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Schlagwort: Heimweh

Irene Ruttmann: Adèle

Irene Ruttmann: Adèle

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Die Notizbücher sind abgegriffen. Erst lange nach dem Tod ihres Vaters beschließt die Tochter, darin zu lesen. Der erste Eintrag wurde im Sommer 1916 gemacht. Der Vater ist Anfang 20. Er hat sich freiwillig zum Sanitätsdienst gemeldet. Im Dezember 1916 ist er an der Aisne in Frankreich. Hier soll nach schlimmen Wochen etwas Ruhe einkehren. Es ist eine Zeit des Wartens in Ungewissheit. Als Kameraden unter Bauchschmerzen leiden, weiß Max, was helfen kann. Im Ort hatte er eine Apotheke gesehen und macht sich auf den Weg, um Salbeiblätter zu beschaffen. Das Geschäft hat nicht geöffnet. Ein Haus gegenüber weckt sein Interesse. Es hat einen Garten und hier könnte es auch Salbei geben. Er macht sich auf die Suche, ist aber nicht allein. Eine junge Frau sitzt hinter dem Haus auf einer Bank. Sie spricht kaum Deutsch und er auch nur ein paar Worte Französisch, dennoch gelingt eine Verständigung. So kehrt Max nicht mit leeren Händen zum Quartier zurück. Lange reicht der kleine Vorrat jedoch nicht. Wieder muss Max zu Adèle. Die beiden verlieben sich ineinander. Es ist eine Liebe auf Zeit, denn der Krieg geht weiter.

Die Autorin erzählt die Geschichte auf eine sehr schlicht wirkende Art und Weise, die dennoch die Vorstellungskraft anspricht und vor allem auch das Mitgefühl des Lesers weckt. Eine tiefe Melancholie liegt zwischen den Zeilen. Es gibt keine Zukunft für die Liebenden, denn Max wird gezwungen sein, weiterzuziehen. Die kurzen Zusammenkünfte sind gestohlener Zeit zu verdanken. Und Max wagt mit seinen Besuchen viel zu viel. Jedes Treffen kann das letzte sein. Auch ohne Abschied könnte die Liebe ein Ende nehmen. Es schmerzt unendlich, sich in dieser Gewissheit zu begegnen. Die Geschichte berührt. Die Autorin beschränkt sich auf Wesentliches. Die Handlung wird nicht besonders ausgeschmückt. Aber es sind gerade die nicht gesagten Worte, die die Tragik verdeutlichen.

Rezension von Heike Rau

Irene Ruttmann
Adèle
160 Seiten, gebunden
Paul Zsolnay Verlag
ISBN-10: 3552057382
ISBN-13: 978-3552057388
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Jonathan Crown: Sirius

Jonathan Crown: Sirius

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Heimweh, Abenteuer und Neubeginn.

Das macht so schnell niemand diesem Autor nach: eine Geschichte zu erzählen mit dem ernsten Hintergrund der Vertreibung der Juden aus Nazideutschland gekoppelt an die komische Geschichte eines Foxterriers mit Namen Sirius!

Zuerst heißt dieser Hund noch Levi, und er gehört dem Professor Liliencron, einem jüdischen Wissenschaftler. Letzteren interessiert die große Politik nicht gar so sehr. Jeden Morgen zieht er seine Runden mit dem Hund durch die Berliner Straßen und ist froh.

Spätestens 1938, als in Berlin die Läden und Synagogen geschändet werden, ändert sich das. Polternde SS Schergen erobern jede Wohnung und verscheuchen die jüdischen Bewohner. In Haus der Liliencrons halten sie ein: der Hund kann seine Pfote zum Hitlergruß erheben! Das ist komisch und tragisch zugleich. Man hat damit die „Hitlerei“ im Hause der Liliencrons zu passender Gelegenheit veralbert!

Levi wird nach dem Sternbild des Sirius in „Sirius“ umbenannt und die ganze Familie mit Hund sucht einen Weg, aus dem Land zu kommen. Dabei zeigt sich, dass die Familie weitreichende Kontakte hat, die ihnen die Flucht nach Kalifornien ermöglichen. In Kalifornien geraten Carl und Rahel durch ihren Retter Peter Lorre, einer früheren Flamme von Rahel, in Schauspielerkreise und Sirius gleich mit ihnen.

Carl Liliencron bekommt einen Job als Chauffeur bei einem bekannten Filmschauspieler, und bald darauf wird Sirius als Akteur entdeckt. So ändern sich die Zeiten!

In einem rasanten Szenenwechsel rast die Erzählung durch die Weltgeschichte während des Zweiten Weltkriegs. Sirius denkt und handelt wie ein Mensch und kann daher auch die Geschichte beeinflussen! Ein Wunder!

Der Autor Jonathan Crown besteht darauf, dass er nur die Geschichte des Hundes Sirius protokolliert habe. Er sei gar nicht der Autor, sondern gäbe nur wieder, was ihm ein Nachfahre von Sirius erzählt habe.

Gekonnt aber fängt er die Atmosphäre im Hollywood der vierziger Jahre ein; die ausufernden Partys, Begegnung mit Schauspielern, die große Namen hatten und das ganze eitle Treiben der Filmschaffenden.

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge liest man, wie schwer es die Menschen hatten, wenn sie aus allen bisherigen Bezügen, Profession und Heimat vertrieben wurden und zu einem kompletten Neubeginn gezwungen waren. Wer immer sich unter dem Namen Jonathan Crown verbergen mag: es ist ihm gelungen, den Ernst mit dem Scherz oder die Schwere und mit der Leichtigkeit des Seins zu verbinden.

Jonathan Crown
Sirius
288 Seiten, gebunden
Kiepenheuer & Witsch, August 2014
ISBN-10: 3462046780
ISBN-13: 978-346204678
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