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Schlagwort: Magie

R. J. Anderson: Bryony – Rebellin unter Feen

R. J. Anderson: Bryony – Rebellin unter Feen

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Obwohl es verboten ist, will Bryony nicht länger in der Eiche bleiben und endlich nach draußen gehen. Doch es zeigt sich, dass dies tatsächlich gefährlich ist. Denn in den Ästen des Baumes wird sie von einem Menschenkind entdeckt. Der königlichen Jägerin Dorna ist es zu verdanken, dass Bryony vor ihm gerettet wird. Dabei hatte Bryony gar nicht das Gefühl gehabt, in ernsthaft in Gefahr zu sein.

Von Dorna erfährt Bryony schließlich, wie dramatisch es um die Feen steht. Nur noch wenige von ihnen gibt es, alle ihrer Zauberkraft beraubt. Umso schlimmer ist, es dass in der Nähe Menschen wohnen.

Als Bryony endlich alt genug ist, einer eigenständigen Beschäftigung nachzugehen, erfüllt sich ihr Traum doch noch. Eigentlich wollte sie Sammlerin werden, doch weil die Königin zu bestimmen hat, geht Bryony in die Lehre bei Dorna und wird zur Jägerin ausgebildet. Das ist die gefährlichste Arbeit im ganzen Eichenstaat, aber man darf die Eiche verlassen.
Doch eine Krähe bedroht die Feen. Bryony braucht eine Waffe. Es ist jedoch keine aufzutreiben, außer vielleicht im Haus der Menschen. Also begibt sie allein nachts zum Haus und sieht sich um. Auch möchte sie herausfinden, warum die Feen so viel Angst vor den Menschen haben.

Bryony sieht Paul, den Jungen von damals, erst nach acht Jahren wieder. Seine Ausbildung in einem Internat muss er nach einem Unfall abbrechen. Er sitzt nun in einem Rollstuhl. Und hier, in seinem Schoß, landet Bryony nach einem Angriff der Krähe. Er nimmt die verletzte Fee mit ins Haus und baut darauf, dass sie sich erholt. Denn er hofft, sie könnte ihm einen Wunsch erfüllen. Noch ahnt er nicht, dass Bryony kaum noch magische Kräfte besitzt.

Traumhaft schön ist die Geschichte. Hauptfigur ist ein Feenkind, geboren aus einem Ei. Bryony ist das einzige Kind. Auch ältere Feen gibt es nicht mehr viele. Die Schweigekrankheit fordert ihren Tribut. Man spürt als Leser diese Hoffnungslosigkeit deutlich. Doch Bryony ist anders. Sie rebelliert. Den strengen Regeln, die eigentlich zum Schutz des Eichenvolkes gedacht sind, widersetzt sie sich. Dennoch wird sie geliebt.

Ihre erste Begegnung mit einem Menschenkind ist richtungsweisend. Obwohl Jahre vergehen, kann Bryony Paul nicht vergessen und man ahnt schon, dass die beiden eines Tages zusammenfinden werden. Nur hat Bryony, klein wie sie ist, in Pauls Hand Platz.

Und doch scheinen in den Elfen noch geheimnisvolle Kräfte zu schlummern, die zwar nicht beherrschbar sind, aber doch ab und an für eine spannende Wendung im Buch sorgen. So haben auch große Gefühle Platz in diesem Buch. Es ist sehr romantisch.

Die Geschichte wird getragen von Melancholie. Magie wohnt dem Buch selbst inne und so wird man beim Lesen direkt mit verzaubert. Die von der Autorin gezeichnete Feenwelt mit ihren Bewohner ist ausgesprochen gut vorstellbar. Bilder steigen auf, die sicher bei jedem Leser ein wenig anders geraten. Je nach Vorstellungskraft.

Dem Geschriebenen lässt sich ganz leicht folgen. Die Geschichte fließt nur so dahin. Fantasie und Ausdrucksstärke der Autorin beeindrucken und begeistern. Magie wird in die Wirklichkeit geholt und beides perfekt verbunden.
„Bryony – Rebellin unter Feen“ ist eines dieser Bücher, die man immer wieder lesen kann.

