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Schlagwort: Mord

Sabine Martin: Die Henkerin

Sabine Martin: Die Henkerin

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Die de Bruce, eine Adelsfamilie, und die Wilhelmis, eine Kaufmannsfamilie, sind erzverfeindet seit vielen Jahrzehnten. Als der Sohn von Ottmar de Bruce getötet wird, kann der nicht mehr an sich halten und schwört sich, alle Wilhelmis ohne Ansehen von Alter und Geschlecht zu töten. Das gelingt ihm. Bis auf die zehnjährige Melisande. Zwischen all den Toten hatte jemand das kleine Mädchen in die Büsche gezerrt und vor den Häschern von de Bruce in Sicherheit gebracht. Weil diese das Kind gar nicht bemerkt hatten, berichteten sie stolz ihrem Herrn von der gesamten Ausrottung der Kaufmannsfamilie. Ottmar de Bruce aber bleibt skeptisch, ohne genau zu wissen, warum. Vielleicht nur, weil er nicht dabei war?

Melisande wurde von Raimund, dem Henker von Esslingen, gerettet. Um sie weiterhin zu schützen, gibt er sie in der Stadt als seinen stummen Neffen aus und lehrt ihr das Henkershandwerk.

Fünf Jahre später trifft den Henker unverhofft der Schlag. Schneller als gedacht muss Melisande in seine Fußstapfen als Henker treten. Den Ratsherren gefällt das zwar nicht, aber da Not am Manne ist und sie wissen, dass Melchior (alias Melisande) eine sehr gute Ausbildung genoss, lassen sie ihn zunächst wirken.

Melisande, die sich nach der Hinmetzelung ihrer Familie geschworen hatte, Ottmar de Bruce ebenfalls zu richten, wird zufällig von diesem beauftragt, ihm das Köpfen mit dem Schwert beizubringen. Melchiors Perfektion in diesem Bereich hat sich trotz seiner Jugend bereits herumgesprochen. Melisande sieht dies als ihre Chance, ihre Rache wahr werden zu lassen.

Der im 14. Jahrhundert spielende Roman von dem Autorenpaar Sabine Klewe und Martin Conrad (Pseudonym: Sabine Martin) ist Unterhaltung und Spannung pur. Dem Genre des historischen Romans entsprechend werden Bilder in die Köpfe der Leser projiziert, die das Mittelalter lebendig werden lassen. Dafür haben die Autoren eine Sprache, einen Stil gefunden, der mit besonders unverbrauchten Vergleichen die Bilder entstehen lässt. Sie bleiben umso besser im Kopf hängen und sind immer wieder abrufbar. Beispielsweise, wenn es um die Schmerzen eines gewaltsam gebrochenen Fußes geht oder die süße Erinneruing an eine Kindheit, in der die Bachläufe der Gegend in Stauseen verwandelt wurden.

Geschickt wurden die einzelnen Figuren in individuelle Handlungen verstrickt, sodass als Leser viele spannende Nebenhandlungen zu bewältigen sind, bevor „des Pudels Kern“ aufgedeckt wird. Es sind abenteuerliche Nebenhandlungen, die das Salz eines historischen Romans bilden. Wer das Buch mit Spannung liest, wird anschließend ebenso gespannt auf „Die Tränen der Henkerin“ warten, was für Frühjahr 2013 angekündigt ist.

Martin, Sabine
Die Henkerin
Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach
ISBN-10: 3404166329
ISBN-13: 978-3404166329

© Detlef Knut, Düsseldorf 2012
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Monika Feth: Spiegelschatten

Monika Feth: Spiegelschatten

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Dr. Leonard Blum ist tot. Dass er in seiner Wohnung ermordet wurde, ist für Kommissar Bert Melzig von der Kripo Köln offensichtlich, auch wenn die Tatwaffe nicht auffindbar ist.
Der Fall dringt bald bis zum Kölnjournal durch. Romy Berner ist hier Volontärin. Chefredakteur Gregory Chauser beauftragt die junge Frau, sich ein bisschen umzuhören. Es ist allerdings nicht viel zu erfahren. Dass Leonard Blum homosexuell war, sollte keine Rolle spielen, das ist ihr Zwillingsbruder Björn ebenfalls. Er war es auch, der den Vermieter Blums bat, in Blums Wohnung zu gehen, nach dem dieser eine Verabredung nicht eingehalten hatte.

