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Schlagwort: Leiden

Leslie Jamison: Die Empathietests

Leslie Jamison: Die Empathietests

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Dieses in Amerika zum Bestseller erkorene Buch ist in seiner Substanz eindringlich.

Es geht um die Verstehbarkeit von Leid und die Fähigkeit zum Mitfühlen im weiteren auch Empathie genannt. Es handelt sich um ein vielschichtiges, wichtiges und interessantes Sujet.

Das Thema ist komplex und schwierig zu vermitteln. Wie weit können wir mitfühlen, und wo liegen unsere Grenzen?

Jamison beginnt ihre Essays mit Tests von Studenten und Schauspielern, die angehende Mediziner auf ihr Mitfühlen überprüfen. Die Mediziner wissen nicht, dass sie nur Scheinkranken gegenüberstehen. Diese sind geschult, auf die Echtheit der Gefühle zu achten und die Kälte oder den Mangel an Gefühlen heraus zu spüren.

Durch die Experimente wird dem Leser verdeutlicht, wie schwierig echtes Mitfühlen von der künstlichen Teilnahme oder der Übertreibung, womöglich gar dem Desinteresse, zu unterscheiden ist. Kann man Empathie überhaupt erlernen?

Die Fähigkeit zur Empathie hängt von zahlreichen Variablen ab. Das eigene Gefühlsleben, das soziale Umfeld und die Herkunft, Beziehungen zu geliebten Menschen und soziale Kompetenz sind unabdingbare Voraussetzungen für die Fähigkeit zur Empathie. Wie soll man Empathie beschreiben? Es geht um die Sensibilität, sich in andere Menschen hineinzudenken und wahrzunehmen, wie es in deren Gefühlsleben und mit ihren Ängsten und Glücksmomenten aussieht. Die Selbstwahrnehmung über eigene Befindlichkeiten im Guten wie im Zweifel sind ebenso Bestandteil der Fähigkeit zur Empathie, wie die Bereitschaft, sich auf eine vorübergehende Nähe zu einem leidenden Menschen einzulassen. Das alles lässt sich bei entsprechenden Voraussetzungen und in Supervisionen verfeinern lernen. Die Reflexionen über die Konfrontation mit dem Leid anderer wird dazu führen, Selbst-und Fremdwahrnehmung zu differenzieren. Nur so lässt sich zwischen Kranken und Leidenden ein vorübergehendes Bündnis herstellen, das zur Heilung oder zum Ertragen des Mitleidens beitragen kann, gleichzeitig aber eine gewisse Distanz nicht überschreiten soll.

Empathie aber wird nicht nur von Menschen in helfenden Berufen erwartet, sondern kann einen jeden im Alltag berühren und hervorragende Schriftsteller und Künstler zu sensiblen Darstellern in Politik und Gesellschaft befähigen. Sie erklären uns auf diese Weise die Welt mit allen ihren Widersprüchen.

Was hat nun Leslie Jamison dazu beizutragen?

In ihren folgenden Essays geht es um eingebildete Kranke, um Gangster und Überfälle und allerlei Übel, die uns Menschen wiederfahren können. Ist das erste Kapitel noch eingängig nachzuvollziehen, so folgen dann Kapitel auf Kapitel, die in ihrer Absurdität gelegentlich ermüdend sind.

Zwischen Sachbuch und Literatur schwankend legt man das Buch nach einiger Zeit beiseite, um es bei passender Gelegenheit weiterzulesen.

Leslie Jamison wird mit so bekannten Namen wie Joan Didion und Susan Sonntag in einem Namen genannt. In ihrer sensiblen Beobachtungsgabe kann man sie mit diesen Autorinnen durchaus vergleichen.

Leslie Jamison
Die Empathie-Tests
336 Seiten, gebunden
Hanser Berlin, September 2015
ISBN-10: 3446249257
ISBN-13: 978-3446249257
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Sabine Bories: Wo ist eigentlich Batman, wenn man ihn mal braucht?

Sabine Bories: Wo ist eigentlich Batman, wenn man ihn mal braucht?

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Krankheit mit schwersten Folgen.

Was ist eigentlich eine Rheumatoide Arthritis?
Wer es nicht weiß, wird sich hier orientieren können.

Es handelt sich um eine schmerzhafte Autoimmunkrankheit. Wie das Wort „immun“ schon suggeriert, richten sich die Krankheitserreger gegen das eigene Immunsystem und zerbröseln die Knochen. Wie man sich vorstellen kann, tut das sehr weh!

Sabine B. hat in ihrer Not angefangen, ein iPod-Tagebuch zu schreiben. Das war eine äußerst originelle Idee, denn hier kann sie in Malereien ihr Leiden vergegenständlichen. Mit einem Malprogramm kann man ja auf dem iPod die schönsten Bilder hervorzaubern.

Mit dem traurig- grämlichen Gesichtsausdruck eines Mädchens auf der ersten Seite zeigt uns Sabine Bories nach der kurzen schriftlichen Einführung, wie es ihr so geht. In der Folge zeichnet sie viele Situationen und Stimmungen in Bildern.

Dass es sich um eine Krankengeschichte handelt, ist die eine Seite der Bilderzählung. Eine andere aber spricht über Freundinnen, Ehemann und Feiern, die man zusammen plant und genießt. Blumensträuße kommen an das Krankenbett, und Schwestern und Ärzte werden auf eine sinnhafte und sehr eindringliche Art und Weise karikiert. Gedanken an weitere Operationen spielen eine ebenso große Rolle wie die Befindlichkeiten nach misslungenen Eingriffen.

