Jakob Augstein: Die Tage des Gärtners

Jakob Augstein: Die Tage des Gärtners

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Gärtnern mit Humor und Einfallsreichtum!

Wer sich etwa ein Gärtnerhandbuch mit handwerklichen Hinweisen erhofft, der wird über diese Lektüre zunächst verwundert sein.

Schon in der Einleitung bemerkt der geneigte Leser, dass hier ein Autor mit Genuss und Freude, viel Witz und Humor seine Erfahrungen als Gärtner niedergeschrieben hat. Man kann nicht umhin, immer wieder in schmunzelndes Lachen zu verfallen bei den Einfällen, der Diktion und dem unverstellten Blick auf die Wirklichkeit des Gärtnerns.

Mit klugem Blick leitet Jakob Augstein seine Betrachtungen über den Garten mit der Beschaffenheit des Bodens, den Wünschen des Gartenbesitzers, der Artenvielfalt und der Planung des ganzen Unternehmens ein. Da wirft er auch mal einen kurzen Blick auf verfeindete Nachbarn und tote Hausbesitzerinnen, deren Gärten verkommen. Das alles in einem höchst trockenen und amüsierten Ton, mit dem er die Leserinnen und Leser anspricht. „Ein Garten ist ja nicht wie ein Kind. Das wächst und geht irgendwann aus dem Haus. Der Garten bleibt immer da. Will immer bekümmert werden. Und wenn Sie nachlassen, straft er sie unmittelbar mit Verwilderung. Wollen Sie das wirklich?“

In diesem Sprachwitz geht es munter weiter; vom Herbst bis zum Winter mit dem leise knisternden Holz im Kamin,–aber man sehe sich vor: leicht hat man beim Zerhacken des Holzes ein Loch im Bein!

Der gebildete Jakob Augstein spart nicht mit Zitaten von Hebbel bis Cézanne, aus der Bibel und mit Psalmen und indirekten Hinweisen auch auf Rousseau wie der Garten und der Himmel und die Menschen zusammen passen. Dabei gibt es auch handwerklich genaue Beschreibungen von Blumennamen, ihrer Farbe, Beschaffenheit und der Anordnung zu einem bunten Ganzen.

Ein langes Kapitel ist den Unkräutern und besonders dem Unkraut “Giersch“ gewidmet, von dem jeder stolze Gartenbesitzer ein Liedlein zu singen weiß!

Dieses fast in einem unendlichen Monolog verfasste Brevier unterhält auf höchstem Niveau. Es ist im besten Sinne mit dem englischen Ausdruck „sophisticated“ zu charakterisieren.

Die herrliche Aufmachung mit den grün dahin getupften Zeichnungen von Nils Hoff gerät zu einem wahren Lesegenuss für den Garten- und Literaturfreund! Unbedingt vormerken als Geschenk oder zur eigenen Freude!

Jakob Augstein
Die Tage des Gärtners
272 Seiten, gebunden
Carl Hanser Verlag
ISBN-10: 3446238751
ISBN-13: 978-3446238756
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Cosima Bellersen Quirini: Naturkosmetik einfach selbst gemacht

Cosima Bellersen Quirini: Naturkosmetik einfach selbst gemacht

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Die Liste an Inhaltsstoffen bei Kosmetikprodukten liest sich oft sehr abenteuerlich. Wem Gekauftes also nicht natürlich genug ist, der kann seine Pflegeprodukte mit Hilfe des Buches auch gut selbst herstellen. Dabei geht die Autorin weit über schnelle Küchenkosmetik hinaus. Vielmehr geht es im Buch auch um Hochwertiges. Selbst wer daran denkt, im kleinen Rahmen gewerblich in die Herstellung von Naturkosmetik einzusteigen, findet hier erste Informationen.

Man braucht zunächst erst einmal ein solides Basiswissen. Die Autorin vermittelt dieses auf ansprechende Art und Weise, geht auf Haut- und Haartypen ein und auch auf bestimmte Probleme, auf die dann die Pflegeprodukte abgestimmt werden müssen.
Danach wird die Kosmetikwerkstatt mit einer Grundausstattung bestückt. Man kann für die eigene Produktion aber auch gut mit einem zu erwerbenden Starterset beginnen.
Auf die zu verwendenden Rohstoffe wird natürlich auch geschaut. Man bekommt Tipps für den Einkauf. Bezugsadressen findet man im Anhang.

