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Schlagwort: Rache

Pierre Lemaitre: Wir sehen uns dort oben

Pierre Lemaitre: Wir sehen uns dort oben

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Im Krieg und im Frieden.

Wir befinden uns im Jahr 1918 auf den Feldern des Ersten Weltkriegs in Frankreich.

Die Soldaten der geschundenen Armee sehnen das Ende des Krieges herbei. Doch bevor es so weit ist, werden noch viele von ihnen ihr Leben lassen.

Einen unter ihnen, Albert, hätte es fast noch erwischt. Aber nicht der Feind wird ihm zum Schicksal sondern Leutnant Pradelle. Er hat Machtgelüste und schikaniert seine Untergebenen unmenschlich und sadistisch. So gerät Albert mit einem Schubs in ein tiefes Loch, aus dem es bei dem Matsch und der Rutschgefahr kein Entkommen gibt.

Sein Kumpel Édouard befreit ihn aus seiner desolaten Lage. Dieser verliert dabei durch einen Schuss seinen Unterkiefer und sieht sich schwerstem Leiden ausgesetzt. Trostlos und verlassen leben die Verwundeten auf ihre Entlassung zu immer in Erwartung eines wie immer gearteten Endes aus ihrer verlorenen Lage.

Albert steht nach dem Ende des Krieges seinem Retter Édouard überall bei. So verhilft er ihm zu einer falschen Identität, denn Édouard möchte seiner Familie in seinem Zustand nie mehr begegnen. Die beiden Kumpel werden zu einer eingeschworenen Schicksalsgemeinschaft. Sie gründen eine betrügerische Denkmalfirma. Die Lust am Betrug wird für die beiden zum Lebenselixier. Edouard ist die geschundene Kreatur, die ohne Gesicht nur noch mit Masken zu leben versteht.

Nach dem ein Jahr vergangen ist, kommt auch Pradelle wieder ins Spiel. Er betreibt in großem Rahmen ebenfalls mit betrügerischer Absicht Geschäfte mit der Umbettung der im Krieg Gefallenen. Die Wege der beiden Antipoden kreuzen sich hierbei erneut.

Pierre Lemaitre hat ein Kriegsbuch geschrieben, in dem die ganze Grausamkeit und die Abgründe menschlicher Charaktereigenschaften erfahrbar werden.

In seinem rasant geschriebenen Roman lehrt uns Lemaitre, wie als Folge des Krieges alle Vorstellungen von Moral verloren gehen können. Korruption, Betrügerei und unlautere Geschäfte feiern fröhlich Urständ.

Als Schelmenroman wird die Geschichte kolportiert. Doch dazu ist sie zu traurig.

Lemaitre ist Kriminalbuchautor. Das merkt man bei diesem Roman ganz deutlich. Es wimmelt nur so von geheimnisvollen Erzählsträngen, in denen Albert und Édouard auf der einen Seite und Pradelle auf der anderen ihr betrügerisches Unwesen treiben. Auf diese Weise rächen sie sich für ihr durch den Krieg verpatztes Leben. Allerhand verwandtschaftliche Verbindungen machen den Roman zu einem trickreichen Verwirrspiel, in denen die guten und die schlechten Charaktere je ihren Platz finden. Spannend und vielschichtig geht Lemaitre bei der Verfolgung der einzelnen Tätergeschichten vor. Atmosphärisch gekonnt fühlt man sich in den Sog der Handlung hineingezogen.

Man liest den Roman mit angehaltenem Atem immer in der Erwartung dessen, was da nun wieder kommen mag!

Pierre Lemaitre
Wir sehen uns dort oben
521 Seiten, gebunden
Klett-Cotta, Oktober 20143
ISBN-10: 3608980164
ISBN-13: 978-3608980165
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Johan Bargum: Septembernovelle

Johan Bargum: Septembernovelle

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Harald und Olof waren beide nacheinander mit der gleichen Frau zusammen. Zuerst Harald dann Olof bis zu Elins Tod. Beide Männer hatten kaum Kontakt miteinander, haben aber kürzlich eine Segeltour zusammen unternommen. Nach Haralds Verschwinden sieht sich Olof nun mit den Fragen der Polizei konfrontiert. Wer hat den anderen zur Segeltour überredet und wieso? Ging es um Rache? Wenn man es genau nimmt, hatten sicher beide ein Motiv, sich am anderen zu rächen. Doch warum hätte Olof Harald etwas antun sollen, der bereits von seiner Krebserkrankung gekennzeichnet war. Und was Harald selbst geplant hatte, der schließlich eine Waffe mit an Bord brachte, ist ebenfalls unklar. Vielleicht hat er an Selbstmord gedacht und gar nicht den anderen im Visier gehabt?