Die Bilder gewinnen in großen Strichen, jeweils zart oder gröber, Form und Farbe. Sehr klein geschriebene Texte erläutern gelegentlich das eine oder andere Geschehen. Ein Schmerzenstagebuch ist es sicher! Wer aber ein solches Tagebuch schreibt, der kann nicht ganz ohne Humor sein! Genau dieser kommt in der Geschichte nicht zu kurz. Mit Selbstironie und Beobachtungen der Umwelt gelingt der Autorin trotz der schweren Schmerzen eine skurrile, amüsante und auch geistreiche Geschichte, die Herz und Seele berührt.

Der Kranken geht die Puste nicht aus, um in unendlichen Fortsetzungen ihre (Kranken-)und Lebensgeschichte zu erzählen. Heiter, froh, duldsam und gelegentlich zornig ist sie immer bereit, ihr Schicksal zu ertragen und nicht aufzugeben. Man kann ihr gratulieren: zu ihrem Mut, ihrer Tatkraft, ihrem Humor und der beispielhaften Ironie, mit der sie auch den tristesten Erfahrungen, die sie mit ihrer Krankheit machen muss, noch trotzt. Und wo ist Batman, der Held der Rache und Gerechtigkeit?

Sabine Bories zeichnet sich selbst als diese Comicfigur von Bob Kane aus dem Jahr 1939.

Sabine Bories
Wo ist eigentlich Batman, wenn man ihn mal braucht?
176 Seiten, gebunden
Atrium-Verlag, Oktober 2012
ISBN-10: 3855350388
ISBN-13: 978-3855350384
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Miriam Meckel: Brief an mein Leben

Miriam Meckel: Brief an mein Leben

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Als die bekannte Medienforscherin Miriam Meckel eines Morgens nach einem angestrengten Arbeitstag zusammenbricht, stehen damit auch ihr Selbstbild und ihre Tatkraft auf dem Prüfstand.
Ihre aufreibende Arbeit als Kommunikationswissenschaftlerin, Professorin und gefragte Vortragsreisende hat sie an die Grenzen ihrer Kräfte getrieben.
Nach einem Zusammenbruch mit Hörsturz und anderen Symptomen begibt sich die schöne, begabte und erfolgreiche Frau in eine Klinik im Allgäu. Dort sucht sie Ruhe, Heilung und Erholung. Die ärztliche Diagnose lautet: Burnout!

Nun hat sie ein Buch über ihre Erfahrungen geschrieben, in denen sie sehr persönlich ihre Geschichte erzählt.
Es ist eine Geschichte von Erfolg, Ehrgeiz und endlosen Aktivitäten, denn sie ist überall in der Welt gefragt als Moderatorin, Vortragende und Dozentin. Der Gesundheitscrash bietet Gelegenheit, einzuhalten und ihr Leben zu überdenken.
In der Klinik muss sie sich an einen strengen internen Tagesablauf gewöhnen. Ihr wird zur Einstimmung auf die kommenden Wochen mit Therapien aller Art ein Wochenende des Alleinseins verordnet. Man erwartet, dass sie sich jeder Tätigkeit enthält und ganz still und alleine den Tag verbringt.

Allein auf ihrem Zimmer erzählt sie in langen Passagen über ihre Sinneseindrücke in der Stille und vom dem kalten und nebligen Draußen. Der Eindruck einer intelligenten, nachdenklichen jungen Frau, die in Ruhestunden gerne Musik hört und liest, und die dennoch mit ihren Kräften nicht haushalten konnte, bestätigt sich. In ihrem Alltag gab es keine Rast, sondern andauernde Hyperaktivität, die zerrüttend wirkte.
Sichtbar hat man es bei der Autorin mit einer Lebens -und Sinnkrise zu tun, die so manchen Zeitgenossen gelegentlich erwischt. Euphorisierende Wirkungen haben Aufenthalte in Kliniken, in denen sich Menschen aller Couleur versammeln, um in ihren jeweiligen Krisen Hilfe zu suchen. Da entsteht eine Nähe, die unter fremden Menschen eher unüblich ist. Man merkt, wie sich Miriam Meckel zögerlich auf die verschiedenen Ebenen einzelner Therapien und auf die Begegnung mit ihren Mitpatienten einlässt. Ihre neuen Erfahrungen wecken Erinnerungen an vergangenes Leben, erlittene Verluste von Freunden und Verwandten und fördern neue Einsichten.

In ihrem Buch beschreibt Miriam Meckel den ganz normalen Alltag in einer psychosomatischen Klinik, in der Übungen verschiedener Art dazu herausfordern, inne zu halte, das bisherige Leben zu überdenken und sich neue Perspektiven für die Zukunft vorzustellen. Ihre Niederschrift gleicht Tagebuchaufzeichnungen mit sehr persönlichen Einsichten.
Der Bericht mag eine Art Befreiung für sie bedeuten, —aber muss die Öffentlichkeit davon wissen?
Ohne die gewohnte öffentliche Resonanz lebt es sich offensichtlich schwer!
Die Geschichte ist als Erfahrungsbericht interessant und bedient die voyeuristischen Bedürfnisse jener Menschen, die sich in ähnlichen inneren Konflikten verfangen haben, die sie an die Grenzen ihrer Kräfte getrieben haben.

Miriam Meckel
Brief an meine Leben
Gebundene Ausgabe: 224 Seiten
Rowohlt, Reinbek, März 2010
ISBN-10: 3498045164
ISBN-13: 978-3498045166