Und nun geht es ans Kosmetikrühren. Die Vorgehensweise wird ganz genau erklärt. Man lernt die drei Phasen beim Kosmetikrühren kennen und Grundrezepte, auf die aufgebaut wird. Man kann den fertigen Rezepturen folgen oder auch eigene Ideen einbringen, indem man diese abwandelt. Jeder hat seine eigenen Bedürfnisse und Vorlieben, was Pflegeprodukte betrifft. Auch der Duft ist Geschmackssache. Mit der selbstgemachten Pflege kann man über die Inhaltsstoffe auf Probleme, die Haut und Haare betreffen, eingehen. Die Autorin stellt das entsprechende Wissen zur Verfügung. So gibt es im Buch beispielsweise Tabellen, denen man entnehmen kann, welche Wirkung bestimmte Pflanzenauszüge haben.
Mit Hilfe der Rezepturen kann man Creme, Lotionen, Pflegeemulsionen, Pflegeöle, Aftershave-Gel, Reinigungsmilch, Gesichtswasser, Abschmink-Gel, Lippenpflegestifte, Deosticks, Badezusätze, Duschpeelings, Badeöl, Badebutter, Babycreme, Kindershampoo, Haarkuren, Haarfestiger, Fußpuder, Kräuterzahncreme usw. herstellen. Die Vielfalt ist unglaublich groß.

Die Autorin bietet also eine sehr umfassende Anleitung zum Herstellen von natürlichen Pflegeprodukten. Das Buch ist praxisbezogen. Man erfährt nicht nur Grundlegendes, es wird auch darauf aufgebaut. Man erhält Hinweise, was zu beachten ist. Es gibt auch spezielle Hinweise für Allergiker.
Man kann mit dem Buch problemlos ins Kosmetikrühren einsteigen und auch eigene Ideen, was die Zusammensetzungen betrifft, verwirklichen. Es ist eine sehr kreative, inspirierende Arbeit, die viel Spaß bringt. Das Buch ist Begleiter und Nachschlagewerk in einem.

Rezension von Heike Rau

Cosima Bellersen Quirini
Naturkosmetik einfach selbst gemacht
von Shampoo bis Fußbalsam
144 Seiten, Klappenbroschur
Verlag Eugen Ulmer
ISBN-10: 3800175932
ISBN-13: 978-3800175932
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Dawn Tripp: Das Liebesspiel

Dawn Tripp: Das Liebesspiel

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Endlich mal wieder ein Buch über Menschen! Leider nur über eine bestimmte Sorte: über diffus leidende in sich Verstrickte. Alles beginnt 1957 damit, dass Ada Varick und Luce Weld ein Verhältnis haben. Beide sind verheiratet, Adas Mann offenbar jähzornig. Dann springt das Buch ins Jahr 2004 und man erfährt, dass irgendwann damals Luce erschossen worden war. Adas Mann gilt unter der Hand als der Täter, offiziell ist das aber nicht. Luce Tochter Jane hat inzwischen Familie und ausgerechnet ihre Tochter Marne verliebt sich in Ray, den jüngsten Sohn von Ada. Jane selbst hat – warum und wann auch immer – eine gewisse Freundschaft mit Ada geschlossen, sie treffen sich jeden Freitag zu Scrabble-Spielen.

Nun wird es bruchstückhaft: Die Autorin Dawn Tripp erzählt aus verschiedenen Blickwinkeln Episoden aus verschiedenen Jahren. Janes Passagen spielen im Jahr 2004, Marnes Erleben mit Ray ebenfalls. Erinnerungen sind eingewoben. Eine andere Erzählebene entfaltet sich 1962 aus der Sicht von Huck, einem Sohn Adas, der damals 14 ist. Brockenweise erfährt man von gestorbenen Kindern, irgendeinem Ingenieur, von schwierigen Mutter-Kind-Beziehungen, von alten Verbindungen, von Lebensweisen, Wohnverhältnissen, Gefühlslagen… Alles ist sorgsam konstruiert, angemessen komplex gebaut und in sich weitgehend logisch. Aber es wird nicht erzählt. Es fühlt sich an wie ein Detailgerüst, um dessen Streben irgendwas literarisch klingen Sollendes gepappt wurde, um die Infos mitteilen zu können. Dass es dabei manchmal schwierig ist, die Übersicht über die Personen zu behalten, ist ein unangenehmer Nebeneffekt. Nur die Ereignisse zwischen Marne und Ray – es „Geschichte“ zu nennen wäre angesichts der spärlichen Handlung übertrieben – folgen einem gewissen Fluss, bilden so etwas wie einen Plot.

