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Kategorie: Historischer Roman

Iny Lorentz: Die Wanderapothekerin

Iny Lorentz: Die Wanderapothekerin

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Dieser Roman wurde vom Verlag als Experiment herausgebracht. Es gibt ihn in sieben Teilen inklusive des kostenlosen Prologes, wobei jeder Teil auch als abgeschlossene Geschichte gesehen werden kann. Natürlich gibt es wie aus Fernsehserien bekannt einen alles überspannenden roten Faden. Den erfährt der Leser auch immer wieder in jedem Teil. Lediglich die Auflösung dieses roten Fadens erfährt der Leser nur im letzten Teil beziehungsweise in der Gesamtausgabe, der ich mich gewidmet habe.

Dem Autorenpaar ist erneut eine fesselnde Geschichte gelungen, Ich habe nicht wenige Bücher von ihnen gelesen, muss jedoch sagen, dass mich dieses Buch besonders begeistert hat. Erzählt wird die Geschichte von Klara Schneidt aus Katzhütte, die eine schwere Aufgabe übernommen hat, um ihrer Familie zu helfen.

Doch die Geschichte beginnt zunächst mit einer Begegnung der Brüder Martin und Alois Schneidt. Beides sind Wanderapotheker, die im Auftrag eines Laboranten (auch als Salbenmischer bezeichnet) durch die deutschen Lande ziehen, um die Salben und Elixiere zu verkaufen. Martin Schneidt ist der Vater von Klara und als Handelsvertreter erfolgreicher als sein Bruder Alois. Das verwundert nicht, denn während er extrem sparsam reist, sich abends lieber mit einem Kanten Brot zufriedengibt, kommt Alois ohne Prassen nicht aus. Bei ihm muss es jeden Abend Braten und Wein sein. Er nächtigt in den Herbergen, während Martin in Scheunen auf dem Stroh liegt.

Seit vielen Jahren reisen die Brüder und beginnen ihre Tour in Königsee, die dann nach vielen Monaten unterschiedlicher Wege kurz vor Zuhause in Gernsbach wieder zusammenläuft. Hier feiern sie meist gemeinsam das Ende ihrer Tour. Der eine sparsam, der andere prunkvoll. Vor Jahren hatten beide einen Schatz gefunden und brüderlich geteilt. Während Martin das Gold dieses Schatzes nie angerührt hatte, denn er meinte, es würde Unheil bringen, hatte Alois seinen Anteil für sein ausschweifendes Leben ausgegeben. Als sich Martin und Alois auch dieses Mal wieder treffen, möchte Alois, da er sehr knapp bei Kasse ist, dass sein Bruder den Schatz herausrückt und ihm erneut die Hälfte davon abgibt. Eigentlich sogar alles, denn der geizige Martin, würde das Gold eh nicht gebrauchen. Doch der will es nicht herausrücken. Kurzerhand erwürgt Alois seinen Bruder und kehrt allein nach Katzhütte und Königsee zurück. Den Schatz erhofft er sich von seiner Schwägerin Johanna zu bekommen. Für Martins Familie und alle anderen ist es zu der Zeit durchaus plausibel, dass jemand nicht von seiner Wanderschaft zurückkehrt. Streifen doch marodierende Banden und Soldaten durch das Land. Was den Schatz angeht hört Johanna jedoch zunächst auf den Rat ihres ältesten Sohnes Gerold, später dann auf den ihrer Tochter Klara.

In den Hauptfiguren ist Gut und Böse sofort zu erkennen. Dem Leser fällt es leicht, sich für die eine oder andere Seite zu entscheiden. Bei den Figuren, die in den einzelnen Abenteuern, welche in jedem Teil bestritten werden, eine Rolle spielen fällt es nicht ganz so leicht. Da wird der Leser schon mal mit einer Charakterisierung auf die falsche Fährte geführt. Diese Abenteuer, die sich der Wanderapothekerin in den Weg stellen, sind vielseitig. Mal hat sie es mit ruchlosen oder hinterhältigen Adeligen zu tun, mal muss ein Mensch aus einer Notlage befreit werden, mal handelt es sich auch um einen Kriminalfall, den es zu lösen gilt. Bei allem bleibt dem Leser im Hinterkopf aber Alois‘ Jagd nach dem Schatz einerseits und andererseits die Frage nach dem „Wer bekommt wen?“ in Sachen Romantik, denn ohne Liebegeschichte wäre ein solcher Roman nur halb so gut.

