Browsed by
Schlagwort: Kunst

Robert Seethaler: Der letzte Satz

Robert Seethaler: Der letzte Satz

Dieses Buch direkt bei Amazon bestellen!
Robert Seethaler zeichnet in diesem schmalen Band das erschütternde Porträt eines Mannes, der als Komponist, Musiker und Dirigent ein erfolgreiches Leben hinter sich hat.

Er ist noch nicht so alt, aber als müder und kranker Mann befindet er sich auf der letzten Reise von New York nach Europa. Er sitzt an Deck und denkt über sein Leben nach. Fürsorglich wird er von einem Schiffsjungen umsorgt. Mahler leidet unter Schmerzen und Migräne und fühlt sich krank.
Unter Deck sitzen seine Tochter Anna und deren Mutter Alma Mahler beim Frühstück.

Es handelt sich um einen hoch erfolgreichen und berühmten Mann, der als Dirigent, Musiker und Komponist viel umschwärmt war und hohe Anerkennung genoss. Neben seiner Arbeitswut, die ihn Kräfte und Gesundheit kostete, ist er besessen von der Liebe zu der berühmten und von Männern umschwärmten Frau Alma. Sie ist die Femme fatal, die zahlreiche ebenso berühmte Männer aus Kunst und Kultur um den Verstand brachte. Noch aber leben sie zusammen, wenn er auch weiß, dass er sie verloren hat an den Architekten Walter Gropius, der nach seinem Tod ihr zweiter Mann werden soll.

Die Wende zum 20. Jahrhundert mit ihren großartigen Künstlern ersteht vor unseren Augen, wie Seethaler sie in seiner sensiblen und bilderreichen Sprache erkundet hat. Freud wird von Mahler in seiner Not um seine Ehe zu Rate gezogen. In einem einmaligen langen Gespräch werden seine psychischen Nöte erörtert und analysiert.

Seethaler beschreibt den Musiker mit anteilnehmenden und einfühlsamen Worten. Er wird dem Genie gerecht mit seiner Schilderung des Charakters. Es entsteht eine leicht melancholische Stimmung, wenn der Autor über das Meer, die Luft und den Wind schreibt und sich in Mahlers Erinnerungen vertieft. Sie sind erfüllt von Sehnsucht mach den Bergen, nach Sommer und Sonne und nach seiner verlorenen Tochter Maria, die als kleines Mädchen an Diphterie starb.

Das Büchlein liest sich schnell und unkompliziert. Es eröffnet uns aber noch einmal die Szenen jener fernen Zeitenwende, als Musik und Kunst die Welt mit der Ahnung von ganz neuen Aufbrüchen beseelte, die dann allerdings in den dreißiger Jahren schreckliche Formen annahm .

Ich habe das Büchlein gerne gelesen und kann es dem Musik- und Kunstliebhaber gerne empfehlen!

Robert Seethaler
Der letzte Satz
128 Seiten, gebunden
Hanser Berlin, 3. August 2020
ISBN-10: 3446267883
ISBN-13: 978-3446267886
-> Dieses Buch jetzt bei Amazon bestellen

Kerstin Hensel: Regenbeins Farben

Kerstin Hensel: Regenbeins Farben

Dieses Buch direkt bei Amazon bestellen!
Kerstin Hensel beschreibt in ihrer Novelle das Leben von drei Witwen und einem Witwer, die auf ungewöhnliche Weise zusammentreffen. Sie befinden sich auf einem Friedhof, wo die Gräber der verstorbenen Partner nahe beieinanderliegen. An- und abfliegende Flugzeuge bieten die gleichmäßige Begleitmusik zu dieser Friedhofsidylle.

Die Personen und ihre Geschicke reihen sich als Einzelschicksale aneinander, die dann aber kunstvoll miteinander in Verbindung gebracht werden.

Der Friedhof und der Tod vereinigen drei Frauen unterschiedlichen Alters und der Lebensart. Der scheue Galerist liefert die Essenz, mit der die Geschichte eine gewisse Brisanz gewinnt.
Irgendwie scheinen sich die Wege der vier schon zu Lebzeiten der Verstorbenen gekreuzt zu haben.
Sie werden jeder/jede in ihrer Art als schrullig und skurril beschrieben.

