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Schlagwort: Armut

Shilipi Somaya Gowda: GeheimeTochter

Shilipi Somaya Gowda: GeheimeTochter

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Vor der Unfruchtbarkeit.

Wie schwer es für junge Frauen ist, wenn sie erfahren müssen, dass sie keine Kinder haben können, darüber liest man in diesem Roman.

Zwei Familien, eine indische und eine amerikanische, bilden den Plot zur Erzählung.

In Indien sind Töchter nicht willkommen. Das muss die einfache Frau von Jasu erkennen, als er ihr das erste Kind, ein Mädchen, fortnimmt, und sie nicht weiß, was mit dem Kind geschehen wird. Als sie eine zweite Tochter bekommt, flieht Kavita nach Mumbai und lässt das kleine Würmchen in einem Waisenhaus. Vergessen kann sie ihre beiden kleinen erstgeborenen Mädchen nie! Später bekommt sie einen Sohn, den sie behalten darf.

In Kalifornien lebt Somer mit ihrem Mann Krishnan, einem in Amerika ansässig gewordenen Inder. Sie ist bitter enttäuscht, als sie nach zwei Fehlgeburten keine weiteren Kinder mehr bekommen kann. Mit 32 Jahren ist das ein schwerer Schicksalsschlag! Sie ist Kinderärztin und hat ein erfülltes Berufsleben. Doch zu einer Familie gehören für sie Kinder! Nach langen Überlegungen entschließt sie sich mit ihrem Mann, ein indisches Kind zu adoptieren. Man wird nicht erstaunt sein, als schließlich Asha, die dem Waisenhaus überlassene zweite Tochter von Kavita, in Somers Armen landet. Geschickt fügt die Autorin unterschiedliche Gegebenheiten zweier Kulturen und Kontinente zusammen.

Können doch Töchter in Indien leicht zur untragbaren Belastung werden, wenn man an die üppigen Hochzeitsbeigaben denkt, die eine Verheiratung dort kostet. Hier sind ökonomische Strukturen am Werk, die den Familien oft keine Wahl lassen, ein Kind zu behalten oder es wegzugeben. Auch werden häufig gerade feminine Föten abgetrieben.

In Amerika geht es um ganz andere Fragen wie z.B. die, wie sehr die gesellschaftliche Anerkennung auch von reichem Kindersegen bestimmt wird.

In dieser Weise bringt die in Amerika lebende Autorin Shilpi Somaya Gowda zwei gesellschaftliche Phänomene in die Diskussion, die ökonomische, gesellschaftliche und auch psychologische Fragen von Rang behandeln. Den unterschiedlichen Kulturen mit ihren Ritualen und einem ausgedehnten Familienleben in Indien steht die eher kühle und distanzierte Mentalität amerikanischen Gesellschaftslebens gegenüber.

S. Somaya Gowda hat plausibel und eingängig die Konflikte beider Familien aufgegriffen und zu einem spannenden und informativen Ganzen zusammen gefügt. Da gibt es Missverstehen, Abneigung, Liebe und die Suche nach der wahren Identität, die ans Herz rühren und den Horizont erweitern über die Vielfalt menschlicher Schicksale.

Der leicht erzählte Roman behandelt ein Thema, zu dem es in der Wissenschaft und in einschlägigen Magazinen unfangreiches Hintergrundwissen gibt. Die Koppelung der reichen amerikanischen Familie mit indischem Hintergrund und der armen Familie in den Slums von Mumbai geben der Geschichte die exotische Färbung, die das Ganze zu einem interessanten und abwechslungsreichen Schmöker macht. Fein ausgesponnen und liebevoll gezeichnet werden gesellschaftliche Verknüpfungen hier wie dort erkennbar.

Shilipi Somaya Gowda
Geheime Tochter
448 Seiten, broschiert
Kiepenheuer & Witsch, August 2012
ISBN-10: 3462044451
ISBN-13: 978-3462044454
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Kathleen Vereecken: Eine größere Welt

Kathleen Vereecken: Eine größere Welt

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Nachdem das Baby ins Waisenhaus gebracht worden ist, kommt es zur Amme Annette Marcelot. Die Familie lebt in großer Armut. Annette gibt dem Kleinen Milch, aber keine Zuwendung. Die bekommt Leon von Méline, der achtjährigen Tochter Annettes. So wächst Leon heran. Es folgen weitere Findelkinder und auch ein eigenes. Für Leon wird es Zeit zu gehen, er ist nur noch Belastung. Doch Méline will ihren Lieblingsbruder nicht hergeben und kann es verhindern.