Ich halte die Gesamtausgabe für sehr empfehlenswert. Denn wenn man gefesselt wird von der Geschichte, dann will man auch alle Teile lesen. Man lernt anregende Figuren kennen und kann spannenden Abenteuern folgen. Ein Muss für Leute, die Geschichten lieben.

Lorentz, Iny
Die Wanderapothekerin
Knaur, München
ISBN 9783426424407

© Detlef Knut, Düsseldorf 2014
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Lyndsay Faye: Der Teufel von New York

Lyndsay Faye: Der Teufel von New York

Dieses Buch direkt bei Amazon bestellen!Im Jahre 1845 wird In New York eine erste Polizeitruppe zusammengestellt. Recht und Ordnung sollen in der Stadt Einzug halten. Auch Timothy Wilde wird dazugehören. Er hat keine andere Wahl, wenn er in der Stadt überleben will. Ein Brand hat ihm alles genommen. Auch einen Teil seines Gesichts. Verschafft hat ihm diesen Job sein Bruder Valentine, der ebenfalls einen Job bei der Polizei hat, wenn auch in einer besseren Stellung. Er verfügt über die nötigen Kontakte und Verbindungen.

Timothy arbeitet gerade mal zwei Wochen als Streifenpolizist, als er eine junge Frau verhaften muss, die in geistiger Umnachtung ihr Kind hat sterben lassen oder ermordet hat. Aber das soll es noch nicht für diesen Tag gewesen sein. Ein Mädchen in einem blutgetränktem Nachthemd läuft ihm direkt in die Arme.

Es ist nicht ihr Blut und so führt die Geschichte zu einem mysteriösen Mann mit schwarzer Kapuze, der verantwortlich sein soll, für den Tod eines Jungen, der auf bestialische Art und Weise von eben diesem Mann ermordet wurde. Die Polizei muss sich bald mit einem Serienmörder auseinandersetzten. Doch vor der Bevölkerung wird der Fund der vielen weiteren toten Kinder verheimlicht. Timothy arbeitet auf Wunsch des Polizeichefs verdeckt weiter.

Die Geschichte ist sehr detailliert aufgebaut. Der Einstieg geschieht auf eine langsame Art und Weise, so dass man die handelnden Personen, die Stadt, die Lebensweise der armen Bevölkerung und Einwanderer und die politischen Umstände gut kennen lernen kann. Das macht den Krimi sehr authentisch und gut bildhaft vorstellbar.

Mit der Zeit baut sich ein unbegreifliches Grauen auf. Der Fall hat doch ganz andere Ausmaße als anfangs angenommen. Und Timothy Wilde muss fast im Alleingang ermitteln und mit einfachen Möglichkeiten dem Täter auf die Schliche kommen. Er erweist sich bald als guter Ermittler mit Herz und Verstand.

Das Ende hätte man sich sicher spektakulärer vorstellen können. Aber es ist alles ganz anders als vermutet. Der Täter und seine Motivation können dennoch nicht überraschender sein.

Rezension von Heike Rau

Lyndsay Faye
Der Teufel von New York
Deutsch von Michaela Meßner
480 Seiten, Klappenbroschur
ISBN-10: 3423249935
ISBN-13: 978-3423249935
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Voker Weidermann: Ostende

Voker Weidermann: Ostende

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Ende einer Schriftstellerära.

Die erste Hälfte des vergangenen Jahrhunderts brachte eine Reihe sehr begabter und erfolgreicher Schriftsteller hervor. Zu ihnen gehörten u.a. Stefan Zweig, Joseph Roth und Irmgard Keun, von denen hier die Rede sein soll. Es war die Elite der deutsch-österreichisch-jüdischen Schriftstellergeneration, die sich Anfang  des vergangenen Jahrhunderts zuerst in Belgien und zuletzt in Südfrankreich treffen sollte.

Im Fokus dieser Erzählung stehen Stefan Zweig, Joseph Roth und Irmgard Keun. Sie trafen sich 1936 zur Sommerfrische und zu gemeinsamer Arbeit in Ostende in Belgien.

Die düsteren Folgen eines Schriftsteller- und Bücherverbots in Nazideutschland hatten ihre Existenzen in Deutschland bereits beschädigt.

