenes Leben und überlassen alles dem Selbstlauf. Dorothy und Evelyn sind einander verbunden, aber erst als Evelyn nach einem Unfall und daran anschließender Krankheit verstirbt, beginnt Dorothy, die mittlerweile verheiratet ist und vier Kinder hat, ihr Tun zu hinterfragen.

Das Buch wird von einer traurigen Stimmung getragen. Inhaltlich ist es undurchdringlich und schwer zu erfassen. Die Vergangenheit drückt auf die Gegenwart, die auch nicht besser ist. Unschöne Erinnerungen sind stets präsent, schöne werden davon plattgewalzt. Man begegnet einem Durcheinander von Menschen, vor allem unglücklichen, die alle irgendwie zusammengehören und aus dem Dorothy erst zum Ende des Buches hin als roter Faden hervorgeht. Sie ist die einzige Person, der man ein wenig näher kommt, leider ohne sie zu verstehen.

Das Buch ist zutiefst deprimierend. Die Autorin unterstreicht diese hoffnungslos wirkende Stimmung mit ihrem Schreibstil. Dennoch bleibt es in den Gedanken hängen, setzt sich dort regelrecht fest. Es hat etwas Intensives, etwas Erschütterndes, das man nicht so schnell vergessen kann, auch wenn das eher unangenehm ist. Es ist die tiefe Traurigkeit, die sich einfach nicht abschütteln lässt. Das Buch ist nicht spannend, es gibt keinen Spannungsbogen oder ähnliches, nicht ergreifend und hat trotzdem etwas Fesselndes. Es ist verstörend, dass die Autorin mit ihrem Buch solche zwiespältigen Gefühle hervorrufen kann.

Rezension von Heike Rau

Emily Perkins
Die Forrests – Roman einer Familie
Aus dem Englischen von Anke Caroline Burger
400 Seiten, gebunden
Berlin Verlag
ISBN-10: 3827010764
ISBN-13: 978-3827010766
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A.F.Th. van der Heijden: Tonio

A.F.Th. van der Heijden: Tonio

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Trauer!

In unermesslicher Trauer und Beklemmung beginnt der Schriftsteller Th. van der Heijden seine Geschichte eines Requiems, das er dem Tod seines Sohnes gewidmet hat. Tonio ist an einem schönen Frühlingsmorgen im Mai 2010 von einem Auto überfahren worden. Er wäre gerade 22 Jahre alt geworden.

Angefangen von der Unglücksnachricht, die Unglauben verbunden mit der Hoffnung auf Rettung bei den armen Eltern auslöst, lässt der Autor die Jahre von der Geburt bis zum Schuleintritt noch einmal an seinem inneren Auge vorbei ziehen. Der Wechsel von den Gefühlen einer trostlosen Unfassbarkeit mit den frohen Erinnerungen an die Geburt und die ersten Jahre zeigt das Bild einer innigen Zugehörigkeit und tiefen Liebe zu dem einzigen Kind der Eltern.

In einem zweiten Teil geht es um die Jahre des Erwachsenwerdens mit all’ den schwierigen Trennungsproblemen, die das Alter der Adoleszenz mit sich bringt.

In einem unendlichen Reigen von Erinnerungen im Wechsel mit der traurigen Gegenwart erinnert der Autor sich seines Sohnes. Immer wieder treten Szenen des vergangenen Lebens vor das geistige Auge des Erzählers und schieben sich zwischen die Trauer der Gegenwart und die Erinnerungen an die zukunftsorientierte Vergangenheit. Freunde des Jungen werden ausgefragt nach den letzten Tagen und Stunden, und in seiner Spurensuche versucht der Vater zu ergründen, wie es zu dem unfassbar tödlichen Unfall kommen konnte. Die Trauer frisst die Eltern fast auf. Sie können sich einfach nicht an den Gedanken gewöhnen, dass ihr Sohn nie mehr zu ihnen kommen wird. Die versäumten Jahre werden quasi vorweggenommen, um zu zeigen, dass das Paar elternlos und ohne den Trost einer tradierten Weitergabe von Charakter und Gewohnheiten an Enkel und Enkelinnen sterben wird.