Die Konstruktion der Welt, in der diese Figuren existieren (von leben kann kaum die Rede sein), ist durchaus gekonnt und spannungsreich. Nur die Darstellung ist quälend. Einmal quälend, weil über allem so eine dicke Decke aus Bedeutungsschwere und aus diffusem Leiden liegt; jede maßgebliche Figur scheint gefangen, gebrochen, abrundtief traurig – irgendwie kaputt eben. Und überall wabern Geheimnisse, unaussprechbare Dinge und nur vage erahnbare Fettnäpfchen. Immer, wenn etwas Schönes gezeigt wird – irgendwas aus der Natur zumeist –, dann dient selbst das scheinbar nur zum Erzeugen einer herzabdrückenden Wehmut. Quälend empfand ich auch die Sprache an sich. Massenhaft lyrische Bilder von Traurigkeiten oder voller vorgeblicher Bedeutungshaftigkeit haben daran ihren inhaltlichen Anteil; Sätze, deren Überladung, Bezugsunsauberkeiten und Flussbrüche in jeder Schreibwerkstatt moniert würden, verlangen deutlich mehr guten Willen ab, als sie zum Ausgleich an Sprach- oder Inhaltsentdeckungen bieten. Zum Glück ist es kein unlesbares Kauderwelsch.

Trotzdem: Abraten würde ich von dem Buch nicht. Man muss einen gewissen Hang mitbringen, sich in bitter-schmerzhafter Melancholie zu suhlen, nicht viel Wert auf Handlung legen und mit einer „dekorierten Auflistung“ von mehr oder (meist) weniger überraschenden Wendungen zufrieden sein. Auch sollte man sich nicht daran stören, dass an manchem ganz schön kaugummiartig herumgeheimnist wird, während anderes substanzlos in der Luft gehalten wird, um dieses gewisse, oben schon erwähnte Wabern aufrecht zu erhalten. Wenn man diese Voraussetzungen also mitbringt, dann erhascht man einen Blick auf eine nicht ganz gewöhnliche Konstruktion aus Verstrickungen von Menschen untereinander und in sich selbst, man kann die darin liegende Spannung spüren und deren Nicht-Lösen erleben. Facetten- und detailreich ist zwar auch anders, aber dafür kann man sich im Deuten von allerlei Symbolen und Neben-Botschaften üben.

Das Buch endet mit einer wirklich überraschenden, literarisch feigen und nicht ganz logischen Wendung in Bezug auf Janes und Adas Scrabble-Spiel. Und mit einer Versöhnung. Ach ja: Wer Luce Weld erschossen hat, das erfährt man natürlich auch.

Dawn Tripp
Das Liebesspiel
313 Seiten, gebunden
Arche Verlag
ISBN-10: 3716026638
ISBN-13: 978-3-7160-2663-2
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Sigrid Damm: Wohin mit mir

Sigrid Damm: Wohin mit mir

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Rom: Ziel eines ungewöhnlichen Studienaufenthalts.

Sigrid Damm bekommt für das letzte Jahr des 20. Jahrhunderts eine Einladung zu einem Stipendium in die Casa di Goethe in Rom. Sie war zuerst nicht besonders erbaut davon. Aber kann man ein solches Angebot überhaupt ausschlagen? Gerade hatte sie die Weite des Nordens für sich entdeckt, wo sie Ruhe und die Unendlichkeit spüren konnte. Nun also Rom!

Wir folgen ihr auf eine Reise, die sie auf einer längeren Autotour in den fernen Süden entführt. Sie durchquert mit ihrem Sohn die Alpen und erlebt die herrliche Landschaft der Toskana. Als die beiden Rom erreichen, wird ihr sehr bald bewusst, dass sie in einer heißen und hektischen Stadt leben wird. Die Abgase und der unerträgliche Lärm stören, so dass sie nahe daran ist, den Aufenthalt abzubrechen. Doch überall trifft sie auf Goethes Spuren, hört seine Texte im Geist und besucht den Friedhof, wo August Goethe begraben liegt, der schon früh, im Alter von vierzig Jahren, dahin gerafft wurde. Dann trifft sie eine deutsche Buchhändlerin und das alte Ehepaar Fulio und Anna. Sie sieht die Bilder von Caravaggio und entdeckt bei ihren Besuchen in den zahlreichen Kirchen den sakralen Bilderreichtum und die antiken Schätze in der ewigen Stadt.