Nicht jeder weiß, dass Joseph Roth und Stefan Zweig in einer ungewöhnlichen Freundschaft verbunden waren. Die Zugehörigkeit zu jüdischen Familien konnte nicht als alleinige Ursache für diese brüderliche Verbindung ausgemacht werden.

Voker Weidermann lässt die z.T rauschhaften Begegnungen, Liebesaffären und Freundschaften noch einmal vor unserem geistigen Auge vorbeiziehen. Joseph Roth ist arm und alkoholsüchtig. Sein Freund Stefan Zweig jedoch gehörte damals bereits zu den begüterten und gut versorgten Dichtern und Denkern.

Dass alles bald vorbei sein würde, ahnte zu der Zeit noch niemand.

In Briefwechseln und Begegnungen sehen wir die berühmte Welt der Schriftsteller und ihres Anhangs und die kreativen Anregungen, die sie sich wechselseitig gaben. Ehen und Partnerschaften gingen wie immer für wenigstens einen der Beteiligten traurig zu Ende, und neue Liebesaffären nahmen ihren Anfang. Es ist eine vermeintlich noch freie Welt, deren Ende sich mit der Machtergreifung Hitlers bereits ankündigt.

Stefan Zweig hat seine Erinnerungen „Die Welt von Gestern“ genannt und damit ein unvergessliches Zeugnis eben jener Welt von gestern abgelegt. Volker Weidermann fügt diesen Erinnerungen gleichsam wie aus dem Blickwinkel eines Brennglases weitere Begebenheiten und Details aus jenen fernen Jahren hinzu. Es ist die Zeit vor der endgültigen Flucht vor den Nazis, die Schriftsteller wie Brecht, die Mann Kinder und Thomas Mann selber, E. Erwin Kisch, H. Kesten und viele andere mehr zusammenführte. Wie ein Tanz auf dem Vulkan fühlt man die Euphorie und die Angst aus dem Verhalten der Beteiligten. Volker Weidermann gibt ihnen beredt Stimme und Glanz und lässt uns den Übergang von der Freiheit in die Apokalypse deutlich erahnen.

Voker Weidermann
Ostende
160 Seiten, gebunden
Kiepenheuer&Witsch, März 2014
ISBN-10: 3462046004
ISBN-13: 978-3462046007
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Anna Funder: Alles was ich bin

Anna Funder: Alles was ich bin

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Politik, Spionage und Heimtücke im Spiel um die Macht im Deutschland des Dritten Reichs.

Der Schriftsteller, Revolutionär und Politiker jüdischer Herkunft, Ernst Toller, 1893 -1939, spielte zum Ende des Ersten Weltkriegs eine tragende Rolle bei der Gründung der pazifistischen und radikal-sozialistischen USPD.

In ihrem Roman „Alles was ich bin“ setzt sich die australische Schriftstellerin Anna Funder mit dem Leben der beeindruckenden Persönlichkeit dieses charismatischen Mannes auseinander.

A. Funder hatte einst in Melbourne Ruth Blatt kennen gelernt, die eng mit Dora Fabian befreundet und verwandt war, der Sekretärin von Ernst Toller. Aus seinen Aufzeichnungen schöpft die Autorin ihr Wissen, mit dem sie über die politischen Verhältnisse von der Weimarer Republik bis ins dritte Reich berichtet.

Waren die zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts noch geprägt von Aufbruchstimmung und umwälzenden künstlerischen und gesellschaftlichen Neuerungen, so ändert sich das alles mit der Machtübernahme Adolf Hitlers. Aus der Räterepublik über die Weimarer Verfassung ging der Weg unverdrossen in Richtung Faschismus und Naziherrschaft.

Man hört noch heute von den zwanziger Jahren in Berlin, in denen Lebenslust und kreativer Neubeginn die Stimmungen beflügelten.

Eine kulturelle und politische Elite fand sich hier ein, die anhaltend kreativ arbeitete und Feste zu feiern verstand.

Bildenden Künste, Theatervorstellungen und Lesungen bekannter Schriftsteller gehörten zur Zeit des Aufbruchs und der hoffnungsvollen Zuversicht auf eine bessere Zeit. Anna Funder fängt diese Stimmung effektvoll und realistisch ein.

Das Jahr 1933 markierte den Höhepunkt, denn nach Hitlers Machtergreifung änderte sich alles und Scharen von Politikern und Schriftstellern flohen ins benachbarte Ausland. Hier begann die Arbeit im Untergrund.