Karline Regenbein ist Malerin. Sie war bescheiden und lebte im Abseits, bis der verstorbene Fotograf Rüdiger Habich ihren Weg kreuzte und sich an ihr Leben dranhängte. Auch er ein merkwürdiger und ungewöhnlicher Mensch mit einer starken Neigung zur Selbstüberschätzung.

Eduard Wettengel, ein etwas kauziger Galerist, hat die Malerin entdeckt, und stellt seine Gallerie für Ausstellungen der Künstlerin zur Verfügung.

Ziva Schlott, emeritierte Kunstprofessorin, besucht auf dem Friedhof ihren verstorbenen Mann, und Lore Müller-Kilian ist die Frau des verstorbenen Kunstmäzens Kilian. Auch er liegt hier begraben.

Karin Hensel konstruiert aus diesen Figuren eine der Kunst zugewandte Gesellschaft.
Ihre Erzählung lässt die drei Witwen unterschiedlichen Alters recht zufällig aneinandergeraten. Sie sind auf den Galeristen fixiert, der alle drei hofiert.

Die Geschichte ist etwas bizarr und gelegentlich mit einer gewissen Komik ausgestattet, weil die Figuren so unterschiedliche und leicht extravagante Züge tragen.

Angesiedelt ist das Geschehen in der ehemaligen DDR. Es fehlt nicht an Hinweisen darauf.

Prof. Schlott ist Jüdin, was sich bei Gelegenheit einer Grabschändung herausstellt. Hier wurde mir die Geschichte ein wenig zu voll gepackt mit beziehungsreichen Geschichtsereignissen.

Kerstin Hensel schreibt amüsiert und erheiternd. Ihre Figuren sind jede in ihrer Art besonders, und die Autorin macht sich fast ein wenig lustig über sie. Auf jeden Fall sind der Tod und das Leben hier auf eindrucksvolle Weise vereint!

Kerstin Hensel
Regenbeins Farben
256 Seiten, gebunden
Luchterhand Literaturverlag, März 2020
ISBN-10: 3630876013
ISBN-13: 978-3630876016
-> Dieses Buch jetzt bei Amazon bestellen

J. L.Carr: Ein Monat auf dem Land

J. L.Carr: Ein Monat auf dem Land

Dieses Buch direkt bei Amazon bestellen!
In einem abgeschiedenen Örtchen in Nordengland, in Oxgodby in Yorkshire, erscheint eines Tages der Restaurator Tom Birkin, der für zwei Monate in der kleinen örtlichen Kirche ein mittelalterliches Fresko freilegen soll. Wir schreiben das Jahr 1920.

Er ist ärmlich ausgestattet und wohnt im Kirchenschiff höchst ungemütlich und wenig komfortabel.

Man beobachtet ihn bei seiner Ankunft und bei seiner Tätigkeit an der Kirchenwand. Er bleibt der Icherzähler, aus dessen Blickwinkel die dörfliche Gemeinschaft zum Leben erwacht. Denn von Zeit zu Zeit gesellen sich Anwohner zu ihm. Oxgodby ist klein, überschaubar und von wenigen Honoratioren bewohnt.

Einmal gibt es da den Stationsvorsteher des Bahnhofs und dessen Tochter; nebenan in seinem Zelt wohnt Mr. Moon, ein Archäologe, der im Namen einer verstorbenen reichen Mäzenin nach verschollenen Gräbern sucht.

Der Auftraggeber für Mr. Birkin ist ein Pfarrer von mürrischer Wesensart. Als seine Frau eines Tages in der Kirche erscheint, um sich den Fortgang der Arbeit anzusehen, ist Mr. Birkin höchst erstaunt über ihre Jugend und ihre fast überirdische Schönheit. Alice Keach erinnert ihn an das Frauenporträt „Primavera“ von Botticelli.

Zarte Liebesgefühle erwachen in ihm!

So langsam lernt man sich kennen, trinkt hier und da einen Tee zusammen oder es folgt sogar einer Einladung zum Essen.