Rezension von Heike Rau

R. J. Anderson
Bryony – Rebellin unter Feen
Aus dem Englischen von Wolfram Ströle
285 Seiten, gebunden
Carl Hanser Verlag
ISBN-10: 3446236589
ISBN-13: 978-3446236585
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Wolf-Dieter Storl: Die Pflanzen der Kelten

Wolf-Dieter Storl: Die Pflanzen der Kelten

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Die Natur hält magische Heilkräfte für uns parat. Einiges an Wissen nutzen wir auch heute noch oder wieder, aber vieles ist in Vergessenheit geraten. Die uralte Pflanzenkunde der Kelten lebt mit dem Buch wieder auf. Überliefertes Wissen wird hier festgehalten.

Zunächst geht es um die keltische Kultur und Geschichte. Dann beschreibt der Autor den Jahresverlauf aus Sicht der Kelten, vorgegeben von der Natur, angepasst an diese. Bräuche, Rituale und Jahresfeste mit keltischen Wurzeln werden benannt, Mythen und Legenden werden lebendig, besondere Orte mit magischer Bedeutung ins Blickfeld gerückt. Dabei wird herausgestrichen, was von der keltischen Kultur heute noch lebendig ist. So profitieren wir von einigen Erfindungen oder eben dem Heilwissen.

Im Buch wird beschrieben, welche Bedeutung und Kräfte man den Pflanzen in der Volksheilkunde beimaß und wie man das heute sieht, wo ja Inhaltsstoffe und Wirkungen untersucht werden können.
Die Pflanzen werden in ausführlichen Porträts vorgestellt, so dass auch deutlich wird, auf welche Weise die Heilpflanzen angewendet wurden. Dabei kommt die Naturverbundenheit der Kelten zum Ausdruck, ihre Weisheit, denn ihr Wissen beruhte auf Erfahrung.

Im Rhythmus der Natur zu leben, zu beobachten, die Natur anzunehmen, das kommt uns immer mehr abhanden. Vielleicht mag manches Ritual im Buch oder mancher Glaube befremdlich erscheinen, aber vieles hat auch heute noch Bedeutung oder sollte welche haben. Man findet im Buch den keltischen Jahreskreis und Baumkalender, der das Leben ordnete.

Manchmal wird es etwas kompliziert, aber im Allgemeinen ist das Buch gut zu verstehen. Es geht nicht einfach darum, Wissen zu vermitteln, sondern auch darum, das Magische spüren zu lassen. Schließlich gibt es auch Dinge, die mit bloßem Verstand nicht zu erfassen sind.

Rezension von Heike Rau

Wolf-Dieter Storl
Die Pflanzen der Kelten
Heilkunde – Pflanzenzauber – Baumkalender
488 Seiten, broschiert
Knaur – MensSana
ISBN-10: 3426874652
ISBN-13: 978-3426874653
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Matthew Skelton: Cirrus Flux – Der Junge, den es nicht gab

