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Schlagwort: Märchen

Claudia Siegmann: Märchenfluch Band 1 – Das letzte Dornröschen

Claudia Siegmann: Märchenfluch Band 1 – Das letzte Dornröschen

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Mit einem mysteriösen Brief wird die 16-jährige Flora Anthea Allenstein zur ASGA Agentur, die ihren Sitz in einer Odilienmühle hat, bestellt. Ihre Pflichtjahre soll sie dort absolvieren. Das muss ein Irrtum sein! Aus Neugier beschließt sie, sich dort umzuschauen. Sie trifft auf Edgar Kramer, der die Agentur leitet. Er gibt ihr sehr deutlich zu verstehen, dass sie als Nachfahrin von Dornröschen nicht um diese Pflichtjahre herumkommt.

Doch mit dieser Information kann die 16-Jährige nichts anfangen. Märchenfiguren gehören für sie in Märchen und nicht in die wirkliche Welt. Als sie Schneewittchen Neva und Rapunzel Val kennenlernt, muss sie jedoch anerkennen, dass es etwas gibt, das ihr bisher verbogen geblieben ist. Beide müssen ebenfalls ihre Pflichtjahre absolvieren und magische Gegenständen auffinden, die bei normalen Menschen zu Vergiftungen bis hin zum Tod führen können. Schon der erste Auftrag, bei der Flora mit Neva zusammenarbeiten soll, hat es in sich!

Flora ist kein Mädchen, das immer glaubt, was man ihr sagt. Doch mit ihrem Durchsetzungsvermögen kommt sie gegen die Agentur und Edgar Kramer nicht an. So gerät sie in eine andere Realität und muss sich dort beweisen. Das ist sehr spannend und unterhaltsam, zumal die Autorin in einem lockern und teils auch humorvollen Erzählstil schreibt.

Die Nachfahren der bekannten Märchenfiguren sind in diesem Buch moderner, als man es aus den bekannten Märchen kennt, wobei natürlich schon bestimmte Ähnlichkeiten im Charakter und im Aussehen nicht zu übersehen sind. Wie so manche Figur aus der Märchenwelt haben auch die Fabulae magische Fähigkeiten! So kommt es zu mysteriösen und manchmal ein wenig gruseligen Szenen. Flora verfügt ebenfalls über eine Fähigkeit, die allerdings eher Rätsel aufgibt.

Es bleibt abzuwarten, wie die Figuren sich weiterentwickeln. Hier wird also sicher noch einiges geschehen. Das Ende des ersten Bandes der Märchenfluch-Trilogie verspricht jedenfalls eine spannende Fortsetzung.

Rezension von Heike Rau

Claudia Siegmann
Märchenfluch Band 1- Das letzte Dornröschen
416 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3473401838
ISBN-13: 978-3473401833
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Caroline Ronnefeldt: Quendel

Caroline Ronnefeldt: Quendel

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Das kleine Volk der Quendel lebt recht beschaulich im Hügelland. Nur der Wald Finster wird mit Argwohn betrachtet. Kaum einer traut sich dort hinein. Seltsame Geschichten werden erzählt, deren Wahrheitsgehalt niemand zu hinterfragen wagt. Auch Bullrich Schattenbart nicht. Doch fehlt dem selbst ernannten Kartograph dieses Stückchen Land auf seiner Karte. Um das zu ändern, muss er in den Finster gehen. Was soll schon passieren? Er sagt niemanden etwas, lenkt vielmehr von sich ab. Und dann macht er den ersten Schritt und bahnt sich einen Weg durch das den verwunschenen Wald umgebene Gestrüpp.

Bis zum Abend ist Bullrich nicht zurückgekehrt. Seinen Freunden fällt das auf, die Sorge ist groß! Sie suchen akribisch nach Hinweisen und müssen sich bald eingestehen, dass Bullrichs, so unglaublich es auch scheinen mag, in den Finster gegangen sein könnte. Dort kann man ihn schlecht suchen. Aber zumindest könnte man am Rand entlang schleichen und sehen, ob es eine Spur gibt, die Gewissheit bringt. Dabei geraten die Freunde in eine unbeschreiblich ernste Lage. Diese Nacht ist nicht mit anderen Nächten zu vergleichen. Uralte Kräfte sind am Erwachen.