Ihre Eindrücke zeugen von feiner Wahrnehmung und neugieriger Erkundung einer für sie nur aus den Schriften Goethes bisher erfahrenen fremdländischen Welt. Es fällt ihr sichtlich schwer, sich auf die Landschaft und die Menschen mit ihrem lärmenden Leben einzulassen. Doch hat sie eine fast sinnliche Vorgehensweise, sich den Bildern und Menschen zu nähern. Nachdenklich, den Düften und Spuren der Vergangenheit nachsinnend, nähert sie sich allmählich der Schönheit und dem Fluidum dieser lauten und überwältigenden Stadt. Zwischendrin sehnt sie die Weite und Kühle des Nordens herbei, ihrer Wahlheimat in Nordschweden!

Unausbleiblich erfährt sie die Annäherung an Menschen, die sie zu Freunden gewinnt.

Mit diesem Buch bietet sie zum ersten Mal Einblicke in ihr Leben und ihre persönlichsten Erfahrungen. Diskret und scheu auch bei diesen Bekenntnissen offenbart sie den Charakter einer offenen und sensiblen Kennerin von Kunst, Literatur und Menschen.

Wer noch nicht in Rom war, kann dieses Buch durchaus als Reiseführer benutzen. Wer schon dort war, wird vieles wieder erkennen und womöglich mit neuen Blicken anschauen, denn die Intensität, mit der sich Sigrid Damm in die Kunstwerke vertieft, ist enorm.

Sie ist eine in sich eingesponnene Erzählerin. Die Öffentlichkeit meidet sie, und die zahlreichen anstrengenden Lesereisen sieht sie als notwendiges Übel an. Doch wie sie, die ausgewiesene Goethekennerin, sich die Stadt Rom erobert und in die Gegebenheiten der italienischen Lebensart eintaucht, das zeugt von einer bemerkenswerten Einfühlungsgabe und dem Geist einer wachen Beobachterin. Wie mit allen ihren Büchern, vorwiegend über die Frauen und Männer der Weimarer Klassik, wird sie auch mit diesem Buch hohes Interesse bei ihren Leserinnen und Lesern finden.

Sigrid Damm
Wohin mit mir
286 Seiten, gebunden
Insel Verlag, März 2012
ISBN-10: 3458175296
ISBN-13: 978-3458175292
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Matthias Weinert: Fred, der furchtlose Abenteurer

Matthias Weinert: Fred, der furchtlose Abenteurer

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Fred ist ein Abenteurer. Mutig und furchtlos. Die ganze Welt ist sein Zuhause. Nichts hält ihn auf, obwohl seine Reisen sehr gefährlich sind. Er wird fertig mit glibberigen Kraken, fiesen Piraten, wilden Löwen und einem gefräßigen Krokodil. Im Rodeln, Bezwingen von wilden Tigern und im Einhornreiten ist er der Beste. Auch als Retter macht er sich gut. Die Liste seiner Heldentaten ist lang. So hat er schon einer Entenfamilie über eine vielbefahrene Straße geholfen, einen Elefanten von einem Stachel im Fuß befreit und eine Prinzessin in einer spektakulären Aktion vor einem feuerspuckenden Drachen gerettet.
Selbst ein Bad im Eismeer oder ein gewaltiger Sturm während einer Bootsfahrt können ihm nichts anhaben. Ein Brot mit Regenwurm-Marmelade isst er, ohne mit der Wimper zu zucken.
Nur im Dunkeln, nun ja, da können furchtbar schrecklich aussehende Monster ihm dann schon einen Schrecken einjagen. Aber selbst das bekommt Fred unter Kontrolle. Er weiß, wie mit Monstern umzugehen ist.

Fred ist ein Junge mit übersprudelnder Fantasie. Seine Tagträume sind sehr lebendig und werden bildhaft dargestellt im Comicstil. Diese Illustrationen sind sehr spannend für Kinder.
Man fragt sich natürlich, woher Fred seine Ideen hat. Als er dann ins Bett muss, bekommt man Einblick in sein Kinderzimmer und sieht es. Es ist sein Spielzeug, das seine Fantasie beflügelt und zu Traum-Geschichten inspiriert.
Man sieht hier ein Spielzeugschiff, einen Löwen einen Elefanten, eine Pflanze, die für den Dschungel steht, ein Einhorn, zwei Enten und auch die drei Monster, um einige Beispiele zu nennen.
Kinder können hier also leicht eine Verbindung herstellen und dann auf die gleiche Art und Weise ihr Spielzeug für spannende Abenteuer nutzen.
Und am Abend kehrt dann Ruhe ein. Nach so einem aufregenden Tag, schläft Fred richtig gut.