Anna Funder beschwört in ihren Schilderungen die agitatorische Zeit mit ihren Auswüchsen, ihren Opfern und der Furcht vor dem langen Arm der Gestapo. Verrat, Spionage, Treue und Untreue wurden allgegenwärtige und veränderten die Gesellschaft und das politische Leben unabänderlich.

In den Perspektivwechseln, deren sich Anna Funder bei ihrer Erzählung bedient, muss man sich von Person zu Person und von Zeit zu Zeit aus New York über London bis Berlin in der Rückerinnerung an die Plätze dieses aufwühlenden Jahrhunderts zurück versetzen. Unterschiedliche Personen kommen zu Wort, und man muss dabei bleiben, um die Geschichte als Ganzes zu verstehen. Doch eindrucksvoll und realitätsnah werden die Ereignisse um die früh Verfolgten und früh zu Tode Gekommenen hier beschrieben. Das Buch lässt wenige Fragen offen und ist absolut empfehlenswert.

Anna Funder
Alles was ich bin
432 Seiten, gebunden
S. FISCHER, Februar 2014
ISBN-10: 3100215117
ISBN-13: 978-3100215116
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Andrew Motion: Silver – Rückkehr zur Schatzinsel

Andrew Motion: Silver – Rückkehr zur Schatzinsel

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Die Geschichten, die der Vater zu erzählen hat, sind spannend. Aber die Abenteuer auf hoher See sind Vergangenheit, auch wenn drei Männer auf der Schatzinsel zurückgeblieben sind und auch Teile des Schatzes.
Die Führung des Wirtshauses „Hispaniola“ verlangt Vater und Sohn einiges ab. Der junge Jim Hawkins tut, was sein Vater ihm sagt.
Eines Tages wird die Eintönigkeit durch ein junges Mädchen mit eigenwilligen Plänen gestört. Natty ist die Tochter von John Silver. Sie und Jim haben also Abenteurer als Väter. Es ist spannend für Jim, nun auch John Silver kennen zu lernen, auch wenn eine Absicht dahinter steckt.
Es soll noch einmal eine Schatzsuche stattfinden. John Silver ist dafür zu alt, seine Tochter wird ihn vertreten, so der Plan. Doch die Karte, die den Weg zeigt, ist im Besitz von Jims Vater, die diese auf keinen Fall auf Nachfrage herausgeben wird. So soll es Jims Aufgabe sein, die Karte zu beschaffen.
Die Abenteuerlust packt nun auch den jungen Jim. Ein Schiff mit Besatzung ist längst organisiert. Es liegt also nur an ihm, ob die Reise stattfinden wird.

Es ist, als würde man nicht einfach nur lesen, sondern beobachten. Die schöne Sprache, derer sich der Autor bedient, gefällt von Anfang an. Als Leser wird man hineingezogen in ein Abenteuer, das allerdings bald ganz anders verläuft, als vom Kapitän und seiner Mannschafft erhofft. Es wird ausgesprochen spannend.
Ganz nebenbei scheint sich eine Liebesgeschichte zwischen Natty und Jim zu entwickeln. Die allerding erst einmal unterdrückt werden muss, weil Natty sich auf dem Schiff als Junge ausgeben muss.
Natty und Jim wollen nicht so sein wie ihre Väter und treten doch in ihre Fußstapfen. Es geht also um Träume, Wertvorstellungen und ums Erwachsenwerden. Das alles versinkt jedoch bald im Chaos. Denn was die Reisenden auf der Insel erwartet, verkündet Unheil. Es muss Stellung bezogen werden. Aber auch hier entwickelt sich bald ein Selbstlauf, der kaum freie Entscheidungen zulässt, als Natty einen waghalsigen Plan umzusetzen versucht, der scheitert. Aus dem Abenteuer wird ein Kampf um Leben und Tod, der sehr emotional vom Autor beschrieben wird, sodass man als Leser regelrecht mitfiebert und sich beizeiten fragt, ob diese Geschichte gut ausgehen kann. Das Ganze spielt in einer Kulisse, die nicht besser beschrieben sein könnte.

Der bekannte Klassiker lebt hier wieder auf. Es ist eine überzeugende Fortsetzung, kann aber auch gut als eigenständige Geschichte gelesen werden.