Das Romy sich da geirrt haben muss, wird ihr klar, als Erik Summer, ein 20-jähriger Student ermordet wird. Auch er stammt aus dem Freundeskreis von Björn. Erschreckenderweise geht es weiter. Insgesamt vier Morde geschehen innerhalb einer Woche im Umfeld des jungen Mannes. Romy bekommt Angst um ihren Bruder Björn, der mit seinem Freund Maxim Winter zusammenlebt. Das Motiv scheint auf der Hand zu liegen, auch wenn es nicht nachvollziehbar ist. Auf der Suche nach dem Mörder tappt selbst die Polizei im Dunkeln. Ein nächster Mord ist zu erwarten und es könnte Björn oder Maxim treffen.

Nach dem ersten Mord entwickelt sich ein spannender Krimi. Der Täter kommt direkt aus dem Umfeld von Björn. So viel weiß man. Jeder ist verdächtig. Das Privatleben der Akteure spielt also in diesen Fall mit hinein. Romy schreckt trotzdem nicht davor zurück, auf eigene Faust zu ermitteln, auch wenn das in ihrer Redaktion und natürlich von der Polizei nicht gerne gesehen wird. Jeder Schritt kann sie ins Verderben führen.
Als Leser weiß man das noch sehr viel besser. Man bekommt Einblick in die Psyche des Mörders, ohne aber zu wissen, wer es ist. Das ist einigermaßen abartig, erhöht aber die Spannung ungemein. Die Autorin führt den Leser lange an der Nase herum, bis sie dann zu einer überaus dramatischen und sehr unerwarteten Auflösung des Falls kommt.

Rezension von Heike Rau

Monika Feth
Spiegelschatten
480 Seiten, gebunden
cbt, München
ISBN-10: 3570161145
ISBN-13: 978-3570161142
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Leif Davidsen: Die Wahrheit stirbt zuletzt

Leif Davidsen: Die Wahrheit stirbt zuletzt

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Magnus Meyer feiert seinen 80. Geburtstag. Einen weiteren wird es nicht geben. Er rechnet ab mit seiner Vergangenheit. Die Geschichte könnte wahr sein oder zumindest einen wahren Kern besitzen. Manche Erinnerungen verblassen nun mal im Laufe der Zeit, andere nicht.

Magnus Meyer geht zurück in das Jahr 1937. Er ist heimgekehrt nach Dänemark, weil seine Schwester Marie es wollte. Magnus soll den jüngeren Bruder Mads zurückholen, der freiwillig in Spanien im Bürgerkrieg kämpft.
Es wird arrangiert, dass Magnus als Journalist einreisen kann. Tatsächlich findet er den Bruder, der aber nicht nach Hause zurückkehren möchte. Es kommt zu einem handfesten Streit zwischen den Brüdern. Aber Magnus kann dem Bruder nicht seinen Willen aufzwingen.

Magnus trifft auf den spanischen Journalisten Joe Mercer. Das ist kein Zufall, aber das ahnt Magnus nicht. Er hört von dem legendären spanischen Goldschatz, der außer Landes gebracht wurde, nur eben nicht vollständig. Magnus verspricht sich Reichtum durch seine Beteiligung an der Bergung des im Lande verbliebenen Anteils. Als er seine wahre Rolle in diesem Spiel erkennt, muss er töten, um zu überleben.

Hier in Spanien begegnet er auch der russischen Kriegsfotografin Irina. Zwischen den beiden beginnt eine leidenschaftliche Romanze. Das Glück bleibt allerdings nur kurz. Irina wird nach Moskau zurückbeordert. Sie verschweigt es Magnus, geht ohne Abschied, lässt ihn aber wissen, dass er ihr nicht folgen soll.

Das Kriegsgeschehen und die politischen Umstände bilden die Kulisse für diesen erschütternden Roman. Die innere Geschichte, die die Magnus Meyers Leben für immer verändern sollte, ist perfekt darin eingebettet. Es ist eine unglaubliche Geschichte. Keine, die geradlinig verläuft. Als Leser wird man immer wieder überrascht, nervenaufreibend durchgeschüttelt und mit Gewalt und Tod konfrontiert. Schöne Momente gibt es nicht, auch wenn sich diese Liebesgeschichte zwischen Magnus Meyer und Irina abspielt. Es sind gestohlene Momente. Man ahnt, dass die beiden keine Chance haben.

