Julia Jessen: Alles wird hell

Julia Jessen: Alles wird hell

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Oda hat eine große Familie, die sie von Kindheit an trägt. Mit allen Höhen und Tiefen. Sie nimmt, was das Leben für sie bereit hält, ohne nach Konsequenzen zu fragen. Vor allem, als sie jung ist. Sie entscheidet unkonventionell und auch mal jenseits von Moralvorstellungen. Es ist so schwer, anerkannt zu werden und Liebe zu finden. Aber es geht nicht immer nur nach ihren Vorstellungen. Die Menschen in ihrem Umfeld sind, wie sie sind. Ihre Denkweisen und Handlungen nachzuvollziehen, ist nicht einfach. Ein gewisser Abstand muss also immer gewahrt werden. Oftmals wird Nähe aber auch gar nicht erst zugelassen. Diese Oberflächlichkeit ist für Oda nicht leicht zu ertragen.
Mit ihrem Partner ist sie glücklich. Mit ihm und dem kleinen Sohn lebt sie in einem schönen Haus. Auch beruflich läuft alles bestens. Es ist also alles gut, bis sie sich ein zweites Kind wünscht, das ihr Mann nicht haben will. Für Oda steht eine Entscheidung an. Sie könnte Ulf heiraten oder ihn verlassen oder beides tun.

Julia Jessen beschreibt in ihrem Buch ein ganzes Leben. Als Leser begleitet man Oda auf diesem Weg und nimmt Anteil. Denn nicht immer ist das Glück auf ihrer Seite. Nicht immer kann sie ihre Vorstellungen vom Leben verwirklichen und dennoch muss es immer weitergehen. Mit viel Gefühl und auf eine tiefgehende Art und Weise entwickelt die Autorin diese Geschichte, die immer wieder auch sehr traurige Züge annimmt. Das ist sehr ergreifen und lässt natürlich auch über das eigene Leben nachdenken und den Umgang mit den Belastungen, die es so mit sich bringt, die unausweichlich sind, was immer man auch tut. Oda zumindest nimmt die Dinge mit dem Älterwerden und der wachsenden Lebenserfahrung nicht mehr ganz ernst, findet zu mehr Gelassenheit, und das tut ihr gut.
Es steckt viel in diesem Buch. Schließlich umfasst es die Spanne eines ganzen Lebens.

Rezension von Heike Rau

Julia Jessen
Alles wird hell
304 Seiten, gebunden
Verlag Antje Kunstmann
ISBN-10: 3956140249
ISBN-13: 978-3956140242
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Édouard Louis: Das Ende von Eddy

Édouard Louis: Das Ende von Eddy

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Geboren im Elend und auferstanden…

Mit ungeheurer Sprachgewalt zieht uns dieser Roman von Édouard Louis in seinen Bann. Hier spricht einer aus Erfahrung vom Abgrund des Daseins.

Hoch im Norden Frankreichs befindet sich ein Dorf in der Picardie, in dem die Handlung angesiedelt ist. Die Männer arbeiten in der Fabrik, und die Frauen haben sich um die zahlreichen Kinder zu kümmern und müssen das Überleben der Familie sichern. Ein „Fehler“ in ihrer Entscheidung kann das ganze Budget über Bord werfen. Die Mutter erkannte nicht, … “das, was sie ihren Fehler nannte, ganz im Gegenteil durch ein Regelwerk vollkommen absehbarer Mechanismen bedingt war, geradezu ausweglos von vornherein festgelegt.“ (S.64)

Als kleiner, schmächtiger Junge wird Eddy schon von seinem Vater als Enttäuschung erlebt. Er ist kein „ganzer Kerl“ im Sinne der Gemeinschaft. Da muss man stark und durchsetzungsfähig sein. Von Jungen in seiner Schule wird er gehänselt und malträtiert. Seine feminine Seite fordert zu Quälereien heraus, die unmenschlich erscheinen. Sein Schwulsein macht ihm schwer zu schaffen, und der von ihm beschriebene Kampf gegen das Anderssein ist erschütternd. Grausamkeit ist Bestandteil in einer Gesellschaft, die beständig am Abgrund lebt. Hier herrschen raue Sitten in den Familien und in der Dorfgemeinschaft.