Matthew Skelton: Cirrus Flux – Der Junge, den es nicht gab

London im Jahre 1783.
Cirrus ist ein Waisenjunge. Er ist bereits zwölf. Deswegen wird es Zeit für ihn, in die Lehre zu gehen. Madam Orrery von der Akademie der Wissenschaften interessiert sich für den Jungen. Doch an die berühmte Hypnotiseurin will der Heimvorstehen Mr Chalfont den Jungen nicht abgeben. Das Mädchen Pandora geht an seiner Stelle.
Ihr entgeht nicht, dass Madam Orrery nach wie vor Pläne schmiedet, um Cirrus doch noch zu sich holen zu können. Als die Hypnotiseurin noch einmal das Heim aufsucht, folgt Pandora ihr. Sie beobachtet, wie Mr Chalfont hypnotisiert wird. Sie erfährt, dass Madam Orrery nach einer Kugel sucht, die sie jedoch nicht finden kann. Sie muss wohl Cirrus fragen. Pandora beschließt, den Jungen zu warnen. Sie sucht ihn im Schlafsaal auf und erzählt im von der Kugel, seinem Erkennungszeichen. Für jedes Findelkind gibt es ein solches, das Vater oder Mutter bei der Abgabe ihres Kindes zurückgelassen haben. Das war bei Cirrus offenbar sein Vater.
Viel mehr können die Kinder nicht besprechen, denn Madam Orrery ist ihnen schon auf der Spur. Pandora wird schließlich erwischt. Cirrus geht auf Spurensuche und wird im Arbeitszimmer von Mr Chalfont fündig. Er entdeckt in den Unterlagen, dass er tatsächlich einen Vater hatte. Er findet auch die mysteriöse Kugel und betrachtet die Umrisse ferner Länder und Kontinente, die auf dem kleinen Globus eingraviert sind. Dann muss er sich ein weiteres Mal verstecken. So belauscht er ein Gespräch zwischen Mr Chalfont und dem Mann aus Black Mary’s Hole, der ihn schon einmal in Angst und Schrecken versetzt hat. Alle möglichen Leute suchen offenbar nach Cirrus. Er hat keine Wahl und muss fliehen.

Das Buch lässt sich ausgesprochen gut lesen. Die Geschichte ist gut ausgedacht und überaus spannend gemacht. Die Hauptperson Cirrus Flux wächst einem sofort ans Herz.
Es gibt mehrere Handlungsstränge. Zum einen wird das Geschehen um Cirrus verfolgt. Dem Leser wird aber noch mehr offenbart. Dabei gibt es viele Zeitsprünge, so dass dem Leser auch längst Vergangenem offenbart wird, das Cirrus also nicht wissen kann, aber das dennoch für ihn eine Rolle spielt. Dass die Geschichte von mehreren Seiten verfolgt wird, gefällt gut.
Es gibt eine Vielzahl von Akteuren im Buch, die die Handlung bestimmen. Diese Charaktere begeistern, weil sie so einzigartig sind. Es sind liebenswerte Personen darunter wie die Heimköchin Mrs Kickshaw, aber auch üble Bösewichte wie die Hypnotiseurin Madam Orrery oder der Elektrifizierungskünstler Mr Leechcraft.
Das ganze spielt vor einer sehr lebendigen Kulisse, dem London des Jahres 1783. Die Schauplätze, einige davon äußerst unheimlich, wechseln, was für zusätzliche Unterhaltung sorgt.
Einziger Kritikpunkt dürfte der Schluss sein. Hier hätte man mehr erwartet. So geht die Geschichte viel zu schnell zu Ende.

Rezension von Heike Rau

Matthew Skelton
Cirrus Flux
Der Junge, den es nicht gab
326 Seiten, gebunden
ab 12 Jahren
Hanser Verlag
ISBN-10: 3446233865
ISBN-13: 978-3446233867
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Benjamin Pfiff und die Magie der Wünsche

Benjamin Pfiff und die Magie der Wünsche

Benjamin lebt im Waisenhaus. Besonders gut geht es ihm hier nicht. Die Leiterin Miss Pinch und der Küchenchef Mr Roach sind nicht gut auf den Jungen zu sprechen. Immerhin denkt jemand an seinen Geburtstag, auch wenn es nur Miss Bloom vom Jugendamt ist. Sie bringt eine Geburtstagstorte für den nun Elfjährigen.
Doch kurz darauf fliegt Benjamins Plan wegzulaufen auf. Zur Strafe darf er wieder in die Küche und Kochtöpfe sauber schrubben. Den Kuchen hat der Küchenchef beschlagnahmt. Doch Ben gelingt es ein Stück mit einer Kerze obendrauf zu stibitzen. Er wird erwischt, aber er verrät Mr Roach nicht, was er sich beim Auspusten der Kerze gewünscht hat. Der Koch vergisst, was gerade geschehen ist und geht wieder ins Bett. Genau das hat Benjamin sich nämlich als Nächstes gewünscht. Nun wundert er sich, dass der Wunsch wahrgeworden ist. Also wünsch er weiter: neue Kleider und dass der Kuchen wieder unversehrt im Kühlschrank steht. Und auch diese Wünsche werden erfüllt.

