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Schlagwort: Amnesie

Rebecca West: Die Rückkehr

Rebecca West: Die Rückkehr

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In einem Landgut südlich von London warten im Jahr 1916 Kitty und Jenny Baldry sehnsüchtig auf Bettys Mann Chris, der im ersten Weltkrieg in Frankreich an der Front kämpft.

Sie bekommen einen sonderbaren Besuch von einer ärmlich aussehenden Frau, die ihnen mitteilt, dass Chris verletzt sei und bald zurückkehren wird. Doch mit seinen Verletzungen habe es eine besondere Bewandtnis: er habe sein Gedächtnis verloren und lebe sein Leben, als sei er noch zwanzig Jahre alt. Er habe sich an sie, Margaret, gewandt, weil sie vor 15 Jahren eine innige Liebe verbunden hätten.

In malerischen und poetischen Sentenzen wird das hübsche Haus, die Farbenpracht überall und das weite Land beschrieben. Jenny ist die Cousine von Chris. Die beiden Frauen sind sehr beunruhigt, als Chris endlich zu Hause ankommt. Er ist in der Tat verworren; er erkennt seine Frau nicht, wohl aber seine Cousine Jenny. 15 Jahre seines Lebens scheinen wie ausgelöscht. Er sehnt sich nur nach seiner Liebe von einst!

Die Geschichte ergeht sich in merkwürdigen Windungen. Immer wieder wird die malerische Natur mit den wechselnden Lichtreflexen der Jahreszeiten heraufbeschworen und das sehr hübsche Anwesen, das von den zwei wartenden Frauen fein herausgeputzt worden ist. Es scheint wie eine heile Welt in einer doch in Wahrheit kaputten.

Der Kern der Geschichte dreht sich darum, wie ein Mensch in eine partielle Amnesie verfallen kann, um die Schrecken des Ersten Weltkriegs mit seinen grausamen Grabenkriegen in Frankreich zu vergessen. Chris’ Frau und Jenny starten vielerlei Versuche, ihren Mann und Cousin mit Hilfe verschiedener Ärzte aus seinem Kriegstrauma zu holen. Schließlich holt Jenny die frühe Liebe von Chris, eben jene Margaret, zum Haus der Baldrys. Nach 15 Jahren ist sie eine verbrauchte Frau, doch Chris sieht in ihr nur die Geliebte jener Jahre, als er zwanzig war.

Rebecca West wählt eine subtile und ästhetische Sprache, mit der sie den Leser bestrickt. In zarten Tönen widmet sie ich den Gefühlen der verschiedenen Protagonisten und erstellt das Bild einer fernen Welt. Die heile Welt des englischen Landadels steht der armseligen und bedürftigen Welt der Arbeiterklasse gegenüber.

Leicht mysteriös steuert der Roman auf ein Ende zu, das tiefenpsychologische Kenntnisse erkennen lässt. Diese verbinden den Roman hoch aktuell mit einer Gegenwart, in der Kriege in zahlreichen Ländern die Bewohner in die Flucht treiben, vielerlei Traumata für die betroffenen Menschen mit sich bringen und sie zur Heimatlosigkeit verdammen.

Das dünne Bändchen von knapp 157 Seiten liest sich vermeintlich schnell ist aber doch so gehaltvoll, dass man sich Zeit dafür nehmen sollte. Es ist ein anspruchsvolles literarisches kleines Werk.

Der Roman von Rebecca West ist in England 1918 zum ersten Mal erschienen.
Sie gilt als einzige weibliche Autorin, die über den Ersten Weltkrieg geschrieben hat.

Rebecca West
Die Rückkehr
160 Seiten, gebunden
dtv Verlagsgesellschaft, Mai 2016
ISBN-10: 3423280808
ISBN-13: 978-3423280808
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Alexandra Burt: Remember Mia

Alexandra Burt: Remember Mia

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Estelle Paradise kann sich nicht erinnern, was geschehen ist. Schwer verletzt liegt sie nach einem Autounfall im Krankenhaus. Von ihrer kleinen Tochter fehlt jede Spur. So wird Estelle verdächtigt, etwas mit dem Verschwinden von Mia zu tun zu haben. Nach und nach kehren einige Bruchstücke an Erinnerung zurück. Nichts davon erklärt allerdings, was mit dem Baby geschehen ist. Auf Anraten ihres Ehemannes, der mit der Situation nicht klarkommt, geht Estelle in eine psychiatrische Klinik. Hier gibt es einen Spezialisten, der ihr helfen will, Licht ins Dunkel zu bringen. Estelle erkennt, dass sie vollkommen überfordert war von der Situation. Sie hatte Mia, die sehr viel geweint hatte kaum zur Ruhe bringen können. Estelle glaubt, keine gute Mutter gewesen zu sein. Ihr Mann war ihr keine Hilfe und hat sie aus beruflichen Gründen allein mit dem Kind gelassen. Die Tage sind immer beschwerlicher geworden…

Estelles Situation ist so beschrieben, dass sie gut nachvollziehbar ist. Auch als Leser steht man vor einem Rätsel und spürt, dass nichts so ist, wie es scheint. In Rückblenden, so wie die Erinnerung zurückkommt, erfährt man bruchstückhaft was geschehen sein könnte. Doch zunächst erklärt nichts davon das Verschwinden von Mia.

Die Autorin hat einen perfekten Spannungsbogen geschaffen. Die Handlung ist sehr gut aufgebaut. Estelle lernt man immer besser kennen. Ich habe Sympathie für sie entwickelt. Sie will die Wahrheit herausfinden, egal was dabei herauskommt. Aber auf die Erinnerungen ist möglicherweise kein Verlass. Man fragt sich immer wieder, ob überhaupt die richtigen Schlüsse gezogen werden. Als Leser wird man also auf die Folter gespannt und auch immer wieder überrascht. Die Autorin schreibt gut. Sie versteht es, den Leser zu fesseln. Das Ende ist entsprechend spektakulär und schwer anzunehmen.

Rezension von Heike Rau

Alexandra Burt
Remember Mia
Deutsch von Susanne Goga-Klinkenberg
384 Seiten, Klappenbroschur
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423261013
ISBN-13: 978-3423261012
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