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Schlagwort: Andreas Gößling

Faust, der Magier

Faust, der Magier

Das Kind, gezeugt von einer Besessenen und einem Dämon, wird am 23.04.1480 geboren. Getauft wird es in der Knittlinger Kirche auf den Namen Georg Johannes Faust. Das Satansbalg sieht aus wie ein Engel. Aber die Menschen vergessen nicht, Georg und seiner Mutter schlägt Feindseligkeit entgegen. Bei passender Gelegenheit wird dem Jungen gar das Brandmal des Satans verpasst. Einem Mordanschlag entgeht Georg nur, dank des beherzten Eingreifens der Stallmagd Tonja Siebenschöpf, veranlasst durch deren Tochter Lena.
Um den Vater Georgs ranken sich Geheimnisse. Von Tonja Siebenschöpf erfährt Georg, dass der Prior des Klosters Maulbronn, Herr Johannes, sein Vater sein könnte. Georg hofft, dass die Geschichte stimmt. Schließlich hat ebendieser Herr den Jungen und sein Mutter im Küfershaus untergebracht.
Mutter und Sohn leben dort wegsperrt und zudem noch schlecht behandelt. Als die beiden dennoch einmal das Küfershaus verlassen, müssen sie teuer dafür bezahlen.
Als der Küfer endlich zur Besinnung kommt und die unglaublichen Zustände auf dem Hof sich ändern, ist Georg mehr als überrascht. Georg wird erlaubt, zur Schule zu gehen. Er glaubt, der Herr Johannes hat sein Schicksal gewendet. Damit hat er nicht unrecht. Aber Tonja Siebenschöpf ist es, die nicht bereit ist, zu schweigen. Möglicherweise spielt aber auch der schwarze Hund Sjö, der ihm in seinen Albträumen begegnet ist, eine Rolle.
Als Vierzehnjähriger versucht Georg in den Dienst eines Wanderarztes zu treten. Doch Thomas Bleikamm hat kein Interesse an dem Jungen. Er schlägt Georgs Weissagung, dass eine Frau bei einer Operation sterben wird, in den Wind. Als eben dies dann doch passiert, gibt er Georg die Schuld, behauptet, er habe die Frau entseelt. So angeklagt, kann Georg nicht länger im Haus des Küfers bleiben. Der Küfer geht zum Kloster von Maulbronn, um Herrn Johannes zu veranlassen, den Jungen und seine Mutter zu sich zu holen. Doch kurzerhand wird ihm mit der Inquisition gedroht.
Und doch besteht Interesse an dem Jungen. Herr Johannes, beschließt Georg zu sich zu holen. Vielleicht kann er mit Georgs Hilfe endlich den im Kloster versteckten Schatz finden. Und wenn nicht, könnte der Teufelsjunge mit Hilfe der Alchemie Gold erzeugen.

„Faust, der Magier“ ist ein opulenter historischer Roman. Der Autor hat die wenigen historisch überlieferten Kenntnisse über Faust mit viel künstlerischem Können und Fantasie zu einer Geschichte verwoben.
Beim Erzählen bedient er sich einer altmodisch anmutenden Sprache, die der Zeit angepasst scheint, aber leider sehr schwer lesbar ist. Zudem greift er einen Wortschatz auf, der heute nicht mehr geläufig ist.
Das Buch lässt sich dadurch nur sehr schwer bewältigen. Man gewöhnt sich nach einiger Zeit aber immer besser an diesen Sprachstil.
Die Geschichte hat zudem einige Längen. Das wird aber aufgewogen von Szenen, die überaus spannend sind.
Georg Johannes Faust und vor allem auch die Zeit, in der er lebte, wird lebendig. Der Autor erzählt sehr detailreich und überaus glaubhaft. Das Buch mit seinen Albtraumdurchsetzten und von Fausts Visionen geprägten Passagen ist ausgesprochen aufwühlend und wird bei vielen Lesern sicher sehr widersprüchliche Gefühle auslösen. Für Zartbesaitete ist es nicht zu empfehlen.
Und natürlich wird man auch an andere literarische Werke über Faust erinnert. Das Buch wirkt so sehr authentisch und gut recherchiert.

Rezension von Heike Rau

Andreas Gößling
Faust, der Magier
607 Seiten, gebunden
Rütten & Loening
ISBN: 978-3352007453
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Der Alchimist von Krumau

Der Alchimist von Krumau

Don Julius sollte schon lange nach Krumau abgeschoben werden. Doch glaubte er bis jetzt seinen Platz in Prag. Die Vorhersage eines Sternguckers, der Julius Zukunft ebenfalls in Krumau sieht, macht ihn nachdenklich. Doch auf die Sprünge hilft ihm erst der Tod der Hure Mariandl. Er kann sich nicht erinnern, sie umgebracht zu haben, und doch lag sie tot neben seinem Bett. Ein grausiger Anblick.
Begleitet wird der Bastardsohn des Habsburger Monarchen Rudolf II. von seinem Ziehvater Maître d’Alambert.
Kaum hinter den hohen Mauern der Burg verschwunden, erfüllt sich eine weitere Vorhersage des Sternenguckers. Markéta Pichlerovà, die bald die Mätresse Don Julius wird, und ihr Vater, der Bader von Krumau, treten vor ihn, um ihm sein Eigentum zurückzubringen. Es ist ein Knabe ohne Bauchnabel, also ein Kind, das nicht von einer Mutter geboren sein kann. Erschaffen hat ihn der Alchimist Jurij Hezilow, auch Puppenmacher genannt. Und dieser behauptet, und damit bewahrheitet sich wieder ein Teil der Vorhersage des Sternenguckers, Gold machen zu können.
Kein Wunder, dass sich Rudolf II. vom Können des Alchimisten überzeugen will und Hezilow überzeugt ihn auch mit einer spektakulären Vorführung. Daraufhin befielt er den Puppenmacher nach Prag. Doch der Bastardsohn denkt gar nicht daran, Hezilow gehen zu lassen. Er erfindet eine Pestepidemie und lässt die Tore schließen. Niemand kommt mehr herein und vor allem niemand raus. Doch das ist erst der Anfang vom Ende.