In den Wunschwirkwerken wundert man sich. Thomas Candlewick, der neue Präsident der Wunschwirkwerke, ist erstaunt, dass der Junge dichthält und niemanden verrät, was er sich wünscht. Dann nämlich würden die Wünsche gar nicht in Erfüllung gehen. Eigentlich ist nur ein Geburtstagswunsch erlaubt. Offensichtlich ist ein Wunschstörungsfall eingetreten. Candlewick, in Begleitung eines Dschinns und eines Kobolds, sucht Ben auf, um mit ihm zu sprechen. Er erklärt, dass andere ihrer Wünsche beraubt werden, wenn Benn kein Ende findet.

Dann verschwindet auch noch die Wunschkugel, ohne die nichts wieder in Ordnung gebracht werden kann. Offensichtlich gibt es einen Spion in den Wunschwirkwerken, der für Thornblood, den Herr der Fluchwirkwerke, arbeitet.

Benjamin indessen denkt, er hat ein bisschen Glück verdient. Er hat noch einen ganz wichtigen Wünsch, schließlich möchte er seine Eltern zurück. Doch dieser Wunsch würde die ganze Situation noch viel schlimmer machen. Denn es ist ein eigentlich unerfüllbarer Wunsch.

Diese herrliche Geschichte ist ausgesprochen kindgerecht geschrieben. Endlich wissen wir, warum manche Geburtstagswünsche erfüllt werden und andere nicht. Benjamin muss allerdings erst noch lernen, bescheiden zu sein, auch wenn man seine Wünsche sehr gut verstehen kann und ihm die Erfüllung dieser auch gönnt. In den Wunschwirkwerken kann man zwar zaubern, aber nicht grenzenlos Wünsche erfüllen. So gerät die Situation zur Katastrophe und lässt sich auch nicht so einfach wieder bereinigen, da es einen Gegenspieler gibt, den Herrn über die Fluchwirkwerke.

Die Geschichte, die fast einem Märchen gleich kommt, ist äußert spannend und sehr interessant für die Zielgruppe, das sind Kinder ab 9 Jahren. Sie zeigt, dass man nicht unbegrenzt wünschen kann und dass man seine Wünsche überdenken muss. Schließlich trägt man für das Gewünschte auch die Verantwortung. Schließlich gibt es nicht nur positive Wünsche, sondern auch Wünsche, die anderen schaden. Das Buch ist damit auch sehr lehrreich, trägt es doch eine wichtige Botschaft in sich.

Der Schreibstil des Autors gefällt sehr gut. Die Geschichte ist leicht lesbar. Sie ist mit viel Feingefühl und Einfühlungsvermögen geschrieben.
Die Bilder im Buch sind vom Autor selbst. Auch sie gefallen gut und regen die Fantasie an.

Fazit: „Benjamin Pfiff und die Magie der Wünsche“ ist ein Buch das verzaubert und zum Träumen einlädt.

Rezension von Heike Rau

Jason Lethcoe
Benjamin Pfiff und die Magie der Wünsche
mit Illustrationen des Autors
28 Seiten, gebunden, 12,90 Euro
ab 9 Jahren
Loewe Verlag
ISBN: 978-3785562116

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The Prestige – Die Meister der Magie

The Prestige – Die Meister der Magie

Gedruckt worden zu sein ist kein Qualitätsnachweis für Texte. „The Prestige – Die Meister der Magie“ ist ein Beispiel dafür. Der Roman von Christopher Priest erhielt zwar allenthalben gute Leserkritiken, aber da haben sich die Rezensenten wohl vom Clou der Geschichte beeindrucken lassen. Ich will nicht verraten, worin der besteht. Wer den Film „The Prestige“ kennt, hat die wesentlichsten Schlüssel schon in der Hand, obwohl der Film nicht nur keine 1:1-Umsetzung des Buches darstellt, sondern vieles drastisch vereinfacht und sogar gravierend umstrickt.

