Axel Brauns: Kraniche und Klopfer

Axel Brauns: Kraniche und Klopfer

Im ganzen Haus stehen sie, die Kisten mit „Das kann man doch nicht wegwerfen, „Wie schön das ist“, Das will ich mir noch ankucken“, „O ist das wichtig“. In diesem Chaos leben Adina und der jüngere Bruder mit ihrer Mutter. Die Kinder werden von der Welt draußen abgeschottet. Fremde Menschen, von der Mutter Klopfer genannt, machen ihnen Angst. So hat Adina dann auch große Schwierigkeiten, als sie in die Schule kommt. Die Mutter müllt unterdessen das Haus immer mehr zu. Um in ihr Zimmer zu kommen, müssen die Kinder über einen Kistenberg klettern. Hohe Kistentürme sind gefährlich und so passiert eines Tages der unfassbare Unfall, bei dem der kleine Bruder ums Leben kommt. Adina bleibt für einige Zeit im Krankenhaus. Als sie wieder nach Hause kommt, türmen sich die Kisten höher als zuvor auf. Die Mutter kümmert sich nicht weiter um Adina. Das Mädchen ist sich selbst überlassen.

Trotz aller Warnungen der Mutter schließt Adina Freundschaft mit einer Klopfer-Frau. Erla Meier nimmt Adina mit in den Duvenstedter Brook. Es ist ein Naturschutzgebiet, wo Kraniche brüten. Adina gefällt es hier. Einmal im Monat darf sie nun mit Erla Meier gehen. Und hinterher gibt es ein Bad, saubere Sachen und Apfelpfannkuchen. Alles Dinge, die es zu Hause nicht gibt. Wenn es doch bei ihrer Mutter genauso schön wäre. In Adina keimt Hoffnung auf, als die Mutter mit ihr in den Urlaub fährt. Das ist ein guter Anlass für einen Neuanfang. Die Mutter verspricht nach den Ferien endlich mit dem Aufräumen anzufangen. Aber Adina wird wieder enttäuscht. Die Mutter sammelt weiter, bis der Müll die Herrschaft vollständig übernimmt.

Die Mutter scheint nach dem Tod ihres Mannes, nicht mehr mit ihrem Leben klar zu kommen. Aber die Dinge, die sie im Klopfer-Land einsammelt und nach Hause bringt, machen sie glücklich, helfen ihr über ihren Schmerz hinweg. So sammelt sie nach dem Tod ihres Sohnes noch versessener. Nach außen hin wird weiter der Schein gewahrt. Niemand darf ins Haus. Der Autor konzentriert sich jedoch auf die Gefühlswelt Adinas, versetzt sich ganz und gar in das kleine Mädchen, beschreibt, wie sie empfindet. Lange Zeit glaubt Adina ihrer Mutter, die immer wieder vor der Klopfer-Welt mit ihren Gefahren warnt. Und diese Welt fängt vor der Haustür an. So hält Adina Abstand zu ihren Mitschülern, nimmt es sogar hin, dass sie immer wieder verprügelt wird. Dennoch ist die Geschichte sehr warmherzig geschrieben, nicht tadelnd oder vorwurfsvoll. Das Buch geht auch so unter die Haut. Adelinas Schicksal berührt tief. Der Autor schockiert nicht, er löst mit seiner Aufrichtigkeit, seiner Unaufdringlichkeit und seiner Sensibilität Betroffenheit aus und weckt Mitgefühl. Diesem Buch kann man sich einfach nicht entziehen.

Über den Autor:
Axel Brauns, 1963 in Hamburg geboren, brach 1984 sein Jurastudium ab, um ein Buch über seine autistische Kindheit zu schreiben. Das Buch heißt „Buntschatten und Fledermäuse“. „Kraniche und Klopfer“ ist sein zweites Buch.

Rezension von Heike Rau

Axel Brauns
Kraniche und Klopfer
304 Seiten, gebunden
Hoffmann und Campe, Hamburg
ISBN: 3-455-00585-3
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