„Der Alchimist von Krumau“ ist wunderbar zu lesen. Don Julius, der um Macht und Reichtum kämpft, und dabei immer mehr dem Wahnsinn verfällt; der eitle Maître d’Alambert mit den Schnabelschuhen, der den Bastardsohn lenken und führen soll; Markéta, die Schöne, die Julius unverständlicherweise in Liebe zugetan ist und Jurij Hezilow, der Blender und Betrüger, fesseln den Leser an eine Geschichte, die nur aus Intrigen zu bestehen scheint. Der Autor zeigt Sinn für Details, egal ob es sich um Beschreibungen der weitläufigen Burg an der Moldau, des makaberen unterirdischen Laboratoriums, der damaligen Mode oder des quirligen höfischen Lebens handelt. Er erzählt voller Enthusiasmus, spart nicht mit Spott und Seitenhieben gegen gesellschaftliche Zwänge, und verleiht der Geschichte damit eine ungeheure Lebendigkeit. Die Geschichte ist amüsant, verrückt, tragisch und schaurig. Eine tolle Mischung. Vor allem aber bringt der Autor den Leser zum Staunen. Und er überrascht. Denn so fantastisch und unglaublich die Geschichte auch wirkt, ganz und gar erfunden ist sie nicht. Von 1602 – 1622 war das historische böhmische Krumau tatsächlich im Besitz des Kaisers Rudolf II. von Habsburg und sein Sohn, Don Julius d’Austria, hielt sich mehrere Jahre dort im Schloss auf, bevor er seine Geliebte Markéta Pichlerová in einem Tobsuchtsanfall ermordete.
Dieses Buch begeistert von der ersten bis zur letzten Seite und ist damit sehr zu empfehlen.

Über den Autor:
Andreas Gößling, Jahrgang 1958, studierte Literatur- und Politikwissenschaft und gilt heute als Experte für phantastische, mythen- und kulturgeschichtliche Themen.

Rezension von Heike Rau

Andreas Gößling
Der Alchimist von Krumau
430 Seiten, gebunden
Eichborn Verlag, Frankfurt am Main
ISBN: 3-8218-0944-2
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Im Tempel des Regengottes

Im Tempel des Regengottes

1878 – Kolonie Britisch Honduras. Der Maler Robert Thompson hat London den Rücken gekehrt, sein Erbe ausgeschlagen und seine Verlobte Mary verlassen, um in die karibische Wildnis zu ziehen. Er will den Spuren des berühmten Reisenden Frederick Catherwood folgen und selbst die alten Mayastätten zeichnen.
Stephen Mortimer und Paul Climpsey, zwei Schatzsucher, bringen Robert durch Erpressung dazu, sie in den Dschungel zu begleiten, um nach dem Schatz von Tayasal zu suchen. Sie haben Beweise, dass dieser Schatz existiert. Aber sie brauchen Robert, versprechen sich Hilfe von ihm beim Entschlüsseln der hieroglyphischen Schriften der alten Maya. Sie ahnen nicht, dass Robert mit seinen angeblichen Kenntnissen nur prahlen wollte.
Robert hat keine Wahl. Er muss den beiden Schatzsuchern folgen. Sein Schicksal scheint vorbestimmt. Die Ureinwohner halten ihn einer alten Prophezeiung nach für den Erlöser von den europäischen Eroberern, auf den sie schon so lange warten. So gerät Robert in den Kampf zwischen den Weißen und den Ureinwohnern und muss um sein Leben fürchten. Doch Helen, eine junge, mutige Mestizin, die Robert als Mann verkleidet folgt, versucht zu verhindern, dass sein Schicksal sich erfüllt.

Als Leser wird man in eine fremde Welt hineingezogen, in einen Dschungel mit phantastischen Tempelruinen, Pyramiden und Palästen. Man wird mit der Lebensweise der Maya konfrontiert, mit ihren brutalen Ritualen und Opferungen. Bald sind Wirklichkeit und Traum nicht mehr zu unterscheiden. Die Bilder, die entstehen, fesseln und versetzen den Leser in einen tranceartigen Zustand, dem er sich kaum entziehen kann. Die Geschichte um Robert ist aufwühlend, berauschend und oft auch schockierend.
463 Seiten, doch beim Lesen vergeht die Zeit wie im Fluge.

Über den Autor: Andreas Gößling ist Jahrgang 1958. Er studierte Literaturwissenschaft, Politologie und Publizistik. Er lebt als Lektor und Autor in München. Er ist Maya–Experte und hat unter Pseudonym viele Bücher über die Kultur der Maya verfasst.

Rezension von Heike Rau

Andreas Gößling
Im Tempel des Regengottes
463 Seiten, gebunden
Eichborn Verlag
ISBN: 3 8218 0878 0

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