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Saturday

Saturday

Ian McEan Saturday Diogenes ISBN 3 257064942

Nachdem ich mich zunächst ein wenig an die etwas hochgeschraubten Satzkonstruktionen, die einem artistischen Sprachspiel gleichen, gewöhnen musste, hat mir der Roman
„ Saturday“ ausnehmend gut gefallen.
Natürlich denkt man an Joyce, wenn es sich um einen Tag im Leben des Henry Perowne handelt. Dennoch ist es ein ganz anderer Tag als der, den Joyce beschreibt.
H.P. steht in der Mitte des Lebens, ist erfolgreicher Neurochirurg und schaut auf ein zufriedenes und beruflich erfülltes Leben mit seiner Frau, seinen Kindern, seinen Kollegen und Freunden.

Der Tag aber , ein Samstag, an dem er früh schon aus seinem Schlafzimmerfenster beobachtet, wie eine Maschine im Anflug auf den Flughafen Heathrow ganz in der Nähe seines Hauses in Flammen steht, macht ihm bewusst, wie zerbrechlich ihrer aller Leben ist.
In der Reflexion und Beobachtung dessen, was um ihn herum geschieht, kann der LeserIn nachfühlen, wie es einem Mann mit annähernd fünfzig ergeht, der seine Kinder erwachsen werden sieht, seiner Frau sehr zugetan ist und in seinen Gedanken aller Geschehnisse gedenkt, die seinen Lebensweg begleitet haben.
So schildert er anschaulich und berührend den Zustand seiner inzwischen alten und dementen Mutter, die Originalität seines skurrilen Schwiegervaters, eine politische Auseinandersetzung mit seiner schriftstellernden Tochter Daisy, und den Tag , an dem in London von hundert Tausenden für Frieden und gegen einen Krieg im Irak demonstriert wird.

Im weiteren Verlauf des Tagesgeschehens ereignet sich
sehr gegenwärtig noch eine spannende Kriminalgeschichte. Sie spannt den Bogen zu unserer Zeit, in der nichts mehr sicher ist, in der auch das kleinste Glück von den Unbilden einer unsicher gewordenen Welt bedroht zu sein scheint.

Bemerkenswert für mich war die liebevolle Beziehung von Henry P. zu allen seinen Familienangehörigen, besonders zu seinen beiden Kindern und ganz innig auch zu seiner Frau. Die für ihn unersetzbare Geborgenheit und Zugehörigkeit zu ihr nimmt einen gewichtigen Platz ein in dieser Geschichte. Das ist einmal ganz neu in einem Familienroman, dass eine Familie intakt ist, ohne dass man denkt, das wäre vielleicht kitschig oder unecht.

Im Kontrast zu diesem privaten Glück eröffnet McEwans Roman mit seinen fragilen Infragestellungen die apokalytische Vorahnung dessen, was im 21. Jahrhundert für die Bewohner unserer Erde zur Bedrohung geworden ist: eine unheimliche , nicht fassbare Gefährdung der bestehenden Verhältnisse dargestellt an dieser einen Familie.

Ich denke, dass dieses Buch für viele LeserInnen eine höchst eindrucksvolle Lektüre werden wird.

Cl.B.
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