Rezension von Heike Rau

Matthias Weinert
Fred, der furchtlose Abenteurer
32 Seiten, gebunden
Lappan Verlag
ISBN-10: 3830311877
ISBN-13: 978-3830311874
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Kathleen Vereecken: Eine größere Welt

Kathleen Vereecken: Eine größere Welt

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Mitte des 18. Jahrhunderts lebte es sich als armer Mensch in Frankreich noch schwer. Der Adel beherrschte das gesellschaftliche Leben, und die Armut unter dem dienenden Volk war groß.

Weitab von zivilisatorischen Bequemlichkeiten und den Segnungen eines heutigen Sozialstaates wurden Kinder aus Armut häufig ausgesetzt, hier auch als Findelkinder bezeichnet und, je nach Unterbringung, war ihr Tod schon bald besiegelt.

Leon ist ein solches Findelkind. In einer bettelarmen Familie mit einer Reihe eigener und fremder Kinder wuchs er bei Annette und Henri auf. Die beiden brachten sich mühsam als Waschfrau oder mit Holzschlagen als Tagelöhner durch. Die Kinder mussten so bald wie möglich mit anpacken, um das Überleben aller zu sichern. Méline, die älteste Tochter der Familie, kümmerte sich liebevoll um Leon, der als Esser am kärglichen Mittagstisch eher als Belastung von der Mutter angesehen wurde. Méline aber kommt eines Tages auf erschütternde Weise um, und Leon beschließt, sich nach Paris durchzuschlagen, um seine Mutter zu suchen. Das einzige Lebenszeichen von ihr war eine Karte in seiner Windel, die er fortan mit sich führt.

Paris ist eine große und unüberschaubare Stadt. Mit dem Verkauf von Kräutern und kleinen Helferdiensten schlägt sich Leon tapfer durch. Er wächst heran, wird groß und stark und bringt sich selber das Lesen und Schreiben bei. Als Schreiber im Dienste von Analphabeten kann er schließlich sogar seine Existenz verbessern. Bis dahin aber hat er noch eine weite Strecke in Armut und im Überlebenskampf vor sich. Er ist nicht frei von Anfechtungen und natürlich begegnet er der Liebe!

Kathleen Vereecken beschreibt das Leben in seiner ganzen Erbarmungswürdigkeit. Niemand kann sich heute mehr ein Bild davon machen, wie schmutzig, unhygienisch, armselig und Hunger leidend die einfachen Leute leben mussten. Reichtum und Armut standen im krassen Gegensatz zu einander. Wer überlebte, hatte oftmals besondere Gaben und Kräfte.

Alles sollte sich zum Ende des Jahrhunderts mit der französischen Revolution vermeintlich zum Besseren verändern!

Die Autorin erwähnt Philosophen und Dichter mit Namen wie Voltaire oder Rousseau, die mit ihren Schriften den Nährboden für diese entscheidende Revolution boten. Als deren Ziele galten neben vielen anderen Aufrufen die Losung von der „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“. Das Zeitalter der Aufklärung nahm damit seinen Anfang. Rousseau hat mit seinen pädagogischen Schriften wie z.B. „Emile oder über die Erziehung“, in denen er für eine modernere Form von Erziehung plädiert, das Denken zu dieser gravierenden Zeitenwende beflügelt. Seine eigenen Kinder aber hat er ins Findelhaus gegeben. Er soll in diesem Roman keine ganz unbedeutende Rolle spielen!

Wunderbar nachvollziehbar beschreibt K. Vereecken die damaligen Zustände mit ihren Unbilden, der Armut und Bedürftigkeit. Mit Spannung folgt man der Suche Leons nach seiner Mutter, die ihn zu ungewohnten Begegnungen und an geheime Orte führt. Die Atmosphäre in den Straßen und Gassen mit ihren Gerüchen und dem einfachen Leben sind überzeugend eingefangen. Seltene Zeichen von Liebe, Zuneigung und Hilfsbereitschaft bieten Leon immer wieder Halt zum Überleben.