Was ist gut an dem Buch? Sicher nicht die deutsche Übersetzung, die wirkt, als habe sie schnell erfolgen müssen, weil Heyne das Buch halbwegs pünktlich zum Film auf den Markt bringen wollte. Vielleicht sind auch einfach nur Lektorat und Korrektorat angesichts des Termindrucks auf der Strecke geblieben. Gelegentlich als gute Idee bezeichnet, aber in Wirklichkeit auch nicht hervorhebenswert die Struktur des Buches: Es besteht aus einer Art Rahmenhandlung und zwei umfangreichen „Tagebüchern“ der Meistermagier Alfred Borden und Rupert Angier, die mehr oder weniger schlicht aneinandergereiht sind. In den Tagebüchern wird die Fehde begründet, die Bordens und Angiers Schicksal aneinanderbindet. Die Fehde wird beschrieben, es werden die Biografien skizziert und vor allen Dingen werden die ungeheuerlichen Geheimnisse der beiden Magier enthüllt. Der Film macht hier konsequenterweise Schluss, das Buch dagegen spinnt – nein: zerrt noch ein paar Fäden in die Gegenwart, also in die Rahmenhandlung hinüber, und ringt sich verkrampft zwei, drei weitere Rätsel ab, die mehr oder weniger gelöst werden, was mich als Leser allerdings herzlich wenig berührte, weil mich die Figuren, um die es dabei ging, nicht berührten.

Die Tagebücher machen den Hauptteil des Romanes aus. Zum Glück, denn sie sind flüssig lesbar, so dass man durch diese langen Passagen recht gut „durchkommt“. Diese Geschichten spielen um 1900 und sind in einem betulichen, ausufernden, fast palavernden Stil verfasst, der nach dieser Zeit klingen soll. Ein Kniff, der durchaus Witz hat, besteht darin, dass Borden und Angier die Fehde jeweils aus ihrer Sicht beschreiben, so dass das der Schwarze Peter irgendwie dazwischen in der Luft hängt, weil beide – es ist schließlich in Tagebuchform geschrieben – den Eindruck erwecken, an ihnen hätte es nicht gelegen, dass der Konflikt so eskalierte. Aber da ist auch schon ein Haken: Diese zwei Seiten-Idee verpufft etwas durch den großen „räumlichen“ Abstand. Als ich im zweiten, im Angier-Buch von einer Begebenheit las, musst ich nicht selten vorblättern, um zu finden, zu welcher Borden-Episode sie gehört. Da aber oft genug Borden von Dingen erzählt, die Angier nicht erwähnt, und umgekehrt, entpuppte sich das rasch als nicht nur ärgerlich, sondern sehr ärgerlich. Also ließ ich es, mit dem Ergebnis, dass diese Dinge den Charakter beliebigen Füllmaterials annahmen. Wie übrigens vieles andere auch – angefangen von Ortsbeschreibungen und Reiserouten über Trick-Erklärungen und den größten Teil des Tesla-Passage bis hin zu den zahlreichen Randfiguren, die blutleer auftauchen und ebenso blutleer wieder in den Kulissen versinken. Trotzdem sind die Tagebücher noch der mit Abstand beste Teil des Romanes, da hier zumindest ansatzweise so etwas wie Charakterzeichnung geschieht und sich eine (abgesehen von den bewussten Irreführungen) nachvollziehbare Handlung ergibt.