A.F. Th. Heijden versucht mit diesem Buch, sich den Kummer von der Seele zu schreiben. Es ist ein langes Requiem für seinen Sohn geworden. Fast sieht es so aus, als könnte ihm das Schreiben zu einer anderen Art von Zusammensein mit dem Sohn verhelfen.

Das Unglück aber ist tief und überschattet fortan den Alltag. Die Erinnerung kann niemals den Schmerz besiegen.

A.F.Th. Heijden
Tonio
671 Seiten, gebunden
Suhrkamp Verlag; Auflage, 2. Auflage, November 2011
ISBN-10: 3518422596
ISBN-13: 978-3518422595
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A. D. Milier: Die eiskalte Jahreszeit der Liebe

A. D. Milier: Die eiskalte Jahreszeit der Liebe

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Mütterchen Russland ist gar nicht so lieb, wie es sich anhört!

Rasant, flott und äußerst spannend kommt ein Roman daher, dessen Handlung in Moskau im nachkommunistischen Russland angesiedelt ist.

Nick, ein englischer Anwalt, arbeitet in einer Dependance seiner Kanzlei in Moskau. Diese beschäftigt sich mit internationalen Geldgeschäften.
Er ist schon etwas älter, und ihn haben die Abenteuerlust und der Heimatfrust in die Fremde verschlagen.
Hier in der aufstrebenden russischen Gesellschaft mit ihren zahlreichen mafiösen Strukturen hat ihn die Liebe erwischt. Doch kann man den beiden Schwestern Mascha, seiner vermeintlich großen Liebe, und Katja trauen?

Unheimlich ist der Kosak, ein verschlagener und windiger Typ, der immer zur rechten Zeit auftaucht, um Nick aus der Patsche zu helfen oder den Eintritt in einen besonderen Nachtclub zu ermöglichen. Er führt nichts Gutes im Schilde!

Nick gerät unschuldig und naiv in ein Verbrechen, das nur in diesem Land und in dieser Stadt so vorstellbar ist. Mascha und Katja mit einer Tante, die keine ist, sind die Drahtzieherinnen in einem dubiosen Korruptionsdrama.

Anhand der Geschichte von Nick wird einmal mehr erfahrbar, wohin Korruption, Machthunger, Armut und materielle Gier ohne staatliche und gesetzliche Kotrollen führen können. Russland mit all’ seinem Charme, seinen anarchistischen Lebenswelten und dem Leben als Glücksspiel mit Wodka, Mord und Totschlag erfährt in dieser Geschichte eine adäquate Darstellung.
Fast könnte man Mitleid bekommen mit Nick, der so naiv wie einfältig ist und nicht ahnt, welchen Intrigen er aufsitzt in dieser undurchsichtigen und rücksichtslosen Gesellschaft.

Mit eindringlichen Bildern beschreibt Milier das Klima, die Wohnungen, die Begegnungen und die äußeren Charaktere seiner Figuren. Man meint den eisigen Winter und das prickelnde Feuer kalter Luft auf der Haut zu spüren. Die Dunkelheit und die verstaubten Reste ärmlicher Wohnunterbringungen tun ein Übriges, um den Leser ganz in die Atmosphäre des russischen Winters eintauchen zu lassen.

Millier schreibt packend, einfühlsam, drastisch und warmherzig, wie es einem Ausländer in Russland ergehen kann, einem Land, in dem so ganz andere Regeln herrschen als in dem vergleichsweise biederen London oder dem verhältnismäßig angepassten Bürgertum der westlichen Welt.

Großartig gelungen ist das Debüt des jungen englischen Schriftstellers A.D. Milier, der für verschiedene angesehene Buchpreise, u.a. Booker-Preis, vorgeschlagen war.