K. Vereecken malt ein getreues Bild des 18. Jahrhunderts.

Man darf das Buch für Jugendliche ab 13 Jahren uneingeschränkt empfehlen!

Die Autorin lebt in Antwerben und wurde für dieses Buch mit dem belgischen „Boekenleeuw“ ausgezeichnet.

Kathleen Vereecken
Eine größere Welt
360 Seiten, gebunden
Bloomsbury Kinderbücher & Jugendbücher, April 2012
ISBN-10: 3827054575
ISBN-13: 978-3827054579
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Josephine Mint: Smalltown Girls – Der Tod kommt selten allein

Josephine Mint: Smalltown Girls – Der Tod kommt selten allein

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Jacob, der Bruder von Lu, ist tot. Niemand außer Charlie weiß, dass Jacob vor seinem Tod einen Traum hatte. Eine Prophezeiung. Er wusste, dass er sterben würde und er wusste auch wie. Charlie sollte ihm versprechen, mit niemanden darüber zu reden. Doch gilt dieses Versprechen auch über den Tod hinaus? Für Charlie nicht und so erzählt sie es ihrer Freundin, die mitten in der Trauer um Jacob gefangen ist und Charlie nicht glaubt.
Es vergeht Zeit. Das Leben geht weiter. Charlie beschäftigt sich mit ihrer Band und bereitet ein Konzert vor, das im Gemeindehaus stattfinden soll. Und Lu verliebt sich in Linus.

Doch dann während einer Zugfahrt mitten im Gewitter hat Charlie diesen Traum. Auch sie träumt von ihrem eigenen Tod. Später stellt sich heraus, dass auch Lu in diesem Zug war. Sie hatte den gleichen Traum. Es war noch ein weiteres Mädchen anwesend, das beide erst später kennenlernen: Sunshine. Sie wird später die neue Sängerin in Lus Band, weil Charlie, die sonst gesungen hat, den Auftritt im Gemeindehaus verpasst hat.

Der Traum macht allen drei Mädchen Sorgen. Jede geht anders damit um. Man kann einfach ignorieren, was passiert ist. Man kann auch versuchen, das Schicksal abzuwenden. Oder man muss den Mörder finden und seinen Plan vereiteln. Charlie hat es lange für sich behalten. Doch sie hat den Mörder im Traum gesehen. Als sie endlich darüber redet, ist es noch nicht zu spät, die Erfüllung der Prophezeiung aufzuhalten.

Was für eine abgefahrene Geschichte! Ganz plötzlich ändert sich das Leben von Charlie, Lu und Sunshine. Sie glauben, und das nicht ohne Grund, an die Erfüllung einer Prophezeiung, die ihren Tod bedeuten würde. Dass alle drei Mädchen diesen Traum hatten, macht die Sache doch ein Stück weit glaubhaft. Man weiß trotzdem nicht, was man von diesem Buch halten soll. Es lässt sich nicht einordnen. Das macht es spannend.

Die Mädchen halten Regeln nicht ein, trinken, rauchen und nehmen Drogen. Die Eltern treten hier nicht als Erzieher auf. So wirken Charlie, Lu und Sunshine ein bisschen allein gelassen. Ihre Freundschaft rückt dadurch in den Mittelpunkt. Keine einfache, sondern eher eine schwierige Freundschaft, die manchmal zur Zerreißprobe wird. Denn die drei Freundinnen sind sehr unterschiedlich in ihrer Art, Dinge zu handhaben. Aber natürlich will keine von ihnen sterben. Das Spannende ist, wie sie mit diesem Probleme umgehen.

Das Buch ist nicht eben dick. Die rund 250 Seiten sind schnell gelesen. Und trotzdem war es ein außergewöhnlich intensives Leseerlebnis. Das Ende bleibt offen und man darf gespannt sein auf den nächsten Teil.

Rezensionen von Heike Rau

Josephine Mint
Smalltown Girls – Der Tod kommt selten allein
256 Seiten gebunden
Beltz & Gelberg
ISBN-10: 3407811063
ISBN-13: 978-3407811066
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Annabelle Fagner und Tilmann Schempp: Klassische Gemüseküche

Annabelle Fagner und Tilmann Schempp: Klassische Gemüseküche

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Gemüse gehört zu einer ausgewogenen Ernährung einfach dazu. Am besten schmeckt es frisch aus dem eigenen Garten oder vom Wochenmarkt, wo man gut saisonal und regional einkaufen kann.
In einer kleinen Gemüsekunde werden die verschiedenen Sorten vorgestellt. Von Artischocke über Kartoffel, Grünkohl, Kürbis, Schwarzwurzel, Topinambur bis hin zur Zwiebel. Man erhält weiterhin Ratschläge zum Gemüseeikauf und der Lagerung. Wobei natürlich vieles gleich frisch verarbeitet wird.

