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Schlagwort: Selbstmord

Bettina Flitner: Meine Schwester

Bettina Flitner: Meine Schwester

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Bettina Flitner begibt sich mit diesem Buch auf Spurensuche in die Vergangenheit. Es geht um ihre Familie, ihre Eltern, die Schwester und Großeltern. Ihre Eltern hatten sich in einer Zeit des Aufbruchs aus verkrusteten Strukturen in ein antibürgerliches und sexuell freies Leben begeben.

Anstoß zum Buch war der Suizid ihrer Schwester, die sich wie die Mutter mit 47 Jahren das Leben genommen hat.

In wechselnden Zeitebenen beschreibt Bettina Flitner ihr Kinderleben und ihr Erwachsenendasein. Ihre Schwester, um die es im Wesentlichen in diesen Aufzeichnungen geht, war schon früh ein gestörtes Mädchen mit Hungerattacken und innerer Unausgeglichenheit.

B. Flitner hat eine ungebrochene Gabe, in ihren Erinnerungen die täglichen Gegebenheiten trocken, nüchtern und auch gelegentlich karikierend darzustellen. In ihrer Erzählweise wirkt sie fröhlich, unbeschwert und ohne Ängste. Mit ihrer wenig älteren Schwester hatte sie ein enges Verhältnis. Sie heckten zusammen so manchen Schabernack aus. Auch die Großeltern spielen keine geringe Rolle und werden mit ihren skurrilen Eigenheiten beschrieben.

Sie beschreibt klar und schnörkellos, was sich täglich in ihrem Leben änderte. Viele Umzüge gehörten dazu und wechselnde Partner:innen der Eltern. So lebt eines Tages Frau Tasch mit in der Familie. So wie sie gekommen ist, verschwindet sie auch wieder. Ab und zu flüstern die Kinder „das ist seine Neue“, wenn wieder mal ein fremdes weibliches Wesen am Tisch Platz nimmt.

Etwa um 1970 ging es für eine Weile nach Amerika. Neugierig und munter beschreibt die Autorin ihre Schuleindrücke, die fremde Stadt New York mit ihren Geräuschen und Ausflüge zu einer „Landkommune“ etc. Dort geht es bunt, lustig und sehr freizügig zu.

In der Art wie B. Flitner ihre Kindheit und Jugend schildert, meint man zu spüren, dass sie sich in ihrem Inneren immer ein wenig auf Abstand zur Familie befand. Einzig die Schwester Susanne war lange Zeit ihr Kumpel und bester Freund. Diese fand sich wohl weniger leicht zurecht in dem ungeordneten Familienleben.

Dass die Mutter an Depressionen litt, zeigt die Autorin in wunderbaren Bildern. Es sind die schwarzen Vögel, die einer nach dem anderen kommen, um die zarte und empfindsame Mutter heimzusuchen. Den Vater beschreibt sie treffend mit den Worten“ Ein schwer zu fassendes Irrlicht, das mal hier und mal dort über einen morastigen Grund geistert“. (S.150) Mit diesen Worten wird die innere Distanz deutlich, mit der die Autorin ihre Familienmitglieder zu charakterisieren versucht.

D.h. nicht, dass sie nicht getroffen ist, als die Mutter stirbt.
Man spürt im Gegenteil ihr Mitgefühl mit dieser unglücklichen Frau.
Unmittelbar nachvollziehbar ist der Schock über den Tod der Schwester.

Alles in allem ist die Autobiographie in ihrer protokollarischen Darstellung reich an inneren Bildern, die Einblicke in ein unruhiges und wenig Halt bietendes Elternhaus öffnen.

Bettina Flitner ist Ehefrau von Alice Schwarzer und hat sich als erfolgreiche Fotografin einen Namen gemacht. Sie lebt in Köln.

Bettina Flitner
Meine Schwester
Kiepenheuer&Witsch, Februar 2022
320 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3462002376
ISBN-13: 978-3462002379
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Viveca Sten: Mörderische Schärennächte

Viveca Sten: Mörderische Schärennächte

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Zu jedem echten Krimi gehört ein Mord. Bei der Suche nach dem Mörder ergeben sich üblicherweise Fallen und Störungen, die alle Nachforschungen zu einem Abenteuer werden lassen.

Viveca Sten ist es wie in allen vorherigen Krimis gelungen, eine Spannung aufzubauen, die den Leser bei der Suche nach dem oder den Mörder/n nicht mehr los lässt.

Dieses Mal geht es um eine hart gedrillte militärische Eliteeinheit, in der die Geschundenen immer kurz am Tod vorbeischrammen. Schließlich musste einer wirklich dran glauben! Mit feinem Gespür für menschliche Abartigkeiten beschreibt die Autorin einen Ausbilder als so sadistisch, dass er mehrfach die jungen Soldaten an den Rand der physischen und psychischen Erschöpfung treibt.

Der Student Marcus Nielsen schreibt eine Arbeit über diese Küstenjägerausbildung um 1976, wozu er Aufzeichnungen eines damals Beteiligten zu Hilfe nimmt.

Bei seinen Recherchen stößt er auf Geheimnisse, die offensichtlich verborgen bleiben sollen. Dafür sorgen schon die Mitglieder dieser forschen Truppe, damit niemand ihre Ehre in Zweifel zieht.

Doch findet man eines Tages Marcus Nielsen erhängt vor! War es Selbstmord? Manches deutet darauf hin. Doch gibt es Indizien, die auch einen Mord möglich erscheinen lassen.

Viveca Sten baut ihren Roman so auf, dass man immer auch die     Kriminalbeamten mit ihren persönlichen Lebensumständen im Auge behält. Man erfährt etwas über verkrachte Ehen, über persönliches Unglück und viele andere Details aus dem Leben der Kriminalbeamten. Sie lösen Sympathien oder Mitleid aus, je nach Lage der Dinge. Kinder, Ehemänner und Liebschaften bereichern den Blick auf die Geschichte, die in ihren kriminellen Dimensionen sehr aufregend ist.

Die schwedische Landschaft, das kalte Wetter, Schnee und Regen erzeugen eine Stimmung, die nach Erlösung sucht. Einzig in den Behausungen der Protagonisten fühlt man sich wohl, während draußen Kälte und Ungemütlichkeit herrscht.

Kommissar Thomas Andreasson lässt nicht locker, bis er den schwierigen Fall, der mit dem Tod Marcus Nielsens begann, zur Auflösung bringen kann.

Der neue Roman von Viveca Sten verspricht Aufregung und Spannung bis zuletzt. Da sehnt man sich umso mehr nach der Wärme und dem Frühling dort wie hier!

Viveca Sten
Mörderische Schärennächte
416 Seiten, broschiert
Kiepenheuer & Witsch, April 2013
ISBN-10: 3462045288
ISBN-13: 978-3462045284
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