Die mit einer Ausnahme im Heute spielende, dreigeteilte Rahmenhandlung dagegen ist indiskutabel schlecht. Sie beginnt damit, dass Journalist Andrew Westley zum Caldow-Haus in England fährt, weil in den dortigen Räumen einer Sekte ein Typ auftauchte, der zeitgleich erwiesenermaßen in Amerika im Gefängnis saß. Der Tipp kam von der in einem Seitenflügel des Hauses lebenden Katherine Angier, auf die Westley auch rasch trifft. In Ermangelung eines echten Plots lässt Priest die beiden sich unterhalten, bzw. behauptet, sie täten es, und lässt das Ganze dann in einer kruden „Rettungsaktion“ gipfeln, deren Ziel mir nicht ganz klar wird und über deren Ausgang ich mich auch nach nochmaligem Lesen im Unklaren gelassen sehe. Schon der Anfang dieser Rahmenhandlung strotzt vor Ungereimtheiten und zu vielen Stilblüten, als dass ich es mit „Kann passieren“ übergehen könnte. Die Erzählperspektiven wechseln ziemlich willkürlich, gerade so, als hätte der Autor die für ihn gerade am leichtesten zu handhabende Variante benutzt. Es gibt logische Unstimmigkeiten von der Stilblüte bis zum Plot-Fehler. So beschreibt Westley zum Beispiel das Gefühl einer innigen mentalen Verbindung zu seinem offiziell nicht existenten Zwillingsbruder und erklärt, er könne es nicht in Worte fassen, um kurz darauf eben das zu tun: Er fasst die Empfindung in Worte. Oder: Zu seiner Abneigung gegen den Namen Borden – er ist ein geborener Borden – gibt es zwar eine Erklärung, aber die macht die Gefühle in dieser Vehemenz nicht mal ansatzweise glaubwürdig, zumal diese innerhalb weniger Zeilen sich von purem Desinteresse zu ziemlicher Gereiztheit steigern.

Und Katherine Angier? Da wird es noch schlimmer: Es wird zwar behauptet, dass sie leidet, aber dies erscheint eher eine allgemeine Weinerlichkeit als durch die beschriebene traumatische Erfahrung hervorgerufen zu sein. Kate bleibt selbst dort, wo Westley sie als „Sexobjekt“ ins Visier nimmt (ohne dass das irgendwann zu irgendwas führen würde, wie so viele, ach was: die meisten Ansätze der Rahmenhandlung) und auch Westleys Aussehen und Charakter bleiben weitgehend im Dunkeln. Sie spielen auch keine Rolle, denn in Wirklichkeit geht es weder um ihn noch um Kate oder gar um ihre Beziehung zueinander, sondern nur um eine Menge zusätzlicher Fäden, die von der Tagebuch-Zeit ins Heute führen und so tun, als würde der Roman die Auswirkung der alten Fehde auf die Nachfahren der Duellanten beleuchten.

Statt dessen wird dieses Netz nur durch eine Vielzahl von Hinweisen angedeutet, sozusagen entworfen. Statt, wie ein gutes Buch es bieten würde, dieses Netz zum Hintergrund einer spannenden Handlung mit interessanten Figuren zu machen, konzentriert sich der Autor darauf, sein sorgsam ertüfteltes Gewebe zu verschlüsseln. Wie es genau aussieht, das muss sich der Leser dann selbst zusammenpuzzeln, und dies wiederum steht (auch durch die Lücken, die man nur mit Vermutungen füllen kann) im krassen Gegensatz zu den ausufernden Tagebüchern. Ich gebe zu, es ist ein so komplexes, so verwirrendes Gebilde, dass es eine riesige Herausforderung an jeden Autor darstellt. Ich kenne die Schwierigkeiten solcher Strukturen, die man kaum anders als durch solche Hinweise beschreiben kann, wenn man sie nicht in Exposee-Form – also nicht-erzählend – aufdröseln will. Dass Priest allerdings schon an der simplen Charakterisierung der Figuren und an ihrer Glaubwürdigkeit gescheitert ist, ist damit nicht zu erklären.

Was also ist gut an dem Buch? Die Idee. Die flüssige Erzählweise der Tagebücher. Und? Nichts und. Wem das reicht, dem sei das Buch empfohlen. Wem das nicht reicht, der kann nach der Lektüre wenigstens mitreden.

Christopher Priest: „The Prestige – Meister der Magie“
Deutsch von Michael Morgental
Heyne-Verlag (Januar 2007)

Christopher Priest
The Prestige – Die Meister der Magie
Grandioses Duell zweier Magier – ein literarischer Fehlschlag
ISBN:3453522117
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