Unspektakulär und bescheiden bewegen sich die Menschen aufeinander zu und wieder fort. Und doch wird in den Gesprächen deutlich, dass jeder ein Interesse am anderen hat.

Tom Birkin suchte in der Abgeschiedenheit des Landlebens Ruhe und Erholung von schweren Schicksalsschlägen, denn er kämpfte im Ersten Weltkrieg, und seine Frau hat ihn kürzlich verlassen. Hier scheint er die Ruhe zu finden!

J.L.Carr versteht es trefflich, die Atmosphäre der ländlichen Abgeschiedenheit zu vermitteln.

Seine kurze Erzählung ist inhaltsreich und von bestrickender Poesie.

Die Stimmungsbilder zeugen von wunderbarer Ruhe und von der Schönheit der Wälder und Felder, der Luft, dem Duft und dem Vogelgesang. Die Menschen mit ihren Eigenheiten und das ländliche Leben sind Balsam für die Seele eines Helden, der verwundet an Leib und Seele gerade hier auftanken wollte. Der Fortgang der Restaurierungsarbeiten wird fachgerecht beschrieben, und kunstgeschichtlich Betrachtungen runden den Bogen zu der kleinen aber feinen Erzählung ab.

J.L.Carr lebte von 1912 bis 1994 und gilt als moderner englischer Klassiker. Seine ruhige Prosa ist auch Balsam für Seele des Lesers!

J.L.Carr
Ein Monat auf dem Land
144 Seiten, gebunden
DuMont Buchverlag, Juli 2016
ISBN-10: 3832198350
ISBN-13: 978-3832198350
-> Dieses Buch jetzt bei Amazon bestellen

Peter Härtling: Verdi

Peter Härtling: Verdi

Dieses Buch direkt bei Amazon bestellen!
Lebensbild des Giuseppe Verdi auf der Höhe seines Ruhms und seiner Größe.

Mit dem Leben des alternden Verdis, der bereits zu Ruhm und Ansehen gelangt ist, beginnt der neue Roman von Peter Härtling über den Komponisten und bekannten Musiker Giuseppe Verdi.

Dieser besitzt zu dieser Zeit um 1870 mehrere Wohnsitze, eine ihn liebevoll umsorgende Frau, und er macht sich gerade an die Komposition zu einem ersten Streichquartett.

Wir erleben ihn knurrig, leicht unzufrieden und ebenso leicht despotisch. Kritik gegenüber ist er hoch empfindlich. Er komponiert und arbeitet, trifft sich mit Sängerinnen und Sängern und lebt ein ausgefülltes Leben. Voller Unrast und Unruhe reist er von einem Wohnsitz zum nächsten und ist auch von seiner Frau nicht zur Ruhe zubringen.

Als ihn 1883 die Nachricht vom Tod Richard Wagners erreicht, ist er getroffen, wenn er auch dessen musikalisches Werk nicht schätzte.

Doch gerade schwingt er selber sich zu neuen ungeahnten Erfolgen auf: Otello und Falstaff stehen vor den Erstaufführungen. Auch ein Requiem zu Ehren des verstorbenen Dichters Alessandro Manzoni bringen ihm Ruhm und Ehre ein.

Peter Härtlings bedient sich in seinem neuen Roman einer abgeklärten und behäbigen Erzählweise.

Detailversessen beschreibt er die damalige Musikszene in Mailand, Berlin und London. Sänger und Librettisten buhlen um seine Gunst, doch auch die Neider sind nicht fern.

Für den Musikkenner enthält der Roman atmosphärisch dichte Partien. Der ganze Roman entspricht in den Kapiteln einer groß angelegten Fuge.

Härtling ist ein ausgewiesener Musikkenner. In seinen früheren Romanen hat er sowohl Schumann als auch Schubert und Fanny Mendelssohn Denkmäler gesetzt. Unübertroffen bleibt für mich sein Roman über Hölderlin, der mich zu seinem Lesefan gemacht hat.

Dieser letzte Roman erscheint mir ein wenig zu ausufernd. Es gibt u.a. musiktheoretische Anmerkungen, die eine gewisse Fachkenntnis voraussetzen. Im letzten Teil über den Tod und das Sterben findet man feinfühlige poetische Ausführungen. Hier zeigt sich Härtlings Fähigkeit, in unübertroffener Weise Stimmungen und Zeitbilder herauf zu beschwören.

