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Kategorie: Krimi und Thriller

Stefanie Koch: Die Stunde der Artisten

Stefanie Koch: Die Stunde der Artisten

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Man glaubt gar nicht, was sich auf Düsseldorfs Straßen und in seinen Häusern und Varietés alles während einer Fußball-WM abspielt. Bei einem toten Varietémanager bleibt es nicht, schnell gesellen sich weitere tote Artisten und ein toter Taxifahrer hinzu. Dass der Tod des Leiters des weit über Düsseldorf hinaus bekannten Apollo-Theaters (Roncalli) etwas mit dem Tod der Artistin zusammenhängt, mag angehen. Doch wie passt der tote Taxifahrer hier hinein?

Kommissar Lavalle steht mit seinem Team vor seinem dritten Fall, dessen Aufklärung aussichtslos bis unmöglich scheint. Daran ist allerdings Düsseldorfs Polizeipräsident mit seiner Karrieresucht nicht ganz unschuldig (ein beliebtes Spielfeld auch für andere Düsseldorfer Krimiautoren wie Horst Eckert oder Klaus Stickelbröck). Im Falle von Stefanie Koch setzt besagter Polizeichef eine aus Frankfurt kommende, alkoholabhängige Beamtin auf Lavalle und seine Leute an, damit sie dessen Posten übernehmen und seine Mitarbeiter gefügig machen kann. Die kranke Polizistin zieht alle Register des Mobbings und behindert damit die Ermittlungen, deren Erfolg sie sich selbst an die Brust heften möchte.

Stefanie Koch ist eine zwar verworrene, aber umso mehr faszinierende und spannende Verschachtelung der Plots aus Haupt- und Nebenhandlungen gelungen, die den Leser sofort in ihren Bann ziehen. Ihre Zeit und Mühen, die die Autorin in die Recherchen im Artistenmilieu investierte, haben in dem Buch reiche Früchte getragen. Mit einer Detailtreue ist dieses Milieu beschrieben und als Leser ist man Willens zu glauben, dass viele Informationen und Abläufe der Realität entsprechen. Mit der bildhaften Beschreibung wird der Leser direkt in die Szenerie gesetzt, so dass er der Meinung sein könnte, unmittelbar an den Ermittlungen beteiligt zu sein. Gleich mehrere Figuren haben das Zeug in sich, mit dem sich die Leser identifizieren können, egal ob es sich dabei um die Kollegen oder Freunde von Lavalle handelt. Die Handlungen und Gedanken sind nachvollziehbar, weshalb dann auch die Problemchen in Lavalles persönlichem Umfeld unterhaltsam und spannend sind.

Die ungeheuer komplexe Geschichte hätte jedoch nicht gleich von Beginn an so komplex erscheinen müssen. Zu viele Personen wurden ins Spiel gebracht. Die Einführung der notwendigen Personen im Rahmen der Handlung hätte sicherlich ausgereicht. Nicht nur namentlich werden ein mehrköpfiges Ermittlerteam, vier Töchter, von denen zwei im weiteren Verlauf ein Rolle spielen, zwölf Artisten und weitere Personen charakterisiert. Doch dann wird es mit fortschreitender Handlung ruhiger, was die Charakterisierung angeht, nicht was die Handlung betrifft. Die Spannung bleibt bei allem immer auf gleich hohem Niveau. Das Tempo wird von der Handlung diktiert, die nicht nur wegen ihrer Bilder, sondern auch dank der alltagstauglichen Dialoge, die in einem ausgewogenen Wechsel zu den erzählten Passagen auftauchen. Die Chronologie der Handlung, die innerhalb einer Woche abläuft, ist mit entsprechenden Absatzüberschriften und Ortsangaben versehen, was nicht nur dem Düsseldorfer Leser eine Orientierung gibt.

Die rasante Handlung und die Turbulenzen im Team und im Leben des Kommissars mit französischen Wurzeln lassen das Buch schnell und flüssig lesen. Es ist wünschenswert, dass die Autorin ihr in der Danksagung gegebenes Versprechen einhält und Lavalle mit seiner Mannschaft noch weitere Fälle am Rhein lösen wird.

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Stefanie Koch
Die Stunde der Artisten
272 Seiten, broschiert
Ars Vivendi
ISBN-10: 3897169835
ISBN-13: 978-3897169838
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(c) Detlef Knut, Düsseldorf, 2010
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Jussi Adler-Olsen: Schändung

Jussi Adler-Olsen: Schändung

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Das Sonderdezernat Q ist für bislang ungeklärte Fälle zuständig. Welche das sind, ist Leiter Carl Mørck überlassen. Es scheint aber jemand seine Entscheidung beeinflussen zu wollen. Wie diese eine Akte auf seinen Tisch gekommen ist, weiß nämlich nicht mal sein Assistent Assad zu sagen. Es geht um einen alten Fall vom Sommer 1987. Mord an einem Geschwisterpaar, siebzehn und achtzehn Jahre alt. Eine Gruppe von Internatsschülern geriet damals unter Verdacht, drei von ihnen heute so erfolgreich wie ihre Väter. Ditliv Pram gründete einige exklusive Privatkliniken, Torsten Florin ist Modedesigner und Ulrik Dybbøl Jensen Aktienhändler. Schiffsreeder Kristian Wolf ist mittlerweile verstorben, Kirsten-Marie Laasen ist von der Bildfläche verschwunden. Bjarne Thøgersen hat die Tat gestanden und ist im Gefängnis.