Kälte, Hunger, Alkohol und dürftigste Lebensbedingungen haben zu einer Verrohung der Umgangsformen beigetragen. Wut, Angst, Hass und Gewalttätigkeit prägen das Leben. Da ist der kleine, zarte Eddy Opfer nicht nur seiner Mitschüler, sondern gleich der ganzen Dorfgemeinschaft. Als Schwuchtel und Tussi wird er, der so gerne in Mädchenkleidern lebt und mit Puppen spielt, verhöhnt. Das ist ein schreckliches Leben. Archaische, patriarchale und gewalttätige Machtstrukturen machen das Leben und Überleben schwer.

Die Dürftigkeit der Behausungen und die Armut erinnern an die Romane von Émile Zola, der die Not der Fabrikarbeiter als Folge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert in seinen Romanen heraufbeschworen hat.

Die Sprache ist rüde und ungepflegt. Eddy durchläuft alle Schikanen der Erniedrigung, bis er sich aus diesem Sumpf zu befreien lernt.

Dieser Roman ist von außerordentlicher Brisanz. Zeigt er doch das Elend der Menschen in den „Banlieue“, den Randgebieten um Frankreichs Großstädte herum und in den großen Industriezentren.

Die differenzierte Betrachtungsfähigkeit von Édouard Louis ist beachtlich und zieht einen absolut in Bann. Das Bild auf dem Klappentext zeigt einen empfindsamen und wachen jungen Mann. Er studiert inzwischen Soziologie in Paris. Sein altes „Ich“ hat er hinter sich gelassen. Sehr lesenswert!

Édouard Louis
Das Ende von Eddy
208 Seiten, gebunden
FISCHER, Februar 2015
ISBN-10: 3100022777
ISBN-13: 978-3100022776
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Minette Walters: Der Nachbar

Minette Walters: Der Nachbar

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Sicherlich, es war nur eine Frage der Zeit, bis ich einen Roman von Minette Wolters in den Händen halte. Bei meiner Englandaffinität muss schließlich ein solcher Roman von mir gelesen werden. Die britische Schriftstellerin ist dafür bekannt, dass ihre Krimis und Thriller einen starken britischen Charakter aufweisen. Ihr Roman „Der Nachbar“ erschien 2001 und verbindet auf hervorragende Weise die Kriminalermittlung um ein vermisstes Mädchen mit einem gänzlich anderen Thema.

Darum geht es in dem Roman: In der Sozialsiedlung Bassindale bei Southampton schlägt bei der Bevölkerung die Aufregung in Chaos um. Ein zehnjähriges Mädchen ist verschwunden. Die Leute sind besorgt. Da sickert dank einer Sozialarbeiterin durch, dass in der Siedlung ein Sexualstraftäter unter einer neuen Identität einquartiert worden war. Die Erregung der Leute um das Verschwinden des kleinen Mädchens schlägt um in Hass. In Demonstrationen wollen sie ihrer Wut freien Lauf lassen. Doch unter die Demonstranten mischen sich auch randalierende Jugendliche. Unter Alkohol- und Drogeneinfluss basteln sich die Jugendlichen Benzinbomben und wollen diese gegen den Kinderschänder, den sie für den Entführer des kleinen Mädchens halten, einsetzen. Das kleine Viertel verwandelt sich in einen Hexenkessel. Es gibt Tote und zahllose Verletzte. Während ein großes Polizeiaufgebot unter Zuhilfenahme eines Polizeihubschraubers versucht wird, der Lage in dem Viertel Herr zu werden, forciert eine kleine Einsatzgruppe der Polizei die Ermittlungen im Falle der verschwundenen Amy.