Die Vergangenheit lässt sich nicht abstreifen, auch wenn man sagen könnte, dass Magnus das Beste aus seinem Leben gemacht hat. Er ist ein Mann, der getan hat, was getan werden musste und ein bisschen mehr. Er hat eine sympathische Art, die sich aber immer weiter verliert, denn er ist auch ein Mörder, ein Betrüger und ein Lügner.

Es ist ein überaus spannendes, sehr glaubwürdiges Buch. Eines, das Gefühle auslöst, das sprachlos macht. Es ist in einem wirklich grandios gutem Schreibstil verfasst. Aber es ist auch schonungslos geschrieben und bestimmt nichts für schwache Nerven.

Rezension von Heike Rau

Leif Davidsen
Die Wahrheit stirbt zuletzt
Aus dem Dänischen von Anne-Bitt Gerecke
528 Seiten, broschiert
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423214007
ISBN-13: 978-3423214001
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Silvio Huonder: Die Dunkelheit in den Bergen

Silvio Huonder: Die Dunkelheit in den Bergen

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Hostetter und Rauch freuen sich wieder in die Heimat zu kommen. Lang waren die beiden Söldner fort. Als sie in Chur ankommen, ist es schon spät. Einlass soll ihnen nur über eine Gebühr gewährt werden. Da gehen die beiden doch lieber heimlich über die Mauer. Aus dem dahinter befindlichen Sennhof ist allerdings mittlerweile eine Strafanstalt geworden. Der Bündner Polizeidirektor und Verhörrichter Baron Johann Heinrich von Mont schaut sich die beiden Einbrecher höchstpersönlich an. Nachdem beide glaubwürdig versichert haben, Einheimische zu sein, werden sie gleich eingespannt. Zwei Weiber und ein falscher Arzt sind aus der Strafanstalt ausgebrochen und nun auf der Flucht. Hostetter und Rauch sollen die Verfolgung aufnehmen.

Bald macht allerdings eine weitere Neuigkeit die Runde und die Pläne müssen geändert werden. In der Weihermühle in Banaduz sind schreckliche Morde geschehen. Der Müller selbst, seine Magd und eine gerade zu Besuch weilende frühere Magd wurden umgebracht. Es ist, als hätte der Teufel hier gewütet. Verdächtigt wird sofort der Uhrmacher Franziskus Rimmel. Seine Axt könnte die Tatwaffe sein. Kurzerhand werden Hostetter und Rauch vom Polizeidirektor zu Landjägern ernannt. Sie sollen den Flüchtigen ergreifen und zurückbringen.

Silvio Huonder hat für dieses Buch einen historischen Kriminalfall aus dem Jahre 1821 literarisch aufgearbeitet. Es geht um einen dreifachen Mord. Vielleicht wäre die Sache im Sande verlaufen, wenn der sympathische Verhörrichter es sich nicht auf die Fahnen geschrieben hätte, unnachgiebig für Recht und Ordnung zu sorgen. Mit gebotener Härte geht er gegen Diebe und Mörder vor. Mit Hostetter und Rauch holt er sich zwei zuverlässige Landjäger an die Seite.

Die Handlung wird zügig vorangetrieben. Der Autor hält sich kaum mit Nebensächlichkeiten auf, lässt lieber Tatsachen sprechen. Ein bisschen ausgeschmückt wird die Geschichte aber schon, da wo es nötig ist und auch, um den handelnden Personen Leben einzuhauchen.

Es ist ein sehr spannendes Buch. Es zeigt, wie schwierige es in den abgelegenen Bergdörfern war, einem Täter auf die Schliche zu kommen, ihm habhaft zu werden, sein Motiv zu ergründen und die Tat zu beweisen.
Vieles bleibt rätselhaft und ungeklärt. Das verstärkt die schauerliche und unheilvolle Stimmung, die der Autor mit seinem Schreibstil herbeiruft. Der Titel ist also sehr treffend gewählt und auch das Cover passt sehr gut.