Carl Mørck macht das alles neugierig. Er beginnt nachzuforschen. Er befragt einen pensionierten Polizisten, der damals mit dem Fall zutun hatte. Klaes Thomasen ist auch der Meinung, dass der Fall wieder aufgerollt werden sollte.
Eine plötzlich aufgetauchte Liste „Überfälle der Internatsclique“ auf Carls Tisch lässt weitere Zweifel aufkommen. Da hat tatsächlich jemand brandheißes Interesse daran, dass der Fall neu überdacht wird, im Gegensatz zum Chef der Mordkommission, der Carl eher daran zu hindern versucht.

Carl und sein Assistent recherchieren. Sie sprechen mit der Mutter der ermordeten Jugendlichen und inspizieren das Sommerhaus, wo die Morde geschahen. Es ist eine gespenstige Szene. Niemand scheint seit diesem schicksalhaften Tag hier gewesen zu sein. Und doch fällt bald etwas auf, dass so eigentlich nicht sein sollte.

Carl Mørck lässt also von seinen Ermittlungsarbeiten nicht mehr ab. Dass er in große Gefahr gerät und trotzdem nicht aufgibt, erwartet man. Wie groß diese Gefahr ist, weiß er allerdings lange Zeit nicht. Der Leser ist aber eingeweiht, da es weitere Erzählstränge gibt. Und so weiß man schon mal, mit wem Carl Mørck es zu tun hat. Da sind einmal die Mitglieder der Clique selbst, die jahrelang mit ihren abscheulichen Taten davon gekommen sind. Auch unter sich kennen sie kein Erbarmen. Wer nicht mitspielt, wird aus dem Weg geschafft. Nun agieren nur noch Ditliv Pram, Torsten Florin und Ulrik Dybbøl Jensen.
Und da ist dann noch Kirsten-Marie Lassen, die Untergetauchte, die auch mal zur Clique gehörte. Die drei Männer versuchen sie zu finden, weiß sie doch viel zu viel.

Der Titel lässt natürlich schon vorab Böses ahnen. Der Autor überlässt es aber gekonnt der Fantasie des Leser, wieweit dieser mitgehen mag. Im letzen Drittel des Buches überschreitet der Autor aber diese Grenze. Kann sein, dass dies die Spannung erhöhen soll. Erreicht wird aber das Gegenteil. Es ist zu viel, was hier an gewaltreichen Szenen auf den Leser einprasselt. Das geht zu sehr an die Nerven. Man sieht sich gezwungen, sich zu distanzieren. Der eine oder andere wird möglicherweise nur noch weiterlesen, um das Ende zu erfahren. Man ahnt schon, dass hier die Handlung entgleisen wird. Und tatsächlich zieht der Autor hier noch einmal alle Register. Unglaublich spannend ist das Ende, mitreißend, aber es zerrt eben auch über alle Maßen an den Nerven.

Rezension von Heike Rau

Jussi Adler-Olsen
Schändung
Aus dem Dänischen von Hannes Thiess
Thriller
dtv – Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423247878
ISBN-13: 978-3423247870
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Kevin Power: Die letzte Nacht des Sommers

Kevin Power: Die letzte Nacht des Sommers

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Schicksalhaft, traurig und super spannend!

Die letzte Nacht des Sommers verbringen viele Studenten in einem Club. Als vier von ihnen spät in der Nacht den Club in Blackrock, County Dublin, verlassen, sind sie mehr oder weniger betrunken. Bei einer folgenden Schlägerei  töten drei von ihnen ohne ersichtlichen Grund einen vierten. Mit ein paar harten Tritten und Faustschlägen haben sie Conor Harris umgebracht. Niemand begreift, wie es zur Tat kommen konnte. Schon beim ersten Tritt ist Conor Harris tot. „Die drei Studenten, die wegen schwerer Körperverletzung ins Gefängnis kamen, heißen Stephen O’Brien, Barry Fox und Richard Culhane“. Lakonisch und einfach beginnt der Bericht über ein Verbrechen, für das es in der Wirklichkeit ein Vorbild gab.

Der Autor Kevin Power zieht diesen Krimi anders als üblich auf. Der Tathergang wird detailliert beschrieben, die Schuldigen sind ausgemacht und die Strafen verhängt.