Die Autorin hat den Roman in zwei Parallelhandlungen aufgeteilt. Da ist zum einen der Strang um die Ausschreitungen in dem Sozialviertel und zum anderen die Jagd und Suche nach dem Mädchen und ihrem Entführer. Gespickt wird die Handlung immer wieder mit Protokollen von der Polizei, die dem Ganzen den Hauch einer Liveberichterstattung geben. Vom Polizeihubschrauber aus wird die ganze Szenerie beobachtet und immer wieder ein Überblick über die Randalierer gegeben. Als die Randalierer das Oberwasser gewinnen, geraten selbst die Initiatoren der Demonstrationen in das Fadenkreuz dieser Rowdys. Der erste Tote allerdings ist selbst einer von den Randalierern, der durch seine eigene Benzinbombe in Brand gerät. Die hilfsbereite Ärztin gerät in die Fänge des Sexualstraftäters und seines Vaters. Dieser ist polnischer Abstammung und geht wahrlich nicht zimperlich mit der Ärztin um. Auch das gesamte Chaos im Viertel ist bildhaft beschrieben und versetzt den Leser in eine chaotische Ausnahmesituation. Chronologisch parallel erfährt der Leser von der Suche nach den zehnjährigen Mädchen. Dabei kommt es immer wieder sporadisch zu Kontakten mit den Leuten im Ausnahmezustand. Informationen werden hin und her gegeben. Aber zu einem wirklichen Zusammenführung beider Stränge wird es nicht kommen. Beide Stränge sind aufregend und spannend. In beiden Handlungsverläufen werden die Ursache für das Verschwinden des Mädchens aufgezeigt.

Die Aufmachung des Taschenbuches ist ansprechend. Neben den Protokollen der Polizei ist gleich zu Beginn eine Karte des Stadtteils mit den Straßen abgebildet, auf die der Leser immer wieder zurückgreifen kann, wenn die Straßennamen in der Handlung beschrieben werden. Das Flair der englischen Stadt und der englischen Landschaften kommt ausreichend rüber. Darauf liegt sicherlich nicht das Hauptaugenmerk der Schriftstellerin, aber wer die Großstädte in England kennt, kann eine gute Vorstellung von dem Sozialviertel bekommen. Die südenglische Stadt Southampton macht darin keinen Unterschied.

Der Roman ist extrem lesenswert und bietet eine gute Unterhaltung.

Walters, Minette
Der Nachbar
Aus dem Englischen von Mechtild Sandberg-Ciletti
Goldmann, München
ISBN 9783442457151
© Detlef Knut, Düsseldorf 2015
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Wie ich aus Versehen eine Bank ausraubte (Buchvorstellung)

Wie ich aus Versehen eine Bank ausraubte (Buchvorstellung)

Im Rahmen des FeuerWerke Verlags erscheinen ausgewählte Romane aus Leselupe-Kreisen als Taschenbuch und eBook. Den dritten Roman möchten wir Ihnen hier vorstellen:

Nach den Bestsellern „Vincent will Meer“ und „Ein Tick anders“ folgt mit „Wie ich aus Versehen eine Bank ausraubte“ nun ein dritter großer Roman, der sich auf liebevolle und unterhaltsame Weise der Thematik Tourette widmet. Unterstützt wird das Buch vom „InteressenVerband Tic und Tourette Syndrom e.V.“, dem 10% der Bucheinnahmen zu Gute kommen.

Jan ist verliebt in Laura. Ein Teufelsweib! Sie macht die lustigsten Grimassen, schreit die tollsten Ausdrücke und mit ihr kann man einfach Pferde stehlen gehen. Und Geld. Denn mit der jungen Frau raubt Jan „unfreiwillig“ eine Bank aus. Unfreiwillig, weil Laura unter dem Tourette-Syndrom* leidet und manchmal Worte ausstößt, die sie weder so meint noch kontrollieren kann. Doch der manchmal leicht begriffsstutzige Jan liebt sie gerade dafür.

Das ungleiche Paar macht sich mit der Beute auf eine verrückte Reise durch halb Europa. Dabei lernen sie nicht nur Paris, London, Brüssel und Mallorca kennen, sie beginnen auch zu verstehen, was es heißt, zu vertrauen. Und was es heißt, wenn gegenseitiges Vertrauen missbraucht wird. Doch am Ende wird (fast) alles gut und für Jan und Laura geht es um die große Frage nach der Liebe…

Ein unterhaltsamer, Mut machender, humorvoller und sensibler Entwicklungs- und Reiseroman über zwei unendlich liebevolle Protagonisten, die gemeinsam ihre eigene Welt entdecken und im Leser so Verständnis, Mitgefühl und Nächstenliebe wecken. Seit dem 19.02.2015 als Taschenbuch und eBook im deutschen Buchhandel erhältlich. Mit 10% ihrer Einnahmen unterstützen der Verlag und Autor den „InteressenVerband Tic und Tourette Syndrom e.V.“.