Für Verdifans ist die Lektüre gewiss eine lebendige Quelle der Freude und Information.

Peter Härtling
Verdi
224 Seiten, gebundn
Kiepenheuer&Witsch, August 2015
ISBN-10: 3462048082
ISBN-13: 978-3462048087
-> Dieses Buch jetzt bei Amazon bestellen

Michael Ballhaus: Bilder in meinem Kopf

Michael Ballhaus: Bilder in meinem Kopf

Dieses Buch direkt bei Amazon bestellen!
Leben mit der Kunst!

Michael Ballhaus ist dieser ungemein sympathische, warmherzige und aufmerksame Kameramann, der es in seinem Leben zu einigem Ruhm gebracht hat. Schon früh interessierte er sich für Fotografie und nichts lag daher ferner, als dass er dieses Metier zu seinem Beruf gemacht hat.

In seinem Erinnerungsbuch geht es naturgemäß um sein Leben als Kameramann. Zunächst hat er mit R. W. Fassbinder gearbeitet, dessen frühes Genie Legende wurde. Einfach hatte man es mit diesem Regisseur nicht. Und hier zeigt sich auch schon die Richtung, in die das Buch von M. Ballhaus steuert: Er ist mit Leib und Seele beim Film und weiß zahlreiche interessante Begebenheiten von den Regisseuren zu berichten, mit denen er zuerst in Deutschland später in Amerika gearbeitet hat. Berühmte Regisseure wie Scorsese, Copola und viele andere haben ihn immer wieder um seine Mitarbeit  gebeten. Mit Leidenschaft berichtet er aus dem Nähkästchen der Filmgrößen, ihren Vorzügen und ihren Eigenheiten.

Seine Familie wird erwähnt als Hort der Ruhe und Geborgenheit, in der er auftanken konnte. Besonders seine Frau Helga war ihm eine unersetzliche  Ratgeberin, deren Zuneigung ihm alle die anstrengenden Jahre hindurch gewiss war. Dass sie starb, als er sich zur Ruhe setzen wollte, blieb für ihn schwer zu ertragen. Doch eine späte zweite Ehe schenkte ihm noch einmal tiefes Glück.

Insgesamt kann man sagen, dass das Buch von M. Ballhaus eine Geschichte des Films in Deutschland und Amerika und seiner zahlreichen Protagonisten darstellt.

Er berichtet detailreich, empathisch und erfüllt von seinen Jahren in dieser unruhigen Welt der Filmemacher und Künstler. Wer sich für die Filmgeschichte der einschlägigen Werke von der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts bis heute interessiert, ist mit diesem Werk gut bedient. Die Biographie dreht sich um den Beruf und erst nachrangig um das eigene Befinden. Doch wer den Autor einmal life erlebt hat, der findet diesen sympathischen, leidenschaftlichen und herzlichen Menschen in seinen Berichten wieder.

Michael Ballhaus
Bilder in meinem Kopf
320 Seiten, gebunden
Deutsche Verlags-Anstalt, März 2014
ISBN-10: 3421045666
ISBN-13: 978-3421045669
-> Dieses Buch jetzt bei Amazon bestellen

