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Joël Dicker: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Joël Dicker: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

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Wenn man dieses Buch liest, dann liest man, wie es entsteht. Das ist eine äußerst interessante Konstellation. Dies aber reichte dem Autor nicht. Er machte die Entstehung eines Buches auch noch extrem spannend. Kein Wunder, wenn es in unzähligen Rezensionen heißt: Es liest sich wie ein Krimi, aber es ist weitaus mehr.

Der Schriftsteller Marcus Goldman hatte durchschlagenden Erfolg mit seinem ersten Roman. Er war mit diesem Erfolg ein Jahr lang Stammgast auf allen roten Teppichen. Doch sein Verlag drängt, die Leser erwarten den Folgeroman von Goldman. Doch der kommt nur schwer in Schwung und hat keine Idee für den nächsten Roman. Er hat eine totale Blockade. Um diese zu lösen, begibt er sich in den kleinen Ort Aurora, wo er seinen großen Lehrmeister Harry Quebert weiß. Quebert ist selbst ein hochangesehener Schriftsteller, der vor 33 Jahren einen Riesenerfolg hatte und seitdem als Dozent für kreatives Schreiben an einer Uni tätig ist. An dieser Uni haben sich Goldman und Quebert kennengelernt und angefreundet. Der ältere Quebert wird väterlicher Freund und Coach für Goldman. Mit Goldmans Erfolg war die Verbindung zwischen beiden gerissen. Goldman war zu sehr mit seinem Erfolg beschäftig. Doch nun erinnert er sich an seinen Freund und Mentor, geht zu ihm, um sich Ratschläge gegen seine Blockade zu holen. Da wird eine Leiche im Garten von Quebert gefunden. Es ist die Leiche von Nola, die als fünfzehnjähriges Mädchen spurlos verschwunden war. Bei der Toten wurde das Manuskript von Harry Queberts Erfolgsroman von 1975 gefunden. Es stellt sich heraus, dass der damals bereits erwachsene Quebert ein Verhältnis mit der Minderjährigen hatte. Für die Leute ist klar: Quebert ist der Mörder von Nola. Seine Aussichten auf den Literaturnobelpreis lösen sich im Nirwana auf. Nur sein Schüler Marcus Goldman hält zu ihm und ist nicht davon überzeugt, dass Quebert der Mörder ist. Er nimmt zusammen mit einem Polizisten die Ermittlungen auf, um die Unschuld Queberts zu beweisen. Gleichzeitig damit entwickelt sich der Fall Harry Quebert zu einer Idee und einem Stoff für seinen zweiten Roman. Dieser Roman schließlich ist der vorliegende Roman, den man gerade liest.

Dieser Roman erzeugte ein großes „Wow“ bei mir bereits auf den ersten Seiten. Dabei war ich mir gerade am Beginn nicht sicher, warum. Es war ein ganz unbestimmtes Gefühl, dass dies ein ganz besonderer Roman ist. Da die Protagonisten Schriftsteller sind und die Handlung auch das Milieu der Verlagsbranche tangiert, weckte auch dies mein Interesse und ich war erfreut über die zahlreichen „Lebensweisheiten“ für Autorinnen und Autoren. Jedem Kapitel ist ein Gespräch zwischen Schüler und Mentor vorangestellt, in welchem der Mentor den Schüler helfen möchte, die „Schriftstellerkrankheit“ zu bekämpfen. Das Besondere an den Kapiteln: Sie sind rückwärts nummeriert. Da die Protagonisten gelegentlich mit den Ratschlägen durcheinander kommen, klären sie manches Mal im Gespräch, mit welchem Kapitel es gerade weitergeht. Eine nette, humorige Note. Da sich die Ermittlungen auf Vorgänge vor über dreißig Jahren beziehen, wird in dem Roman mit sehr vielen Rückblenden gearbeitet. Es gibt Rückblenden in die Zeit des Heranwachsens von Marcus Goldman, in die Zeit des Verhältnisses Queberts mit Nola, die Zeit ihres Verschwindens, aber auch Rückblenden in die Zeit davor, das Verhältnis von Nolas Eltern untereinander. Trotz dieser zahlreichen Zeitsprünge verliert man aber nie den Überblick und weiß immer, wo man sich in der Handlung befindet und welche Neuigkeiten diese oder jene Rückblende für die aktuelle Handlung bereithält. Das ist eine ganz besondere Note dieses Romans. Schließlich nicht zu vergessen die ungeheure Spannung. Mit jedem Satz, den man liest, wird einem das bisher Geschehene immer klarer und plausibler. Man kann alles sehr gut nachvollziehen. Doch dann passiert etwas derart Unerwartetes, so dass alles bisherige wie ein Kartenhaus zusammenbricht. Als Leser muss man erst Mal Luft holen, bevor man weiterliest. Doch Joël Dicker wäre kein guter Schriftsteller, wenn er den Leser jetzt alleine lassen würde. Es werden Begründungen und Argumente geliefert, so dass man alles wieder auf die Reihe bekommt. Bis zur nächsten Wendung …

