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Schlagwort: Arbeitslosigkeit

Karl-Heinz Ott: Und jeden Morgen das Meer

Karl-Heinz Ott: Und jeden Morgen das Meer

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Es hätte ewig so weitergehen können mit dem Hotel „Lindenhof“ am Bodensee. Sonja Bräuning war hier, bis zum Tod ihres Mannes Bruno, die Chefin. Vielleicht hätte sie auch ohne Bruno, der eine Zeit lang als Sternekoch ausgezeichnet war, weitermachen können. Brunos Bruder Arno will jedoch das Hotel mitsamt den Schulden übernehmen. Aber ohne Sonja. Nun muss sie sehen, wo sie bleibt, mit ihren 62 Jahren. Mr. Pettibone, ein ehemaliger Stammgast, rät ihr ab, die heruntergekommene Pension seines Onkels zu übernehmen. Doch das stürmische Meer ist herrlich hier in Wales! Viele Gäste sind nicht zu erwarten.

Es ist ein hartes Schicksal, mit dem Sonja fertig werden muss. Ihre Gedanken umkreisen das, was sie verloren hat. Der Autor betrachtet die Tragödie recht nüchtern. Sonja, die so viel geleistet hat in ihrem Leben, steht vor dem Nichts. Sie muss sich neu orientieren, ihre Verbitterung überwinden und wählt, so mag es scheinen, den einfachsten Weg. Vielleicht ist es auch eine Flucht oder ein Rückzug. Aber das, was sie erarbeitet hat, ist nicht mehr von Bedeutung. Gnadenlos wird reflektiert, dass man sich nie zu sicher fühlen darf.

Auch wenn das Buch sehr traurig auf mich wirkt, habe ich es gern gelesen. Ich kann mir vorstellen, dass es Sonja da am Meer besser geht. Denn so wirklich positiv ist ihr Leben als Hotelchefin für mich nicht gewesen und auch ihre Ehe war nicht eben glücklich. Nun ist noch die Demütigung durch Arno dazugekommen. Der Sturm an der Steilküste wird das das alles wegblasen. Er ist kraftvoll und unnachgiebig!

Einen umfassenden Einblick in Sonjas Leben bekommt man nicht. Ich habe nicht das Gefühl, sie auch nur halbwegs zu kennen. Ich kann nicht einmal sagen, dass sie mir sympathisch ist. Aber die Details, die der Autor aufgegriffen hat, sind gut gewählt, sodass ein bestimmtes Bild entsteht, das eine Wirkung hat, die nicht sofort beim Weglegen des Buches verblasst.

Rezension von Heike Rau

Karl-Heinz Ott
Und jeden Morgen das Meer
144 Seiten, gebunden
Carl Hanser Verlag
ISBN-10: 3446259953
ISBN-13: 978-3446259959
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Dave Eggers: Ein Hologramm für den König

Dave Eggers: Ein Hologramm für den König

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Neue Technologien und ihre Auswirkungen auf unser Leben.

Dem armen Alan Clay geht es schlecht. Ihn drücken Schulden, und er muss die Studiengebühren für seine Tochter aufbringen. Jetzt ist er 54 Jahre alt, geschieden und beruflich am Ende. Da ereilt ihn ein Auftrag, von dem er sich viel verspricht. Er soll für eine entstehende Stadt in der saudischen Wüste ein IT Zentrum erbauen. So reist er dort hin und muss feststellen, dass seine Leute in einem Zelt untergebracht sind. Es gibt keine ordentlichen technischen Verbindungen und der König, dem sie ihr Programm vorstellen sollen, lässt sich nicht blicken.

Traurig, melancholisch und recht hoffnungslos sieht Alan seine Chancen für eine positive berufliche Entwicklung schwinden.

Man stelle sich die Hitze und die Sandwüste vor, die sicher für Abenteuerreisende ihren Reiz haben mögen; doch die beruflichen Vorstellungen über ein Hightechzentrum in dieser öden, trockenen Gegend sind absolut gering einzuschätzen.