Im weiteren Verlauf geht es um die Herkunft und das soziale Gefüge, aus dem die Mörder und der Tote kommen. Streng katholisch, reich und privilegiert ist Richard Culhane, der als Haupttäter ausgemacht wurde, der Sohn einer wohlhabenden Familie. Er ist ein schöner junger Mann, der seine Herkunft zu schätzen weiß. Alle jungen Männer haben zusammen eine Privatschule besucht, das Brookfield College in Blackrock. Sie sind die Söhne erfolgreicher Väter, die ebenfalls dieses College besucht haben und führen die Schultradition fort.

Immer wieder rollt die Szene der Todsnacht ab: der unbekannte Icherzähler, von dem wir erst sehr spät erfahren, wer er ist, berichtet aus verschiedenen Perspektiven, beschreibt die Mädchen und Jungen, die bei der Prügelei dabei gewesen sind, und erläutert ihre Herkunft. Sie stammen alle aus der oberen Mittelschicht. Es geht ihnen gut, die Jugendlichen sind wohl versorgt und leben ein leichtes und zufriedenes Leben. Nur langsam nähert sich der Autor seinem Plot: der Erforschung der Gründe, die zu Conors Tod geführt haben. Mit seiner Erzählweise entwickelt er eine psychosoziale Studie der Gesellschaftsschicht, aus der die Jugendlichen kommen. Alle Mädchen und Jungen dieser Schicht sind standesbewusst und selbstsicher. In der Tradition von Reichtum, Bildung, Herkommen und beruflich gesicherter Zukunft kommt ein Verbrechen wie das geschehene einfach  nicht vor. Die Schockstarre, unter der betroffene Mitschüler, Mitstudenten, Eltern und Lehrer leiden, ist merklich spürbar.

Sie kennen sich alle, sind Kollegen oder Mitglieder gemeinsamer Clubs und Sportmannschaften. Spannend und penibel umkreist der Autor in seiner erzählten Recherche alle Freunde, Bekannten und Verwandten des Toten. Man weiß, wer der Mörder ist. Doch Verschleierung und Aufklärungsfehler bringen die Untersuchungsbehörden nur schwer voran.

Kevin Powers geht den einzelnen Schicksalen nach und findet zuletzt Worte für die Tat und ihre Folgen, die schwer ans Gemüt rühren. Ohne Rührseligkeit beschreibt er ein Milieu, das durch Tradition und Herkunft verbunden ist, bis einer von ihnen durch seine Tat aus allen gesellschaftlichen Bezügen gerissen wird. Erschüttert und schmerzlich berührt erfährt man, wie das Schicksal jene bestraft, die sich gegen das Gesetzt stellen und die Kontrolle über das eigene Handeln verlieren.

Kevin Powers ist ein hervorragender irischer Autor, dessen Debütroman mit zahleichen Preisen geehrt wurde.

Kevin Power
Die letzte Nacht des Sommers
304 Seiten, broschiert
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
ISBN-10: 3462042483
ISBN-13: 978-3462042481
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Richard Stark: Irgendwann gibt jeder auf

Richard Stark: Irgendwann gibt jeder auf

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Parker springt für Tom Hurley ein. So kommt es, dass mit drei unbekannten Typen eine Bank ausraubt. Carlson, Melander und Ross sind tatsächlich nicht so zuverlässig, wie Parker nach Tom Hurleys Aussage glaubte. Sie behalten Parkers Anteil ein, weil die Kohle als Finanzierung für eine weitaus größere Sache gedacht ist, an der Parker aber, da helfen alle Überredungsversuche nichts, auf keinen Fall teilhaben will. So bekommt Parker Stubenarrest aufgebrummt, damit er den drei Typen nicht bei ihrem Vorhaben dazwischenfunken kann.

Dass Parker sich das nicht gefallen lässt, ist klar. Er sorgt dafür, dass seine Freundin aus ihrem gemeinsamen Haus dahin verschwindet, wo sie in Sicherheit ist und beginnt dann mit den Vorbereitungen für sein eigenes Vorhaben.
Nach gewohnter Manier, also indem er über Leichen geht, besorgt er sich Waffen, Kohle und eine neue Identität. Er verändert geschickt sein Aussehen und macht sich an den Ort auf, wo Carlson, Melander und Ross ihren nächsten Coup bereits vorbereiten müssten. Parker will ihnen die Tour vermasseln und zwar gründlich.
Allerdings steht ihm bald eine Frau im Wege. Einer Immobilienmaklerin ist aufgefallen, dass etwas mit Parker nicht stimmt. Sie ahnt, dass hier was Großes am Laufen ist und will, unzufrieden wie sie mit ihrem Leben ist, ein Stück ab vom Kuchen. Es wäre leicht für Parker, sie aus dem Weg zu räumen, aber andererseits könnte ihr Wissen nützlich sein …

Diesmal wird Parker also von drei Typen um den Anteil an seiner Beute gebracht. Da können diese so oft versprechen, wie sie wollen, dass Parker seine Kohle später kriegt, er nimmt das nicht hin. Leser, die schon einige der Parker-Bücher kennen, wissen das. Man freut sich auf das, was kommen mag und das nicht zu unrecht.
Parker läuft zu Hochform aus. Dass er auf Rache aus ist, macht ihn unberechenbar. Selbstverständlich verhält er sich fair. Aber wer nicht mitspielen will, sich gegen ihn stellt oder ihm ans Leder will, fängt sich schon mal eine Kugel ein. Selbst schuld!

