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Schlagwort: Trost

Gabriele von Arnim: Der Trost der Schönheit

Gabriele von Arnim: Der Trost der Schönheit

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Nach ihrem viel beachteten Buch über die Jahre mit ihrem schwer pflegebedürftigen Mann hat Gabriele von Arnim nun ein Buch über die Schönheit und die Suche danach geschrieben.

Dabei gelingt es ihr mit ihrem reichen Wortschatz, die Augenblicke des Lebens zu rekapitulieren, in denen sie Schönheit beruhigt und aus dem Alltag herausgehoben und getröstet hat.

Auf diese Weise kann sie ihr ganzes Leben noch einmal an sich vorbeiziehen lassen.
Die einsame Jugend, das unterkühlte Elternhaus, in dem es weder Musik noch Literatur gab und in der es eine Bestimmung gab, die zu konventionellem Verhalten drängte und wenig Freiheit für den Geist und das freiheitssuchende Kind gab. Sehr vornehm ging es da zu!
Später erlebt die Erzählerin Trost im Anblick von Kunst, Natur und erlebter Lebensfrische.

Es sind die kleinen Dinge des Lebens, auf die uns die Autorin mit ihren überbordenden Gefühlen hinweist: ein Abendhimmel, ein Schwimmen im Meer, eine Mahlzeit in gemütlicher Abendstunde- und Runde. Nicht zuletzt immer wieder die Literatur, die Trost zu spenden weiß.
Man kann sich vorstellen, wie man alle diese Dinge erinnert, um sich damit ein gewisses Lebensglück zurückzuholen.

Der Lebensfaden zieht sich durch die Betrachtungen, und man erfährt so einiges aus dem Leben der Autorin, das einen aufhorchen lässt.
Ja, es gab auch trübe Stunden, die Einsamkeit und Verlorenheit während der großen Epidemie im Jahr 2020 z.B. Von Arnim bekennt, wie sie in diesen Zeiten Verlassenheitsgefühle plagten. Doch sie findet heraus aus der Niedergeschlagenheit. Sie lässt uns teilnehmen am Herausfinden von Glück und Freude, und dass alleine ein schöner Blumenstrauß uns zur Freude gereichen kann.

Die Ehrlichkeit der Erzählerin wird dann deutlich, wenn sie über ihre Ängste spricht, ihre Unzulänglichkeiten und die Not, die sie gelegentlich erfahren hat. Sie gaben den Antrieb, sich nach dem umzuschauen, was das Leben lebenswert macht.

Fast einem Tagebuch gleich fließt der Strom der Glückssuche durch die Zeilen.
Ist es mehr ein Monolog über die Suche nach der Schönheit?
Ein wenig fehlt der rote Faden, wenn von Arnim von einem schönen Augenblick zum nächsten eilt.
Es animiert den Leser, sich der Muße hinzugeben und auch dem eigenen Leben Beachtung zu schenken nach dem, was es an Schönem zu erleben gab. Ob es immer Trost sein kann in Zeiten des Verzagens und der Not?
Der Leser*in muss es für sich entscheiden.

In einem Anhang findet man die zahlreichen Bücher, aus denen die Zitate stammen, mit denen Gabriele von Arnim ihre Aufzeichnungen über Schönheit und Vergänglichkeit, Fluch und Segen belegt.

Gabriele von Arnim
Der Trost der Schönheit
Rowohlt Buchverlag, 2. Auflage August 2023
224 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3498003518
ISBN-13: 978-3498003517
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Mely Kiyak: Herr Kiyak dachte, jetzt fängt der schöne Teil des Lebens an

Mely Kiyak: Herr Kiyak dachte, jetzt fängt der schöne Teil des Lebens an

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Lebensende oder neues Glück?

„Man stirbt.
Man steht morgens auf, macht seine Arbeit und stirbt.
Man träumt und stirbt.
Man gießt Blumen, geht einkaufen, schüttelt Decken aus und stirbt.“

Mit diesem immer wiederkehrenden Refrain beginnt Mely Kiyak ihren Roman über die tödliche Krankheit ihres Vaters.

