Peter Schneider: Vivaldi und seine Töchter

Peter Schneider: Vivaldi und seine Töchter

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Eingerahmt von der Freundschaft zu dem außergewöhnlichen Kameramann Michael Ballhaus erzählt uns Peter Schneider die Geschichte von Antonio Vivaldi.
Angeregt durch seinen Freund hat er sich auf die Spuren dieses hoch geschätzten und beliebten Komponisten begeben, um sich mit seiner Zeit, seiner Musik und seinem Leben auseinanderzusetzen.

P. Schneider eröffnet uns das Panorama Venedigs zum Ende des 17. und Beginn des 18. Jahrhunderts.

Antonio Vivaldi (1678 -1741) war Zeitgenosse Johann Sebastian Bach. Seiner roten Haare wegen wurde er „prete rosso“ genannt, denn er war Priester der römisch-katholischen Kirche. Er war einer der meist gehörten Komponisten, Violinisten und Musiker des Barock zu seiner Zeit in Italien.

In Venedig, dieser wunderschönen Stadt, lebte er und wurde von seiner Mutter schon in jungen Jahren zum Priester ausersehen. Die Eltern waren arm und hatten viele Kinder. Das Priestertum versprach regelmäßige Einkünfte, mit denen Antonio Vivaldi seine Familie unterstützen konnte.

Doch früh schon liebte er die Musik und geriet als Lehrer an ein Waisenhaus. Die Schüler, in der Mehrzahl Mädchen, wurden von ihm in Musik unterrichtet. Er gab jeder/ jedem ein Instrument. Aus diesen zahlreichen Musikanten bildete er das erste Frauenorchester Europas. Hier konnte er seine vielseitigen Kompositionen zur Aufführung bringen. Natürlich musste und wollte er sein Priesteramt ruhen lassen, was nicht immer zur Zufriedenheit der hohen Geistlichkeit geschah.

In Venedig bildete das bunte Treiben in den Gassen, die Gondolieri und die Kirchen mit ihren geistlichen Oberhäuptern in der Beschreibung des Autors ein eindrucksvolles Bild, das man lebhaft vor Augen zu haben meint.

In intensiven Forschungen führt uns Peter Schneider das Leben Vivaldis teilweise fiktiv und teilweise historisch vor.

Die Armut, die Musik und das Geld sind die Triebfedern von Vivaldis Handeln. Er schäumt über vor musikalischer Begeisterung, und komponiert ein Konzert und eine Oper nach der anderen. Das Ränkespiel um Posten, Ansehen und immer wieder die Geistlichkeit mit ihrer weitreichenden gebieterischen Macht bestimmten in großen Teilen das Leben der Armen und Abhängigen. Sich zwischen diesen Mächten, unter ihrer Korruption und dekadenten Lebensweise einen Weg zu bahnen, der ihn komponieren, musizieren und überleben lässt, ist das Wunder, das Vivaldi fertigbringt. Er wird berühmt, reist durch Europa und genießt hohes Ansehen.

Am Ende seines Weges aber ist er alt, arm und aus dem Land seiner Väter verstrieben. In Wien, seinem letzten Fluchtort, bekommt er wie so viele Musiker vor und nach ihm ein Armenbegräbnis.

Das Buch nennt sich zwar Roman, gleicht aber in weiten Teilen einer historischen Biographie. Zahlreiche regierende Häupter sind genannt, Komponisten und ihre musikalischen Entwicklungen werden erläutert, Finanzgebaren und Lebensweisen aufgeführt, so dass man sich in die Zeit zurückversetzen kann, um sich eine Vorstellung zu machen, wie Leben damals war.

Dass Vivaldi erst etwa Mitte des vergangenen Jahrhunderts wiederentdeckt wurde, hat der Musikwelt neue Türen zur Barockmusik geöffnet.

Peter Schneider gebührt Anerkennung für diese so gut recherchierten Erinnerungen an einen Mann, der mit seinem vielseitigen Werk der Musikwelt zur Freude gereicht!

Peter Schneider
Vivaldi und seine Töchter
288 Seiten, gebunden
Kiepenheuer & Witsch, November 2019
ISBN-10: 3462052292
ISBN-13: 978-3462052299
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Sasa Stanisic: Herkunft

Sasa Stanisic: Herkunft

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Wie erinnert man sich seiner Herkunft?