Die märchenhafte Atmosphäre und der ausgefeilte Sprachstil der Autorin haben mich sofort in die Handlung des Buches hineingezogen.
Es sind nur ein Tag und eine Nacht im Leben der Quendel, die hier beschrieben werden. Zunächst skizziert die Autorin die Kulisse mit dem Dorf und die Umgebung. (Es gibt sogar eine Karte im Buch.) Die eigenwilligen Hauptpersonen, mit ihren witzigen Eigenheiten, werden vorgestellt, allen voran Bullrich Schattenbart. Es wird ein idyllisches Bild geschaffen, das anhält, bis Bullrich den ersten Schritt in Richtung Finster geht. Dann schlägt die Stimmung um. Jetzt wird es gruslig und die Autorin zieht die Spannungsfäden straff an.

Ich bin begeistert von diesem Buch, das von Sagen und Legenden lebt, an die keiner mehr recht geglaubt hat. Die Autorin beschreibt jedes Detail, sodass die Geschichte gut vorstellbar wird. Es bleibt spannend bis zum Ende. Ein Teil der Handlung ist dann abgeschlossen. Aber es bleiben viele Rätsel ungelöst. Ich hoffe sehr auf einen nächsten Band!

Rezension von Heike Rau

Caroline Ronnefeldt
Quendel
448 Seiten, gebunden
Ueberreuter Verlag
ISBN-10: 3764170778
ISBN-13: 978-3764170776
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Soman Chainani: School for God and Evil – Es kann nur eine geben (Band 1)

Soman Chainani: School for God and Evil – Es kann nur eine geben (Band 1)

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Sophie und Agatha leben in Gavaldon, einem kleinen abgelegenen Dorf, auf dem ein Fluch lastet. Niemand kommt von hier weg, der umliegende Wald ist undurchdringbar. Alle vier Jahr verschwinden zwei Kinder. Ein gutes und ein böses Kind. Man hört, dass sie von einem Schulmeister entführt werden, der eine Schule für Gut und Böse unterhält. Prinzessinnen bzw. Hexen werden hier beispielsweise ausgebildet. Sophie, die gerne eine Prinzessin wäre, würde sich nur zu gern entführen lassen. Eine Gegenspielerin hat sie auch parat. Eine perfekte Hexe sieht sie in Agatha. Nur glaubt dies nicht an den Wahrheitsgehalt von Märchen.

Tatsächlich werden die ungleichen Freundinnen entführt. Doch das Unfassbare geschieht. Sophie landet in der Schule für Böses und Agatha in der für Gutes. Die Rollen sind also vertauscht. Nun könnte man meinen, die beiden Mädchen könnten die Schule einfach wechseln, doch stellt sich das als unmöglich heraus. Dabei träumt Sophie schon von ihrem Traumprinzen, während Agatha einfach nur nach Hause zurück will. Aber es bleibt ihnen nichts übrig, als sich so gut wie geht anzupassen und währenddessen Pläne zu schmieden.

Was für eine verrückte Geschichte! Der Autor beweist eine sehr ausgefallene Fantasie. Hin und her geht es zwischen den Schulen und den beiden Freundinnen. Während Gut und Böse anfangs noch gut zu trennen sind, muss man bald erkennen, dass es enger beieinander liegt, als gedacht. Die beiden Freundinnen, die eigentlich keine mehr sein dürfen, bekommen das knallhart zu spüren. Jede macht ihre eigenen Erfahrungen. Und das wird in verschiedenen Erzählsträngen, die immer wieder ineinanderlaufen, erzählt. Hier muss man allerdings sehr achtgeben, nicht durcheinanderzukommen.

Als Leser kann man nicht erahnen, wohin die Geschichte führen wird. Denn das eigentliche Vorgehen der Schulen, wir nun durch Sophie und Agatha ausgebremst bzw. in eine andere Richtung gelenkt. Man darf sich also überraschen lassen, wer gewinnen wird, also ob das Gute oder das Böse sich durchsetzen kann.