Gelesen zum Jahreswechsel legt dieser Roman die Latte sehr, sehr hoch für das Rezensionsjahr 2014. Den Roman kann man ohne Bedenken mehrmals lesen.

Joël Dicker
Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert
736 Seiten, gebunden
Übersetzt von: Carina von Enzenberg
Piper, München
ISBN-10: 3492056008
ISBN-13: 978-3492056007

© Detlef Knut, Düsseldorf 2014
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Mathias Nolte: Miss Bohemia

Mathias Nolte: Miss Bohemia

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Lukas Moskowicz liest es, in einer Bar sitzend, in der „New York Times“. Sein Schriftstellerkollege Philipp Bach ist tot. Vielleicht war es Selbstmord oder auch der Alkohol. Man weiß es nicht. Der Autor war kein Freund von Lukas, auch wenn beide sich oft begegnet sind. Auf dem Foto in der Zeitung entdeckt er Tara. Dass sie zur Trauergesellschaft gehörte, überrascht ihn. Und es weckt Erinnerungen. Bach brachte sie damals mit, als er Lukas mit einem Besuch auf Big Pine Key überfiel. Lukas war sofort fasziniert von der jungen, lebenslustigen und vor allem unkonventionellen und schamlosen Frau. Sie wurde auch seine Geliebte, weil sie es wollte. Eine Wahl hat sie ihm nicht gelassen.

Lukas setzt sich mit der Verfasserin des Artikels in Verbindung. Gretchen Rappaport kannte Bach gut. Sie war sogar eine Zeit mit ihm zusammen gewesen. Sie weiß alles über ihn. Im Gegensatz zu Lukas, der Bach als Autor für nur mäßig erfolgreich hält, wobei dessen Buch „Miss Bohemia“ ihn sehr beeindruckt hat. Die Heldin des Buches erinnert ihn an Tara.
Lukas möchte das Rätsel lösen, das Bach ihm mit seinem mysteriösen Tod aufgegeben hat. Dass es Geheimnisse gibt, ist offensichtlich. Und Tara weiß darüber Bescheid. Sie arbeitet in Berlin an einem Buch, dessen Ursprünge für Lukas im Dunkeln liegen.

Es ist faszinierend zu lesen, wie es einer jungen Frau gelingt, Macht über gleich zwei Männer auszuüben und sie zu manipulieren. Mit ihren Lügen reißt sie rücksichtslos alles nieder. Mit der Trennung, allerdings von Tara erzwungen, gewinnt Lukas sein Leben zurück. Aber nur, bis er ihr wieder begegnet. Dies alles ist beeindruckend erzählt. Die Geschichte ist ausgefeilt bis ins letzte Detail. Dabei sind die Figuren perfekt ausgearbeitet. Lebendige Schauplätze bieten einen guten Rahmen.