Rezension von Heike Rau

Silvio Huonder
Die Dunkelheit in den Bergen
224 Seiten, gebunden
Nagel & Kimche
ISBN-10: 3312005426
ISBN-13: 978-3312005420

Ingrid Noll: Über Bord

Ingrid Noll: Über Bord

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Zunächst zum Inhalt dieses kleinen Büchleins: Ellen lebt in einer renovierungsbedürftigen Villa im Odenwald zusammen mit ihrer Mutter und einer ihrer beiden Töchter. Sie ist geschieden, hat eine wenig herausfordernde Stelle im Einwohnermeldeamt und sie hat Geldsorgen. Die Villa ist in der Gegend als das „Nonnenhaus“ bekannt, weil keine der Bewohnerinnen, abgesehen von der 24 Jahre jungen Tochter Amalia, Wert auf Männerbekanntschaften legt. Rosig sieht Ellen ihre Zukunft nicht gerade.

Da taucht plötzlich ein gut aussehender Mann auf. Ellen und Amalia sind erschüttert, als er ihnen offenbart, Ellens Halbbruder zu sein. Damit Oma Hildegard nicht der Schlag trifft, denn diese Tatsache würde bedeuten, dass deren Mann, also der bereits verstorbene Opa, etwas mit einer anderen Frau gehabt hatte, verschweigen sie ihr zunächst das Auftauchen des Fremden mit seiner Behauptung. Ellen verweigert sich rigoros einem DNA-Test, doch deren Tochter Amalia schickt dem neuen Onkel eine Speichelprobe in der festen Überzeugung, ihn nach dem Test ein für alle Mal los zu sein, weil sich seine Behauptung als unhaltbar erweist. Derweil erzählt Ellen den vier Geschwistern von dem neuen Halbbruder. Der älteste Bruder Matthias sucht den Fremden auf. Als beide zufällig vor einer Spiegeltür stehen, bleibt ihnen ihre Ähnlichkeit nicht verborgen. Matthias lässt sich von den Fotos und Schriftstücken überzeugen, dass der Fremde sein Halbbruder ist. Er willigt sofort in einen DNA-Test ein. Doch das Ergebnis aller drei Proben ist erschreckend. Das Chaos nimmt seinen Lauf …

Wortgewandt, gespickt mit vielen Bildern, erzählt Ingrid Noll eine Geschichte, die sich in einer x-beliebigen Familie so abspielen könnte. Der Leser taucht ab in das etwas chaotisch wirkende Leben der Tunkels, die nach außen den Anschein einer ehrbaren Familie erwecken. Doch bald wird klar, dass vieles in der Familie tabu war und nie an- geschweige denn ausgesprochen wurde. Lange muss der Leser allerdings warten, bis aus der Geschichte ein Krimi wird. Es wird dann auch kein Krimi im klassischen Sinne, nach dem üblichem Strickmuster „Ermittler jagt den Täter“. Der hier geschilderte Kriminalfall wirkt viel subtiler und überrascht am Ende umso mehr. Mit viel Spaß blättert man von einer Seite zur nächsten und genießt zusammen mit den Figuren eine Kreuzfahrt auf dem Mittelmeer.

Ein sehr unterhaltsamer Roman, humorvoll und spannend, der die verschlungenen Wege im Leben und in den Lieben einer im Hier und Heute angekommenen Unternehmerfamilie aufzeigt.

Ingrid Noll
Über Bord
331 Seiten, gebunden
Diogenes, Zürich
ISBN-10:3257068328
ISBN-13: 978-3257068320

© Detlef Knut, Düsseldorf 2012
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Olga A. Krouk: Im Visier des Todes

Olga A. Krouk: Im Visier des Todes

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Am Tag der Trauerfeier bringt der Postbote eine Sendung mit Fotos, die zutiefst verstörend wirken. Es sind Fotos von Leahs ermordeter Schwester Céline. Leah ist einer Ohnmacht nahe, doch ein Fremder fängt sie auf. Kay Gordon scheint etwas über die Bilder zu wissen, doch helfen will er nicht. Leahs Fragen bleiben unbeantwortet.

Überraschenderweise hat Céline nicht allein in ihrer Wohnung gelebt, wie von Leah angenommen. Es gibt zwei Untermieter, Nathalie und Thessa. Leah erfährt, dass Céline einen Freund hatte. Es ist nicht Poul, wie sie dachte, sondern ein Fotograf. Offenbar wollte Céline mit seiner Hilfe ihre Karriere als Model vorantreiben.

Leah will mehr wissen über das Fotostudio Dream Impressions und den Fremden, der etwas über die Bilder wusste. Tatsächlich arbeitet er hier, nachdem ein anderer gehen musste.