Micaela Jary: Das Bild der Erinnerung

Micaela Jary: Das Bild der Erinnerung

Dieses Buch direkt bei Amazon bestellen!
Die junge Kunsthistorikerin Anna Falkenberg soll die Expertise anfertigen. Doch das das Bild, das Beatrice Coleman im Aktionshaus Bonhoff in München abgegeben hat, löst ihr Misstrauen aus. Es soll zu einer Sammlung gehören, die sich im Nachlass des Stiefvaters befindet. Als Sammler war Philip Coleman jedoch nicht bekannt. Das „Liebespaar“ von Leo Reichenstein gilt zudem seit 70 Jahren als verschollen. Die Geschichte ist mysteriös.
Anna Falkenberg beginnt, die Herkunftsgeschichte des Bildes zu recherchieren. Sie verfolgt das Bild zurück zur Galerie Richardson in London, die das Werk angeblich an Philip Coleman verkauft hat. Oliver Richardson leitet die Galerie seines Großvaters Henry. Der alte Mann kann am ehesten Auskunft über das Bild geben, dessen Schicksal sich offenbar in der Nachkriegszeit des besetzten Berlins entschieden hat.
Der erste Kontakt mit der Galerie verläuft unbefriedigend und verstärkt Annas Misstrauen noch, was die Echtheit des Bildes betrifft. Später wird sie sogar anonym bedroht. Unterkriegen lässt sie sich davon nicht, nicht ahnend, dass ihre Familiengeschichte ebenfalls mit dem Bild in Zusammenhang steht.

Die Geschichte ist sehr geheimnisvoll. Von Anfang an ahnt man, dass für Anna Falkenberg mit den Recherchen zum Bild ein Abenteuer beginnt. Was sie nach und nach recherchiert, ist in einem anderen Erzählstrang, der zurückgeht in die Berliner Nachkriegszeit Wirklichkeit.
Durch verschiedene Blickwinkel wirkt der Roman sehr realitätsnah. Die historischen Hintergründe sind perfekt recherchiert. Vergangenheit und Gegenwart werden auf unerwartete Weise verbunden.
Der Schreibstil der Autorin ist beeindruckend. Mit ihrem detailreichen Ausdruck lässt sie Bilder beim Leser entstehen. Die Geschichte wirkt so unglaublich lebendig. Starke Gefühle werden vermittelt, die den Leser mitfühlen lassen. „Das Bild der Erinnerung“ ist ein faszinierender und damit ein sehr fesselnder Roman.

Rezension von Heike Rau

Micaela Jary
Das Bild der Erinnerung
416 Seiten, Klappenbroschur
Goldmann Verlag
ISBN-10: 3442478855
ISBN-13: 978-3442478859
-> Dieses Buch jetzt bei Amazon bestellen

Øystein Wiik: Leiche in Acryl

Øystein Wiik: Leiche in Acryl

Dieses Buch direkt bei Amazon bestellen!
Die Vernissage verspricht, ein Erfolg zu werden. Johan Darre ist ein Ausnahmekünstler. Die Galeriegäste sind zwar von seiner neuen Idee überfordert, doch die Kunstsammlerin Irene Willum versteht es, eine Brücke zu bauen und für Begeisterung zu sorgen.

Die Lieferung, die dann eintrifft, hält man zunächst für ein Geschenk zur Ausstellungseröffnung. Galerist Philippe Lugol ist allerdings wenig begeistert von Störung und entsetzt, als er feststellen muss, dass er die zum Kunstwerk präparierte Leiche Gerhard Elmings vor sich hat, einem gefürchteten Kunstkritiker.

Hauptkommissarin Catherine Price wird in die Galerie PL gerufen. Ihr zur Seite steht immer wieder Peter Werring, der sein Jurastudium mit kleineren Arbeiten für die Polizei finanziert.

Bei Philippe Lugol sitzt der Schock tief. Er glaubt, der Nächste zu sein, der ermordet werden soll. Besondere Sorge macht ihm ein makaberes Angebot. Tatsächlich interessiert sich ein anonymer Käufer für das angebliche Kunstwerk Gerhard Elming.

Der Ehemann von Catherine Price, die beiden leben getrennt, wird auf merkwürdige Weise in den Fall hineingezogen. Opernjournalist Tom Hartmann wittert in einem Kunstgeschäft einen beruflichen Neustart, wird aber in kriminelle Machenschaften hineingerissen.

Der Fall ist ausgesprochen kompliziert und nicht zu durchschauen. Die Polizei beißt sich die Zähne aus. Hauptkommissarin Catherine Price ist schwanger und hat sich außerdem um ihre Tochter aus der Ehe mit Tom Hartmann zu kümmern. Aus der Überbelastung zieht sie allerdings keine Konsequenzen und arbeitet konzentriert weiter, was sich negativ auf ihre Schwangerschaft auswirkt.