Unter den Vorspeisen findet man „Gefüllte Tomate mit Ei“ oder „Zucchinischeiben mit Parmesankäse“. An Salaten den „Tunesischen Karottensalat“ und den „Löwenzahn-Chicorée-Salat mit Gänseblümchen“.
Es gibt auch leckere Gemüsesuppen, darunter eine „Sellerie-Dinkel-Suppe“ und eine „Karotten-Ingwer-Suppe“.
Gehaltvoller sind die Eintöpfe. Hier findet man unter anderem „Birnen, Bohnen und Speck“ und „Leipziger Allerlei“.
Hauptgerichte mit Fleisch sind „Ofenkartoffeln mit Gemüse und Hähnchen“ und „Gefüllte Paprika mit Hackfleisch“.
An vegetarischen Hauptgerichten gibt es „Chinakohlblätter mit Senf-Bulgurfüllung“ oder „Bayerischer Reiberdatschi mit Apfelkompott“.
Es folgten Kapitel mit Beilagen, Dips und Saucen, Süßem, sowie Gemüsesäften und Smoothies. Spannend ist besonders das Kapitel mit süßen Gemüsegerichten wie „Kürbispudding mit Amaretto“ oder „Schwedischer Rhabarbergrütze“.

Man kann mit Hilfe des Buches also die ganze Vielfalt an Gemüsesorten kennen lernen. Es gibt viele klassische Gerichte im Buch, aber auch kreative Rezepte. Die Rezeptanleitungen sind in einzelne Schritte aufgegliedert und gut nachvollziehbar.
Auf jeder Doppelseite gibt es meist zwei Rezepte und dazu ein illustrierendes Bild. Eher selten sieht man hier das fertige Gericht. Vielmehr gibt es Bilder von Zutaten, einem bestimmten Zubereitungsschritt oder, und das ist das Besondere, historisches Bildmaterial bestimmter Gemüsesorten. Damit ist das Buch sehr schön gestaltet.

Rezension von Heike Rau

Annabelle Fagner und Tilmann Schempp
Klassische Gemüseküche
Jan Thorbecke Verlag
112 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3799507183
ISBN-13: 978-3799507189
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Stephan Valentin: Ichlinge – Warum unsere Kinder keine Teamplayer sind

Stephan Valentin: Ichlinge – Warum unsere Kinder keine Teamplayer sind

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Muss man egoistisch sein, um im Leben bestehen zu können? Muss man zu allererst an sich denken? Viele Kinder, so scheint es, werden in diese Richtung erzogen. Ichlinge sind selbstbezogen. Ein Gemeinschaftsgefühl fehlt ihnen. Die Kinder haben es schwer, sich in Gruppen einzufügen. Um später erfolgreich sein zu können, muss man aber auch im Team zusammenarbeiten können. Es lebt nun mal keiner für sich allein. Wir sind eine große Gemeinschaft.

Es gibt unzählige Erziehungsratgeber. Eltern haben also genug Richtlinien bei der Erziehung. Aber so einfach ist es eben nicht. Es ist offenbar doch nicht so klar, nach welchen Werten, Kinder erzogen werden sollten. Das vorliegende Buch ist keine von Regeln geprägte Anleitung zur Erziehung. Der Autor schreibt nichts vor, er gibt zu bedenken. So beschreibt er im Buch, welche Eigenschaften ein Kind haben sollte, um später dann als Erwachsener glücklich und erfolgreich sein zu können. Ein Ichling wird das nach seiner Meinung nämlich nicht schaffen.

Toleranz, Kritikfähigkeit, Selbstdisziplin und Empathie sind wichtige Fähigkeiten, die Kinder beim Aufwachsen erlernen sollten. Das braucht Zeit und Gelegenheit und das ist nicht gegeben, so liest man im Buch, wenn Kinder zu viel Zeit mit Computer und Fernseher verbringen, ihre Freizeit mit Aktivitäten verplant ist und ihnen dadurch die Zeit fehlt, mit anderen Kindern zu spielen.