Herkunft ist ein Hörbuch von höchst bemerkenswerter Eigendynamik.
Der Autor Sasa Stanisic stammt aus einem Land, das einmal ein Land, dann zwei dann viele waren. Ursprünglich hieß es Jugoslawien, das dann in so viele verschiedene Länder zerfiel.
In den Erinnerungen von Sasa Stasinic verwischen sich allerdings seine Herkunftsorte zu Serbien, Bosnien oder zuvor eben unter Tito Jugoslawien. Religionen sind ihm ganz fremd, und naiv macht er die muslimische Mutter daran fest, dass sie kein Schweinefleisch isst, quasi als eine Form der Diät.
Stanisic’s Großmutter kommt zunächst häufig zu Wort; doch alle Erinnerungen sind assoziativ, kreisen um Sommer, Winter, Vögel, Schlangen und das Gefühl von Heimat.
Auf die Frage „wo komme ich her“ gibt es nur die Antwort “von hier, du kommst von hier.“
Auch Gebäude geben die Herkunft an.Hier es gibt die Bessergestellten und dort die Ärmeren.

Stanisic liest seine Geschichten selber mit einem angenehmen, etwas rauchig oder beinahe heiser klingenden Tonfall. Fast hat man den Eindruck, seine Gedanken entstehen im Moment des Sprechens. Akzente entstehen in kurzen Sätzen, wechseln Zeit und Ort, einmal 1992, das Fluchtdatum, dann wieder 2018 in der Gegenwart.

Sasa Stanisic ist ein Wortakrobat und ein Trapezkünstler der Sprache. Voller Lebensfreude, z.T. auch melancholisch, dann wieder amüsiert und hingerissen klingen seine Worte und er landet bei Eichendorf, dem wehmütig- sehnsüchtigen Lyriker. Stasinic zuzuhören erzeugt Glücksgefühle, denn es gibt keine fortlaufende Handlung. Man lässt sich auf den Klang seiner Aussprache und seines Singsangs mit seinen momentanen Eingaben ein; er scheut sich nicht in Ansätzen Lieder zu singen.

Heidelberg ist die Station seiner Bildung und Ausbildung. Wie er diese Stadt beschreibt kommt einem vertonten Gemälde gleich.
Die Herkunft ist das Leitmotiv und sicher sind seine Erinnerungen tiefenscharf. Doch geht es auch um das Fremdsein, eine Identität des Wanderers zwischen dem Herkunftsland und dem jetzigen Wohnort Deutschland. Und Herkunft findet immer wieder auch seinen Platz bei der Großmutter. Er beschreibt sie als festen Hort in seiner Erinnerung bis hin zu Gegenwart: sie wird liebevoll und skurril skizziert, und man spürt eine stille Zärtlichkeit.

Nachdem ich zunächst ein wenig skeptisch war, mich auf die assoziative Melodie des Hörens einzulassen, geriet ich mehr und mehr in den Sog dieses lebendig pulsierenden Sprachgesangs. Zuletzt hat es mich vollkommen mitgerissen!

Man sollte das Buch in seiner wunderschönen Prosa lesen oder besser noch hören!

Sasa Stanisic
Herkunft
368 Seiten, gebunden
Audible Hörbuch
Der Hörverlag
ISBN-10: 3630874738
ISBN-13: 978-3630874739
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Charles J. Shields: Der Mann, der den perfekten Roman schrieb

Charles J. Shields: Der Mann, der den perfekten Roman schrieb

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„John Williams, der den Roman „Stoner“ schrieb, wurde erst lange nach seinem Tod berühmt und gilt heute als Ikone in der amerikanischen Literatur“. So lautet es auf dem Klappentext. Und in der Tat ist der Roman „Stoner“ ein unerhörtes Leseerlebnis.

Charles Shields hat sich auf Spurensuche begeben und eine wunderbare Biographie dieses Ausnahmetalentes geschrieben.

In vielen Details, mit klugen Gedanken arbeitet er heraus, wie sehr John Williams’ Leben dem seines Romanhelden „Stoner“ glich.

