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Schlagwort: Fremdheit

Romain Puértolas: Reise des Fakirs

Romain Puértolas: Reise des Fakirs

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Charmant und skurril: Reise ins Abenteuer!

Ein wenig verrückt mutet die folgende Geschichte schon an:

Da macht sich ein Fakir, Ayran, auf die Reise aus einem kleinen Dorf in Indien nach Paris, um bei Ikea ein neues Nagelbett zu erwerben.

Es soll 15000 rostfreie Nägel enthalten! Nach dem Erwerb will er gleich zurückreisen. Doch das geht schief.

Bei seinem Rundgang durch das Geschäft hat er die hübsche Marie kennen gelernt. Auch gefällt ihm ein Schrank sehr gut, in dem er sich für die kommende Nacht verstecken will. Doch Tücke des Geschicks: der Schrank wird am nächsten Tag für eine große Reise verladen. Es geht nach Barçelona und auch hier erwarten unseren Helden so mancherlei Missgeschicke und Freuden. Auf der Fahrt zu seinem Ziel leidet Ayran an Hunger und Durst, bis ihn ein freundlicher Sudanese, der auch auf der Flucht ist, befreit.

Es geht in der Erzählung immer so weiter, und eine skurrile Erfahrung folgt auf die nächste. Ayran, der kleine Scharlatan, denn das ist er, wird für ein zu erwartendes Buch, das er schreiben will, reichlich entlohnt. Jeder wünscht ihm Glück bei seinen Ungenauigkeiten und Versprechungen, die er nicht immer halten kann. Ein Taxifahrer aus Paris, den er um einen Geldschein betrogen hat, ist ihm mit seinen Rachegelüsten immer auf den Fersen.

Romain Puértolas hat einen Schelmenroman geschrieben. In ihm finden sich die Vorurteile gegen Einwanderer unerklärlicher Herkunft ebenso wieder wie die schalkhaften Chancen eines Weiterlebens unter ungünstigen Umständen. Über die Reise im Schrank gelangt der Held bis nach Rom und von dort zu einer unerwarteten Ballonfahrt. Schließlich kehrt er zurück nach Paris zu seiner Flamme Marie.

Diese Abenteuergeschichte enthält so manche Überraschung für den belustigten Leser bereit. Man staunt und schmunzelt über die Chuzpe, mit der einer durch die Welt gondelt und am Ende noch Glück bei seinen Abenteuern hat, die nicht immer ganz ungefährlich sind.

Es ist ein komisches Buch mit allerlei absurden und unterhaltsamen Abenteuern. Man sonne sich und lese es, dann wird das ein heiteres Ferienvergnügen.

Romain Puértolas
Reise des Fakirs
304 Seiten, gebunden
S. FISCHER, April 2014
ISBN-10: 3100003950
ISBN-13: 978-3100003959
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Petra Hulová: Endstation Taiga

Petra Hulová: Endstation Taiga

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Mit ihrem Roman „Endstation Taiga“ entführt Petra Hulová in eine fremde, archaische Welt.

Der Forscher Hablund Doran verlässt eines Tages im Jahr 1946 seine Frau Marianne in Kopenhagen. Es zieht ihn in eine fernab der Zivilisation gelegene Gegend in Sibirien. Charyn ist das Dorf am Ende der Welt, in dem Hablund einen Dokumentarfilm drehen will.

Eine fremde Welt ist das wahrlich, in die der Held schließlich eindringt. Zuerst wird er von Buro gefangen gehalten, bis ihn dieser wieder laufen lässt, und er sich in dem Dorf umsehen kann. Buro hat den zweiten Weltkrieg mit gemacht und ist ein echter Sowjet geworden. Er weiß etwas von der Welt, das er seinen Mitbewohnern abspricht. Er musste Befehle vollziehen, Gefangene zurückbringen und in gewisser Weise ist ihm Hablund verdächtig.

Viele eigenartige Figuren tauchen auf und werden in ihrem sozialen Verbund gezeigt.

Es zeigt sich, dass hier Gefangene des Krieges ihrer Arbeit nachgehen, und dass Hunger, Not und Kälte die täglichen Begleiter des Lebens sind.

Hablund will eines Tages endlich seine Marianne anrufen. Es gelingt ihm nicht!  Nichts funktioniert und so allmählich dämmert ihm, dass man ihm nicht glaubt, dass er so ganz freiwillig hier ist. Wie kann man ihm glauben, da er keinen Reisepass und keinen Zugfahrschein und keine Aufenthaltsbewilligung besitzt?

Wie ein düsteres Gewitter zieht sich eine Schlinge um seinen Hals, von der er nichts ahnt.

Sechzig Jahre, nachdem Hubland verschwunden und in Kopenhagen nie wieder aufgetaucht ist, macht sich der Student Erske auf, um den Spuren Hublands nachzugehen.

Verworren und vielschichtig zeigt die Autorin eine Kultur, die der unseren total fremd ist. Düster und dräuend will keine rechte Freude aufkommen, weil die Geheimnisse um Land und Leute zu groß sind.

Petra Hulová schreibt in einem Stil, der dem nüchternen, abergläubischen und archaischen Inhalt gerecht wird. Kriegsfolgen, Gefangenschaft, mystische Gepflogenheiten und die Abgeschiedenheit der Gegend wachsen zu einem unheimlichen Gebilde heran. Man ahnt mehr, als dass man weiß, dass sich hier ein dramatisches Unheil zusammenbraut.

Fremdartig bleibt die Geschichte bis zuletzt. Was ist Sinn und Absicht dieser Erzählung? Sind es Zustände, von denen wir in den westlichen Zivilisationen nichts wissen?

Mir hat sich der Sinn nicht erschlossen.

Die Autorin Petra Hulová gilt jedoch als hoffnungsvolles Talent in Tschechien.

Petra Hulová
Endstation Taiga
480 Seiten, broschiert
Sammlung Luchterhand, Juli 2010
ISBN-10: 3630621910
ISBN-13: 978-3630621913
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