Titel: “Wie ich aus Versehen eine Bank ausraubte”
Autor: Simon Bartsch
Genre: Roman/Humor/Reise
Verlag: FeuerWerke Verlag
Jahr: 2015
ISBN eBook: 978-3-945362-05-1
ISBN Taschenbuch: 978-3-945362-06-8
Leseprobe: PDF
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Richard Stark: The Hunter

Richard Stark: The Hunter

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Seine eigene Frau sollte auf ihn schießen und ihn töten. Es sieht auch danach aus, als hätte sie ihn erwischt. Niemand weiß, dass er wieder auf die Beine gekommen ist. Ein Unglück kommt selten allein und so greift den scheinbar verwahrlosten Mann die Polizei auf und setzt ihn fest wegen Landstreicherei. Dass er ein Verbrecher und Mörder ist, weiß hier keiner. Und auch nicht, dass er bereits Rachepläne ausbrütet. Im Plänemachen ist Parker unschlagbar. Ihm gelingt jeder Coup. Das letzte Mal ist er allerdings betrogen worden. Der Name des Mannes, der auf seiner Abschussliste steht, ist Mal Resnick.
Parkers Frau Lynn wird wissen, wo er ist und auch sie hat eine Rechnung an Parker zu bezahlen. Parker geht wie gewohnt akribisch vor. Er hat alle Zeit der Welt. Und wer sich ihm in den Weg stellt, wird kalt gemacht. Auf eine Leiche mehr oder weniger kommt es nicht an. Dass er sich dabei gegen ein ganzes Kartell stellt, macht die Sache nur noch spannender.

Diesmal geht es ausschließlich um Rache. Schließlich kann Parker es nicht hinnehmen, dass er auf so üble Weise gelinkt worden ist, und auch noch seinen Anteil aus dem letzten Coup verloren hat. Seine Pläne und seine Vorgehensweise beschreibt der Autor sehr genau. Da sitzt jeder Gedanke, jedes Wort und jeder Handgriff. Parker zeigt sich skrupelloser als man es aus den anderen Büchern gewohnt ist. Er kennt kein Pardon. Als wäre er unsterblich. Diese Verbissenheit wird schonungslos dargestellt. Da bleibt einem als Leser der Atem weg. Aber es ist natürlich auch sehr spannend. Denn Parker handelt planvoll und intelligent. Er ist ein Gauner, ein Mörder, aber auch ein Genie. Und jeder der hier zu Tode kommt, hat selbst genug auf dem Kerbholz und hat es nicht anders verdient, so seine Rechtfertigung. Das Buch liest sich gut! Man wird als Leser förmlich durch die Seiten gejagt. Aber wie diese Jagd ausgehenen wird, vermag man nicht zu sagen, auch wenn man es ahnen kann.

Rezension von Heike Rau

Richard Stark
The Hunter
Aus dem Englischen von Nikolaus Stingl
192 Seiten, gebunden
Paul Zsolnay Verlag
ISBN-10: 3552057153
ISBN-13: 978-3552057159
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Matthew Thomas: Wir sind nicht wir

Matthew Thomas: Wir sind nicht wir

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Familiengeschichte in Amerika.

In einem breit angelegten Epos wird hier über die Geschichte einer irischen Einwandererfamilie in Amerika berichtet. Die Zeit umfasst beinahe ein halbes Jahrhundert: von 1941 bis 2000.

Beginnend mit dem Jahr 1952 erzählt Matthew Thomas die Geschichte der Familie Tumulty und hier insbesondere der Tochter Eileen. Sie wurde 1941 in die ärmlichen Verhältnisse, in denen ihre Eltern lebten, geboren und verbrachte intensive Jahre mit ihrem Vater, den sie sehr verehrte. Doch steht es nicht zum Besten mit der Ehe der Eltern. Der ewige Geldmangel und der Alkohol nehmen allmählich alle Kräfte gefangen. Eileen hat nur den einen Wunsch: diesem Elend zu entkommen! Sie ist intelligent und fleißig und schafft es bis zur Pflegedienstleiterin als Krankenschwester.

Erst als ihr der sensible und feinfühlige Ed Leary begegnet, hofft sie auf bessere Zeiten. Zunächst sieht es auch danach aus. Doch Eileen muss feststellen: Leary lebt nur für seine Wissenschaft. Selbst Aufstiegaussichten und Beförderungen lassen ihn kalt. Für die Bedürfnisse seiner Frau und später seines Sohnes zeigt er nur wenig Einfühlungsvermögen und Sinn.