Rezension von Heike Rau

Andrew Motion
Silver – Rückkehr zur Schatzinsel
Aus dem Englischen von Klaus Modick
480 Seiten, gebunden
Mareverlag
ISBN-10: 3866481888
ISBN-13: 978-3866481886
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Susanne Goga: Mord in Babelsberg

Susanne Goga: Mord in Babelsberg

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Kommissar Leo Wechsler hat die junge Frau gekannt, die da ermordet im Innenhof von Riemers Hofgarten in Berlin-Kreuzberg liegt. Vor einigen Jahren war er mit ihr befreundet gewesen, hat sie seitdem aber nicht wieder gesehen. Damit müsste er den Fall eigentlich abgeben, aber ihm liegt daran, den Mörder selbst zu finden. Wie betroffen er ist, versucht er sich nicht anzumerken zu lassen, aber das gelingt ihm nur schlecht. Er arbeitet in einem Team, dessen Kollegen, insbesondere Jakob Sonnenschein und Robert Walther, sich auch persönlich nahe stehen.

Der Name ist, wie den Ausweispapieren in der Handtasche zu entnehmen ist, Marlene Dornow. Die Mordwaffe befindet sich am Tatort. Es ist eine rote Glasscherbe, die, wenn Leo Wechsler sich nicht täuscht, ein Hinweis auf das Tatmotiv geben könnte.

Die Ermittlungsarbeiten beginnen im Umfeld. Die junge Frau, die die Ermordete gefunden hat, die Hausmeisterin und Anwohner werden befragt. Schnell wird klar, dass Marlene Dornow ein Faible für reiche Männer hatte und von ihnen lebte. Es gibt Hinweise darauf, dass auch der Abgeordnete Eduard Hellwig dazu gehörte.

Der nächste Mord, mit ähnlicher Tatwaffe ausgeführt, lässt nicht lange auf sich warten. Es handelt sich um den bekannten Stummfilm-Regisseur Viktor König. Einen Zusammenhang herzustellen, fällt allerdings schwer. Denn Marlene Dornow hatte keinen Kontakt zum Filmgeschäft.

Die Autorin führt mit ihrem Krimi ins Berlin des Jahres 1926. Die Kulisse ist sehr stimmig gehalten und mit einem Blick für Details und Zeitgeschichtliches ausgeschmückt. Das gefällt sehr gut. Das Privatleben des Kommissars Leo Wechsler ist ein weiterer Punkt, der dem Krimi überaus authentisch erscheinen lässt. Der Krimi wirkt also sehr realistisch, was Morde und Ermittlungsarbeiten betrifft.

Verschiedene Szenen, die nichts miteinander zu tun zu haben scheinen, werden langsam zusammengeführt und so entsteht nach und nach ein Bild der Vorgänge, die zu dem Morden führten. Was aber nicht heißt, dass der Mörder mit seinem Motiv schnell ausfindig gemacht wird. Es ist ein Puzzlespiel und die richtigen Schlüsse zu ziehen, ist auch für einen Ermittler wie Leo Wechsler nicht einfach.

Rezension von Heike Rau

Susanne Goga
Mord in Babelsberg
Kriminalroman
320 Seiten, broschiert
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423214864
ISBN-13: 978-3423214865
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Oliver Buslau: Schatten über Sanssouci

Oliver Buslau: Schatten über Sanssouci

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Wer es als Krimiliebhaber gerne historisch mag, der kann sich ruhigen Gewissens diesen Kriminalroman zu Gemüte führen, der im Umfeld des sich für schöne Künste interessierenden Preußenkönigs Friedrich spielt. Obwohl Friedrich der Große auch Kriege führt und seine Soldaten einem harten Drill unterzieht, möchte er gerne als Künstler, oder zumindest Kunstliebhaber, und Philosoph geachtet sein. Das Spiel auf der Querflöte hat es ihm angetan. So gelangte der Musiker Quantz an den Hof nach Potsdam und wurde Kammermusiker und Flötenlehrer von Friedrich. Neben dem Komponieren und Musizieren baut er außerdem Flöten für den König. Quantz hadert mit sich selbst. Ihm scheinen die Ideen für neue Stücke und Konzerte auszugehen, von denen er nahezu wöchentlich ein neues liefern muss. Doch dann kommen die Noten eines Konzertes abhanden. Zusätzlich verschwindet ein Lakai. Eigentlich eine unbedeutende Person, aber es scheint ein Zusammenhang zu bestehen. Friedrich, der dabei ist, eine Kriminalpolizei nach französischen Vorbild aufzubauen, beauftragt seine „Polizei in Zivil“, das Verschwinden aufzudecken. Doch der auf Karriere bedachte Weyhe hat nichts Besseres zu tun, den Musikus Quantz zu verdächtigen und ihm nicht nur das Verschwinden der Noten sondern auch den Mord an dem inzwischen tot aufgefundenen Lakaien anzuhängen. Auch Friedrich wendet sich von seinem Hofmusiker ab. Nur in dem französischen Philosophen La Mettrie findet Quantz einen Gefährten, der ihn zu unterstützen vorgibt.