Zunächst läuft alles nach Plan. Eine Spur der Verwüstung ist zwar deutlich erkennbar, aber Parker passt auf, dass diese keinesfalls zu ihm führt. Als Leser wird man also teuflisch gut unterhalten. Die Spannung kennt keine Grenzen. So ist Parker, so liebt man ihn!
Aber es kommt noch besser. Nämlich dann, als mit einem Schlag alles schief zu gehen beginnt. Und schon hat Parker einen Auftragskiller auf dem Hals. Als sich auch noch eine Frau ungefragt in sein Leben einmischt, hört der Spaß auf.
Es ist klar, dass Parker sich zurückziehen sollte. Aber er denkt gar nicht daran.
So steht wieder alles auf der Kippe und man kann sich nicht sicher sein, wie das wirklich gut gemachte Buch ausgeht.

Rezension von Heike Rau

Richard Stark
Irgendwann gibt jeder auf
Ein Parker Roman
Aus dem Amerikanischen von Rudolf Hermstein
269 Seiten, Klappenbroschur
Paul Zsolnay Verlag
ISBN-10: 3552055185
ISBN-13: 978-3552055186
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Ferdinand von Schirach: Schuld

Ferdinand von Schirach: Schuld

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Mord, Totschlag, Grausamkeit und die Folgen.

Nach seinem Buch „Verbrechen“ beschäftigt sich Ferdinand von Schirach in diesem nunmehr zweiten Band mit Geschichten aus dem Gerichtsalltag, in dem er dem Begriff der „Schuld“ nachgeht.

Kurz, knapp und prägnant werden auch hier wie schon in seinem ersten Buch Geschichten aus dem Juristenalltag vorgetragen. Mysteriös und unklar sind nicht immer aber oftmals die Motive, die zu Unrechtstaten führen, deren Auswüchse uns vor Rätsel stellen. Als seien die Menschen Getriebene, die ihren Impulsen nicht mehr widerstehen könnten, erlebt man die absurdesten Übeltaten. Mord, Besudelung, Missbrauch und Torturen bieten die Anzeichen für verbrecherische Handlungen, die an Grausamkeit und Widerwärtigkeit kaum vorstellbar sind.

Der Jurist von Schirach ist ein Meister der kurzen Pointen. Seine Geschichten deuten an, ohne zu erklären, wie es zu den beschriebenen Verbrechen kommen konnte. Der Leser sieht sich mit den Absonderlichkeiten menschlicher Schwächen und Perversionen konfrontiert, die wie aus dem Nichts das Handeln entarten lassen. Gekonnt und ruhig, lakonisch und präzise beschreibt der Autor Geschehnisse, die an Erbarmungslosigkeit nicht zu überbieten sind. Ohne die tiefenpsychologischen Wissenschaften zu Rate zu ziehen, erklärt sich das Handeln der Täter und ihrer Motive aus sich selbst. Der Autor beschreibt drogensüchtige Freaks, die einen Perversen zur Strecke bringen und Schüler, die in einer Art Verblendung sich zu  Exorzisten erklären und einen Mitschüler mit ihren Torturen fast zu Tode quälen. Auch Drogenbosse und ihre Handlanger finden sich in einer Geschichte kopiert. Von Schirach zeigt die niedersten Instinkte, die im Menschen schlummern und sie zu Verbrechern werden lassen. Man wird zum Zuschauer des Verlust jeglicher Selbstkontrolle, mit denen Menschen zum Opfer der eigenen Triebe mutieren.  Die Beschriebenen Verbrechen enden entweder mit der Verurteilung, häufig mit Selbstjustiz unter den Schuldigen und kommen zuweilen nicht einmal zur Anklage. Der Schuldnachweis ist Voraussetzung  für ein Urteil, doch ist dieser Schuldnachweis nicht immer zu erbringen. Von Schirach lässt die Schuldfrage alleine durch die absurden Handlungen sichtbar werden.

Wortgewand und einfallsreich trägt von Schirach seine Fälle vor. Die Verfremdung von diffizilen Einzelfällen gelingt ihm hervorragend. Seine Fantasie in der Darstellung der Vielfalt abartiger Verhaltensweisen kennt scheinbar keine Grenzen.

Hervorragend und lesenswert sind diese Geschichten sicher für alle, die an Krimis und den Abgründe menschlichen Verhaltens Interesse haben. Man möchte als Fazit sagen: es gibt nichts, was es nicht gibt!

Hohes Lob gilt dem begabten und faszinierenden Erzähler, der als Anwalt und Strafverteidiger in Berlin lebt.