Das Auf und Ab der Zeiten, Hochzeiten, Geburten und Sterbefälle bestimmen das Geschehen. Matthew Thomas weiß seine Geschichte nachhaltig mit Leben zu füllen. Motiviert durch seine detaillierte Erzählweise vertieft man sich ganz in das beschriebene Mittelschichtmilieu. Die Lebensweisen sind geprägt vom Arbeitsalltag und von losen und unverbindlichen Freundschaften. Mit den Augen von Thomas durchdringt man die Welt der einfachen Leute, die sich durch die Zeiten quälen, immer in der Sorge um das Fortkommen und das Geld. Der gemeinsame Sohn von Ed und Eileen durchlebt seine Kindheit und Jugend, ohne dass die Eltern etwas von seinen kleinen oder großen Nöten ahnen. Hier wird über die Geschichte eines Alltags berichtet, den jeder aus einer anderen Perspektive und unter unterschiedlichen Zielsetzungen und Hoffnungen erlebt. Wunderbar eingängig ist dieses Amerika mit seinen Möglichkeiten aber auch Einschränkungen.

Die Stärke des Romans beruht auf den Details amerikanischer Kleinbürgerlichkeit. Immer fehlt etwas zum vollkommenen Glück. Auf irgendeine Weise scheitern die Personen an ihrer eigenen Unzulänglichkeit. Eileen, Ed und ihr gemeinsamer Sohn Connell wachsen dem Leser ans Herz und man verfolgt ihre Schicksale mit angehaltenem Atem. Ob sie alle ihr Glück finden werden? Die Hoffnungen sind groß, doch die Realität zeigt sich von einer unerwartet grausamen Seite. So ist das Leben! Und wie immer sind amerikanische Erzähler Meister in ihrem Fach: Leben mit allen seinen Brüchen und Glücksmomenten festzuhalten!

Matthew Thomas
Wir sind nicht wir
896 Seiten, gebunden<
Berlin Verlag, Februar 2015
ISBN-10: 3827012066
ISBN-13: 978-3827012067
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Britta Schwarz und Carsten Märtin: Meine Brille kann zaubern!

Britta Schwarz und Carsten Märtin: Meine Brille kann zaubern!

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Die vierjährige Emma erfährt bei einem Augenarzt-Termin, dass sie nun eine Brille tragen muss. Aber Emma meint, keine zu brauchen. Außerdem findet sie Brillen doof. Leon aus dem Kindergarten hat zwar auch eine, aber den kann sie nicht leiden. Als sie sich dann beim Optiker eine Brille heraussuchen soll, macht Emma ein riesiges Theater.

Zuhause steckt Emma die neue Brille einfach in die Spielzeugschublade. Sie aufzusetzen, kommt nicht infrage. Als Leon ihr dann im Kindergarten erzählt, dass seine Brille zauber kann, wird Emma neugierig. Tatsächlich sieht er Dinge, die sie nicht sehen kann. Es scheint also tatsächlich so zu sein, dass eine Brille zaubern kann. Und dann zu Hause setzt Emma ihre neue Brille auf und ist ganz erstaunt, über das, was die Brille sie sehen lässt.

Eine anfängliche Abneigung gegen eine Brille hat wohl jedes Kind. Es ist ein schwieriges Thema. Das, was die Mutter sagt, zählt nicht. Sie kann nicht überzeugen, zumal sie selbst auch keine Brille trägt. Ein Kind, das schon eine Brille hat, und gute Erfahrungen gemacht hat, kann eher weiter helfen. So auch in dieses Buch. Der kleine Leon ist begeistert von seiner Brille.

Kinder können einmal testen, ob sie die Details auf den Bildern erkennen können, so wie Emma, als sie die Brille aufsetzt und erstaunt bemerkt, was ihr bisher entgangen ist. Die Sterne an der Zimmerdecke hat sie zwar gesehen, aber nicht, dass diese auch Gesichter haben.

Die Geschichte macht neugierig und lädt ein, die eigene Brille einmal aufzusetzen. Natürlich kann das Buch auch Überzeugungsarbeit leisten, wenn ein Kind gar nicht erst zum Augenarzt gehen möchte, aber offensichtlich ist, dass es nicht gut sieht.