Dann verliebt sich Méline in Garvin, den Müller, und erlebt eine Zeit voller Glück, bis ihre Mutter die heimliche Liebe entdeckt und verbietet. Méline geht ins Wasser.

Leon ist überaus traurig. Bei seiner Pflegefamilie hält ihn nichts mehr. Er beschließt nach Paris zu gehen. Nur seinem Lehrer vertraut er sich an. Dem Lehrer, den er durch einen Lausbubenstreich kennengelernt hat und dem es zu verdanken ist, dass er gegen kleine Arbeiten Lesen und Schreiben lernen konnte.
Tatsächlich schlägt der Zehnjährige sich durch, findet Anschluss und Unterkunft in Paris, in der Stadt, in der auch sein berühmter Vater lebt. Leon erfährt, wer er ist, doch kennen lernt er ihn nicht.

Wie man dem Klappentext entnehmen kann, ist Leon der älteste Sohn Jean-Jacques Rousseaus. Die Autorin beschreibt den Werdegang des berühmten Schriftstellers und Philosophen, der von 1712 – 1778 lebte, im Anhang des Buches. Rousseau hatte mit der jungen Näherin und Waschfrau Thérèse Levasseur fünf uneheliche Kinder, die jeweils an ihrem Geburtstag ins Waisenhaus gebracht wurden. Sein 1762 veröffentlichtes Buch „Emile oder über die Erziehung“ steht im krassen Gegensatz dazu.

Die Geschichte um Leon, der sich auf die Suche nach seinen Wurzeln begibt, ist fiktiv, aber sehr überzeugend geschrieben. Die Vergangenheit mit den damaligen Lebensumständen wird lebendig, die Gegensätze zur Erziehung heute deutlich. Dabei ist Erzählung eingebunden in eine Kulisse, die sehr detailreich und lebendig beschrieben wird.
Die Autorin schreibt sehr feinfühlig und denkt sich sehr gut in ihre Hauptfigur Leon hinein. Das verleiht der Geschichte eine ungeheure Tiefe.

Rezension von Heike Rau

Kathleen Vereecken
Eine größere Welt
Aus dem Niederländischen von Meike Blatnik
360 Seiten, gebunden
Bloomsbury Kinderbücher & Jugendbücher
ISBN-10: 3827054575
ISBN-13: 978-3827054579
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Kathleen Vereecken: Eine größere Welt

Kathleen Vereecken: Eine größere Welt

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Mitte des 18. Jahrhunderts lebte es sich als armer Mensch in Frankreich noch schwer. Der Adel beherrschte das gesellschaftliche Leben, und die Armut unter dem dienenden Volk war groß.

Weitab von zivilisatorischen Bequemlichkeiten und den Segnungen eines heutigen Sozialstaates wurden Kinder aus Armut häufig ausgesetzt, hier auch als Findelkinder bezeichnet und, je nach Unterbringung, war ihr Tod schon bald besiegelt.

Leon ist ein solches Findelkind. In einer bettelarmen Familie mit einer Reihe eigener und fremder Kinder wuchs er bei Annette und Henri auf. Die beiden brachten sich mühsam als Waschfrau oder mit Holzschlagen als Tagelöhner durch. Die Kinder mussten so bald wie möglich mit anpacken, um das Überleben aller zu sichern. Méline, die älteste Tochter der Familie, kümmerte sich liebevoll um Leon, der als Esser am kärglichen Mittagstisch eher als Belastung von der Mutter angesehen wurde. Méline aber kommt eines Tages auf erschütternde Weise um, und Leon beschließt, sich nach Paris durchzuschlagen, um seine Mutter zu suchen. Das einzige Lebenszeichen von ihr war eine Karte in seiner Windel, die er fortan mit sich führt.

Paris ist eine große und unüberschaubare Stadt. Mit dem Verkauf von Kräutern und kleinen Helferdiensten schlägt sich Leon tapfer durch. Er wächst heran, wird groß und stark und bringt sich selber das Lesen und Schreiben bei. Als Schreiber im Dienste von Analphabeten kann er schließlich sogar seine Existenz verbessern. Bis dahin aber hat er noch eine weite Strecke in Armut und im Überlebenskampf vor sich. Er ist nicht frei von Anfechtungen und natürlich begegnet er der Liebe!