Ferdinand von Schirach
Schuld
208 Seiten, gebunden
Piper, August 2010
ISBN-10: 3492054226
ISBN-13: 978-3492054225
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Jutta Profijt: Schmutzengel

Jutta Profijt: Schmutzengel

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Corinna hatte eigentlich geglaubt, einen festen Job in der Werbebranche zu haben. Doch ohne Vorwarnung wird sie entlassen. Dann erwischt sie auch noch ihren Freund Greg, in der gemeinsamen Wohnung beim Fremdgehen. An nur einem Tag wird sie also arbeitslos und droht obdachloser Single zu werden. Doch dann beschließt sie, zu bleiben und im Arbeitszimmer ihres Exfreundes unterzuschlüpfen.
Sie schreibt unzählige Bewerbungen und geht zu Vorstellungsgesprächen. Arbeit findet sie nicht. Und doch weckt eines dieser Vorstellungsgespräche eine Idee in ihr. Sie will sich selbstständig machen und einen „Wohnungsrundumbetreuungsservice“ gründen.
Eine Exkollegin und Freundin, Tabea Trollinger, Troll genannt, die sehr kreativ ist, schlägt für die Agentur den Namen „Putzengel“ vor.
Ihre Oma, auf die Corinna große Stücke hält, vermittelt die erste Mitarbeiterin. Deren alte Freundin Liesbeth ist nämlich gelernte Hauswirtschafterin.
Corinna sucht sich eine neue Wohnung mit Büro und zieht um.

Das Geschäft läuft gut an, auch dank der Werbemaßnahmen von Troll. Corinna und Liesbeth arbeiten Hand in Hand. Corinna erledigt das Geschäftliche und Liesbeth kümmert sich um den Service in den Wohnungen und Häusern reicher Leute.
Dann holt Liesbeth sich die Grippe und Corinna muss ihre Arbeit übernehmen. Sie sorgt für Ordnung im Hause Rüdiger Lauensteins, vergisst dann aber die Tür zum Kühlraum, der auch von außen zu begehen ist, ordnungsgemäß zu schließen. Sie muss also noch mal zurück, doch da liegt der Obdachlose, den sie bei der letzten Anfahrt vor dem Grundstück gesehen hatte, tot im Kühlraum auf dem Boden. Corinna hat also im Haus eines Kunden, in dem sie zu dieser Stunde eigentlich nicht zu suchen hat, einen Toten gefunden.
Klar, die Leiche muss weg! Aber so einfach ist das nicht, wenn man einen stressigen Job und eigentlich keine Zeit hat.

Zunächst ist es der Schreibstil der Autorin, der fesselt. Frech und witzig wird die Geschichte erzählt. Die Autorin lässt Corinna diese im Rückblick aufschreiben. Von Anfang an weiß man, dass irgendwann in ihrem Kofferraum eine Leiche liegen wird. Corinna ist eine sehr zurückhaltende, fast schon verklemmt wirkende, junge Frau, die von einem Tag auf den anderen mit dem harten Leben konfrontiert wird. Aber sie hat auch den Mut, ein Wagnis einzugehen. Und sie entwickelt sich, zu einer schlagfertigen Geschäftsfrau. Sie kommt im Buch trotz dieser Wandlung sehr glaubwürdig rüber. Und sie weckt Sympathien.

Durchweg spannend ist das Buch und damit auch sehr unterhaltsam. Immer wieder muss man als Leser schmunzeln, weil der Verlauf der Geschichte so kurios ist.
Die Autorin hat Sinn für Situationskomik. Ihre Wortwahl ist oft unglaublich witzig. Außerdem hat die Handlung Tempo, so dass es nie langweilig wird.
Wer ein Buch sucht, das unterhaltsam, witzig und spannend ist, liegt hier also genau richtig.

Rezension von Heike Rau

Jutta Profijt
Schmutzengel
288 Seiten, broschiert
dtv – Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423212063
ISBN-13: 978-3423212069
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Sandra Lüpkes: Todesbraut

Sandra Lüpkes: Todesbraut

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Wencke Tydmers ist keine Ermittlerin mehr. Sie arbeitet nach entsprechender Ausbildung als Fallanalytikerin beim LKA Hannover.
Armanc Mêrdîn macht auf Wencke nicht den Eindruck, ein Mörder zu sein. Und trotzdem hat er vor drei Jahren versucht, seine Schwester Shirin Talabani umzubringen. Wencke interessiert, ob er nun, wo er wieder in Freiheit ist, einen zweiten Versuch wagen wird. Er tut alles, diesen Eindruck zu vermitteln. Aber Wenke glaubt nicht daran.

Sprechen möchte sie auch mit Shirin selbst. Zu diesem Zweck spannt sie Peer Wasmuth vom Verein für christlich-islamische Freundschaft ein. Er tritt als Vermittler für ein Gespräch auf. Zu diesem kommt es nicht. Denn als Peer Wasmuth und Wencke Tydmers vor Ort ankommen, ist Shirin längst tot. Wenige Stunden später erklärt Wenckes Vorgesetzte Tilda Kosian den Fall für aufgeklärt. Armanc Mêrdîn hat gestanden.