Rezension von Heike Rau

Soman Chainani
School for God and Evil – Es kann nur eine geben (Band 1)
512 Seiten, gebunden
Ravensburger Buchverlag
ISBN-10: 3473401277
ISBN-13: 978-3473401277
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Oliver Schlick: So kalt wie Eis, so klar wie Glas

Oliver Schlick: So kalt wie Eis, so klar wie Glas

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Cora Dorneyser erfährt erst nach dem tragischen Tod ihrer Mutter, dass sie einen Großvater hat. Obwohl schwer erkrankt und im Rollstuhl sitzend, gibt er ihr Rückhalt und lädt sie nach Rockenfeld ein. Coras Großvater hat sich einer alten traditionellen Handwerkskunst verschrieben. Er fertigt Schneekugeln. Die erste und einzige unzerbrechliche Kugel soll seinem Urahn einer Legende zufolge direkt vom Teufel übergeben worden sein. Cora ist fasziniert von der einzigartigen Kunst. Sie hat ein neues Ziel vor Augen und möchte sich zur Kugelmacherin ausbilden lassen. Doch als sie dem geheimnisvollen Niklas begegnet und ein Gespräch zwischen ihm und ihrem Großvater belauscht, wird ihr klar, dass sich um die Schneekugeln ein Geheimnis rankt.

Im Dorf gehen seltsame Dinge vor. Nicht jeder ist von ihrer Ankunft begeistert und schon gar nicht davon, dass sie in die Fußstapfen ihres Großvaters treten will. Elsa, mit der der Großvater eng befreundet ist, hilft ihr, sich in Rockenfeld einzuleben. Bei ihr darf sie wohnen. Und auch im nahen Internat, wo sie ihren Schulabschluss machen soll, findet sie bald jemanden, mit dem sie Freundschaft schließen kann, während sie von anderen Schülern sehr befremdlich behandelt wird.

Alles was geschieht, hat seine Gründe. Das winterliche Rockenfeld wird zum Schauplatz übernatürlicher Kräfte, die außer Niklas niemand einzuschätzen weiß. Cora ahnt nicht, wie tief sie eingebunden ist in eine Legende, von der bisher niemand glaubte, dass sie wahr sein könnte.

Die Geschichte hat einen sehr geheimnisvollen Charakter. Das winterliche Rockenfeld ist die perfekte Kulisse dafür. Man kann die frostige Kälte fast spüren und die zauberhaften Schneeflocken sehen!

Der Autor rollt eine wirklich perfekte Handlung auf, die mir von Anfang bis Ende sehr gut gefallen hat. Auch die handelnden Personen sind gut gezeichnet, wobei Elsa immer etwas über die Stränge schlägt. Sie ist eine laute Person, was der Geschichte zwar Humor verleiht, ihr aber auch etwas von dieser unheimlichen Wirkung nimmt.

Die Schneekugeln sind sehr interessante und märchenhaft wirkende Requisiten, die immer mehr an Faszination gewinnen. Das überrascht doch sehr.

Der Autor hat einen sehr schön fließenden Schreibstil. Die Geschichte hat mich gefangen genommen und immer wieder aufs Neue überrascht.

Rezension von Heike Rau

Oliver Schlick
So kalt wie Eis, so klar wie Glas
384 Seiten, gebunden
Ueberreuter Verlag
ISBN-10: 3764170433
ISBN-13: 978-3764170431
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Nicola O’Byrne: Nutze dein Fantasie … aber pass auf, was du dir wünschst!

Nicola O’Byrne: Nutze dein Fantasie … aber pass auf, was du dir wünschst!

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Dem Hasen war langweilig. Er lungerte herum und wünschte sich, dass irgendetwas passieren würde. Und da erschien der Wolf und fragte, ob er helfen könne. Der Hase erzählte von seinem Unmut.

Der Wolf gab vor Buchhändler zu sein und viel über Geschichten zu wissen. So schlug er vor, sich zusammen eine Geschichte auszudenken. Der Hase wunderte sich über die Vorstellung. Er wunderte sich über die großen Ohren des Wolfes, der erklärte, dass er damit besser Geschichten hören könne, und über die großen Augen des Wolfes, mit denen er, wie er sagte, besser lesen könne. Irgendwo hatte der Hase so etwas doch schon gehört?