Die Geschichte ist also spannend gemacht und kindgerecht erzählt. Die Bilder sind detailreich und Kinder können gut verfolgen, wie sich alles entwickelt. Eine Brille zu bekommen, wird so zum Abenteuer.

Rezension von Heike Rau

Britta Schwarz und Carsten Märtin
Meine Brille kann zaubern!
32 Seiten, gebunden
Lappan Verlag
ISBN-10: 3830312318
ISBN-13: 978-3830312314
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Hans-Ulrich Grimm: Die Kalorienlüge – Wie uns die Nahrungsmittelindustrie dick macht

Hans-Ulrich Grimm: Die Kalorienlüge – Wie uns die Nahrungsmittelindustrie dick macht

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„Die Kalorienlüge“ erschien erstmals 2008. Nun liegt das Buch in überarbeiteter Neuauflage vor. Das ist gut so, denn gerade, was die Ernährung betrifft, hat sich im Laufe der Jahre doch einiges geändert, könnte man denken.

Im Buch geht es vor allem um die Frage, warum die Menschen immer dicker werden. Seit 2008 hat sich da offenbar nicht viel verändert. Gesundheitsprobleme bestehen nach wie vor, sind vielleicht sogar noch größer geworden. Kein Wunder, denn auch das, was wir essen, hat sich nicht verändert. Die industriell verarbeiteten Lebensmittel mit ihren künstlichen Aromen und Geschmacksverstärkern sind weiter auf dem Vormarsch. Massentierhaltung gibt es nach wie vor. Obst und Gemüse werden weiter mit für den Menschen schädlichen Mitteln gedüngt und gespritzt und dann schön in Plastik abgepackt.
Was das für den Menschen bedeutet, erklärt Hans-Ulrich Grimm sehr genau. Es sind längst nicht mehr nur überzählige Kalorien, die dick machen. Da spielen offenbar noch ganz andere Faktoren eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Der Autor hat das Buch erweitert, hat neue Studien ausgewertet und bekannte Fakten aus dem heutigen Blickwinkel noch einmal kritisch betrachtet. Insbesondere zum Thema Fett und Zucker sind die Erkenntnisse verändert. Aber es geht auch um das Plastik aus der Verpackung, das ebenfalls mit verantwortlich für unsere Gesundheit ist. Das alles ist sehr aufschlussreich.

Das Buch ist ernüchternd. Hans-Ulrich Grimm ist nun mal ein Kritiker der Nahrungsmittelindustrie. So trägt das Buch vor allem die Botschaft in sich, dass es so nicht weitergehen kann, obwohl es ja offensichtlich genau das tut. Deshalb bietet der Autor auch klare Lösungsvorschläge, die Ernährung betreffend. Es ist durchaus möglich, sich ohne industriell verarbeitete Lebensmittel zu ernähren. Es geht dabei nicht darum, einen perfekten BMI zu erreichen, sondern vielmehr um das individuelle Wohlfühlgewicht.

Rezension von Heike Rau

Hans-Ulrich Grimm
Die Kalorienlüge – Wie uns die Nahrungsmittelindustrie dick macht
320 Seiten, broschiert
Knaur Taschenbuch
ISBN-10: 3426786982
ISBN-13: 978-3426786987
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Jonathan Evison: Umweg nach Hause

Jonathan Evison: Umweg nach Hause

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Roadtrip mit skurrilen Erlebnissen…

Schon bei den ersten Zeilen dieses Romans wird man sehr plötzlich in ein Geschehen hineingezogen, das sich erst allmählich enträtseln lässt.

Mit Einfühlungsvermögen und Sachverstand erzählt Jonathan Evison die Geschichte eines Scheiterns. Scheitern einer Ehe, eines Familienlebens und Scheitern eines schwer kranken Jungen, der nie gesund werden wird.

Ben, der unbekannte Held in diesem Roman, bewirbt sich als Krankenpfleger, da er sonst nichts mit sich anzufangen weiß und außerdem pleite ist. Der Patient, um den er sich kümmern wird, hat eine seltene Krankheit, die ihn als Krüppel in den Rollstuhl gezwungen hat. Trevor ist ca 19 Jahre alt.

Der Ton, in dem die Erzählung daher kommt, ist leicht selbstironisch, ein wenig sarkastisch, immer aber auf eine gewisse Weise humorig. Der Humor überdeckt jedoch nur eine ziemlich traurige Geschichte, in der Ben gefangen ist.