Leah wird gewarnt. Es würde Konsequenzen haben, wenn sie weiter nach dem Mörder ihrer Schwester sucht. Doch sie denkt nicht daran aufzugeben und wird von Kay erwischt, wie sie vertrauliche Infos stielt. Dennoch ist es der Beginn einer leidenschaftlichen Liebe. Doch ganz vertrauen kann sie ihm nicht.

Das Buch ist sehr spannend und das von Anfang an. Es ist diese unheimliche Stimmung, die neugierig macht. Der Mord an Céline gibt Rätsel auf. Es muss etwas mit ihrer Arbeit als Model zu tun haben, viel mehr weiß man nicht. Der Mörder könnte jeder sein. Das Motiv ist völlig unklar. Selbst der charismatische Fotograf Kay Gordon könnte in die Geschehnisse verwickelt sein. Doch Leah will ihm vertrauen.

Leah geht auf eigene Faust den Spuren nach. Sie wirkt relativ unerschrocken und mutig, aber dennoch vernünftig. Sie riskiert nicht alles und um jeden Preis. So kommt sie als Figur sympathisch rüber und vor allem glaubhaft.

Der Spannungsbogen ist perfekt aufgezogen. Als Leser wird man immer wieder auf die falsche Fährte gelockt. Agierende Personen haben ihre Geheimnisse. Es ist die Undurchsichtigkeit, die fasziniert. Das Ende überrascht. Man wird mit einem Täter konfrontiert, mit dem man nicht gerechnet hätte. Obwohl die Szenen, die aus der Sicht des geheimnisvollen Mörders, ein Hinweis sein könnten. Aber das erkennt man erst zum Schluss.

Rezension von Heike Rau

Olga A. Krouk
Im Visier des Todes
340 Seiten, Klappenbroschur
Egmont Lyx
ISBN-10: 3802586409
ISBN-13: 978-3802586408
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Helmut Exner: Lilly Höschen und ihr Gespür für Mord

Helmut Exner: Lilly Höschen und ihr Gespür für Mord

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Opfer, Täter und Ermittler – alle tot

Es ist das vierte Buch mit Lilly Höschen, der streitbaren alten Dame, die nicht nach kleinen Hosen benannt ist, sondern „Hö-schen“ heißt. Mit kurzem ö. Man kann „Lilly Höschen und ihr Gespür für Mord“ aber auch gut als Einzelbuch lesen, sagt der Verlag. Man kann auch Pappe essen. Sie sättigt und ein Teil der Inhaltsstoffe wird bestimmt auch verdaut, Spaß macht es aber nicht.

Ich weiß nicht, ob die ersten Bücher Spaß machen, dieses hier krankt an fast allen Fehlern, die ein (noch) nicht so guter Autor machen kann. Zwar halten sich Tipp- und Semantikfehler in engen Grenzen und die in sich abgeschlossene Geschichte ist auf den Ablauf bezogen rund, wartet mit ein paar hübschen Ideen auf und hat sogar ein, zwei Überraschungsmomente zu bieten. Die Ausführung der Geschichte allerdings ist – literarisch gesehen – stümperhaft. Ein richtiges Lektorat hätte sicher nicht geschadet. Im Gegenteil, meine Erfahrung mit „sowas“ spricht dafür, dass man mit ein paar gezielten Hinweisen der Sache Leben hätte einhauchen können.

Erstmal zum brauchbaren Teil des Buches, dem Plot: Die Handlung beginnt damit, dass eine Frau ihren Ex-Mann vergiftet, weil der ihrer Meinung nach Schuld am Tod ihres Sohnes ist. Dann geht die Handlung bei der frischbackenen Hauptkommissarin Gisela Weniger weiter, die einen neuen Kollegen bekommt. Der war damals in den Fall jenes Sohnes involviert und steht – so vermuten die Kriminalisten – auch auf der Todesliste. Er zieht in Giselas Nachbarschaft, kurz danach kommt in der Straße mit Sabine ein weiterer Neuzugang hinzu, Tante Lilly – genau, die mit dem kurzen ö – reist an und „kriminalisiert“ ein bisschen herum. Der junge Kollege verschwindet, wird dank Lilly befreit und die Dame Höschen findet schließlich in Australien die wichtigsten Bausteine für das Puzzle aus Rache, Mord und kaputten Leben.