Aus einfachen Verhältnissen stammend arbeitete Williams sich in zahlreichen Nebenjobs hoch, so dass er schon in jungen Jahren einen kleinen Verlag leitete. Bis dahin arbeitete er als Regisseur kleinerer Theater, war Radiomoderator, kämpfte in Zweiten Weltkrieg in der amerikanischen Luftwaffe, war schon mit 24 Jahren zum zweiten Mal verheiratete und so fort. Er lebte in verschiedenen mittelwestlichen Staaten der USA und kam viel herum. Doch dann begann er ein Literaturstudium, und er begann zu schreiben.
In der vorliegenden Biographie beschwört Shields die literarischen und verlegerischen Größen der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts im Westen und Süden Amerikas herauf. John Williams geriet unweigerlich in diese Kreise und nahm bald einen festen Platz unter ihnen ein.

Die Vielzahl der Namen von Professoren, Schriftstellern, Verlegern u.a. sind für den Leser nicht immer leicht zu behalten. Charles Shields’ Arbeit ist detailreich, genau und gleicht fast einer literarisch wissenschaftlichen Arbeit. Unter den äußeren Daten spürt man sehr genau, wo „Stoner“ biographische Züge seines Erfinders trägt. Wie „Stoner“ kam Williams aus einfachen Verhältnissen. Ein gemeinsames Merkmal scheint auch die Einsamkeit zu sein, unter der beide litten, auch wenn John Williams äußerlich einen großen Bekannten- und Berufskreis hatte. Wie sein Protagonist ist Williams besessen von seiner schriftstellerischen Arbeit und hat wenig Zeit für sein Privatleben. Kein Wunder, dass er vier Ehen hinter sich hat!

Shields versäumt nicht, auf die landschaftlichen Schönheiten der Aufenthalte von John und seiner vierten Frau hinzuweisen. Denver, Key West, Missouri, Boston und wie die Orte alle heißen, an denen John Williams lebte und arbeitete. Sie werden äußerst malerisch beschrieben. Wildes, schönes Amerika!

In dem ausführlichen Lebenslauf von Williams gab es Höhen und Tiefen, es gab viel Alkohol, es gab Stimmungsschwankungen, aber es gab auch eine Vielzahl von Begegnungen mit anerkannten Größen des Literaturbetriebs, Freundschaften, Feindschaften, Rivalitäten und nicht zuletzt zahlreiche anerkannte Preise.

Während der Roman „Stoner“ in Amerika in Vergessenheit geriet, entdeckte ihn die französische Schriftstellerin Anna Gavalda 2007 für Europa neu. Der Roman begann mit der Übersetzung in fast alle Sprachen von Belang seinen Siegeszug um die Welt.

Am Ende scheint es, dass Williams gar nicht so unbekannt war, wie es der Klappentext vermuten lässt.
Er war Dozent, Professor, Literaturwissenschaftler und Schriftsteller aus Passion. Man liest das Buch voller Staunen über die Vielzahl an Ereignissen, die den Weg dieses Ausnahmeautors bestimmten.

Für Freunde der amerikanischen Literaturwissenschaft ist das Buch eine reiche Quelle, aus der man über die diversen Strömungen und Entwicklungen im Literaturbetrieb der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts etwas erfahren kann.

Meine Achtung gilt dem Autor Charles J. Shields für dieses umfassende Werk!

Charles J. Shields
Der Mann, der den perfekten Roman schrieb
384 Seiten, gebunden
dtv Verlagsgesellschaft, Oktober 2019
ISBN-10: 342328191X
ISBN-13: 978-3423281911
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Bodo Schäfer: Ein Hund namens Money – Spielerisch zu Erfolg und Wohlstand

Bodo Schäfer: Ein Hund namens Money – Spielerisch zu Erfolg und Wohlstand

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Die elfjährige Kira hat viele Wünsche! Doch ihr Taschengeld reicht dafür nicht aus. Auch ihre Eltern haben finanzielle Probleme. Der Grund dafür ist mangelndes Finanzwissen. Als Money in die Familie kommt, ändert sich das. Der Labrador weiß, wie man zu Geld kommen kann. Kira staunt nicht schlecht, als sie merkt, dass der Hund mit ihr sprechen kann. Er bringt sie auf eine geniale Idee. Und er erzählt von einem Jungen, der mit 17 Jahren schon reich war. Das erinnert Kira an ihren Cousin Marcel, der ebenfalls schon Geld verdient. Mit seinen Anregungen gelingt es ihr, sich eine Freizeitbeschäftigung zu suchen, mit der sie ihr Taschengeld aufstocken kann. Bald gibt es tatsächlich einen zweiten Hund, um den sie sich kümmert. Da kommt im Monat einiges an Geld zusammen. Und das ist erst der Anfang.