Der Wolf riet dem Hasen, sich keine Gedanken zu machen und begann schnell mit der Geschichte, die natürlich mit: Es war einmal… beginnen sollte. Dazu brauchte er die Fantasie des Hasen, die kräftig sprudelte und vom Wolf nur noch in die richtigen Bahnen gelenkt werden musste. Bald hatten die beiden einen Bösewicht – den Wolf. Und einen Helden – den Hasen … ein rotes Käppchen und einen Wald.

Das Buch ist ganz wunderbar gemacht. Geschichte und Bilder ergänzen sich perfekt. Und während Kinder bestimmt schnell darauf kommen, welches falsche Spiel der Wolf hier treibt, entwickelt sich das Misstrauen des Hasen sehr viel langsamer. Oder spielt er nur sehr geschickt mit? Dreht er am Ende den Spieß um?

Es dürfte ein riesengroßer Spaß für Kinder sein, die Geschichte zu verfolgen und zu erkunden, wie diese ausgeht. Ganz langsam und Schritt für Schritt wird die Handlung aufgebaut und zu den für die Geschichte relevanten Stellen geführt. Dabei wird auch mit der Schrift gearbeitet, sodass vorlesende Eltern oder Großeltern auch gut mit Geschwindigkeit und Betonung arbeiten können. Man hat direkt eine kleine Theatervorstellung vor Augen. Das erfordert natürlich Fantasie, aber genau darum geht es ja.

Rezension von Heike Rau

Nicola O’Byrne
Nutze dein Fantasie … aber pass auf, was du dir wünschst!
36 Seiten, gebunden
Lappan Verlag
ISBN-10: 3830312253
ISBN-13: 978-3830312253
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Geoffroy de Pennart: Rothütchen

Geoffroy de Pennart: Rothütchen

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Rothütchen lebt mit seinen Eltern am Waldrand. Eines Tages dann, soll das Mädchen mit dem roten Hut der Großmutter Kuchen und Marmelade bringen. Durch den Wald soll das Rothütchen allerdings nicht gehen. Die Sache mit dem Wolf ist bekannt. Also geht Rothütchen den Weg über die Felder.

An einem Heuhaufen lehnt ein großer grauer Hund und schläft. Dem zeigt es Rotkäppchen aber, indem sie ihn mit ihrer Taschentrompete ordentlich erschreckt. Allerdings weiß das Mädchen, dass das überhaupt nicht nett war. Sie entschuldigt sich mit einem Kuchen, denn sie hat zwei davon.
Ein Missverständnis möchte der vermeintliche Hund aber aufklären. Er ist nämlich ein Wolf. Das glaubt Rotkäppchen allerdings nicht und so macht sie sich lustig über das arme Tier.

Als der Wolf sich von seinem Schreck erholt hat, kommt er jedoch schnell wieder zur Besinnung. Er fragt sich: Was bildet sich dieses Mädchen eigentlich ein? Und so nimmt er sich vor, sich zu rächen und Rothütchen mitsamt Kuchen zu fressen.

Um den Witz der Geschichte zu verstehen, sollten Kinder und Vorlesende das Märchen im Original kennen. Es sind nämlich die Unterschiede in dieser Version und der unvermutete Verlauf, die für Überraschung und Lesespaß sorgen. Diesmal haben wir es nämlich mit einem sehr frechen, selbstbewussten und auch etwas rabiaten Mädchen zu tun, das obendrein noch über das Ziel hinausschießt.

Das Beachtliche ist, dass Rothütchen das Märchen vom Rotkäppchen selbst kennt. Ihr Handeln wird also davon bestimmt. Sie möchte ihr Schicksal in andere Bahnen lenken und das ganz bewusst. So ist die Handlung sehr viel moderner gestaltet, nicht nur, was die Zeit betrifft, in der diese Märchenadaption spielt.

Der Schwerpunkt liegt auf den Bildern. Die Mimik und Gestik der bekannten Charaktere bringt Lebendigkeit in die Handlung. So kommt die Geschichte mit erstaunlich wenigen Worten aus.

Rezension von Heike Rau

Geoffroy de Pennart
Rothütchen
Aus dem Französischen von Tobias Scheffel
40 Seiten, broschiert
Beltz & Gelberg
ISBN-10: 3407761279
ISBN-13: 978-3407761279
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Rafik Schami: Die Frau, die ihren Mann auf dem Flohmarkt verkaufte

Rafik Schami: Die Frau, die ihren Mann auf dem Flohmarkt verkaufte

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Märchen, Geschichten und Traditionen.