A.D.Milier
Die eiskalte Jahreszeit der Liebe
288 Seiten, gebunden
S. Fischer Verlag, August 2012
ISBN-10: 3100490193
ISBN-13: 978-3100490193
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Robin LaFevers: Grave Mercy – Die Novizin des Todes

Robin LaFevers: Grave Mercy – Die Novizin des Todes

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Als Ismaes frisch angetrauter Ehemann hinter ihr Geheimnis kommt, scheint ihr Schicksal besiegelt. Doch eine alte Kräuterfrau verhilft ihr zur Flucht. Im Kloster St. Mortain findet Ismae Sicherheit. Ihr wird offenbart, eine Tochter des Todes zu sein, ausgestattet mit beachtlichen Gaben. Ihr ist bestimmt, dem Gott des Todes zu dienen und für ihn zu töten. Drei Jahre wird Ismae im Kloster ausgebildet, dann wird ihr der erste Auftrag zugeteilt. Sie meistert ihn mit Bravour. Auch der zweite Auftrag wird ausgeführt. Doch beide Male kreuzt sie die Wege von Gavriel Duval, dem Ratgeber der Herzogin der Bretagne, und vereitelt seine Pläne. Um eine bessere Zusammenarbeit zu gewährleisten, oder vielmehr um ihn auszuspionieren und seine wahren Motive in Erfahrung zu bringen, beschließen die Äbtissin und Kanzler Crunard, ihm Ismae als seine Mätresse zur Seite zu stellen. Duval ist alles andere als begeistert.

Ismae gerät mitten hinein in Intrigen, politische Machenschaften und Ränkespiele bei Hofe. Dementsprechend spannend ist das Buch. Lange Zeit lässt sie sich von den Befehlen des Klosters leiten und spielt ihre Rolle zuverlässig. Was den Leser an ihr zweifeln lassen könnte, ist ihre Kaltblütigkeit auf der einen Seite und ihre Naivität auf der anderen. Diese Naivität gibt sie aber später auf, als sie beginnt, die Mordaufträge nicht mehr unbedacht auszuführen, sondern die Geschehnisse zu hinterfragen.

Es geht im Buch vor allem darum, einen gut getarnten und sehr schlauen Verräter zu finden und diesen aus dem Weg zu räumen. Dabei läuft einiges schief, weil man im Kloster mit falschen Informationen versorgt wird, aber daraus das weitere Vorgehen plant. Es kommt zu sehr vielen spannenden und auch sehr gefährlichen Szenen.

Wie zu erwarten spielt auch die Liebe eine Rolle in dieser Geschichte. Ismae verliebt sich in Duval. Sie wehrt sich heftig gegen ihn, könnte doch auch er ein Verräter sein. Doch nach und nach verliert sich ihr Misstrauen und man kann beobachten, wie beide aufhören, sich an die Kehle zu gehen und sich langsam annähern. Die Autorin wählt oft sehr schöne Worte, um diese romantisch aufgeladene Atmosphäre zu beschreiben.

Überhaupt gefällt der Schreibstil ausgesprochen gut. Es ist leicht zu lesen, die Worte und Sätze fließen und man wird gut von diesem historischen Fantasy-Roman unterhalten.

Rezension von Heike Rau

Robin LaFevers
Grave Mercy – Die Novizin des Todes
Aus dem Englischen von Michaela Link
544 Seiten, broschiert
cbj, München
ISBN-10: 3570401561
ISBN-13: 978-3570401569
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Mariam Kühsel-Hussaini: Attentat auf Adam

Mariam Kühsel-Hussaini: Attentat auf Adam

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Religion und Glaube, zweierlei Maß

Auf einer Krankenstation in Jerusalem findet sich der ehemalige katholische Priester Adam Tressdorf benommen wieder. Sein alter Lehrer aus Regensburg, unschwer als Joseph Kardinal Ratzinger zu erkennen, beugt sich über ihn, und sie haben eine kurze Diskussion über den Glauben, dem beide anhängen. Adam allerdings war in eigener Mission hier in Jerusalem und ist bei einem Attentat verletzt worden.

In einer mystifizierenden Sprache meint man zu spüren, wie fragil Fragen des Glaubens zuweilen die Menschen bewegen.