Kathleen Vereecken beschreibt das Leben in seiner ganzen Erbarmungswürdigkeit. Niemand kann sich heute mehr ein Bild davon machen, wie schmutzig, unhygienisch, armselig und Hunger leidend die einfachen Leute leben mussten. Reichtum und Armut standen im krassen Gegensatz zu einander. Wer überlebte, hatte oftmals besondere Gaben und Kräfte.

Alles sollte sich zum Ende des Jahrhunderts mit der französischen Revolution vermeintlich zum Besseren verändern!

Die Autorin erwähnt Philosophen und Dichter mit Namen wie Voltaire oder Rousseau, die mit ihren Schriften den Nährboden für diese entscheidende Revolution boten. Als deren Ziele galten neben vielen anderen Aufrufen die Losung von der „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“. Das Zeitalter der Aufklärung nahm damit seinen Anfang. Rousseau hat mit seinen pädagogischen Schriften wie z.B. „Emile oder über die Erziehung“, in denen er für eine modernere Form von Erziehung plädiert, das Denken zu dieser gravierenden Zeitenwende beflügelt. Seine eigenen Kinder aber hat er ins Findelhaus gegeben. Er soll in diesem Roman keine ganz unbedeutende Rolle spielen!

Wunderbar nachvollziehbar beschreibt K. Vereecken die damaligen Zustände mit ihren Unbilden, der Armut und Bedürftigkeit. Mit Spannung folgt man der Suche Leons nach seiner Mutter, die ihn zu ungewohnten Begegnungen und an geheime Orte führt. Die Atmosphäre in den Straßen und Gassen mit ihren Gerüchen und dem einfachen Leben sind überzeugend eingefangen. Seltene Zeichen von Liebe, Zuneigung und Hilfsbereitschaft bieten Leon immer wieder Halt zum Überleben.

K. Vereecken malt ein getreues Bild des 18. Jahrhunderts.

Man darf das Buch für Jugendliche ab 13 Jahren uneingeschränkt empfehlen!

Die Autorin lebt in Antwerben und wurde für dieses Buch mit dem belgischen „Boekenleeuw“ ausgezeichnet.

Kathleen Vereecken
Eine größere Welt
360 Seiten, gebunden
Bloomsbury Kinderbücher & Jugendbücher, April 2012
ISBN-10: 3827054575
ISBN-13: 978-3827054579
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Petra van Laak: 1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast) – Wie ich es trotzdem geschafft habe

Petra van Laak: 1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast) – Wie ich es trotzdem geschafft habe

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Nach der Firmeninsolvenz ihres Mannes ändert sich alles. Plötzlich muss Frau van Laak an allen Ecken sparen. Aber das reicht nicht aus, um halbwegs so weiterzumachen wie bisher. Ihr Mann will den Tatsachen nicht so recht ins Auge sehen, so dass die Ehe zerbricht. Der finanzielle Ruin und damit auch die Zwangsvollstreckung des Hauses sind nicht aufzuhalten. Mit den vier Kindern, dem neunjährigem Jonas, der siebenjährigen Frieda, dem fünfjährigen Till und der dreijährigen Millie zieht sie aus der Villa am See aus, in eine 3-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses.
Es herrscht Ausnahmezustand. Doch Frau von Laak versucht, das Schlimmste von den Kindern fernzuhalten. Mit Gelegenheitsjobs hält sie die Familie über Wasser. Sie bewirbt sich ohne Unterlass, doch eine feste Stelle ist für die Mutter von vier Kindern nicht in Sicht.
Monate geht das so. Mutter und Kinder sind schließlich auf Sozialhilfe angewiesen. Für Frau von Laak kann es so einfach nicht weitergehen. Schließlich hat sie die Idee, sich selbständig zu machen.