Der mit ungeheurem Sprachreichtum und einer ausufernden Fabulierkunst ausgestattete Erzähler Rafik Schami berichtet in seinem neuesten Buch, wie er zum Erzähler wurde.

Damaskus, Ort seiner Geburt und Kindheit, bot dem Jungen reichlich Gelegenheit, sich in der Erzählkunst zu schulen.

Einen nicht geringen Beitrag dazu leistete sein Großvater, der ihm die Augen öffnete für den ganzen Reichtum an Bildern, Gerüchen, Farben und Geräuschen in der großen Stadt Damaskus. Auf dem Basar sah er einst mit dem Großvater die Frau, die auf einem Schild ihren Mann feilbot. Dieser war Experte für Pferde, aber seine Frau konnte er nicht unterhalten, denn er sprach nie ein Wort. So lernte der junge Rafik, dass man mit Erzählen sein Leben verbessern und dem Verkauf als Ehemann entgehen konnte.

Rafik Schami geht auf die Bedeutung der Geschichten Scheherasads aus „Tausendundeine Nacht“ ebenso ein wie auf die Bedeutung der Volksmärchen in aller Welt oder auf die Geschichten aus der Bibel. Der Symbolgehalt und die Vielfalt dieser Geschichten bieten mannigfache Möglichkeiten, sich die Welt verstehbar zu machen und Orientierung in dieser oft so grausamen Welt zu finden.

Weitsicht und Humor zeichnen die Geschichten aus, mit denen uns Rafik Schami an seiner Entwicklung teilnehmen lässt. Seine Mutter, die sich gern zu seiner fantasiebegabten Komplizin machte, und der schelmische Großvater mit seinem Spieltalent und seiner Einfühlung in die Sichtweisen des Kindes können als Einflüsse ausgemacht werden, unter denen Rafik Schami zu dem großartigen Erzähler wurde, der er heute ist. Seit vierzig Jahren lebt er in Deutschland und schreibt seine Bücher auf Deutsch. Die Weisheit und die Herz erwärmende Sprache, mit der er uns seine literarische Welt erklärt, begeistern uns. Mit Sprüchen wie diesem: „Wer älter wird, der wird nicht aufhören zu spielen. Aber wer aufhört zu spielen, der wird älter“ von George Bernhard Shaw leitet er seine Kapitel ein und zeigt damit seine umfassende Bildung, Literatur in einen Gesamtzusammenhang zu stellen. In einer längeren kulturanthropologischen Abhandlung erläutert er die Bedeutung der Märchen und erweist sich als Kenner mythologischer Ursprünge.

Diesem begnadeten Dichter ist mit seinem neuen Buch ein literarisches Geschenk für diesen Herbst geglückt.

Rafik Schami
Die Frau, die ihren Mann auf dem Flohmarkt verkaufte
176 Seiten, gebunden
Carl Hanser Verlag, 2. Auflage, Juli 2011
ISBN-10: 3446237712
ISBN-13: 978-3446237711
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Susanne Gerdom: Der Nebelkönig

Susanne Gerdom: Der Nebelkönig

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Küchenmädchen Sallie arbeitet in einem großen und verwinkelten Herrenhaus. So war es schon immer und so wird es immer sein. Die Vergangenheit ist weit weg, die Erinnerung ebenso. Den Hausherren kennt sie nicht.
Ein Tag löst den nächsten ab. Die Arbeit lässt nicht zu, dass Sallie über viel Freizeit verfügt. Die wenigen freien Stunden verbringt sie in der Bibliothek. Sie liest gern. Die Geschichte über den Drachen und seinen Sohn, fasziniert sie. Und so liest sie auch von der Katzenkönigin und dem Nebelkönig und ihrem ewigen Kampf. Sie hat so viele Fragen, doch Uhl, der Bibliothekar, weiß nicht auf alle eine Antwort. Nicht selten spricht er in Rätseln.