Gespannt folgt man den Einlassungen der einzelnen Kapitel, die mit Sätzen aus den Rollen des Qumran überschrieben sind und sich an Kompositionen von Mozart anlehnen. Auf ein Fragment der Qumranrollen hatte es Adam bei seinem Besuch in Jerusalem abgesehen. Ein Zwischenhändler sollte es ihm übergeben. Bei diesem, dem Juden Daniel Seeliger, findet er Aufnahme und Gastfreundschaft. Im Gespräch zwischen den beiden Männern geht es u.a. um den Islam und das Christentum und den jüdischen Glauben. Es geht um ihre Verschiedenartigkeit und ihre Gemeinsamkeiten.

Die Tochter Seeligers, Nurit, wird zu einer beseligenden Liebeserfahrung für Adam, der früher Mitarbeiter beim Radio Vatikan war. In ihr findet er die Frau seines Herzens.

Die poetische Sprache der Autorin ist noch in Erinnerung durch ihren Roman „Gott im Reiskorn.“ Hier wiederholt sich ihre zarte Ausdruckweise in der Darlegung der tiefen Innerlichkeit der Gefühle zweier Männer, die sich als ehrenwerte Gegenüber erleben.

Wie die Autorin im Vorwort schreibt, ist dieses Buch „nicht für Menschen geeignet, die sich vor Schönheit und Seele, vor Wortrausch und Sprachfülle schützen wollen.“ In der Tat sind die Gefühlsausbrüche und tränenreichen Seelenergüsse nicht jedermanns Sache. Sätze wie “.. diese gegenseitige Hilfe, das packte nach Adams Herzen, schleuderte es in seinem Brustkorb umher…“ S.148 oder“..ihre Küsse verwandelten sich in den Gesang Papagenas…“ S. 150. Auch dieser Satz “neben ihm schlummerte Nurit, die Schwanenschultern leicht hebend und senkend. Der Atem eines Vögelchens kam aus ihrer Brust.“ Das ist alles ein wenig viel und nahe am Kitsch.

Mariam Kühsel-Hussaini ist Nachfahrin einer hoch angesehenen afghanischen Familie. Sie bedient sich einer blumigen und poetischen Sprache, in der sie die Tradition ihrer Vorfahren hoch hält. Mit ihrem neuen Roman beschreibt sie eine Liebesgeschichte, die eingebettet ist in Glaubensfragen und in die von Anschlägen gekennzeichnete Stadt Jerusalem. Sie verbindet Aktualität mit der seelenvollen Liebesgeschichte und tief innerlich erlebten Glaubensfragen.

Mariam Kühsel-Hussaini lebt heute in Berlin.

Mariam Kühsel-Hussaini
Attentat auf Adam
189 Seiten, gebunden
Berlin University Press, August 2012
ISBN-10: 3862800407
ISBN-13: 978-3862800407
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Lionel Shriver: Dieses Leben, das wir haben

Lionel Shriver: Dieses Leben, das wir haben

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Am Scheideweg zum Tod.

Shepherd und Glynis sind ein Paar in der Mitte des Lebens. Er will sich nach dem Verkauf seiner Firma, der einen großen Ertrag brachte, ein gutes Leben machen. Ob seine Frau Glynis, die Kunstschmiedin, das mitmachen will, steht dahin. Denn ehe man an die Veränderungen eines neuen und anderen Lebens denken kann, entdeckt man bei Glynis Krebs, und sie wird schwer krank. All’ das schöne Geld zerrinnt unter den hohen Ausgaben für das amerikanische Gesundheitssystem, und zerrinnen werden auch alle Hoffnungen und Beziehungen, in denen sich das Paar bisher geborgen fühlte.

Neben den eigentlichen Hauptakteuren bilden die Verwandten und Freunde das Umfeld, in dem sich das gesellschaftliche und “normale“ Leben abspielt.

