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Schlagwort: fünfziger Jahre

Henning Mankell: Der Verrückte

Henning Mankell: Der Verrückte

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Bertil Krass taucht kurz nach dem Krieg in einer Gemeinde in Norrland auf, nachdem er Stockholm nach einem Arbeitsunfall verlassen hat. Es ist ein Sonntagvormittag und es ist ruhig hier. Man stiehlt ihm den Rucksack mit seinen einzigen Habseligkeiten. Dennoch bleibt er. Dem Leser wird schon zu diesem Zeitpunkt offenbart, dass die Geschichte nicht gut ausgehen wird.

Bertil kommt in einer Pension unter, auch wenn es verdächtig erscheint, dass er kein Gepäck hat. Im Sägewerk gibt man ihm Arbeit. Dass es ein Arbeitslager im Wald gegeben hat, weiß er anfangs nicht. Es existiert nicht mehr, ist aber nicht vergessen. Die, die hier interniert waren, leben im Ort, wie zum Beispiel der Kommunist Svante Eriksson. Auch Bertil ist Kommunist. So schließt er sich der Gruppe an, die an die Öffentlichkeit bringen und aufarbeiten will, was geschehen war. Die Dorfbewohner sollen wachgerüttelt und die Verantwortlichen, mit denen sie in der Gemeinde zusammenleben müssen, zur Rechenschaft gezogen werden.

Doch haben sie eine Chance? Hat Bertil eine? Er versucht, sich etwas aufzubauen. Verliebt sich in Margot, die eine kleine Tochter hat. Doch die Beziehung ist nicht einfach, zumal Bertil immer wieder persönlichen Angriffen ausgesetzt ist. Und selbst wenn es ruhig ist, ist die subtile Bedrohungslage spürbar. Der Autor zeigt in eindringlicher Sprache, wie man ihn übergeht, ausgrenzt, ihm Schuld zuweist und ihn allein lässt mit seinen Ängsten. Wobei hier ausgerechnet Polizeikommissar Lönngren eine ganz besondere Rolle spielt. So entwickelt sich ein Krimi, dessen Opfer Bertil Krass ist und der in einem Amoklauf enden wird, weil er nicht aufgeben kann und will. Der Spannungsbogen wächst stetig und gewinnt immer mehr an Dramatik.

Henning Mankel beschreibt in seinem gesellschaftskritischen Roman detailliert und schonungslos, wie Bertil Krass in die Rolle des Außenseiters gedrängt und ausgegrenzt wird. Nicht offen, sondern aus dem Hinterhalt heraus. Und dahinter steckt eine politische und gesellschaftliche Motivation. Es ist erschreckend zu sehen, wie einer die Fäden zieht. Wie aus einem hingeworfenen Satz und einer erfundenen Anschuldigung ein Gerücht wird, das nichts anderes ist als ein Ablenkungsmanöver, dem man aber Glauben schenkt, nur damit die Geschehnisse des Krieges nicht wieder aufflammen und aufgearbeitet werden müssen. So wächst der Spannungsbogen stetig und die Handlung gewinnt immer mehr an Dramatik.

Das Buch erschien in Schweden bereits 1977, wurde aber erst jetzt ins Deutsche übersetzt.

Rezension von Heike Rau

Henning Mankell
Der Verrückte
Aus dem Schwedischen von Andrea Fredriksson-Zederbauer
512 Seiten, gebunden
Paul Zsolnay Verlag, September 2021
ISBN-10: 3552072497
ISBN-13: 978-3552072497
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