Sallie streift im Haus umher. Sie erkundet die Gänge des verwinkelten Hauses, das kaum Orientierungspunkte bietet. Sie dringt sogar in den Keller vor und muss feststellen, dass hier jemand lebt. Redzep teilt seine verwirrend anmutenden Gedanken mit Sallie. Auch er weiß von der Katzenkönigin und dem Nebelkönig. Es scheint etwas Wahres dran zu sein an der Geschichte, die in verschiedenen Versionen erzählt wird.

Sallie lässt das alles keine Ruhe. Seltsame Begegnungen und unheimliche Albträume bringen ihre Leben durcheinander. Sallie will die Wahrheit wissen und gerät bald mitten hinein in die Geschichte, die tatsächlich viel wirklicher ist, als von ihr angenommen. Sallie gerät in große Gefahr, aber sie muss sich dieser stellen. Zu viel hängt davon ab, dass die Geschichte gut ausgeht.

Es passiert zunächst nicht viel. Man lern Sallie kennen und ihre sehr eingeengte Welt. Über die Grenzen des Herrenhause ist sie nie hinausgekommen. Aber die Beschreibungen des Hauses, Sallies Leben und ihres Umfeldes sind spannend gemacht. Man merkt, dass etwas nicht stimmt, auch wenn dies noch nicht fassbar ist. So hat man sofort das Gefühl, dass die Geschichte noch sehr viel spannender werden wird. Und so ist es auch. Märchen und Realität werden vermischt. Viele der Charaktere sind nicht immer die, die sie zu sein scheinen. Immer unheimlicher und geheimnisvoller wird es. Nach und nach erfährt man immer mehr und erkennt die Zusammenhänge.

Der Autorin gelingt es, eine Atmosphäre zu schaffen, die berührt und verstört. Man kann den Nebel, der die Handlung immer mehr einhüllt, spüren. Man wird als Leser in die Geschichte hineingezogen und vereinnahmt. Das ist eine interessante Erfahrung.
Schade, dass das Buch zum Ende hin sehr verwirrend wird. Die klare Linie verschwimmt zusehends. Das starke Band, das den Leser mit dem Buch verbindet, wird immer dünner. Aber zum Glück zerreist es nicht. Man kann also ruhig weiterlesen und wird für seine Geduld mit einem unerwarteten Ende belohnt.

Rezension von Heike Rau

Susanne Gerdom
Der Nebelkönig
334 Seiten, gebunden
Verlag Carl Ueberreuter
ISBN-10: 380005566X
ISBN-13: 978-3800055661
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Thomas Nicolai und Kai Pannen: Von einem der auszog, das Fürchten zu lernen

Thomas Nicolai und Kai Pannen: Von einem der auszog, das Fürchten zu lernen

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Märchen sind bei Kindern beliebt, aber auch bei den Märchenmäusen. Felix liest sie gerne vor und Alfons hört zu. Ein langweiliges Märchen will er aber nicht hören, vielmehr eins mit Grusel und Gespenstern. Felix findet „Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen“ sehr passend. Es geht um Jacob, der das Gruseln lernen will. Der Küster erklärt sich bereit, es ihm beizubringen. Doch auch in der Nacht, als Gespenst verkleidet, vermag er es nicht, Jacob einen Schrecken einzujagen. So muss Jacob wieder nach Hause zurück. Ausgestatte mit 50 Talern schickt der Vater seinen Sohn nach dieser Pleite in die weite Welt hinaus. Dort wird Jacob schon irgendwo das Gruseln lernen. Tatsächlich erklärt sich bald darauf ein Wandersmann bereit, Jacob in dieser Sache zu helfen. Unter einem Baum mit sieben Gehängten soll Jacob die Nacht verbringen. Aber Jacob gruselt sich nicht. Alfons dagegen schon beim Zuhören. Aber Felix verspricht ihm, dass die Geschichte gut ausgeht. Und so hört der kleine Mäuserich weiter zu, auch wenn ihm bald die Barthaare vor Spannung zittern.

Dass im Buch Alfons und zuhörende Kinder, das Märchen von Felix vorgetragen bekommen, gefällt gut. Die beiden Mäuse tauschen immer mal wieder ihre Eindrücke zur Geschichte aus. Auch wenn Jacob sich scheinbar überhaupt nicht fürchtet, so sieht es doch bei Alfons etwas anders aus. Aber er hört trotzdem weiter zu. Das Gruseln hat schließlich seinen Reiz!
Das Buch ist sehr schön illustriert. Kinder können das Märchen also auch direkt visuell miterleben. Wer möchte kann die Lieder lernen oder im Suchbild nach Talern suchen.