Das Buch ist autobiografisch. Es steckt also eine wahre Geschichte dahinter. Auch wenn diese für das Buch entsprechend aufgearbeitet wurde.
Es ist sehr spannend zu verfolgen, wie Frau von Laak ihre Familie nach der Pleite durchbringt. Vor allem ist es der Zusammenhalt der Mutter und ihrer Kinder, der beeindruckt. Die Autorin schildert viele kleine Begebenheiten, die zu dieser schweren Zeit, das Familienleben prägten. Sie beschreibt die Schwierigkeiten, die das Alltagsleben mit den Kindern bestimmten, aber auch die kleinen freudigen Momente, die nun einen viel höheren Stellenwert haben. Sich wieder eine gesicherte Existenz aufzubauen, ist schwierig und erfordert Mut und Durchhaltevermögen. Das hat Frau von Laak.
Auch ihr Humor ist während dieser Zeit nicht verloren gegangen. Das spiegelt sich im Schreibstiel wider. Schließlich ist es auch eine Erfolgsgeschichte. Der Traum von der Selbständigkeit hat sich erfüllt. Ein Teil davon ist dieses Buch.

Rezension von Heike Rau

Petra van Laak
1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast) – Wie ich es trotzdem geschafft habe
272 Seiten, Klappenbroschur
Droemer Verlag
ISBN-10: 3426226197
ISBN-13: 978-3426226193
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Patti Smith: Just Kids

Patti Smith: Just Kids

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Biographie einer ungewöhnlichen Freundschaft.

Patti Smith ist eine der Größen der Punk- und Rockmusik, die in den sechziger und siebziger Jahren ihr Leben in vollen Zügen genießt. 1967 lernte sie Robert Mapplethorpe kennen. Beide sind gerade zwanzig Jahre alt und haben kein Geld, sind aber voller Enthusiasmus der Kunst verfallen. Sie malen, dichten und fotografieren. Robert sollte später ein weltberühmter Fotograf werden.

In rührender Anhänglichkeit gehen die beiden durch Dick und Dünn und halten sich aneinander fest. Sie lieben sich und sind in inniger Freundschaft miteinander verbunden. Robert entdeckt seine Homosexualität, die ihn krank werden und verzweifeln lässt. Doch ihrer Freundschaft und tiefen Zuneigung tut diese Tatsache keinen Abbruch. Insgeheim fühlen sie sich seelenverwandt.

Patti Smith setzt ihrem Freund mit diesem Buch ein Denkmal, das uns noch einmal in die sechziger und siebziger Jahre mit ihrer Aufbruchsstimmung der Flower- Powerbewegung zurückversetzt. Die tiefe Verehrung Robert Maplethorpes für Andy Warhol findet ebenso Ausdruck wie die Armut, das leichte und zugleich schwere Leben, mit dem sich Künstler in New York durchschlagen. Sie leben von der Hand in den Mund in ärmsten Verhältnissen immer wieder begünstigt von Bürgern, die ihnen wohlgesonnen sind.

Spät erst gelangte Patti zu ihrem Sängerinnenruhm und galt fortan als „Godmother of Punk“, wie man bei Wikipedia nachlesen kann.

Sie hat ein wunderbares Zeitgemälde mit intimen Kenntnissen der New Yorker Künstlerszene in dieser Biographie verewigt. Die siebziger Jahre mit ihren wunderbar kreativen Elementen aus Mode-, Maler-, Musiker- und Dichtergenies bezaubert und besticht durch die echten und lebensnahen Berichte. Viele, viele Namen werden genannt, die zu den bekannten Künstlerkreisen ihrer Zeit in New York und zur Rock- und Punkszene gehörten.

Beinahe möchte man sich mit der klugen, warmherzigen und toleranten Frau in der Hauptrolle ihres Lebens identifizieren. Die ungewöhnlich tiefe Zuneigung und Freundschaft zu Robert Maplethorpe lässt einen nicht los. Diese aus Liebe in Freundschaft verwandelte Beziehung ist tief beeindruckend.

Eine wunderschöne Hommage an das Leben der Boheme, die Freiheit der Entwicklung und den Gehalt von echter Zuneigung, Freundschaft und Hilfsbereitschaft bleibt nach der Lektüre im Gedächtnis haften.

Patti Smith
Just Kids
Kindle Edition
eBook by Kiepenheuer & Witsch, März 2010
Buchausgabe: 304 Seiten
ISBN-10:3462042289
ISBN-13:978-3462042283
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Elizabeth Subercaseaux: Die Geliebten

Elizabeth Subercaseaux: Die Geliebten

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Krimi oder Liebesroman: Das ist hier die Frage!

Zahlreiche Liebschaften und verworrene Paarbeziehungen bilden den Plot zu diesem Roman! Die Verwicklungen sind vielschichtig und in ihren Zusammenhängen nicht leicht zu durchschauen.