Oliver Buslau hält sein Wissen rund um die Musik und das Leben am Hofe des Preußenkönigs nicht zurück. Eingebettet in eine mit dem Fortgang des Lesens immer spannender werdende Geschichte vermittelt er viel von den Personen am Hofe. Er erzählt Anekdoten über Bach, Friedrichs Schwester Amalie und anderen Leuten, die ebenso unterhaltsam sind wie der Kriminalfall selbst. Gut recherchiert und filigran ausgearbeitet wird über die mathematischen Möglichkeiten einer Komposition philosophiert. Eine real existierende Komponiermaschine scheint Gestalt anzunehmen. Die Musik versteht Buslau so bildhaft wiederzugeben, dass man meint, sie beim Lesen zu hören. Genauso wie man ständig die straffen Schritte der Wachen und Patrouillen auf dem Pflaster der Garnisonsstadt Potsdam zu hören glaubt. Der Leser leidet mit, wenn Quantz an seiner Ideenlosigkeit verzagt und möchte ihm gerne Hilfestellung geben, wenn er es doch könnte.
Oliver Buslau hat einen ungeheuer interessanten und spannenden Krimi geschrieben, der den Leser in eine Epoche Deutschlands abtauchen lässt, die noch gar nicht so lange her ist und die beinahe eine Grundlage des deutschen Charakters liefert, wenn man an die darauffolgenden Sicherheitsbehörden der deutschen Staaten denkt. Spannung und Story, verbunden mit hoher Plausibilität bilden die Grundlage für eine volle Punktzahl.

Buslau, Oliver
Schatten über Sanssoucie
415 Seiten, broschiert
emons, Köln
ISBN-10: 3897058545
ISBN-13: 9783897058545

© Detlef Knut, Düsseldorf 2013
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Philippa Gregory: Dornenschwestern

Philippa Gregory: Dornenschwestern

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Philippa Gregory gilt in den USA als die Meisterin des historischen Romans. In einem solchen Fall durften die Romane dieser Schriftstellerin nicht an mir vorbeigehen, ohne eines gelesen zu haben. „Dornenschwestern“ ist einer von mehreren Romanen, der sich der Rosenkriege zwischen den Familien Lancaster und York im 15. Jahrhundert annimmt. Dabei schildert jeder Roman das gleiche Geschehen aus der Sicht anderer Personen. Die nicht belegbaren Fakten und fiktiven Passagen um die Machtkämpfe am englischen Hofe machen jeden dieser Romane zu etwas Besonderem und grenzen ihn gegen die anderen Romane dieser Reihe ab.
Der hier besprochene Roman wird aus der Sicht von Anne Neville, einer Tochter des sogenannten Königsmachers, erzählt. Angefangen in ihrer Kindheit schildert sie ihren Konkurrenzkampf gegen die ältere Schwester und, dass sie beide nur Spielbälle in den Händen ihres Vaters sind und nur dazu dienen, ihm eine gute Position am englischen Hofe zu sichern, ihm ein Hohes Ansehen zu garantieren. Machtkampf, Intrigen, Lügen, Arroganz sind nur einige Stichworte, die genügend Raum für Spannung geben. Eine Spannung, die den Leser in den Bann zieht, um zu erfahren, wie es mit Anne weitergeht. Wie der Machtkampf zwischen den Großen der Geschichte ausgeht, ist insofern weniger interessant, da man das auch aus den Geschichtsbüchern erfährt. Aber was dazu geführt hat, ist oft nur Spekulation. Und diese Spekulation hat Gregory hervorragend in einen spannenden Rahmen gepackt.