Mit zum Buch gehört eine CD. Die Hörspielfassung ist eine echte Überraschung. Die Umsetzung ist sehr gut gelungen, einfach grandios! Die Charaktere begeistern durch ihre Einzigartigkeit. Typisches wurde direkt in die Stimme gelegt. Auch die Geräuschkulisse ist perfekt, vom Glockenleuten, dem Türquietschen bis hin zum Feuerknistern und Knochenrasseln.
Die Hörspielfassung ist ausführlicher. Der gruselige Grundcharakter des Märchens wird sehr gut übertragen, wobei der Spaß aber kein bisschen zu kurz kommt.

Rezension von Heike Rau

Thomas Nicolai und Kai Pannen
Die Märchenmäuse
Von einem der auszog, das Fürchten zu lernen
32 Seiten, gebunden
Hörspiel-CD, 50 Minuten Laufzeit
ab 4 Jahren
ISBN-10: 3830311575
ISBN-13: 978-3830311577

Joanne Owen: König der Marionetten

Joanne Owen: König der Marionetten

Milena trauert um ihren Vater und auch das ihre Mutter verschwunden ist, kann sie nicht verwinden. Ihr Ziel ist es, das Haus der schönen Träume, das Marionetten-Theater ihres Vaters eines Tages wiederzueröffnen. Milena wohnt bei ihrer Großmutter. Eines Tages kommt ein anderes Marionetten-Theater nach Prag. Milena begegnet dem Meister der Marionetten, einen unheimlich wirkende Mann, der behauptet, sie bald wiederzusehen. Tatsächlich interessiert Milena die Aufführung auf dem Laurenzberg sehr. Ihre Tanten Katerina und Tereza wollen Karten kaufen. Dann können auch Großmutter Baba und Milenas Freund Lukas mit. Doch davon weiß Milena nichts.

Sie nimmt die zwei Karten, die der Meister ihr für die Premiere für die „Legenden der Zukunft“ schickt. Zu diesem Geschenk gehört noch eine Wachspuppe, die aussieht wie Milena selbst. Dass der Meister sie damit manipulieren will, ahnt das Mädchen nicht. Sie kann nicht wissen, dass der unheimliche Mann ein Meister der Manipulation und so etwas wie ein Geisterbeschwörer ist. Am Tag der Premiere verschwindet Milena. Auch sie ist ein Opfer der Marionetten-Meisters geworden, so wie einst ihre Mutter.

Das Buch weckt Aufmerksamkeit durch seine Aufmachung. Die schöne Leinenstruktur des Einbandes und das geheimnisvolle Cover fallen ins Auge. Und auch die Seiten sind mit ganz besonderen Illustrationen und Abbildungen geschmückt. Das vermittelt eine ganz eigenwillige Stimmung, die allerdings nicht ganz Übertragung auf den Text findet. Inhaltlich schon, aber nicht im Schreibstil, zumindest am Anfang.

Die Geschichte ist märchenhaft. Erzählt wird von einem Mädchen mit einer ganz besonderen Vergangenheit, die ihr nun zum Verhängnis werden soll. Milena bekommt es mit einem machthungrigen Mann zu tun, der bereit ist, alles zu tun, um König von Böhmen zu werden.
Alte Legenden werden wieder wach. Sie haben mit Milenas Vergangenheit zu tun. Diese alten Geschichten werden immer wieder zwischen die eigentliche Handlung eingeschoben, die so zu einem großen Ganzen wird.
Die Geschichte begeistert. Wer Märchen und Legenden mag, wird das Buch mit Begeisterung lesen. Das alte Prag dient als Kulisse.
Im Anhang findet man zusätzliche Hintergrundinformationen zu den Legenden und der tschechischen Marionettentradition, Anmerkungen zu den Illustrationen und ein Glossar.

Rezension von Heike Rau

Joanne Owen
König der Marionetten
Aus dem Englischen von Barbara Abedi
224 Seiten, gebunden
ab 12 Jahren
Loewe Verlag
ISBN-12: 3785568258
ISBN-13: 978-3785568255
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