Wencke glaubt nicht an seine Schuld und beginnt sich in die Ermittlungsarbeit einzumischen. Doch schon auf dem Weg zu Armancs Anwältin wird sie verfolgt. Später stellt sich heraus, dass es Shirins verlassener Ehemann war, der ihr hinterherspioniert hat. Ans Aufgeben denkt Wencke aber nicht, zumal die Kinder Shirins verschwunden sind, die eigentlich dringend befragt werden müssten. Könnten sie doch Auskunft geben, wer sich in der Mordnacht noch in der Wohnung aufgehalten hat. Als Wencke einen Zettel zugesteckt bekommt, auf dem vermerkt ist, dass sie die Kinder suchen soll, fühlt sie sich bestätigt. In der Zwischenzeit hat Wencke sich an einen alten Freund und Kollegen gewandt. Axel Sanders wird ihr von nun an zur Seite stehen, auch wenn das für ihn heißt, seine Frau belügen zu müssen.

Wencke fragt sich, ob es sich wirklich um einen Ehrenmord in dieser kurdischen Familie handelt. Doch dann wird etwas bei der Obduktion der Leiche festgestellt, mit dem wohl keiner gerechnet hat. Offenbar lebte Shirin nicht so zurückgezogen, wie gedacht. Schon hat Wencke ein weiteres Mordmotiv.

Anfangs glaubt man es geht um einen klassichen Fall von Ehrenmord in einer kurdischen Familie. Schließlich hat Shirin mit den Kindern ihren Mann verlassen, dem sie durch eine Zwangsehe verbunden war. Wäre Wencke Tydmers nicht, wäre der Fall wohl auch beizeiten zu den Akten gelegt worden. Ihrer Hartnäckigkeit ist es zu verdanken, dass schließlich die Wahrheit ans Licht kommt. Die Autorin sorgt also für eine überraschende Wende.

Vorurteile lässt Wencke, die eine sehr streitbare Persönlichkeit ist, nicht gelten. Sie wird als eine Frau beschrieben, die sich mit ihrer Impulsivität sehr schnell in Schwierigkeiten bringt. Dass sie sich von ihren Gefühlen leiten lässt, macht sie aber gut in ihrem Job.

Im Buch sind aber alle Charaktere gut gezeichnet. So wird ein Blick hinter die Kulissen möglich. Und man erhält Einblick in eine fremde Kultur.
Die Situation wird immer verfahrener. Und bald wird aus dem eher ruhigen Krimi ein hochdramatischer Thriller. Für Wencke wird die Situation unhaltbar. Doch sie ist gezwungen, sich der Situation zu stellen.

Sandra Lüpkes Schreibstil gefällt gut. Dem Leser wird nicht nur Unterhaltung geboten. Die Autorin lässt verschiedene Perspektiven zu und beleuchtet die unterschiedlichen Ansichten. Die Art, wie sie dann am Ende den Leser aus der Geschichte entlässt, stimmt sehr nachdenklich.

Rezension von Heike Rau

Sandra Lüpkes
Todesbraut
Kriminalroman
340 Seiten, Klappenbroschur
dtv – Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423247819
ISBN-13: 978-3423247818

Enrique Cortés: Der 26. Stock

Enrique Cortés: Der 26. Stock

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Isabel ist sehr verwundert, als ihr Chef Senõr Hernán nicht zu einem Meeting erscheint. Seine Sekretärin Vera gibt sich bedeckt, dabei ist sie mit Isabel befreundet. Offenbar hat Hernán einen Unfall gehabt und ist im Krankenhaus. Am nächsten Tag kommt Isabel nicht ohne Probleme in ihr Büro, das sich in einem gigantischen Hochhaus befindet. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden verschärft und ihr neuer Vorgesetzter hat Isabel nicht mit einer neuen ID-Karte ausgestattet. Isabel muss feststellen, dass nicht nur Hernán ersetzt wurden ist, sondern auch Vera. Isabel forsch nach, findet aber kaum etwas heraus. Von Vera, mit der sie sich noch einmal trifft, erfährt sie, dass diese mit Hernán zusammengewesen ist. In einem unbeobachteten Moment, wird Isabel von Vera gewarnt. Sie soll die Firma verlassen und mit ihrem Bruder weggehen.

Später im Einkaufszentrum, als Isabel ein Geburtstagsgeschenk für ihren Bruder kaufen will, sieht sie Hernán. Sie nimmt die Verfolgung auf. Es ist eine vollkommen unwirkliche Situation. Auch er gibt ihr aus der Ferne zu verstehen, dass sie verschwinden soll, bevor sie ihn aus den Augen verliert. Ganz durcheinander von den Vorkommnissen vertraut Isabel sich Carlos Visotti an. Er arbeitet ebenfalls im Turm, Isabel hatte einst das Bewerbungsgespräch mit ihm geführt. Durch Zufall sind die beiden sich wiederbegegnet.