Das alles könnte trotz eines kleinen G’schmäckles nach „krampfhaft konstruiert“ durchaus spannend zu lesen sein. Wenn es spannend erzählt worden wäre. Dazu hätte nicht nur gehört, nicht anscheinend wahllos zwischen den grammatischen Zeiten hin und her zu springen, einen flüssigen Text statt so ein Gehüpfe zu bauen – ab der Hälfte gelingt das seltsamerweise sogar – und sich in Sachen Dialoge an eine sinnige Absatzgestaltung zu halten.

Vor allem und in erster Linie hätte sich Autor Helmut Exner um seine Figuren kümmern sollen, die angeblich den Charme der Reihe ausmachen. Was ich in diesem Buch vorfand, waren allenfalls Pappkameraden, die der Autor in den Plot presste. Platte Irgendwers, deren behauptetes Gefühls- und Beziehungsleben im Text nicht stattfand. Die statt dessen unglaubhafte bis alberne Dialoge führten und auf bizarr überdrehte Weise auf selten mehr, meist weniger Komisches und entsetzlich oft sogar auf lediglich als komisch Behauptetes reagierten. Wackelnde Bäuche, brüllendes Lachen und Hände, die vors Gesicht geschlagen werden – und das ständig und ohne Rücksicht darauf, um was für Personen und Situationen es geht. Über diese nicht nachzuvollziehenden, zum Teil blödsinnigen Heiterkeitsausbrüche und hin und wieder nicht weniger unglaubhafte Rührungsszenen haben die Figuren nichts an Leben zu bieten. Hier und da konstruiert Exner etwas in die Story hinein, an dem er „beweisen“ kann, dass Lilly Leute noch immer so fies runtermachen kann wie eh und je, aber das war es dann auch schon.

Dass der Autor auch anders kann, deutet sich ab der zweiten Hälfte des Buches an. Hier entwickelt er eine Neben-Figur vom Grunde an und da fließt dann auch der Text ordentlich und zumindest ansatzweise ist diese Frau zu „spüren“. Dass diese Ausführlichkeit wie Füllmaterial wirkt – ein Schicksal, das diese Frau mit anderen Figuren teilt – ist ein Symptom für das Dilemma des Autors: Der Ablaufplan des Plots ist runtergespult worden und weil das mangels echter Handlung zu wenige Seiten geworden wären, hat er halt aufgefüllt.

Besser wäre gewesen, die Figuren handeln zu lassen. Leben zu lassen. Dass Gisela Mutter eines Säuglings ist, wird zwar ab und zu erwähnt, findet aber de facto nicht statt. Die Kennenlernphase mit dem neuen Kollegen findet nicht statt. Diesem wird ein erwachsener Sohn samt Freundin offeriert – auch dieses Kennenlernen findet nicht statt. Selbst Lillys Gespür findet nicht statt, es beschränkt sich darauf, dass mitgeteilt wird, etwas käme ihr – warum auch immer – seltsam vor, woraufhin sie irgendwas tut. Diese Liste könnte man endlos weiterführen. Exner hatte wahrscheinlich sehr wohl vor Augen, was konkret die Figuren so tun, wie sie sich fühlen und wie sich das in Gesten, Blicken oder spontanen Handlungen äußert – nur aufgeschrieben hat er all das nicht. Das Buch hätte dadurch wenigstens doppelt so dick und sicher zehnmal so unterhaltsam und interessant werden können.

„Lesen ist wie Kino im Kopf.“ Nicht bei diesem Buch. Darin entwickelt sich kein Film, das ist nur der Ablaufplan für einen. Schade.

Helmut Exner
Lilly Höschen und ihr Gespür für Mord
212 Seiten, broschiert
EPV Elektronik-Praktiker-Verlagsgesellschaft, Edition Nordlicht, September 2012
ISBN-10: 3943403173
ISBN-13: 978-3-943403-17-6
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Jacques Berndorf: Die Eifel-Connection

Jacques Berndorf: Die Eifel-Connection

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Von diesem Buch habe ich mir die Hörbuchvariante genehmigt. Das hat seinen Grund: Ich mag die sonore Stimme des Schriftstellers Jacques Berndorf, sein dunkles Brummen in das Mikrofon hinein. Berndorf liest seine Bücher so, wie sie auch von mir leise gelesen bei mir im Kopf ankommen. Vielleicht kann ich es auch nicht mehr auseinanderhalten. Bei jedem Lesen höre ich Berndorf in mir. Warum sollte ich ihm dann nicht von vornherein zuhören.