Mit Hilfe des Buches wird man befähigt, das Sozialverhalten des eigenen Kindes realistisch einzuschätzen. Man liest im Buch wie man soziale Kompetenzen bei Kindern fördern kann und wie man Werte vermittelt. Dabei wird nicht nur auf das Elternhaus geschaut, auch Kindergarten und Schule werden betrachtet. Zu Erziehungsstilen gibt es immer unterschiedliche Meinungen. Eltern, Lehrer, Erzieher und Psychologen stellen im Buch ihre Ansichten und Erfahrungen dar.

Als Eltern kann man dem gut lesbaren und verständlich geschriebenen Buch eine Menge zum Thema Kindererziehung entnehmen. Es gibt natürlich noch viel mehr Aspekte, als die in dieser Rezension angerissenen. Das Buch hilft den eigenen Erziehungsstil zu überdenken, altersgerecht zu gestalten und Wichtiges herauszustreichen.

Rezension von Heike Rau

Dr. Stephan Valentin
Ichlinge – Warum unsere Kinder keine Teamplayer sind
336 Seiten, broschiert
Wilhelm Goldmann Verlag
ISBN-10: 344217290X
ISBN-13: 978-3442172900
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Maxence Fermine: Am Ende der Teestraße

Maxence Fermine: Am Ende der Teestraße

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Charles Stowe hat die Faszination für Tee von seinem Vater, einem Londoner Teehändler, der seinem Sohn all sein Wissen vermittelt hat. Doch das Geheimnis der Herstellung der Teesorten kann er ihm nicht mitgeben. Chinas Teeplantagen hat der Vater nie gesehen. Und so nimmt sich der Sohn vor, die Reise zu machen, um das Geheimnis der Herstellung der Teesorten, insbesondere des weißen Tees, der nicht außerhalb Chinas zu bekommen ist, zu erkunden.

Im Jahre 1838 im Alter von einunddreißig Jahren verlässt Charles Stowe London und macht sich auf den Weg in eine fremde Welt und bereist die bekannte Handelsroute.
Der Weg ins Landesinnere Chinas wird ihm jedoch verwehrt, auch weil ein Krieg bevorsteht. Der Handel mit weißem Tee, der dem Kaiser vorbehalten ist, ist verboten.

Mr. Pearle, Vorsitzender des Teekomitees, könnte Charles Stowe den Weg ebnen und seinen Traum möglich machen. Also schließt er mit ihm einen Blutspakt, der es erlaubt, ihn in die letzten Geheimnisse einzuweihen. So kann er die Teeplantagen doch noch sehen und den Teepflückerinnen bei ihrer Arbeit zuschauen.

Doch Lu Chen kennenzulernen, den wahren Meister des Tees, ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen, scheint ein unerfüllbarer Wunsch zu sein. In dessen Gattin Loan verliebt Charles Stowe sich Hals über Kopf. Sieben Tage und sieben Nächte darf er mit ihr verbringen. Wenn er dann nicht geht, wird er sterben.

Es ist ein Buch, das von der Faszination für Tee erzählt, einem geheimnisvollen und anregenden Getränk. Nur wer Tee liebt, wird diese Begeisterung nachvollziehen können, die der Autor mit sehr passend gesetzten Worten unterstützt.

Charles Stowe ist ein leidenschaftlicher und risikofreudiger Mensch. Grenzen kann er nicht akzeptieren. Auch nicht, was die Frau betrifft, die er kennenlernt. Im Opiumrausch lebt er diese zeitlich begrenzte Liebe aus.
So kommt er noch ganz anderen Geheimnissen auf die Spur, den Tee- und den Opiumhandel betreffend, für die er einen hohen Preis zahlt.

Es ist nur eine kurze, sparsam erzählte Geschichte, aber es steckt so viel darin. Gerade diese Knappheit ist es, die Eindringlichkeit bringt. Belangloses hat keinen Platz. Lebenszeit ist begrenzt. Man wird nachdenklich gestimmt, kann vieles in die Erzählung hineininterpretieren.

Das Buch ist schön gestaltet. Es hat einen aufwändig gearbeiteten Leineneinband. Damit ist es auch gut als Geschenk geeignet.

Rezension von Heike Rau

Maxence Fermine
Am Ende der Teestraße
Aus dem Französischen von Georges Hausemer
120 Seiten, gebunden
Unionsverlag
ISBN-10: 329300444X
ISBN-13: 978-3293004443
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