Inzwischen haben die Recherchen ihres Kollegen Hugo ergeben, dass Hernán in keinen Krankenhaus ist. In der Nacht taucht Carlos bei Isabel auf. Er ist zusammengeschlagen worden und so schwer verletzt, dass er ins Krankenhaus muss. Auch er warnt Isabel. Sie soll verschwinden. Begründen kann er die Aufforderung nicht mehr, weil er ins Koma fällt. Carlos hat einen Freund. Zac besitzt eine Bar. Auch er will Nachforschungen anstellen, kennt er doch viele Leute.
Vera geht weiter ins Büro. Aber seltsame Vorkommnisse bestimmen den Alltag.
Geht es in der Firma darum, unbequeme Mitarbeiter aus dem Weg zu räumen?

Die ersten 300 Seiten des Buches sind wirklich gut gemacht. Diese seltsamen Vorkommnisse im Büroturm wecken Interesse. Es wird tatsächlich auch immer spannender. Isabel ist eine naive junge Frau. Ewig glaubt sie an Missverständnisse. Dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung sein könnte, kann sie sich nicht vorstellen. Es muss eine, wenn auch nicht einfache, Erklärung für das alles geben. Sie hält die Augen offen, forscht nach, vertraut sich anderen an. Damit manövriert sie sich gekonnt ins Abseits und bekommt die Gefahren bald hautnah zu spüren.

Über eine weite Strecke ist die Handlung sehr realistisch gehalten. Es erstaunt über alle Maßen, als der Roman dann ins Fantastische abdriftet. Das Buch wird immer weniger nachvollziehbar. Man kann gar nicht glauben, was man liest. Man ist auch gar nicht darauf vorbereitet. Der Klappentext hinten auf dem Buch beschreibt nicht den Inhalt. Was da steht, ist so nicht richtig.
Das Buch hat 600 Seiten. Da fällt auch auf, dass die handelnden Personen, bis auf Isabel vielleicht noch, kaum Charakter haben. Auch sonst wird vieles in der Geschichte nur angerissen und einfach offen gelassen. So steht man am Ende etwas ratlos da und muss den Sinn des angeblichen Psychothrillers infrage stellen.

Rezension von Heike Rau

Enrique Cortés
Der 26. Stock
Aus dem Spanischen von Luis Ruby
608 Seiten, Klappenbroschur
dtv, Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423247614
ISBN-13: 978-3423247610

Klaus Stickelbroeck: Fischfutter

Klaus Stickelbroeck: Fischfutter

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Protagonist des neuen Krimis aus der Feder des Düsseldorfer Polizisten und Autors Klaus Stickelbroeck ist erneut der Privatdetektiv Hartmann, ein ehemaliger Fußballer von Fortuna Düsseldorf, der sich nach einem Unfall beruflich umorientieren musste. Sein ehemaliger Trainer Budde, genannt Buddel, der mittlerweile als Obdachloser im Brückenpfeiler der Hammer Eisenbahnbrücke im Düsseldorfer Hafen lebt, wird Zeuge eines Mordes, der seiner Meinung nach von Polizisten begangen wurde. Die Angst treibt ihn zu Hartmann. Dieser, gerade dabei einen Ladendiebstahl aufzuklären, gewährt ihm Unterkunft. So richtig mag er die obskure Geschichte seines alten Trainers nicht glauben, bis er schließlich von der an der Kaiserswerther Fähre angespülten Leiche erfährt. Das macht ihn neugierig und er muss feststellen, dass diese Leiche eine gewisse Ähnlichkeit mit dem von Buddel beschriebenen Mordopfer hat. Diese Neugier lässt ihn auf eigene Faust und ohne Auftrag ermitteln. Letztendlich ist ihm nicht daran gelegen, Buddel auch aus dem Rhein fischen zu müssen, zumal dieser plötzlich aus der Wohnung verschwunden ist.

Nun beginnt eine wilde Raserei, die das Buch auf jeden Fall für jeden Düsseldorfer lesenswert macht. Aber nicht nur, denn als Krimi ist auch für Nicht-Düsseldorfer genügend Spannung und Action dabei, um es nicht aus der Hand zu legen. Mit Augenzwinkern und Humor werden Plätze, Milieus, Gegenden und Personen beschrieben, die mehr oder weniger jedem bekannt sind und in ähnlicher Weise in jedem Ort existieren.
Wenn man den Protagonisten selbst beschreiben sollte, dann könnte man aus Zeitgründen den Privatdetektiv und Antiquar Wilsberg aus Münster bzw. der gleichnamigen ZDF-Fernsehserie bemühen. Immer klamm in der Kasse, immer einen flotten Spruch auf den Lippen und immer den richtigen Riecher. Dabei aber ein sehr offenherziger und engagierter Mensch. Hartmann ist eine Figur, die viel Sympathie erzeugt. Mit von der Partie ist wieder Krake, der einarmige Wirt aus der Stammkneipe von Hartmann. Krake ist mittlerweile ein Markenzeichen für alle Geschichten, an denen der Autor mitwirkt, denn Stickelbroeck ist nicht nur solo „unterwegs“, er gehört auch zu den Krimi-Cops, den sechs netten Polizisten, die gemeinsam Krimis schreiben.