Mit dem vorliegenden Hörbuch bekommt der Hörer ganze zehn Stunden voller Spannung, Intrigen, Rüpeleien, Spaß und Ermittlungen geboten. Mafiöse Strukturen in den ländlichen Gegenden der Eifel, die man so nicht vermuten würde. Wenn man noch dazu weiß, dass Berndorf sein Leben lang Journalist war, ist man geneigt, die geschilderte Kriminalität für bare Münze zu halten. Doch da muss man betonen: „Die Eifel-Connection“ ist sehr gut gemachte Fiktion.

In der Eifel wird abseits von öffentlichen Wegen ein Toter gefunden. Es handelt sich um den Angehörigen einer Bergbaubehörde. Kein Mensch kann sich erklären, was er an diesem Ort zu suchen hatte. Kein Mensch weiß, wen er zum Feind hätte haben können. Der Journalist Sigi Baumeister wird zum Fall hinzugezogen, weil Kommissar Kischkewitz, der eigentlich hätte ermitteln sollen, die Gefährtin seines Vorgängers Rodenstocks, Emma, um Vertretung gebeten hatte. Eigentlich ist Emma keine Polizistin mehr. Sie war es in den Niederlanden vor langer Zeit, aber sie ist bei den Kollegen von Rodenstock und Kischkewitz sehr gut bekannt und wird gelegentlich als Beraterin angeheuert. Und wenn Emma schließlich dann Sigi Baumeister an ihrer Seite hat, dann wundert das keinen mehr, und der Privatermittler hat freie Bahn. Die Ermittlungen führen die beiden in das Kölner Rotlichtmilieu. Doch bevor sie der Sache näher kommen, wird ein weiterer Toter in der Eifel gefunden. Sein Name ist Norbert Bleckmann und er war seines Zeichens Geschäftsmann. Als solcher hatte er einige Geschäftspartner. Deren Verstrickungen untereinander haben es in sich.

Nahezu plaudernd wird dem Hörer die Geschichte dieser beiden Morde und der mafiösen Verflechtungen erzählt. Dabei kommen die beliebten Gespräche zwischen Baumeister und seinem Kater Satchmo nicht zu kurz.
Das Hörbuch ist immer mal wieder eine längere Autobahnstrecke oder eine Extrarunde Jogging wert. Einfach nur spannender Hörgenuss.

Berndorf, Jacques
Die Eifel-Connection
Hörbuch
KBV, Hillesheim
ISBN-10: 3942446162
ISBN-13: 978-3942446167

© Detlef Knut, Düsseldorf 2012
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Richard Ford: Kanada

Richard Ford: Kanada

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Als Bev Parsons die Air Force verlässt, ist nicht mehr genug Geld für den Lebensunterhalt der Familie da, die in Great Falls/Montana lebt. Merken sollen das weder seine Frau, noch die Zwillinge Berner und Dell.
Doch Dell ist mit seinen fünfzehn Jahren ein guter Beobachter. Er merkt, dass etwas geschieht, dass die Stimmung sich wandelt und sein Vater sich verändert.
Dass der Vater einen Banküberfall plant und die Mutter da mit hineinzieht, ahnt er nicht. Selbst als es dann geschehen ist, ist die Sache immer noch unglaublich und nicht nachvollziehbar.

Dell Parsons nähert sich im Rückblick den Geschehnissen an. Fünfzig Jahre sind vergangen und die Erinnerung ist immer noch wach. Einen anderen Blickwinkel bietet die Chronik seiner Mutter, die diese kurz vor ihrem Selbstmord im Gefängnis verfasst und die ihm seine Schwester Berner erst sehr spät ausgehändigt hat.

Mit fünfzehn stehen die beiden Jugendlichen völlig allein da. Berner reißt aus, um dem Zugriff des Jugendamtes zu entgehen, während Dell von einer Freundin der Mutter nach Kanada gebracht wird. Der Bruder dieser Freundin, Arthur Remlinger, betreibt ein einsam gelegenes Hotel in Fort Royal/Saskatchewan. Und hier gerät Dell in das nächste Verbrechen. Diesmal ist es Mord.