Anlässlich einer abenteuerlichen Autoreise von Washington nach Salt Lake City auf der Suche nach Trevors Vater trifft Ben mit seinem Schützling einige Anhalter, die den Unterhaltungswert der Erzählung aufmischen. Dot, Peaches und Elton haben selber kein besonders glückliches Leben. Doch für Trev und Ben sind sie liebenswert und ihrer Fürsorge wert.

Landschaftsbeschreibungen und diverse Attraktionen unterwegs geben den nötigen Pep, der die leicht melancholischen und doch so lebens- und liebeshungrigen Protagonisten aus ihrem tristen Alltag löst. Bens tragische Geschichte wird allmählich erst in groben Zügen deutlich und lässt den Leser nicht los.

Tragik und Komik liegen dicht beieinander. Es ist ein lesenwerter Roman für diejenigen unter den Lesern, die eine tragische Geschichte des Lebens lieber nicht zu dick aufgetragen erleben möchten. Doch sie rührt in ihrer Treuherzigkeit ans Herz!

Es geht um Freundschaft, Liebe, Sehnsucht und letztlich auch um die Akzeptanz der Realität.

Jonathan Evison lebt in Kalifornien und wurde für seinen ersten Roman “Alles über Lulu“ mit dem Washington State Book Award ausgezeichnet.

Jonathan Evison
Umweg nach Hause
384 Seiten, gebunden
Kiepenheuer&Witsch, Februar 2015
ISBN-10: 3462046594
ISBN-13: 978-3462046595
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Ernest van der Kwast: Fünf Viertelstunden bis zum Meer

Ernest van der Kwast: Fünf Viertelstunden bis zum Meer

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Am Strand von San Cataldo wagt Ezio Ortolani das Unglaubliche. Völlig aus dem Gleichgewicht gebracht, weil sie einen zweiteiligen Badeanzug trägt, spricht er Giovanna Berlucchi an, und setzt gleich darauf zum Rückzug an. Er glaubt sofort, zu viel gewagt zu haben. Doch sie lässt ihn nicht entkommen. Sie fordert ihn heraus. Ezio verliebt sich unsterblich, während Giovanna ihn immer ein bisschen auf Abstand hält. Zwei Heiratsanträge, die er ihr im Laufe des Sommers am Meer macht, beantwortet sie nicht. Ezio erträgt es nicht, er flieht. So verlässt er die Heimat und Giovanna, die eigentlich möchte, dass er bleibt. Vergessen kann Enzio sie keinen Tag und keine Nacht. Als Apfelpflücker und mit dem Melken von Kühen verdient er seinen Lebensunterhalt in Südtirol. Einmal noch schreibt er ihr, doch es kommt keine Antwort. Sechs Jahrzehnte vergehen insgesamt, bis Giovanna Kontakt aufnimmt und endlich Worte für das findet, was sie fühlt.

Was für ein wundervolles Buch! Was für eine wunderschöne, zu Herzen gehende und zu Tränen rührende Geschichte! Eine unerfüllte Liebe begleitet zwei Menschen Jahrzehnte lang. Und macht sie unglücklich. Obwohl sie kaum mehr etwas voneinander wissen, bleibt die Sehnsucht. Das Herz schmerzt. Aber Giovanna kann sich nicht eingestehen und nicht in Worte fassen, was Ezio längst weiß. Vergangenheit und Gegenwart vermischen sich. Die Zeit läuft. Entscheidungen bestimmen den Lebensweg. Wer mag schon sagen, wie sich alles entwickeln wird und wann es gut ist.
Der Autor findet Worte, die nahe gehen. Gefühlvoll und in sanfter Melancholie beschreibt er Gefühle. Er lässt nicht zu, dass Erinnerungen verblassen. Nicht an die Liebe, nicht an diesen einen Sommer und an das Meer. Auch die Hoffnung trägt die Geschichte voran. Der Blick auf das, was vielleicht doch noch kommen mag.

Rezension von Heike Rau

Ernest van der Kwast
Fünf Viertelstunden bis zum Meer
Übersetzt von Andreas Ecke
96 Seiten, gebunden
Mare Verlag
ISBN-10: 3866482051
ISBN-13: 978-3866482050
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