Die Geschichte geht etwas an der Realität vorbei. Kira legt eine krasse Erfolgsstory hin, auch weil sie die richtigen Leute kennenlernt und ein hohes Startkapital geschenkt bekommt. Bald jongliert sie mit schwindelerregenden Summen.
Auf dem aktuellsten Stand ist diese Neuauflage leider auch nicht, beispielsweise was die Zinsen für Tagesgeld angeht.

Diese Kritikpunkte spielen aber eigentlich keine große Rolle. Ich sehe das Buch dennoch positiv. Kinder werden mit der Geschichte zum Nachdenken gebracht und zum Sparen angeregt. Ob das nun in großem oder kleinen Rahmen gelingt, ist nicht der Punkt. Es wird Selbstbewusstsein in die eigenen Fähigkeiten aufgebaut und Finanzwissen vermittelt. Das ist wichtig für die finanzielle Zukunft und ein selbstbestimmtes Leben. Kinder werden motiviert, sich aktiv mit Geld auseinanderzusetzen, sich Ziele zu setzen und Strategien zum Sparen zu entwickeln.

Das Buch ist auch für Erwachsene empfehlenswert, die sich bisher nicht an das Thema Geldanlagen herangewagt haben. Es ist einfach geschrieben und leicht verständlich. So gibt es erste Informationen dazu, wie Geld relativ risikoarm gewinnbringend angelegt werden kann. Hier geht es insbesondere um Aktienfonds, da Sparbücher kaum noch Zinsen bringen. Das Thema muss natürlich weiter vertieft werden.

Rezension von Heike Rau

Bodo Schäfer
Ein Hund namens Money – Spielerisch zu Erfolg und Wohlstand
224 Seiten, broschiert
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3423349654
ISBN-13: 978-3423349659
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Harriet de Winton: Blüten, Blätter, Pflanzen malen mit Watercolor – Schritt für Schritt zum floralen Aquarell

Harriet de Winton: Blüten, Blätter, Pflanzen malen mit Watercolor – Schritt für Schritt zum floralen Aquarell

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Die Zeichnungen im Buch sehen bezaubernd aus! Sie sind originalgetreu und sehr detailreich. Doch bevor man so malen kann wie die Künstlerin Harriet de Winton, muss man die Grundlagen lernen! Das Buch ist für Anfänger geeignet, aber auch routinierte Hobbymaler können damit arbeiten und ihre Fähigkeiten erweitern, was den floralen Watercolor-Stil betrifft.

Die Autorin beschreibt zunächst, welche Arbeitsmaterialien verwendet werden, darunter Farben, Pinsel und Papier. Nachfolgend werden die Grundlagen der Aquarellmalerei erklärt. Dazu gehören die verschiedenen Maltechniken. Aufgezeigt wird, welche Farben für die Projekte verwendet werden. Wer Blumen und Blätter detailgetreu malen möchte, muss sich natürlich auch mit dem Aufbau der Pflanzen beschäftigen. Auch hierzu gibt es hilfreiche Erläuterungen.

Und nun darf zum Pinsel gegriffen werden! Die Autorin zeigt die Basis-Pinselstriche für Blüten und Blattgrün. Dies müssen ausprobiert und eingeübt werden. Das nimmt Zeit in Anspruch, macht aber auch sehr viel Spaß!

Die erste Blume, die gezeichnet wird, ist eine Tulpe. Es wird genau beschrieben, welche Farben benötigt werden und welche anzumischen sind. Schritt für Schritt wird dann erklärt, wie die Tulpe gezeichnet wird und welche Variationen möglich sind. Hier greift man auf die erlernten Grundlagen zurück. Auch eine Miniaturversion, die etwa für Kränze, Arrangements und Rahmen verwendet werden kann, wird gezeigt.