Dell ist als Figur unglaublich gut herausgearbeitet. Der Autor lässt ihn aus der Ich-Perspektive die Geschichte erzählen. Die gute Beobachtungsgabe, über die Dell verfügt, verleiht dem Roman eine ungeheure Tiefe. Die Geschehnisse werden von ihm schonungslos und ehrlich wirkend rekonstruiert und analysiert. Das ist sehr beeindruckend.

Das ausgesprochen gut geschriebene Buch endet in der Gegenwart. Der Leser erfährt also zum Schluss, wie sich Dells weiterer Lebensweg gestaltet hat. Dennoch, es liegt Wehmut über der Geschichte. Sich zu erinnern, ist ein Prozess, der auch alte Wunden wieder aufreißen lässt.

Rezension von Heike Rau

Richard Ford
Kanada
Aus dem Amerikanischen von Frank Heibert
464 Seiten, gebunden
Hanser Berlin
ISBN-10: 3446240268
ISBN-13: 978-3446240261
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A. D. Milier: Die eiskalte Jahreszeit der Liebe

A. D. Milier: Die eiskalte Jahreszeit der Liebe

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Mütterchen Russland ist gar nicht so lieb, wie es sich anhört!

Rasant, flott und äußerst spannend kommt ein Roman daher, dessen Handlung in Moskau im nachkommunistischen Russland angesiedelt ist.

Nick, ein englischer Anwalt, arbeitet in einer Dependance seiner Kanzlei in Moskau. Diese beschäftigt sich mit internationalen Geldgeschäften.
Er ist schon etwas älter, und ihn haben die Abenteuerlust und der Heimatfrust in die Fremde verschlagen.
Hier in der aufstrebenden russischen Gesellschaft mit ihren zahlreichen mafiösen Strukturen hat ihn die Liebe erwischt. Doch kann man den beiden Schwestern Mascha, seiner vermeintlich großen Liebe, und Katja trauen?

Unheimlich ist der Kosak, ein verschlagener und windiger Typ, der immer zur rechten Zeit auftaucht, um Nick aus der Patsche zu helfen oder den Eintritt in einen besonderen Nachtclub zu ermöglichen. Er führt nichts Gutes im Schilde!

Nick gerät unschuldig und naiv in ein Verbrechen, das nur in diesem Land und in dieser Stadt so vorstellbar ist. Mascha und Katja mit einer Tante, die keine ist, sind die Drahtzieherinnen in einem dubiosen Korruptionsdrama.

Anhand der Geschichte von Nick wird einmal mehr erfahrbar, wohin Korruption, Machthunger, Armut und materielle Gier ohne staatliche und gesetzliche Kotrollen führen können. Russland mit all’ seinem Charme, seinen anarchistischen Lebenswelten und dem Leben als Glücksspiel mit Wodka, Mord und Totschlag erfährt in dieser Geschichte eine adäquate Darstellung.
Fast könnte man Mitleid bekommen mit Nick, der so naiv wie einfältig ist und nicht ahnt, welchen Intrigen er aufsitzt in dieser undurchsichtigen und rücksichtslosen Gesellschaft.

Mit eindringlichen Bildern beschreibt Milier das Klima, die Wohnungen, die Begegnungen und die äußeren Charaktere seiner Figuren. Man meint den eisigen Winter und das prickelnde Feuer kalter Luft auf der Haut zu spüren. Die Dunkelheit und die verstaubten Reste ärmlicher Wohnunterbringungen tun ein Übriges, um den Leser ganz in die Atmosphäre des russischen Winters eintauchen zu lassen.

Millier schreibt packend, einfühlsam, drastisch und warmherzig, wie es einem Ausländer in Russland ergehen kann, einem Land, in dem so ganz andere Regeln herrschen als in dem vergleichsweise biederen London oder dem verhältnismäßig angepassten Bürgertum der westlichen Welt.

Großartig gelungen ist das Debüt des jungen englischen Schriftstellers A.D. Milier, der für verschiedene angesehene Buchpreise, u.a. Booker-Preis, vorgeschlagen war.

A.D.Milier
Die eiskalte Jahreszeit der Liebe
288 Seiten, gebunden
S. Fischer Verlag, August 2012
ISBN-10: 3100490193
ISBN-13: 978-3100490193
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