Flüssig und rasant lesbar ist der vorliegende Krimi auch wegen des umgangssprachlichen Schreibstils. Wenn dem Erzähler solche Gedanken wie „Hartmann wartete ein paar Sekunden, aber Schotter ließ sich bitten. Na gut.“ heraus rutschen, dann hat die Geschichte etwas von dem, als würde sie abends am Tresen erzählt werden. Und zu erzählen gibt es jede Menge. Schließlich ist der Protagonist ein fleißiger Ermittler. So habe ich beim Lesen insgesamt fünf Fälle gezählt. Mit dabei: Ladendiebstahl, Mord, Erpressung, Mädchenhandel und der Big Bang. Spannend bleibt es also immer und trotz aller Erfolge in der Aufklärung der Fälle bleibt für mich noch eine Frage am Schluss: Bekommt der erfolgreiche Hartmann tatsächlich seinen Führerschein nicht zurück?

Zusatzempfehlung: Zuerst hinten im Buch die Liste der gespielten Musiktitel aufschlagen, die Musik als MP3 zusammenstellen und anschließend beim Lesen an den entsprechenden Stellen einspielen. Damit rückt der Leser noch mehr an Hartmanns Gefühle. … Oder die des Autors?
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Klaus Stickelbroeck
Fischfutter
273 Seiten, Softcover, Taschenbuch
KBV Verlag
ISBN-10: 3940077836
ISBN-13: 978-3940077837
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© Detlef Knut, Düsseldorf 2010

Friedrich Ani: Die Tat

Friedrich Ani: Die Tat

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Sonja Piers, Mutter zweier Kindern, ist erdrosselt worden. Der 15-jährige Sohn Benjamin hat die Leiche gefunden. Bei der Vernehmung ist er nicht ehrlich. Auch bei seinem Vater, der nicht mehr mit Sonja Piers zusammen lebt, haben die Ermittler ein ungutes Gefühl. Und Sonja Piers neuer Lebensgefährte Frank Steidl ist auch keine Hilfe. Das Team, bestehend aus Ludger Endres, Yvonne Papst und Max Vogel, ist beunruhigt. Es sind in diesem Fall Parallelen zu zwei anderen Mordfall erkennbar. Es muss also einen Zusammenhang geben, auch wenn dieser im Moment noch unersichtlich ist.

Das Familienumfeld wird durchleuchtet. Immer klarer wird, das die Familie von einem Gespinst aus Lügen umgeben ist. Lügen und Halbwahrheiten werden den Ermittlern aufgetischt, die trotzdem der Wahrheit immer näher kommen.
Der Tathergang wird schließlich nachgestellt. Es hat sich ein Zeuge gemeldet, der etwas beobachtet und den Mörder von hinten gesehen hat. Eine große Hilfe ist er jedoch nicht. Das Erinnerungsvermögen lässt Jacob Finke im Stich, zumal es Nacht war, als die Tat geschah. Hier schaltet sich Jonas Vogel, der Vater von Max ein. Der blinde Exkommissar will Jacob Finke dazu bringen, sich zu erinnern. Doch was er erfährt, bringt ihn in große Gefahr.

Ganz tief hinein geht es in die Probleme einer komplizierten Familie. Die Konflikte die hier toben, sind unhaltbar. Doch musste Sonja Piers deshalb sterben? Und was ist mit den anderen Ermordeten? Wo besteht die Verbindung. Diesen Fragen gehen die Ermittler nach. Doch es ist ein äußerst schwieriges Unterfangen, die Tat aufzuklären. Verdächtig ist bald das gesamte Umfeld Sonja Piers.

Als Leser ist man hautnah bei den Ermittlungsarbeiten dabei. Dabei lernt man die Ermittler, und ihre unterschiedliche Art zu arbeiten, kennen.
Es ist ein ruhiger Krimi. Nicht Action, sondern Sprache steht im Vordergrund. Das Hauptaugenmerk liegt auf den Dialogen und den Schlussfolgerungen, die aus den Vernehmungen gezogen werden. Dennoch kennt die Dramatik keine Grenzen. Sonja Piers Leben war von ihrem Unvermögen, Entscheidungen zu treffen, gekennzeichnet.

Auf besonderes Interesse stößt natürlich die Figur des blinden Exkommissars. Der frisst sich an dem Fall fest, obwohl es auch in seiner Familie gerade schwerwiegende Probleme gibt, die eigentlich ebenfalls geklärt werden müssten. Er arbeitet mit allen ihm zur Verfügung stehenden Sinnen. Ihm entgeht keine negative Stimmung, kein noch so kleines Detail. Das fasziniert. Und doch macht auch er einen Fehler, der ihn zum Verhängnis werden könnte.

Fazit: Der Krimi ist durchweg spannend bis hin zum schlüssigen Ende.

Rezension von Heike Rau

Friedrich Ani
Die Tat
192 Seiten, broschiert
dtv, Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423211989
ISBN-13: 978-3423211987