Man spürt, wie tief berührt sie ist, als der Vater unerwartet an Lungenkrebs erkrankt. Jeden Tag ist sie bei ihm im Krankenhaus und erlebt die Atmosphäre aus Krankheit und Unausweichlichkeit. Ihr Vater weint, und sie kann es nicht aushalten. Kann man denn nichts tun?

Sie kann ihren Vater motivieren, in die Vergangenheit einzutauchen und Geschichten über die Familie zu erzählen. Da gibt es Tanten, Onkels, Großväter und eine Vielzahl von Anverwandten. Das Landleben und lange geübte Gewohnheiten bestimmen das Leben der weitläufigen Verwandtschaft und Freunde. Die großen Sippen mit ihren zahlreichen Mitgliedern leben in Frieden oder im Krieg mit einander. Man wird mit gerissen in einen Strom von Trauer, Abschiedsgedanken und Erinnerungen. Die Türkei mit ihren großen Familienclans und die Gegenwart in einem sauberen, seelenlosen und nach westlichem Standard ausgerüsteten Krankenhaus bieten die Bühne, auf dem sich das Leben von Tochter und Vater zuletzt abspielt.

Mely Kiyak ist eine erfolgreiche Journalistin, die vorübergehend ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen kann. Ihre Sorge um den kranken Vater scheint alles zu überwuchern. Er schwebt lange Zeit zwischen Leben und Tod. Nur die Geschichten, die er erzählt, lenken aus dem grauen Krankenhausalltag ab.

In diesen Geschichten spielt seine Herkunft aus Anatolien die bestimmende Rolle. Hier herrschen tradierte Lebensmuster, ein einfaches Leben ohne Komfort und ländliche Schlichtheit. Zum Westen der Türkei hin herrscht eine eher säkulare Welt, in der es gut besuchte Schulen und Universitäten gibt. Allerdings entwickeln Kinder aus benachteiligten analphabetisch geprägten Elternhäusern, die als Gastarbeiter nach Deutschland kamen, häufig ebenfalls ein aufgeklärtes und bildungsnahes Bürgertum.

Mely Kiyak ist eine liebevolle Tochter, die zwischen West und Ost zu vermitteln versucht. Sie hängt mit vollem Herzen an dem Mann, der hier als hilfloses Opfer der Medizin seinem Ende entgegen sieht. Er versteht vieles nicht und versucht sich dem abstrakten und wenig menschenfreundlichen Medizinbetrieb entgegen zu stemmen liebevoll betreut von Verwandten und Freunden.

Mely Kiyak schreibt emphatisch und mit Herzenswärme, wie sie die Zustände des Vaters miterlebt. Er wollte doch so gerne sein Rentnerdasein mit einer neuen Liebe genießen! Ob es ihm gelingen wird?

Das Buch geht zu Herzen. Es zeigt die innige Verbindung zwischen einem Vater und seiner Tochter. Die Autorin setzt ihm, den sie hoch achtet und liebt, ein lebendiges und lebhaftes Andenken. Sie bedenkt dabei sehr wohl, wie schwer es ist, sich aus alten Traditionen zu lösen und neue Formen zu finden. Stellvertretend für zahlreiche Mitbürger mit gleicher Vorgeschichte spricht sie von der Hoffnung und von dem Trost, mit dem die Heimkehrer ihr Lebensende zu Hause verbringen möchten. Nicht zuletzt erfährt man in einer der Erzählungen, wie auch der Vater die Tochter als kleines Kind dem Tod entreißt. Der Kreis hat sich geschlossen!

Mely Kiyak beweist sich als ausgezeichnete  Schriftstellerin, die reflektiert und sehr bewusst über sich und ihre Landsleute zu berichten weiß.

Mely Kiyak
Herr Kiyak dachte, jetzt fängt der schöne Teil des Lebens an
256 Seiten, gebunden
S. FISCHER, Mai 2013)
ISBN-10: 3100382129
ISBN-13: 978-3100382122
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