Unglaublich viele Personen haben in diesem Buch ihren Auftritt. Da hat man schon etwas Mühe, den Faden in diesem Katz-und-Mausspiel nicht zu verlieren. Der Fall ist spannend, keine Frage, aber hin und wieder eben doch auch ziemlich verwirrend und es gibt auch einige Längen. Ein unglaubliches Tempo baut sich dann plötzlich am Schluss des Krimis auf. Die Auflösung des Falls ist überraschend, wird aber leider sehr schnell abgehandelt.

Rezension von Heike Rau

Øystein Wiik
Leiche in Acryl
Aus dem Norwegischen von Günther Frauenlos und Maike Dörries
320 Seiten, broschiert
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423214384
ISBN-13: 978-3423214384
-> Dieses Buch jetzt bei Amazon bestellen

Sigrid Damm: Wohin mit mir

Sigrid Damm: Wohin mit mir

Dieses Buch direkt bei Amazon bestellen!
Rom: Ziel eines ungewöhnlichen Studienaufenthalts.

Sigrid Damm bekommt für das letzte Jahr des 20. Jahrhunderts eine Einladung zu einem Stipendium in die Casa di Goethe in Rom. Sie war zuerst nicht besonders erbaut davon. Aber kann man ein solches Angebot überhaupt ausschlagen? Gerade hatte sie die Weite des Nordens für sich entdeckt, wo sie Ruhe und die Unendlichkeit spüren konnte. Nun also Rom!

Wir folgen ihr auf eine Reise, die sie auf einer längeren Autotour in den fernen Süden entführt. Sie durchquert mit ihrem Sohn die Alpen und erlebt die herrliche Landschaft der Toskana. Als die beiden Rom erreichen, wird ihr sehr bald bewusst, dass sie in einer heißen und hektischen Stadt leben wird. Die Abgase und der unerträgliche Lärm stören, so dass sie nahe daran ist, den Aufenthalt abzubrechen. Doch überall trifft sie auf Goethes Spuren, hört seine Texte im Geist und besucht den Friedhof, wo August Goethe begraben liegt, der schon früh, im Alter von vierzig Jahren, dahin gerafft wurde. Dann trifft sie eine deutsche Buchhändlerin und das alte Ehepaar Fulio und Anna. Sie sieht die Bilder von Caravaggio und entdeckt bei ihren Besuchen in den zahlreichen Kirchen den sakralen Bilderreichtum und die antiken Schätze in der ewigen Stadt.

Ihre Eindrücke zeugen von feiner Wahrnehmung und neugieriger Erkundung einer für sie nur aus den Schriften Goethes bisher erfahrenen fremdländischen Welt. Es fällt ihr sichtlich schwer, sich auf die Landschaft und die Menschen mit ihrem lärmenden Leben einzulassen. Doch hat sie eine fast sinnliche Vorgehensweise, sich den Bildern und Menschen zu nähern. Nachdenklich, den Düften und Spuren der Vergangenheit nachsinnend, nähert sie sich allmählich der Schönheit und dem Fluidum dieser lauten und überwältigenden Stadt. Zwischendrin sehnt sie die Weite und Kühle des Nordens herbei, ihrer Wahlheimat in Nordschweden!

Unausbleiblich erfährt sie die Annäherung an Menschen, die sie zu Freunden gewinnt.

Mit diesem Buch bietet sie zum ersten Mal Einblicke in ihr Leben und ihre persönlichsten Erfahrungen. Diskret und scheu auch bei diesen Bekenntnissen offenbart sie den Charakter einer offenen und sensiblen Kennerin von Kunst, Literatur und Menschen.

Wer noch nicht in Rom war, kann dieses Buch durchaus als Reiseführer benutzen. Wer schon dort war, wird vieles wieder erkennen und womöglich mit neuen Blicken anschauen, denn die Intensität, mit der sich Sigrid Damm in die Kunstwerke vertieft, ist enorm.