Einer der Protagonisten ist der Anwalt Joshua in Amerika, der mit seiner Frau Alexa nach dem Tode der gemeinsamen Tochter Wendy nicht mehr glücklich ist. Er hat eine Geliebte, für die er sich jedoch langfristig nicht entscheiden kann. Diese Freundin Quinn ist schon ganz im Taumel neuen Glücks mit dem reichen Anwalt, als dieser beschließt, doch lieber zu seiner Frau zurückzukehren.

In Chile lebt der Agrarökonom Nahuel. Er findet in der Französin Juliette eine geliebte Partnerin und verlässt für sie seine bigotte zweite Ehefrau Elsa.

Im Wechsel der Jahreszahlen 1999 und 2008 werden aus unterschiedlichen Perspektiven und von verschiedenen Örtlichkeiten und Personen aus die Geschichten zahlreicher Liebender erzählt, die zuerst glücklich zusammengefunden haben und sich dann wieder verlieren. Um die Lebensgeschichten der Hauptakteure tummeln sich noch eine Vielzahl weiterer tragischer und böser Heldinnen und Helden.

Grundbesitzer unter Pinochet hatten noch eine Menge Rechte und herrschten schrankenlos über ihre Arbeiter. Sozialkritik unter dem Mäntelchen einer liebetollen Geschichte! Tief umeinander verschlungen sind die Lebenswege der Helden und Heldinnen, und verwirrend ist die Zusammenführung der Liebesabenteurer zum Ende hin.

Zwischen Tod und Trauer, zwischen Vertrauen und Liebe, Mord und Totschlag oszilliert eine Erzählung, die am Ende etwas gekünstelt zu einem gemeinsamen Schluss verbunden wird. Mehr als ein Krimi denn als Liebesroman liest sich dieser unterhaltsame Schmöker, den man in einem Zuge zu Ende liest. Er ist leider etwas überfrachtet mit den bedeutsamen und geheimnisvollen Verbindungen unter den Protagonisten. Weniger wäre mehr!

Elizabeth Subercaseaux ist eine der beliebtesten Autorinnen Chiles, die zu Zeiten Pinochets als Journalistin im Untergrund gearbeitet hat.

Elizabeth Subercaseaux
Die Geliebten
274 Seiten, gebunden
Pendo, September 2011
ISBN-10: 3866122713
ISBN-13: 978-3866122710
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Nicholas D. Kristof und Sheryl WuDunn: Die Hälfte des Himmels

Nicholas D. Kristof und Sheryl WuDunn: Die Hälfte des Himmels

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Sklavenleben und Unterdrückung; eine Reportage

Beginnt man mit der Lektüre dieses Buches, empfindet man sehr bald eine unsägliche Wut; Wut auf Regime und Menschen, die mit ungeahnter Grausamkeit Frauen zu einer Ware und zu Sexsklaven machen. Man wusste es ja schon irgendwie, aber mit dieser Detailgenauigkeit und den beschriebenen Methoden war man bisher denn doch nicht vertraut.

Der Bericht beginnt in Indien, setzt sich über Malaysia, Kambodscha und weitere Länder in Asien und Afrika fort und findet praktisch nirgends ein Ende. Der ferne Osten ist der Hexenkessel, in dem es Männer besonders bunt treiben. Junge Mädchen möchten sich in Hotels als Tellerwäscherinnen verdingen und landen in den Händen brutaler Menschenräuber. Diese nehmen ihnen alles weg; Kleider, Geld, das sie ja meistens gar nicht besitzen, und den Pass. Nun sind sie praktisch nicht mehr handlungsfähig, denn zudem werden sie eingesperrt, zur Willfährigkeit geprügelt und mit dem Tode bedroht. Einzelne sehr junge Mädchen ab 10 Jahren werden erst so lange eingesperrt, bis man sie den Freudenfängern als besonders delikate Beute vor die Füße wirft. Das Elend dieser verlassenen und ausgebeuteten Geschöpfe ist unbeschreiblich.

Erfreuliche Lichtblicke bieten alleine die Erfolge von einigen wenigen Betroffenen, die mutig und trickreich dem Sklaventum entrinnen können und sich dem Kampf gegen die Unterdrückung und gegen die Ausbeutung der Frauen verpflichten. Der Prozess beginnt und endet mit Bildung!