Insgesamt gibt es 30 Schritt-für-Schritt-Anleitungen mit verschiedenen Blumen- und Blattmotiven. Neben Anemone, Hortensie und Traubenhyazinthe begeistern verschiedene Farne und Palmenblätter.

Die Anleitungen sind ausführlich gehalten und lassen sich sehr gut nachvollziehen. Man wird also von der Künstlerin sehr schön an die Aquarellmalerei herangeführt. Wer ein bisschen Talent mitbringt und dran bleibt, wird hier sicher bald Erfolge erzielen. Die Aquarellmalerei ist ein sehr schönes und kreatives Hobby!

Rezension von Heike Rau

Harriet de Winton
Blüten, Blätter, Pflanzen malen mit Watercolor-Schritt für Schritt zum floralen Aquarell
128 Seiten, Klappenbroschur
Dorling Kindersley Verlag
ISBN-10: 3831038597
ISBN-13: 978-3831038596
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Claudia Siegmann: Märchenfluch Band 1 – Das letzte Dornröschen

Claudia Siegmann: Märchenfluch Band 1 – Das letzte Dornröschen

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Mit einem mysteriösen Brief wird die 16-jährige Flora Anthea Allenstein zur ASGA Agentur, die ihren Sitz in einer Odilienmühle hat, bestellt. Ihre Pflichtjahre soll sie dort absolvieren. Das muss ein Irrtum sein! Aus Neugier beschließt sie, sich dort umzuschauen. Sie trifft auf Edgar Kramer, der die Agentur leitet. Er gibt ihr sehr deutlich zu verstehen, dass sie als Nachfahrin von Dornröschen nicht um diese Pflichtjahre herumkommt.

Doch mit dieser Information kann die 16-Jährige nichts anfangen. Märchenfiguren gehören für sie in Märchen und nicht in die wirkliche Welt. Als sie Schneewittchen Neva und Rapunzel Val kennenlernt, muss sie jedoch anerkennen, dass es etwas gibt, das ihr bisher verbogen geblieben ist. Beide müssen ebenfalls ihre Pflichtjahre absolvieren und magische Gegenständen auffinden, die bei normalen Menschen zu Vergiftungen bis hin zum Tod führen können. Schon der erste Auftrag, bei der Flora mit Neva zusammenarbeiten soll, hat es in sich!

Flora ist kein Mädchen, das immer glaubt, was man ihr sagt. Doch mit ihrem Durchsetzungsvermögen kommt sie gegen die Agentur und Edgar Kramer nicht an. So gerät sie in eine andere Realität und muss sich dort beweisen. Das ist sehr spannend und unterhaltsam, zumal die Autorin in einem lockern und teils auch humorvollen Erzählstil schreibt.

Die Nachfahren der bekannten Märchenfiguren sind in diesem Buch moderner, als man es aus den bekannten Märchen kennt, wobei natürlich schon bestimmte Ähnlichkeiten im Charakter und im Aussehen nicht zu übersehen sind. Wie so manche Figur aus der Märchenwelt haben auch die Fabulae magische Fähigkeiten! So kommt es zu mysteriösen und manchmal ein wenig gruseligen Szenen. Flora verfügt ebenfalls über eine Fähigkeit, die allerdings eher Rätsel aufgibt.

Es bleibt abzuwarten, wie die Figuren sich weiterentwickeln. Hier wird also sicher noch einiges geschehen. Das Ende des ersten Bandes der Märchenfluch-Trilogie verspricht jedenfalls eine spannende Fortsetzung.

Rezension von Heike Rau

Claudia Siegmann
Märchenfluch Band 1- Das letzte Dornröschen
416 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3473401838
ISBN-13: 978-3473401833
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Dror Mishani: Drei

Dror Mishani: Drei

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Dieser Krimi führt über verschiedene Stränge zum Ziel der Aufklärung.
Der Handlungsort ist Tel Aviv in Israel.