So sehr mich der Roman zwar von seinen sehr guten Recherchen und geschichtlichen Darstellungen überzeugt hat, so wenig konnte mich sein erzählerischer Stil überzeugen. Erzählerisch ist er eher eine einzige Lüge. Das liegt zweifelsfrei an der Perspektive, aus der die Handlung erzählt wird. Aus der Sicht der Protagonistin Anne Neville wird in der ersten Person (ich) und im Präsenz erzählt. Ein sehr schwieriges, und total misslungenes Unterfangen. Der Leser ist also unmittelbar in Augenhöhe mit Anne, sieht alles mit ihren Augen im jetzigen Moment. Da frage ich mich, wie kann sie wissen, was eine andere Figur denkt? Wenn sie vermuten würde, was der Vater denkt, würde es ja noch angehen. Aber mit Sicherheit zu benennen, was dieser denkt, ist unmöglich, wenn es nicht aus seinem Munde kommt. Dieser Fauxpas erreicht leider mit der Auflösung des Romans auf der letzten Seite seinen Höhepunkt, weshalb hier der Vertrag zwischen Schriftstellerin und Leser gebrochen wird. Ein weiteres Merkmal im Erzählstil, den ich aber nicht unbedingt so negativ ankreiden möchte, weil man sich im Laufe der Geschichte daran gewöhnt, ist der Umstand, dass Gregory das historische Geschehen, die Schlachten und Kämpfe stets nur mit wenigen Sätzen erzählt. Sie lässt den Leser diese Szenen nicht miterleben. Es stinkt nicht nach Pulverdampf oder verbranntem Fleisch, es klirren nicht die Schwerter, es schnaufen nicht die Rosse. Auch bei Hofe oder in den Gemächern der Figuren wird nicht mit Bildern gearbeitet. Man spürt die Historikerin Gregory, die ein sehr fundiertes Wissen zu dieser Historie aufgebaut hat und dieses in unterhaltender Form an die Leser weitergeben möchte. Aber sie kommt nicht aus ihrer wissenschaftlichen Ecke heraus und kann sich nicht hineinfühlen in das Geschehen, sie kann es nur schildern.

Mein Fazit ist also durchwachsen. Spannend und interessant für mich in jedem Fall, jedoch vom schriftstellerischen her nicht überzeugend. Deshalb 3 Sterne als Mittelweg.

Philippa Gregory
Dornenschwestern
560 Seiten, broschiert
Rowohlt, Hamburg
ISBN-10: 3499267128
ISBN-13: 9783499267123

© Detlef Knut, Düsseldorf 2013

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Christiane Gref und Meike Schwagmann: Der Schädeljäger

Christiane Gref und Meike Schwagmann: Der Schädeljäger

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Im Weimar des Jahres 1805 präsentiert der Phrenologe Dr. Franz Josef Gall seinem Publikum eine Forschungsarbeit, die Entsetzen und Faszination zugleich hervorruft. Eine umfangreiche Schädelsammlung dient ihm als Beweis für seine These, anhand der Kopf- und Gehirnform eines Menschen auf seinen Charakter und seine Eigenschaften zu schließen.
Da liegt natürlich der Verdacht nahe, dass er mit den Morden zu tun hat, die Oberinspektor Niemer und seinen Kollegen Weiland nun beschäftigen. Das erste Opfer wird ausgerechnet während der Abendgesellschaft der Behrmanns gefunden. So muss auch, wer Rang und Namen hat, um sein Leben fürchten. Vielleicht ist aber auch der Täter genau in diesem Umfeld zu finden.
Der Weinhändler Adrian Dennfelder gerät bald ebenfalls in Gefahr, kann sich aber zunächst retten. Er weiß aber nun, dass es der Mörder auch auf die Pianistin Maria Malo abgesehen hat, die ihm, seit er ein Konzert von ihr besucht hat, nicht mehr aus dem Sinn kommt, obwohl er verheiratet ist.
Während die Polizei noch im Dunkeln tappt und Hinweisen eines Straßenjungen nachgeht, ist Dennfelder schon eher auf der richtigen Spur. Doch genau das könnte ihm zum Verhängnis werden.