Zu den Fakten ihres Berichts über die Unterdrückung und Erniedrigung von Frauen in der dritten Welt haben die beiden Autoren Nicholas D. Kristof und Sheryl WuDunn gründliche recherchiert und einschlägige Daten und Zahlen zusammengetragen. Statistiken belegen die außerordentliche Dimension von Menschenrechtsverletzungen, und Hilfsorganisationen werden in großer Zahl mit ihrem Wirken, ihren Erfolgen und Misserfolgen beschrieben.

Mit zahlreichen so eindrucksvollen wie erschreckenden Beispielen bekommen die Zahlen ein Gesicht. Unvorstellbar sind die Todesfälle durch Verletzungen, Krankheiten und Fehlgeburten. Anhand von Fotos lässt sich die Grausamkeit der misshandelten Mädchen und Frauen nachvollziehen. Das Zusammenwirken von Armut, Korruption, Drogenhandel, Bestechung und mangelnder Hilfsbereitschaft seitens der öffentlichen Organe wie Polizei und Regierungsvertretern ist eklatant.

Die größte Hilfe kommt von den Betroffenen selber, wenn sie denn die Kraft und die Möglichkeit zum Ausstieg gefunden haben. Hier bilden Frauenhilfsorganisationen die  angemessenen Anlaufstellen, um Hilfesuchende zu unterstützen. Mit ihrem Buch rütteln die Autoren auf und appellieren an die Welt, diesem Unwesen ein Ende zu bereiten. Viel mehr noch ist zu tun, als man gemeinhin annimmt.

Die beiden Journalisten Kristof / WuDunn sind Pulitzerpreisträger  und erreichen mit ihrem Report die Herzen der Menschen. Man fühlt sich animiert, mitzuhelfen.

Nicholas D. Kristof / Sheryl WuDunn
Die Hälfte des Himmels
Wie Frauen weltweit für eine bessere Zukunft kämpfen
359 Seiten, gebunden
Beck, August 2010
ISBN-10: 3406606385
ISBN-13: 978-3406606380
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C. E. Morgan: Die Glut der Sonne

C. E. Morgan: Die Glut der Sonne

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Endlose Weite und trockene Hitze markieren den Beginn einer Liebesgeschichte, die im Kentucky des heutigen Amerikas spielt.

Aloma lernt den Tabakfarmer Orren kennen, mit dem sie auf die zerfallene Tabakfarm seiner Vorfahren fährt. Beide sind jung, haben keine Eltern mehr und freuen sich an einander. Aloma ist froh, ihrem Job als Klavierlehrerin auf einer strengen Missionsschule zu entkommen. Bald jedoch merkt sie, dass sie sich ein armseliges und entbehrungsreiches Leben an Orrens Seite ausgesucht hat.

Das Klavier, das in dem zerfallenen Farmhaus steht ist nicht mehr zu gebrauchen, und ein Neues ist nicht bezahlbar. Orren vertröstet sie, aber sie bemerkt, dass sie an seiner Seite auf sehr vieles verzichten muss. Für ihre Musikliebe findet sie vorübergehend ein Ventil als Kirchenmusikerin. Hin und her gerissen zwischen ihrer Musikfreude und der heimlichen Bewunderung und zart angedeuteten Liebe von Bell, dem Pfarrer, und ihrem Leben an der Seite von Orren, warten dann doch einige Überraschungen auf den Leser.

Der Roman lebt von der ländlichen Armseligkeit, von der harten Arbeit, mit der Orren mit seinem wenigen Vieh über die Runden zu kommen trachtet, und er lebt von der Spannung in einer Beziehung, in der nur wenige Wünsche in Erfüllung gehen.

Aloma ist eine sehnsüchtige Frau, die mit dem nüchternen und spracharmen Mann ein Leben führt, von dem sie nicht weiß, wohin es führen wird. Die Arbeit, der Sommer, Hitze und Fleischeslust sind die täglichen Begleiter eines Lebens, in dem es so manch’ ein Geheimnis gibt. Ereignisarm und doch von verhaltener Spannung erfüllt, erlebt man die Entwicklung zwischen Orren und Aloma.

Der geheime Reiz besteht in der dürren, kargen Handlung, die von der unterschwelligen Spannung lebt, ob Orren und Aloma sich in ihr Leben zu zweit finden werden.