Wir sehen Orna, eine junge Frau, die frisch geschieden ist und mit ihrem Sohn Eran in enger Verbundenheit lebt.
Weiter gibt es Emilia, eine osteuropäische Altenpflegerin. Sie ist einsam, verloren und ein wenig ratlos, weil es mit den Arbeitsstellen nicht so richtig klappt.
Auf unterschiedlichen Wegen geraten die Frauen an Gil, einen Rechtsanwalt. Er macht der ersten seiner Bekanntschaften vor, er sei geschieden. Der Zweiten versucht er aus einer Patsche zu helfen. Und was ist mit der Dritten? Man wird sehen.

Es gibt Dates, Gespräche und Annäherungen. Die Frauen bleiben leicht distanziert und wissen nicht so recht, was sie von Gil halten sollen. Sie lassen sich aber immer wieder auf Treffen mit ihm ein, so auch auf kurze Reisen.

Das Leben der weiblichen Protagonisten wird mit allen den Unbilden, die das Leben für sie bereithält, aufgeblättert.

Als sich Ornas Exmann mit neuer Frau und zusammen vier Kindern bei ihr zu Besuch anmeldet, bekommt sie schreckliche Angst, dass er ihr Eran wegnehmen könnte.

Sie versucht tapfer, auch diese schwierige Situation zu meistern.

Gil ist im Hintergrund und versucht mit allerlei Tricks, die Frauen hinzuhalten, um sie dann wieder umso heftiger an sich zu ziehen.

Oran und Emilia werden eines Tages tot aufsgefunden. Suizid oder Mord? Das ist hier die Frage!

Der Roman ist so aufgebaut, das man hin und hergerissen wird zwischen dem Mitleid für das traurige Leben der Protagonistinnen und Sorgen, was dieser undurchsichtige Mann im Schilde führen könnte. Man ahnt Schlimmes und kann sich nicht von der Lektüre lösen.

Nun aber kommt eine dritte Frau ins Spiel. Sie ist Polizistin, ambitioniert und spielt eine besondere Rolle in diesem Drama.

Der Roman ist schmissig geschrieben, ereignisreich und mit ausgeprägten Charakterisierungen der handelnden Personen. Schnelle Schnitte von einem Ereignis zum nächsten erhöhen die Spannung. Die Geschichte ist perfide, psychologisch hintergründig und könnte durchaus dem wahren Leben abgeschaut sein. Die „Drei“ Frauen fügen sich gut zusammen zu einem Ganzen.

Ein Krimi, der Lust auf mehr in dieser Art macht.

Dror Mishani lebt in Israel. Mit diesem Roman gelang ihm der internationale Durchbruch.

Dror Mishani
Drei
336 Seiten, gebunden
Diogenes, August 2019
ISBN-10: 3257070845
ISBN-13: 978-3257070842
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David Wagner: Der vergessliche Riese

David Wagner: Der vergessliche Riese

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Demenz ist weithin bekannt, doch wie viele verschiedene Formen es gibt, das wissen die meisten nicht.

Alzheimer und die vaskuläre Demenz sind unter den Demenzerkrankten die am häufigsten vertretene Form der Krankheit. Sie nehmen den breitesten Raum in der öffentlichen Wahrnehmung ein.

David Wagner beschreibt mit äußerst sensiblen und einfühlsamen Worten, wie sich sein Vater verändert und welche Folgen das für alle Beteiligten hat.
Die Krankheit beginnt schleichend. Zuerst sind es nur Kleinigkeiten, die vergessen werden.

Nach und nach mehren sich die Verdrehungen und Ungenauigkeiten, mit denen sich die Krankheit manifestiert. Nachfragen und Wiederholungen seitens des Kranken, oft fragend, lassen sichtbar werden, dass der Vater, von dem hier die Rede ist, nicht mehr so klar in seinem Denken ist. Er vergisst Orte und Zeiten, kann sich im Gespräch nicht mehr an Vergangenes erinnern, und seine Orientierungslosigkeit wird immer deutlicher. Lange Zeit aber lassen sich Vergesslichkeiten durch Scherze oder Vertuschungen, auch eine besondere Form der Höflichkeit und Aufmerksamkeit in den Umgangsformen, immer wieder kompensieren. Niemand Außenstehender, selbst nahe Angehörige, die seltener mit dem Angehörigen zusammentreffen, können glauben, dass der Vater dement ist.