Begleitet von den Kümmernissen und verletzten Lebenshaltungen der Lebenden, stößt Glynis zu der wahren Erkenntnis vor, die ihr niemand mit noch so verlogenen Zurufen nehmen kann: im Angesicht des Todes werden alle irdischen Vorkommnisse in Politik und Gesellschaft nachrangig. Ihre gesunde Reaktion auf die ganz gewöhnlichen Banalitäten des Alltags ist Wut; Wut auch auf ihren Mann, der ihr in seiner aufopferungswilligen Fürsorge fast suspekt erscheint. Sie, die vom Tod gezeichnet ist, erträgt zuweilen seine entsagungsvolle Zuwendung kaum mehr.

Der Durchbruch zur Realität des bevorstehenden Abschieds und seiner Folgen für alle ist die einzige Wahrheit, die in diesem Roman zählt. Sie wird mit harter Konsequenz unsentimental bis zum Ende durchgespielt.

Eine der stärksten Szenen in dem Buch ist der Ausbruch von Glynis, in dem sie die Lügen und den Eigennutz, die Verlogenheit der Tröstungen und die nachlassende Bereitschaft ihrer Freunde und Verwandten, sich ihrer überhaupt noch anzunehmen, herausschreit. Wie aber kann man es denn überhaupt noch jemandem Recht machen, der mit seinem körperlichen und seelischen Zerfallsprozess für die gesamte Umwelt die Grenzen des Erträglichen berührt?

Lionel Shriver hat in ihrem Buch über „Dieses Leben, das wir haben“, kenntnisreich und wissend berichtet. Selten hat man so realistisch, glasklar und hart gelesen, wie es sich anfühlt, zu sterben, wenn um einen herum das Leben weiter geht.

Alle die Eitelkeiten, Sehnsüchte und Pläne, ja selbst das Scheitern anderer Existenzen, sind nur die Begleitmusik zu einem Scheitern ganz anderer Art: nämlich den Tod als unbesiegbar zu erleben.

Lionel Shriver entwirft das Bild einer zerfallenden familiären und freundschaftlichen Gemeinschaft mit allen begleitenden Kalamitäten.

Es ist ein starkes und beeindruckendes Buch, mit dem die Autorin über ein allseits fälliges aber häufig tabuisiertes Thema berichtet.

Sehr empfehlenswert!

Lionel Shriver
Dieses Leben, das wir haben
544 Seiten, broschiert
Piper Taschenbuch, Juni 2012
ISBN-10: 3492274579
ISBN-13: 978-3492274579
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Marie Lu: Legend – Fallender Himmel

Marie Lu: Legend – Fallender Himmel

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Junes Bruder ist tot. Er wurde ermordet von einem gesuchten Verbrecher. June wird vom Unterricht befreit. Ihren Abschluss bekommt sie vorzeitig und fängt mit der Ausbildung als Agentin an. Ihr erster Auftrag ist, den Mörder ihres Bruders zu finden.
Sie fragt sich, warum Day ins Krankenhauslabor eingedrungen ist. Er muss auf der Suche nach einem Medikament gewesen sein, dass er für jemanden braucht, den er kennt. Vielleicht grassiert die Seuche auch in seiner Familie. Auf seiner Flucht hat Day dann Metias in den Tod gerissen.
Day muss schwer verwundet sein. June stellt ihm eine Falle, doch er geht nicht hinein. Der Junge, der schon öfter Militäreinsätze sabotiert hat, ist schlau und gerissen. Obwohl er das nicht sein dürfte, hat er doch den großen Test nicht bestanden.
June macht sich auf die Suche nach Day. Irgendwo muss er zu finden sein. Sie begegnet ihm bei einem Straßenkampf, bei dem sie schwer verletzt wird. Sie ist der wütenden Menge ausgesetzt, aber ein Junge hilft ihr.
Als sie merkt, dass er der Gesuchte ist, ist es zu spät. Sie hat sich in ihren Gegner, ihren erbitterten Feind verliebt.

Was für ein Buch! Es spielt in einer grausamen Welt. Es herrschen kriegsähnliche Zustände. Day ist ein engagierter Regimegegner, während June dazu ausgebildet ist, den Feind aufzuspüren und auszuschalten. Doch beide verbindet ihr Gerechtigkeitssinn und später ihre Liebe.
Während Day auf eigene Faust handelt, wird June vom Bestreben und Überzeugungen anderer geleitet, ohne es zu merken. Bis Day ihr die Augen öffnet. Und dann zeigt sich, dass June längst nicht so hart und herzlos ist, wie sie für ihren Job sein sollte.