C.E. Morgan bedient sich sparsamer Bilder, die umso eindringlicher wirken, als sie dem Land, dem Klima und den Menschen in ihrer sparsamen Diktion entsprechen. Aloma stellt fest „Mehr als minutenweise Glück würde ihr die Welt nicht bescheren, eher weniger; dennoch wollte das Leben irgendwie ertragen sein“. Mehr oder weniger geht nicht.

Ein stiller, ruhiger von innerer Spannung getragener Roman bringt den Leser zum Nachdenken und lässt ihn teilnehmen an der Entwicklung eines Glücks, das nicht überragend ist und keine Euphorie kennt. Auch so kann Leben sein: bescheiden, anspruchslos und den Gegebenheiten von Bedürfnislosigkeit und kargen Einkünften Rechnung tragend. Poetisch dicht erzählt C.E. Morgan von den Wechselfällen des Klimas und von einer Landschaft, die heiß, schwül und in seiner geographischen Vielfalt eindrucksvoll ist.

Ein liebevoll skizzierter Blick in das Land der unbegrenzten und begrenzten Möglichkeiten ist der Autorin mit diesem Roman gelungen. Die Übersetzerin Sabine Roth hat den Roman einfühlsam ins Deutsche übertragen.

C.E. Morgan
Die Glut der Sonne
256 Seiten, gebunden
Luchterhand Literaturverlag, August 2010
ISBN-10: 3630872980
ISBN-13: 978-3630872988
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Nick Cave: Der Tod des Bunny Munro

Nick Cave: Der Tod des Bunny Munro

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Sexbesessenheit und ein verkrachtes Leben.
Bunny Munro ist eine ziemlich verkrachte Existenz. Er ist unterwegs in England, wo er lebt und als Vertreter für Kosmetikartikel Geld verdient und seine Tage verbringt. Mit Sex, Alkohol und Zigaretten vertreibt er sich die Zeit, während seine Frau zu Hause auf ihn wartet. Schon bald wird bekannt, dass sie depressiv ist, eine traurige Mitteilung, wenn man bedenkt, wie viele berühmte und unscheinbare Menschen daran kranken und auch sterben.
Bunny taxiert Frauen vor allem nach ihrer Verwertbarkeit für sein Sexbedürfnis. Dieses zusammen mit seinen anderen animalischen Triebbedürfnissen macht ihn zu einer armseligen Gestalt der Öde und der Leere.
Dann kommt er eines Tages nach Hause und seine Frau Libby hat sich umgebracht. In dem heftigen Durcheinander der Wohnung sitzt sein Sohn Bunny Junior und sieht fern!
Damit ist die Urszene des Buches vorgegeben: es handelt sich um ein psychisch und physisch abgewracktes Paar, das an den armseligen Bedingungen eines äußerst dürftigen Lebens herumlaboriert. Nach dem Tod von Libby steht den beiden Verlassenen, Vater und Sohn, ein trostloses Weiterleben bevor.
Durch das ganze Buch hindurch wird Bunny seine Sexfreuden, alleine oder mit vorübergehenden Partnerinnen, als Trost suchen, während Bunny Junior seine Zeit im Auto oder Hotelzimmern alleine verbringt. Nur teilweise komisch, wie es im Klappentext heißt, mehrheitlich aber traurig folgt man den beiden auf ihrem Weg, der heimatlos und entwurzelt erscheint. Freuden sind bescheiden angelegt: ein Essen zu zweit, Gespräche in Zweisamkeit und auf die Fragen des kleinen Bunny, z.B. warum er nicht wie andere Kinder zur Schule gehen darf, legt sich Munro eine Antwort nach seinen eigenen Bedürfnissen zurecht. Man gewinnt überhaupt den Eindruck, dass hier ein Egoist par excellence am Werke ist. Nur merkt er gar nicht, wie er selber nach und nach zugrunde geht. Die Leere bleibt durch das ganze Buch hindurch spürbar. Unter den verborgenen Strömungen dieser Lebensstrukturen spürt man die Hoffnungslosigkeit und eine Ergebenheit ins Schicksal, die einen schaudern lassen! Bunny wird und kann sich nicht wirklich zu einem beruhigten Leben aufraffen. Verstörend ist die Lektüre, wenn man nicht über die gelegentlich slapstickartig angelegten Ereignisse auch schmunzeln könnte.

Nick Cave ist ein erfolgreicher und berühmter Rockstar. Leben auf der Bühne kommt sicher dem Leben „on the road“ nahe, so dass er aus dem eigenen Leben beim Verfassen des Romans geschöpft haben mag.