In einem Zustand rechter Verzweiflung schaut ihn ein Kollege an, wie er meint, dass seine Tochter ihn anschauen würde, wenn er alt und klapprig sein wird…

„ …mit dem Blick auf einen Menschen, der mehr Last als Segen war, mehr Schaden als Nutzen, irrelevant und überflüssig für den Fortgang der Welt.“ S.84

Doch noch kämpft Alan um seinen Erfolg und muss so allerhand Abenteuer und Liebesannäherungen, nicht nur zu seiner Freude, durchstehen. Dass er am Ende einen traurigen Helden gibt zeigt einmal mehr, wie sich persönliche Lebensgeschichten immer auch im Kontext von Wahrheit und Fiktion abspielen.

Dave Eggers kennt sich aus in neuen Technologien mit rabiaten Wirtschaftsmethoden und zeigt uns, wie unter der Willkür wie auch immer gearteter Potentaten alle jene ausgebootet werden, die mit der Preisentwicklung heutiger Niedriglohnländer nicht mithalten können.

Dave Eggers ist ein begnadeter Erzähler, der Realität mit Fantasie kombiniert und uns auf diese Weise vermittelt, wie die heutige Arbeits – und Wirtschaftswelt funktioniert. Wie in seinen früheren Romanen erleben wir erneut seine Fähigkeit, gesellschaftlich relevante Themen zu spannenden Romanen zu entwickeln. Sehr lesenswert!

Dave Eggers
Ein Hologramm für den König
352 Seiten, gebunden
Kiepenheuer & Witsch, 14. Februar 2013
ISBN-10: 3462045180
ISBN-13: 978-3462045185
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Nick Dybek: Der Himmel über Greene Harbor

Nick Dybek: Der Himmel über Greene Harbor

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Als John Gaunt, der Besitzer von Loyalty Fishing, dem größten Fischereiunternehmen der Gegend verstirbt, wird das Schicksal der Krabbenfischer und ihrer Familien ungewiss. Denn Erbe ist John Gaunts Sohn Richard, der jedoch kein Interesse daran hat, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Er ist ein wenig heimatverbundener Außenseiter und hat kein Ohr für die Nöte der Familien. Es ist also ungewiss, ob die Kutter zur nächsten Fangsaison wieder hinausfahren werden.

Der vierzehnjährige Cal erlebt hautnah mit, wie die Menschen in der kleinen Stadt, die alle vom Fischfang leben, in eine Existenzkrise geraten, genau wie seine eigene Familie, denn sein Vater ist ebenfalls Fischer. Weil sie keine Chance haben, Richard Gaunt umzustimmen, schmieden die Fischer einen perfiden Plan. Cal ist interessiert an dem, was vorgeht und so erlauscht er das Vorhaben. Er kann nicht fassen, dass die Fischer daran denken, Richard Gaunt aus dem Weg zu räumen.

Die Menschen auf Loyalty Island sind ehrlich und anständig. Sie führen eine entbehrungsreiches Leben und sind harte Arbeit gewöhnt. Als ihre Existenz bedroht wird, geraten sie in eine Ausnahmesituation und dies spielt der Autor durch. Er zeigt, wozu Menschen fähig sind, wenn sich kein Weg auftut, das Problem auf anständige Weise zu lösen und sie meinen, keine andere Wahl zu haben. Unmoralisches Handeln wird dann scheinbar geduldet. Aber wird auch der Tod eines Menschen in Kauf genommen?

Cal weiß in seinem tiefsten Inneren sehr wohl, dass die Erwachsenen falsch handeln. Sein innerer Zwiespalt wird sehr gut dargestellt. Denn andererseits hat sich ein Heranwachsenden den Eltern und anderen Erwachsenen nicht entgegenzustellen. So versucht er, so gut es geht, mit der Situation umzugehen.
Als Leser wird man zum Beobachter und muss zusehen, wie die Situation sich verschärft. Nicht alles ist planbar oder vorauszusehen, sondern vielmehr ab einem bestimmten Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt, dem Selbstlauf überlassen. Das macht das Buch spannend und das Ende unvorhersehbar.

Rezension von Heike Rau

Nick Dybek
Der Himmel über Greene Harbor
Aus dem Amerikanischen von Frank Fingerhuth
320 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3866481608
ISBN-13: 978-3866481602
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