Inhaltlich überzeugt das Buch also. Die Handlung ist überaus spannend gemacht. Die Geschichte könnte fesselnder nicht sein. Das liegt auch an der Schreibweise der Autorin. Beide, also June und Day, kommen abwechselnd zu Wort. Man kennt beider Auffassungen und die Beweggründe für ihr Handeln und kann das alles gut nachvollziehen. Ihre Gedanken werden auf eine Art wiedergegeben, die sehr tief geht. Als Leser hat man das Gefühl, direkt dabei zu sein.

Zudem gefällt, wie die Geschichte aufgebaut ist. Schon in diesem ersten Band findet man eine in sich abgeschlossene Handlung, die aber Zukunft hat und weitergeführt werden kann. Natürlich kann man den zweiten Band kaum erwarten, aber es fällt nicht so schwer, weil man eben nicht abrupt aus der Handlung gerissen wird.

Rezensionen von Heike Rau

Marie Lu
Legend – Fallender Himmel
Band 1 der Trilogie
Aus dem Amerikanischen von Sandra Knuffinke und Jessika Komina
368 Seiten, gebunden
Loewe Verlag
ISBN-10: 3785573944
ISBN-13: 978-3785573945
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Ellen Sussmann: An einem Tag in Paris

Ellen Sussmann: An einem Tag in Paris

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Der Titel des Buches in seiner deutschen Fassung bringt es auf den Punkt. Es geschieht alles an ein und demselben Tag in Paris, allerdings aus der Sicht verschiedener Protagonisten. Wenn man sie überhaupt Protagonisten nennen kann, so handelt es sich um Amerikaner Josie, Riley und Jeremy, die von ihren Privatlehrern Nico, Philippe und Chantal einen ganzen Tag lang durch Paris geführt werden und am Nachmittag den Dreharbeiten eines Kinofilms beiwohnen. Sie sind nach Frankreich übergesiedelt oder haben längere Zeit dort zu tun. Die französische Sprache entgleitet noch nicht so flüssig ihren Lippen oder, wie im Falle Jeremys, der Ehemann des in dem Kinofilm mitspielenden Hollywood-Stars, bekamen die Französischlehrerin zum Zeitvertreib an die Seite gestellt.

Auf diese Weise wird ein Tag im Leben des jeweiligen Pärchens geschildert. Dabei geht es meist sehr viel um – um was soll es in Paris schon gehen? – Liebe. Und um Sex. Es geht um das Leben und die Beziehungen zu den Ehepartnern und Lebensgefährten, zu den Eltern, zu den Kindern. Die Protagonisten stellen sich die Frage nach dem Sinn des Lebens, nach dem Hiersein, nach der Vollkommenheit ihrer selbst. Besonders schön gelungen ist der Autorin die Kulisse von Paris. Der Charme dieser großen, kleinen Stadt mit dem Duft seiner Straßenzüge, dem Duft seiner Bistros und Cafés, den Gärten, den Museen, mit allem, was Paris ausmacht. Parisliebhaber, und ich zähle mich dazu, werden dieses Buch mögen. Sie nehmen sich beim Lesen eine Auszeit und machen einen Ausflug in die europäische Metropole an der Seine.