David Wagner wählt die besondere Form des Dialogs, um auf das Verschwimmen der Gedanken aufmerksam zu machen. Der Leser wird Teil des Prozesses, in dem der Geist seinen Bezug zur Realität verliert. Die Gespräche verlaufen liebevoll, fast zärtlich und zeugen von anhaltender Teilnahme. Der Autor nimmt alles ernst, was der Vater sagt. Da wird nichts beschönigt oder gar verbessert. Liebevoll versucht er, dem Vater bei seinen Erinnerungslücken auf die Spur zu helfen.
Und liebevoll ist auch die Schilderung, wie der Vater selber seine Vergesslichkeit wahrnimmt.

Wer selber so etwas erlebt hat, wird alles genau so wiederfinden, wie er selbst den Prozess des Hirnabbaus miterleben konnte.
Unaufhaltsam naht der Tag der Heimunterbringung. Man kann zahlreihe Pflegefälle im eigenen Heim bewältigen. Bei Demenz im in fortgeschrittener Ausprägung lässt sich das nicht realisieren. Zu pflegeintensiv und zeitaufwendig sind die Forderungen des Alltags, denn Unruhezustände, Angst und unvorhergesehene Handlungen machen eine Fürsorge rund um die Uhr erforderlich.
Für Angehörige ist die Heimunterbringung ein schwerer Schritt. Möchte man den Wechsel von der vertrauten Umgebung in eine fremde, beängstigende Welt einem Dementen doch auf jeden Fall ersparen.

Es ist David Wagner gelungen, seinem Vater mit diesem Dokument der Erinnerung ein würdiges und von Anerkennung durchzogenes Denkmal zu setzen. Der Vater bleibt der Riese, der er für seine Kinder ja war, er ist nun nur vergesslich!

Ein rundum lesenswertes Buch, das zudem die ganze Zeit einen tröstlichen Unterton behält.

David Wagner
Der vergessliche Riese
272 Seiten, gebunden
Rowohlt Buchverlag, 2. Auflage, August 2019
ISBN-10: 3498073850
ISBN-13: 978-3498073855
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Dr. Annette Kerckhoff: Die Küchen-Apotheke – Mit zwölf Lebensmitteln die häufigsten Beschwerden selbst behandeln

Dr. Annette Kerckhoff: Die Küchen-Apotheke – Mit zwölf Lebensmitteln die häufigsten Beschwerden selbst behandeln

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Heilwissen kann helfen, Beschwerden zu lindern. Nicht immer ist jedoch der Gang zur Apotheke möglich und manchmal hat auch die eigene Hausapotheke nichts Passendes zu bieten. Was man so im Internet liest, ist mit Skepsis zu betrachten. Aber auch Lebensmittel können, entsprechend angewendet, Heilmittel sein. Das hat seine Grenzen, das ist klar! Deshalb hat Dr. Annette Kerckhoff genauer hingeschaut. Sie zeigt im Buch, welche Lebensmittel, in welcher Form auf natürliche Weise tatsächlich Linderung bringen können. Zu diesen Lebensmitteln gehören beispielsweise Apfel, Ingwer, Knoblauch, Honig, Essig, Zitrone, Reis und Salz. Das kann man meist in jeder Küche finden.

Die insgesamt 12 Lebensmittel werden zunächst genau beschrieben. Schauen wir uns den Apfel einmal genauer an! Die Autorin beschreibt, welche Nährstoffe er enthält. Wir erfahren, das insbesondere das enthaltene Pektin eine heilsame Wirkung hat. Es kann Wasser und andere Substanzen, wie Abbauprodukte und Gifte, im Darm binden. Damit der Körper das Pektin nutzen kann, muss der Apfel auf besondere Weise zubereitet werden. Wissen muss man, dass man das Obst nicht anwenden darf, wenn eine Allergie oder eine bestimmte Kreuzallergie besteht. Verwendet wird der Apfel, so kann man es im Rezept-Teil erfahren, bei Magen-Darm-Infekten und Durchfall. Nachlesen kann man hier auch, wann dennoch unbedingt ein Arztbesuch nötig ist. Später dann, in der Rekonvaleszenz und wenn das Essen wieder besser verträglich ist, kann Apfelreis mit Joghurt gereicht werden.