Die Macht der Erinnerungen, um die sich alles dreht, spielt eine große Rolle. Begegnungen sind es, die alles auf den Kopf stellen können. Lukas Moskowicz bekommt das zu spüren. Man könnte sagen, er rennt sehenden Auges ins Messer, weil für ihn kein Weg an Tara vorbeizuführend scheint. Dieser ganze Zwiespalt ist sehr gut nachvollziehbar dargestellt. Dem Autor ist nicht Zwischenmenschliches fremd. Man ist sehr gespannt, wie das am Ende aufgelöst wird. Hier überrascht der Autor noch einmal.

Rezension von Heike Rau

Mathias Nolte
Miss Bohemia
288 Seiten, gebunden
Deuticke Verlag
ISBN-10: 3552062106
ISBN-13: 978-3552062108
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Franz Rettenböck: Bollmann schreibt

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Ein vorlauter Rabe ist es, der das Leben von Herrn Kowalski ändert. Mit dem einen unverschämten Wort, das der Vogel sagt, bringt er dessen Lebenskonzept ins Wanken. Kowalski bastelt sich eine Depression und steigt damit auf ärztlichen Rat in den vorzeitigen Ruhestand ein. Doch die Hände in den Schoß legen, will der ehemalige Finanzbeamte nicht. Er beschließt, sich schriftstellerisch zu betätigen. Von seinen Fähigkeiten in dieser Hinsicht ist er überzeugt. Also beginnt er, sich in der Szene herumzutreiben, beteiligt sich an Literaturforen und Lesungen. So langweilig wie sein ehemaliger Kollege Dinglechner will er aber nicht werden. Und trotzdem wird Dinglechner bald darauf literarisch verwurstet. Aus ihm wird Kowalskis Figur Claus Bollmann. Dieser soll auch Schriftsteller werden wollen. Bollmann erfindet die Figur des Roman Schreiber und dieser hat ebenfalls schriftstellerische Ambitionen.

Hatten wir das nicht schon mal? Geht es jetzt immer so weiter? Schreibt ein Autor über einen Autor, der über einen Autor schreibt? So einfach ist es dann doch nicht. Denn nicht jedem liegt die schriftstellerische Arbeit. Bollmann tut sich schwer, auch nur einen vernünftigen Satz zu Papier zu bringen. Trotzdem lässt Kowalski Bollmann leben. Er ist ihm zu ähnlich. Autobiografisches wird immer mehr eingebracht. Man hat als Leser den Eindruck, beide Männer verschmelzen miteinander. Kowalski betrachte sein Leben neu. Geht zurück in der Zeit, sucht nach Stoff. Er hält sich an die Geschichten, die das Leben schreibt und drückt sie Bollmann auf. Doch der hat bald die Nase voll davon, sich sein Leben vorschreiben zu lassen. Er beginnt eigene Wege zu gehen und treibt damit Kowalski in den Wahnsinn.

Wen wundert es, das die Geschichte beginnt, in ihren Grundfesten zu wanken? Immer mehr verstrickt sich Kowalski in seine Ideen. Er beißt sich so fest, das bald nicht einmal mehr seine Frau hier mitziehen will. Aber Kowalski weiß, Bollmanns Leben hängt von ihm ab. Die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Fiktion verschwimmen immer mehr. Es ist interessant für den Leser, diesen Prozess zu beobachten.
Schreiben kann süchtig machen, ob man nun gut ist oder nicht. Als Hobbyschriftsteller kann man die Warnungen kaum übergehen. Das Schreiben kann das Leben verändern. Wer sich berufen fühlt, sollte sich also wappnen. Und das Buch lesen! Dieser schräge Blick auf den Hobby-Literaturbetrieb ist sehr amüsant.

Rezension von Heike Rau

Franz Rettenböck
Bollmann schreibt
214 Seiten, gebunden
Skalding Verlag
ISBN-10: 3940695033
ISBN-13: 978-3940695031