Trotzdem gibt es einen schalen Beigeschmack für die Geschichtenliebhaber unter den Lesern. Es handelt sich um einen Episodenroman. Die Geschichten sind untereinander nicht miteinander verbunden, bis auf die Privatlehrer und den Filmdreh. Es sind also drei verschiedene Geschichten, drei Geschichten von sechs Menschen, die durch die Welt taumeln und nicht wissen, wo ihr Ziel liegt. Es sind unterhaltsame und lesbare Zustandsbeschreibungen, denen aber der Makel der fehlenden Spannung anhaftet. Auch die grammatikalischen Zeiten stimmen nicht immer. Wenn beispielsweise in einer Rückblende über die Zukunft (die noch vor der Handlung in der Gegenwart liegt) spekuliert wird, dann ist mir das nicht klar. Denn der Erzähler weiß zu diesem Zeitpunkt, wie die Vergangenheit ausgesehen hat und muss darüber keine Spekulationen anstellen. In diesem Falle liegt die Zukunft bereits in der Vergangenheit und ein Konjunktiv verbietet sich. Doch da es sich um eine Übersetzung handelt, ist die Ursache der grammatikalischen Ungereimtheiten nicht sofort feststellbar. Ein Konjunktiv in der Vergangenheit liest sich halt ungewohnt.

Dennoch: Wer gerade keine Zeit hat, um sich ein paar schöne Tage in Paris zu machen, dem sei dieses Buch wärmstens empfohlen. Leichte, charmante Lektüre von einem ebensolch charmanten Paris. Pariser Leben als Gefühl auf dem heimischen Sofa.

Sussmann, Ellen
An einem Tag in Paris
Aus dem Amerikanischen von Veronika Dünninger
288 Seiten, gebunden
Limes Verlag, München
ISBN-10:3809026034
ISBN-13: 978-3809026037

© Detlef Knut, Düsseldorf 2012

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Amanda Hocking: Die Tochter der Tryll – Verborgen

Amanda Hocking: Die Tochter der Tryll – Verborgen

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Wendy Everly ist eine Außenseiterin. Sie hat ihren eigenen Kopf, gibt sich unangepasst und lässt niemanden an sich heran. Ihr Tante Maggie und ihr Bruder Matt ermöglichen ihr dennoch einen Neustart in einer anderen Stadt und einer weiteren Schule. Wendy will sich diesmal wirklich Mühe geben und auch ihren Schulabschluss machen. Vielleicht kann sie sogar mit Finn Holmes, einem ebenfalls neuem Schüler, Freundschaft schließen. Auf dem Schulball tanzen beide sogar gemeinsam, auch wenn Finn sich Wendy gegenüber bald seltsam benimmt. Er kennt ihre Fähigkeiten. Wie sich herausstellt, weiß er, dass sie andere Leute mit ihrer Gedankenkraft beeinflussen kann.
Er sagt, sie wäre eine Tryll und nicht das Kind ihrer Eltern. Wendys Mutter hatte auch immer behauptet, dass sie nicht ihr Kind sein könne und sogar versucht, die Tochter umzubringen. Sie wusste, dass sie in Wirklichkeit einen Jungen geboren hat, auch wenn ihr nie jemand geglaubt hat.
Finn erzählt ihr von der Welt der Tryll und dass er beabsichtigt Wendy dorthin zu bringen. Wendy möchte ihre Tante und den geliebten Bruder, auch wenn sie das in Wahrheit nicht sind, keinesfalls verlassen. Doch bald wird sie dazu gezwungen. Sie muss sich eingewöhnen in die Welt der Tryll und akzeptieren lernen, dass sie die Tochter Königin Eloras ist und damit eine Prinzessin.

Die Geschichte ist auf märchenhafte Art gestaltet. Die ahnungslose Wendy hat bisher ein relativ normales, wenn auch schwieriges und von Schicksalsschlägen geprägtes Leben geführt. Als Leser kann man daran teilhaben, wie Wendy erfährt, dass sie kein Mensch, sondern eine Tryll ist. Zunächst fügt sie sich in das neue und sehr andere Leben ein. Doch ganz und gar verbiegen lassen möchte sie sich nicht. Und schon gar nicht will sie sich die Liebe zu Finn, der weit unter ihr steht, verbieten lassen.

„Verborgen“ ist der Auftakt einer Trilogie. Es ist ein gelungener Anfang, der Lust auf mehr macht. Das Buch ist spannend geschrieben und, auch wenn es an Tiefgang fehlt, sehr unterhaltsam. Dabei lässt es sich sehr flüssig lesen.
Wendy ist ein interessantes Mädchen. Man folgt ihr gerne auf ihrem Weg in eine spannende Zukunft. Das erste Teil deutet darauf hin, dass noch einiges zu erwarten ist.