Sie ist eine in sich eingesponnene Erzählerin. Die Öffentlichkeit meidet sie, und die zahlreichen anstrengenden Lesereisen sieht sie als notwendiges Übel an. Doch wie sie, die ausgewiesene Goethekennerin, sich die Stadt Rom erobert und in die Gegebenheiten der italienischen Lebensart eintaucht, das zeugt von einer bemerkenswerten Einfühlungsgabe und dem Geist einer wachen Beobachterin. Wie mit allen ihren Büchern, vorwiegend über die Frauen und Männer der Weimarer Klassik, wird sie auch mit diesem Buch hohes Interesse bei ihren Leserinnen und Lesern finden.

Sigrid Damm
Wohin mit mir
286 Seiten, gebunden
Insel Verlag, März 2012
ISBN-10: 3458175296
ISBN-13: 978-3458175292
-> Dieses Buch jetzt bei Amazon bestellen

Die Kunst der Bestimmung

Die Kunst der Bestimmung

London 1678. Simon Chrysander, Professor in Upsalla, hätte eigentlich Pfarrer werden sollen, genau wie sein Vater. Doch er geht nicht mehr zur Kirche, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Welt zu sortieren. Stets ist er, mit der Lupe in der Hand, auf der Suche nach dem Ursprung der Natur, nach ihren Gesetzen und ihrem Sinn. Er sammelt Dinge, bestimmt und benennt sie.

In einem Hurenhaus macht Chrysander die Bekanntschaft der hochgewachsenen, bildschönen Lucy, die ihn über alle Maßen fasziniert. Die hübsche Rothaarige entpuppt sich als Lucius Lawes, Earl of Fearnall, der in der Gunst des Königs steht. Dieser üble Streich hat Folgen. Bei beiden Männern geraten die Gefühle durcheinander.

So soll es bei dieser einen Begegnung nicht bleiben. Der ehrenwerte Earl of Fearnell platzt in eine Sitzung der Royal Society im Gresham College, zurecht gemacht wie für eine weitere Theaterinszenierung, als stände er auf einer Bühne. Es gelingt mit Mühe und Not, den Anstand zu wahren, trotz des erstaunlichen Angebotes, welches der Earl macht. Er benennt Simon Chrysander zum Kurator der naturkundlichen Sammlung der Royal Society, stellt ihm unbegrenzte Geldmittel zur Verfügung, damit er nach Herzenslust ordnen kann. Und er stellt klar, dass er sich um den Fortgang des Projektes kümmern wird. Geschickt hat der Earl es eingefädelt, dass der Professor sich ihm zukünftig nicht entziehen kann.

Simon Chrysander und Lucius Lawes ziehen sich an wie ein Magnet und stoßen sich doch ab. Die Autorin packt Liebe, Leidenschaft, Sehnsucht, Hass, Verbitterung, Abscheu, Unverständnis und Selbstzerstörung in ein Buch, lässt den Leser am Wechselbad der Gefühle von Simon und Lucius teilhaben. Und es ist bitterer Ernst, kein Spiel. Chrysander versteht die Welt nicht mehr, versteht nicht, dass Gefühle sich nicht klassifizieren lassen, sich nicht in eine Norm pressen lassen, unklar und undurchschaubar sind. Er gesteht sich seine Liebe auch nicht ein, versteht es einfach nicht, bis Lucius zu wirklich drastischen Mitteln greift. Auch wenn das Blatt sich wendet, kann Lucius sich Chrysanders Liebe nicht sicher sein. Es ist klar, das beide sich ins Verderben stürzen und diese Geschichte niemals gut ausgehen kann.
Die Autorin schreibt mit viel Gefühl, aber trotzdem unparteiisch, ohne Ironie und doch zweideutig, vermittelt durch Schreiben Sprachlosigkeit. So kann man das Buch auch nicht einfach zuklappen und weglegen. Die Geschichte lässt nicht los, muss überdacht, analysiert und geordnet werden, soweit es eben geht.

Über die Autorin:
Christine Wunnicke lebt in München. Sie studierte in Berlin und Glasgow Linguistik, Altgermanistik und Psychologie. 2002 erhielt sie den Bayerischen Staatsförderungspreis für Literatur.

Rezension von Heike Rau

Christine Wunnicke
Die Kunst der Bestimmung
302 Seiten, gebunden
Kindler Verlag Berlin
ISBN: 3-463-40450-8

Bestellen