Das Buch ist spannend, keine Frage! Die Geschichte ist gut ausgedacht und der Spannungsbogen stimmt. Das ist wirklich fesselnd. So ganz leicht liest sich der Roman allerdings nicht. Das mag an der Vielzahl der Personen liegen, die man dann natürlich lernen muss, auseinanderzuhalten. Der rote Faden reißt ab und an. Dafür ist die Geschichte sehr detailreich gestaltet, sodass Szenen bildlich sehr gut vorstellbar werden. Auch die, die an die Nerven gehen!
Sehr gut gefallen hat die Darstellung der historischen Kulisse. Die Hintergründe zum Buch sind allerdings nur sparsam dargestellt. Die Phrenologie dient zwar als Aufhänger, das Thema wird dann aber nicht weiter vertieft und so verschwindet auch Dr. Franz Josef Gall nach seinem kurzen Auftritt wieder von der Bildfläche, während der Mörder sich seiner Forschungsarbeit weiter hingibt.
Das Buch zu lesen, gleicht einem Abenteuer.

Rezension von Heike Rau

Christiane Gref und Meike Schwagmann
Der Schädeljäger
Historischer Kriminalroman
370 Seiten, broschiert
Gmeiner Verlag
ISBN-10: 3839212987
ISBN-13: 978-3839212981
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Iny Lorentz: Das goldene Ufer

Iny Lorentz: Das goldene Ufer

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Der Roman des Autorenpaares ist der Auftakt einer neuen Romanserie um die Auswanderungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Die Handlung beginnt im Morast und Schlamm, im Krieg. Der kleine Walter marschiert in einem Heer von Soldaten an der Seite eines Musketiers. Sein Regiment hatte erst vor zwei Tagen mit einem Teil von Napoleons Armee gekämpft. Nun sind sie auf dem Marsch nach Waterloo. Seit zwei Jahrzehnten marschiert der Kaiser der Franzosen von Sieg zu Sieg, doch nun wollen ihm die deutschen Truppen den Garaus machen.

Die Schlacht brachte viele Verluste, viele Weggefährten, darunter die Frauen, die im Tross mitmarschierten, wurden getötet. Während der Kämpfe rettet der kleine Junge, der stets mit seiner Trommel wegen ihrer Größe zu kämpfen hat, dem Regimentskommandeur das Leben. Oberst Graf Regnitz hat ein gutes Herz und belohnt den Trommler damit, ihn nach dem Krieg mit auf sein Anwesen zu nehmen und ihm gleichermaßen wie seinem eigenen Sohn eine Bildung angedeihen zu lassen. Walter bittet den Grafen, auch Gisela, die während der Schlacht zur Waise geworden war, mit auf das Gut zu nehmen. Die fürsorglichen Gedanken, die der Oberst pflegt, sind vor allem dessen Sohn, ein Luftikus und Möchtegern, und seiner Ehefrau, die wiederum den Sohn über alles schätzt und beschützen möchte, ein Dorn im Auge. So werden Ehefrau und Sohn zwangsläufig Widersacher in einem perfiden Spiel. Walter und auch Gisela bekommen Schulbildung auf dem Anwesen und werden später vom Grafen angestellt. Während Gisela als Magd in Diensten genommen wird, wird Walter, der der Sohn des alten Försters ist, gleichermaßen als Förster in Diensten genommen. Doch die außerordentliche Intelligenz Walters missfällt dem Sohne des Grafen überaus, lässt ihn schier vor Neid platzen.

Dem Autorenpaar ist mit diesem Roman wieder ein großes Abenteuer gelungen, in welchem sie das Auf und Ab der Gefühle der Leser bedienen. Der Leser wird hineingezogen in eine Geschichte, die es ihm unmöglich macht, nicht für die eine oder andere Figur im Roman Partei zu ergreifen. Atmosphärisch hat mich dieser Roman sehr stark an einige Werke von Karl May erinnert. Besonders an die Werke Mays, die in Deutschland spielen. Sie handeln im gleichen Jahrhundert wie der vorliegende Roman, und Förster, Grafen, Bedienstete sind dort ebenso bekannt wie die in diesem Buch. Iny Lorenz haben sich wieder mal in eine andere Zeit begeben und verstehen es fantastisch, die Liebe zweier Menschen während eines chaotischen und zerstörenden Umfelds erwachsen zu lassen.

Abenteuer und Lust auf Abenteuer zeichnen für einen sehr unterhaltsamen Roman. Dafür kann es nur eine volle Punktzahl geben.

Lorentz; Iny
Das goldene Ufer
Taschenbuch
Knaur, München
ISBN-10: 342651169X
ISBN-13: 978-3426511695

© Detlef Knut, Düsseldorf 2013
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