Rezension von Heike Rau

Amanda Hocking
Die Tochter der Tryll
Band 1: Verborgen
Aus dem Amerikanischen von Violeta Topalova
304 Seiten, broschiert
cbt, München
ISBN-10: 3570161447
ISBN-13: 978-3570161449
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Jay Asher und Carolyn Mackler: Wir beide, irgendwann

Jay Asher und Carolyn Mackler: Wir beide, irgendwann

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Es ist Mai 1996, als Emma ihren ersten Computer von ihrem Vater geschenkt bekommt. Internet erhält sie über ihren Freund Josh, der ihr eine AOL-CD bringt. Als Emma sich zum ersten Mal einloggt, um eine E-Mail verschicken zu können, kommt sie auf eine Facebook Seite und sieht ihr Profil. Fünfzehn Jahre sind vergangen. Die Emma aus der Zukunft ist unglücklich verheiratet und arbeitslos. Emma glaubt, dass Josh sich mit dieser Seite einen Scherz erlaubt hat. Aber so ist es nicht. Vielmehr vermutet Josh, dass Facebook aus der Zukunft kommt. Über ihn selbst gibt es tatsächlich auch eine Seite. Er wird in fünfzehn Jahren erfolgreich sein und glücklich verheiratet. Seine Zukünftige ist allerdings eine Überraschung. Es ist eine Mitschülerin, die beide kennen.

Emma und Josh beschäftigen sich mit ihrer Zukunft. Während Josh es einfach als Information nimmt, versucht Emma aktiv auf ihre Zukunft Einfluss zu nehmen. Sie stellt fest, dass kleine Änderungen jetzt in der Gegenwart große Folgen für die Zukunft haben. Auch Josh erliegt schließlich der Faszination. Er beachtet plötzlich seine zukünftige Ehefrau Sydney Mills, auch wenn er sich nicht vorstellen kann, mit ihr zusammenzukommen.

Es ist natürlich immer eine interessante Vorstellung, einmal in die eigene Zukunft blicken zu können. Aber es ist ein Blick aus der gegenwärtigen Zeit heraus. Es ist eine Momentaufnahme. Es dauert, bis Emma und Josh begreifen, bis sie verstehen, dass sie jederzeit durch kleine Entscheidungen oder Sinneswandlungen in der Gegenwart ihre Zukunft schon wieder verändern. Das begrenzt ihren Einfluss. Josh kommt schließlich viel eher im Hier und Jetzt wieder an, als es Emma tut. Es ist sehr interessant den Verlauf, den die Geschichte nimmt, zu beobachten. Der Leser ist bei einem Experiment dabei, dessen Ausgang ungewiss ist. Das macht die Sache spannend.

Interessant ist, dass man als Leser mehr sieht, als die Hauptpersonen selbst. Man weiß von Anfang an, dass Emma und Josh zusammengehören. Das Buch ist eine Liebesgeschichte, auch wenn besonders Emma das nicht wahrhaben möchte. Josh dagegen schon, auch wenn er sich keine Chance bei Emma ausrechnet.
Geschrieben ist das Buch aus zwei Perspektiven, der von Emma und der von Josh. Man kennt als Leser also auch die Gedanken, die beide voreinander verheimlichen. Das bringt Tiefgang in die Geschichte und hilft, beide zu verstehen.

Das Buch hat also gleich mehrere Aspekte, die für eine Leseempfehlung sprechen. Dabei ist es auch noch wirklich gut geschrieben. Gerade junge Leser erhalten viele Denkanstöße, ihr eigenes Leben in die Hand zu nehmen und mutig nach ihren Wünschen zu gestalten, ohne Angst vor der Zukunft zu haben.

Rezensionen von Heike Rau

Jay Asher und Carolyn Mackler
Wir beide, irgendwann
Aus dem Amerikanischen von Knut Krüger
400 Seiten, gebunden
cbt, München
ISBN-10: 357016151X
ISBN-13: 978-3570161517
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