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Laura Imai Messina: Die Telefonzelle am Ende der Welt

Laura Imai Messina: Die Telefonzelle am Ende der Welt

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Was für eine wunderbare Einrichtung das ist! Eine Telefonzelle steht in einem Garten scheinbar am Ende der Welt am Hang des Kujirayama, etwa eine Fahrstunde von Tokio entfernt. Der Wind rauscht und umtost die Telefonzelle, die zahlreiche Menschen tägliche besuchen, um mit ihren verstorbenen Angehörigen nach alter buddhistischer Sitte zu sprechen. Der Garten Bell Gardia muss ebenfalls wunderschön sein.

Bei einem Taifun 2011 sind unglaublich viele Menschen umgekommen. Auch Yui, die Moderatorin des Radios, macht sich eines Tages auf zu diesem bezaubernden Ort, denn sie hat Mutter und kleine Tochter bei dem Tsunami verloren. Sie lernt den Arzt Takeshi kennen, der nach seiner verstorbenen Frau forscht. Beide beginnen einen vorsichtigen Kontakt miteinander.

Eingeflochten in die Erzählung erlebt man weitere handelnde Personen, die mit Mutter oder verstorbenen Kindern sprechen wollen. Das alles wirkt wie ein Traum!

In einer langen, gut erdachten Geschichte erhält man einen Blick auf Japan, wie man sich das Land herkömmlich vorstellt: zarte menschliche Umgangsformen, sehr höflich und zurückhaltend. Doch die Leiden und Freuden der Welt bleiben sich am Ende immer gleich. Yui ist eine äußerst empfindsame Person und Takeshi ein rücksichtsvoller und liebevoller Mann. Beide fahren drei Jahre lang zu dieser Telefonzelle, um sich mit Menschen zu treffen, die fast alle einen Verlust zu beklagen haben. Insofern ist es der Tod, der die Erzählung mitbestimmt. Aber nicht nur! Die Hoffnung auf einen Neubeginn ist immer mit dabei.

Laura Imai Messina, die Autorin des Buches, ist schon in jungen Jahren zum Studium nach Japan gegangen und lebt heute dort mit Mann und zwei Kindern. Wenn man ihre Erzählung liest, kann man schon verstehen, wie sehr sie vom Leben und der Schönheit des Landes entzückt war und ist. Die Zartheit im Umgang der Menschen miteinander, die ausgeprägte Selbstdisziplin, die ästhetischen Farben der Landschaft und so vieles mehr zeigen uns ein Land, in dem die Menschen nicht laut und dröhnend sind. Messina gibt dem vornehmen und eher zurückhaltenden zwischenmenschlichen Ton Raum. Alle Personen haben in ihren Erinnerungen an die Verlorenen eigene Vorstellungen. Es gibt den Verlust des Glücks, die Schuldgefühle über begangenes Unrecht und eine äußerst liebevolle Sehnsucht nach all dem Vergangenen. Keiner mag wirklich glauben, dass die Liebsten für immer verloren sind.

Laura Messina besitzt eine ausdrucksvolle Sprache, mit der sie die Poesie der japanischen Seele einfängt.
Ihre Liebesszenen sind diskret und zeugen von einer sensiblen Sprachkultur. Gebannt schaut der Leser auf das Geschehen, das diese ruhigen, beschaulichen Landschaftsbilder zu Zeiten in böse, alles zerstörende Orkane verwandeln kann.
Die ganz und gar ungewöhnliche Liebesgeschichte gibt der Erzählung das Gerüst und bietet den roten Faden, mit dem man das Erlebte nachempfinden kann.
Es ist eine von tiefer Empathie getragene Geschichte.

Schon das Deckblatt bietet einen Blick auf eine Telefonzelle, die wie verlassen im leeren Raum steht. Ein zarter Zweig mit rosa Blüten weist in ihre Richtung.

Im Anhang findet man Erklärungen zu japanischen Wörtern und Symbolen.

Laura Imai Messinas Roman war lange auf den Bestzellerlisten in aller Welt.

Laura Imai Messina
Die Telefonzelle am Ende der Welt.
btb Verlag, März 2021
352 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3442758963
ISBN-13: 978-3442758968
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