Nick Cave
Der Tod des Bunny Munro
Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
ISBN-10: 3462041290
ISBN-13: 978-3462041293

Kim Echlin: Der verschollene Liebhaber

Kim Echlin: Der verschollene Liebhaber

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Liebe in Zeiten des Krieges und des Untergangs.

Wie überall in den großen Städten der westlichen Welt war Montreal zu Ende der siebziger Jahre erfüllt von Lebenslust, Musik und den ungebundenen und fröhlichen Klängen einer Jugend, die sich frei und unbeschwert amüsierte.

Anne Greves ist sechzehn Jahre alt und macht erste Erfahrungen in den Clubs und Musikkneipen der Stadt. Blues und Rock sind die Musikströmungen, denen sie anhängt. Ihr Vater ist ein eigenbrötlerischer Sonderling, Prothesenbauer von Beruf und Professor an der Universität. Nach dem frühen Tod von Annes Mutter lebt sie mit ihrem Vater alleine. Als sie mit ihrem ersten Freund, einem Kambodschaner, bei ihrem Vater erscheint, ist er nicht gerade beigeistert und hält ihr immer wieder vor, dass sie ihr Leben mit diesem Freund ruinieren wird.

Die Liebesgeschichte von Anne und Serey steht am Beginn einer Erzählung, die uns später nach Kambodscha führt, wo wir uns mit Land und Leuten und den Folgen des unsäglichen Krieges unter der Gewaltherrschaft Pol Pots konfrontiert sehen. Von 1975 -1979 haben bekanntlich die marodierenden Truppen der Roten Khmer grausamen Völkermord an den Kambodschanern begangen.

Serey ist vor den Roten Khmer aus Kambodscha geflohen. Als Musiker, Student und Tutor an der Universität schlägt er sich wacker durch. Anne verliebt sich tief und ernst in den aparten und ungewöhnlichen Exilanten. Zart und warmherzig leben sie ihre Liebe, die sie unzertrennlich macht. Doch Sereys Heimweh ist größer als seine Liebe. Als er eine Möglichkeit sieht, in das vom Krieg zerstörte Land seiner Vorfahren zurückzukehren, verlässt er Anne,–und zehn Jahre hört sie nichts mehr von ihm.
Abenteuerlich und irrwitzig macht Anne sich nach langer Zeit Anfang der neunziger Jahre auf, um Serey in Phnom Penh zu suchen. Sie findet ihn tatsächlich, und für eine kurze Weile leben sie wieder zusammen.

Anne besteht in der Folgezeit zahlreiche Irritationen und berichtet rückblickend nach dreißig Jahren von ihrem und dem Schicksal ihres geliebten Serey.

Die Autorin nutzt die Liebesgeschichte, die von besonderer Nähe und Innigkeit ist, um das Leid der Menschen in einem vom Terror geplagten Land krass herauszustellen. Anne stößt bei ihrer Suche nach Serey, der eines Tages wieder verschollen ist, weit in das Landesinnere Kambodschas vor. Sie findet neben der Verwüstung des Landes und den vielfach traumatisierten Menschen eine liebenswerte Gesellschaft, gastfreundlich und aufgeschlossen, die jedoch in erbärmlichen Unterkünften haust. Fast alle haben Familienmitglieder oder sogar die ganze Familien durch den Krieg verloren. Angst begleitet beinahe alle Kontakte, so dass man sich einem verschüchterten und resignierten Volk gegenüber sieht.

In fazettenreichen und eindrucksvollen Bildern zeigt uns die Autorin das Bild der bunten und orientalisch- exotischen Stadt Phnom Penh. Diese bietet in einem Land von einzigartiger Naturschönheit ein Bild der Zerstörung, der Armut, mangelnder Hygiene und des Untergangs.

Spannende Unterhaltung pur bietet der Roman, der nebenbei auch noch ein Stück Zeitgeschichte beinhaltet.

Auf Deutsch ist diesem ersten Roman von Kim Echlin in der guten Übersetzung von Claudia Feldmann hoffentlich ein ausgezeichneter Erfolg beschieden.

Kim Echlin
Der verschollene Liebhaber
Gebundene Ausgabe: 263 Seiten
Verlag: Kiepenheuer
ISBN-10: 3378011041
ISBN-13: 978-3378011045