Viele Rezepte sind bekannt. Aber man kennt das: braucht man eins, ist es nicht zur Hand. Das Buch dient nicht nur dazu, Wissen zu erweitern, es ist zudem ein gutes Nachschlagewerk mit über 100 Heil-Rezepten zu Wickeln, Auflagen, heilsamen Getränken, magenschonenden Speisen und mehr. Und nicht zu vergessen, sich oder anderen Gutes zu tun und sich zu kümmern, hat auch eine gewisse Heilwirkung!

Rezension von Heike Rau

Dr. Annette Kerckhoff
Die Küchen-Apotheke – Mit zwölf Lebensmitteln die häufigsten Beschwerden selbst behandeln
176 Seiten, Klappenbroschur
Knaur MensSana
ISBN-10: 342665847X
ISBN-13: 978-3426658475
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Paulus Hochgatterer: Fliege fort, fliege fort

Paulus Hochgatterer: Fliege fort, fliege fort

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Furth am See ist ein idyllisches Städtchen. Das schützt den Ort jedoch nicht vor merkwürdigen Vorkommnissen. Ein alter Mann, der in Krankenhaus eingeliefert wird, hat seltsame Verletzungen, deren wahre Ursache er nicht preisgeben möchte. Eine Nonne, ebenfalls in die Jahre gekommen, kann gerade so vor dem Erstickungstod gerettet werden. Obwohl es offensichtlich ist, dass ihr jemand Gewalt angetan hat, wiegelt sie ab. Das Haus eines Politikers wird mit einem Graffito beschmiert. Die Botschaft ist noch zu ergründen. Und dann verschwindet die kleine Elvira spurlos, aber es gibt keinen Erpresserbrief.

Der langsam ins Alter kommende Kommissar Ludwig Kovacs ist mit den Fällen betraut. Doch die Ermittlungsarbeit ist kompliziert. Es gibt keine Hinweise oder Spuren im Entführungsfall. Und es ist äußerst mühsam aus den Befragungen der Opfer, die keine sein wollen, Relevantes herauszufiltern. Ohnehin macht ihm seine Gesundheit zu schaffen, auch wenn er das nicht wahrhaben will und vor den anderen zu verbergen versucht. Nur dem Leser wird offenbart, wie es um ihn steht.

Psychiater Raffael Horn ist geschickt darin, Nuancen in Patientengesprächen zu erkennen. Er erlebt die Patienten, auch wenn das nicht im häuslichen Umfeld geschieht, in einer gewissen Alltagssituation in einem größeren zeitlichen Rahmen. Er ist ein guter Beobachter, der auf die Hilfe seines Teams zählen kann. Seine Gedanken kann Horn allerdings nicht immer für sich behalten. So sprudelt unbemerkt aus ihm heraus, was er eigentlich nicht sagen will. Manchmal ist das witzig und manchmal nicht. Es sind diese kleinen Details, die das Buch, obwohl die Fälle anfangs unzusammenhängend erscheinen, unterhaltsam macht.

Es ist nicht ganz leicht, den Überblick über die Geschehnisse zu behalten. Der Autor springt zwischen den Handlungsepisoden hin und her. Es ist also ein hohes Maß an Konzentration beim Lesen erforderlich. Ich habe mich an den beiden Ermittlern Kovacs und Horn orientiert. Und so nimmt eine Geschichte ihren Lauf, die sich aus Geschehnissen, die in der Vergangenheit liegen, entwickelt. Was damals passiert ist, hätte verhindert oder zumindest aufgehalten werden müssen. So viel wird schnell klar!

Werden jetzt offene Rechnungen beglichen? Geht es um späte Rache? Oder geht es um Gerechtigkeit und darum, etwas im Bewusstsein der Menschen wieder aufleben zu lassen? Ein Wort gibt den entscheidenden Hinweis. Man beginnt das Unglaubliche zu begreifen. Das Puzzle fügt sich zusammen. Und den Rest muss man sich denken!

Rezension von Heike Rau

Paulus Hochgatterer
Fliege fort, fliege fort
304 Seiten, gebunden
Deuticke Verlag
ISBN-10:3552064036
ISBN-13:978-3552064034
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