Olof erzählt der Polizei seine Geschichte. Er erzählt, was er über Harald weiß, und warum Harald ihn angerufen hat, um eine letzte Segeltour zu unternehmen. Er berichtet von seiner Beziehung zu Elin und ihrem plötzlichen Unfalltod, der auch mit Absicht herbeigeführt worden sein könnte. Sagt er die Wahrheit? Vielleicht. Vielleicht auch nicht, denn es gibt noch eine andere Wahrheit, die von Harald, der einen Brief hinterlassen hat, mit dem er einen doch etwas anderen Blick auf die Dinge möglich macht.

Dem Leser werden also beide Sichtweisen der Männer offenbart. Im ersten Buchteil wird die Vernehmung Olofs bei der Polizei dargestellt. Im zweiten Teil darf der Leser Harald über die Schulter schauen, wie er den Brief schreibt. Glück und Unglück sind nah beieinander. Wahrheit und Lüge ebenfalls. Schlüsselfigur ist Elin, eine geheimnisvolle, aber auch sehr sensible Frau.

Die Geschichte wird auf eine sehr raffinierte Weise dargestellt. Beide Männer sind glaubwürdig. Doch die Fassade beginnt zu wackeln, allein deswegen, weil nur eine Geschichte wahr sein kann oder eben Teile davon. Die Vergangenheit spielt immer in die Gegenwart hinein und vermischt sich mit ihr. Das wird sehr gut gezeigt. Das macht nachdenklich. Der Autor überlässt das Spekulieren dem Leser und davon ist nach der Lektüre des Buches lange nicht loszukommen.

Rezension von Heike Rau

Johan Bargum
Septembernovelle
Aus dem Schwedischen von Karl-Ludwig Wetzig
112 Seiten, gebunden
Mareverlag
ISBN-10: 3866481934
ISBN-13: 978-3866481930
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Charles Frazier: Ins Dunkel hinein

Charles Frazier: Ins Dunkel hinein

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Luce lebt als Hausmeisterin in einer abgelegenen Lodge, die nun nach dem Tod des Besitzers vollkommen leer steht. Luce ist einfach dageblieben, denn niemand ist gekommen, um ihr zu sagen, dass sie gehen soll. Als ihre Schwestern Lily von ihrem Mann ermordet wird, nimmt sie die Kinder, die nicht von Bud, sondern aus einer früheren Beziehung stammen, zu sich. Die Kinder sind die einzigen Zeugen. Sie haben das Drama hautnah miterlebt und sind traumatisiert. Sie verhalten sich nicht, wie Kinder ihres Alters es tun.

Luce nimmt das aggressive und selbstzerstörerische Verhalten der Kinder nicht hin, hat aber keine Chance hier schnell etwas zu ändern. So lebt sie Normalität vor, führt einfache Regeln ein, erzählt Geschichten und lässt die Kinder die Natur erleben. So hofft sie Schritt für Schritt näher auf die beiden eingehen und ihr Verhalten positiv beeinflussen zu können.

Bald taucht Bud in der Gegend auf. Er versucht an die Kinder heranzukommen, um die Zeugen aus dem Weg zu räumen. Außerdem vermutet er hier die Beute aus einem Raub, der möglicherweise im Gepäck der Kinder war, als diese zu Luce gebracht worden.

Mit Stubblefield taucht zudem der Erbe der Lodge und dem weitläufigen Land auf. Er könnte alles verkaufen, tut es aber nicht. Er nähert sich Luce an, die er von früher kennt, und beginnt, sich ein wenig mit um die Kinder zu kümmern, obwohl die Kleinen diese Fürsorge nur sehr zögerlich zulassen.
Bald ist Luce froh, Stubblefield an seiner Seite zu haben. Sie und die Kinder werden von Bud massiv bedroht. Die Kinder gehen dann allerdingst einen ganz eigenen Weg, sich dieser Gefahr zu entziehen. Vielleicht ist es ihr Glück, dass sie nicht rational handeln.

Charles Frazier ist ein sehr beeindruckendes Buch gelungen. Die Sprache ist recht einfach gehalten. Sätze sind manchmal nur Bruchstücke oder Gedankenfragmente, aber solche, die Eindrücke auf interessante Weise verstärken.

Die Figuren im Buch sind lebhaft beschrieben. Es sind Sonderlinge, Menschen die ihre ganz eigenen Vorstellungen vom Leben haben, im positiven wie auch im negativen Sinne.
Luce lebt sehr zurückgezogen, abgeschieden von der Außenwelt, und ist glücklich damit. Das klingt sehr glaubhaft durch.

Der Schauplatz, diese alte Lodge mit den vielen ungenutzten Zimmern, hat immer noch einen ganz besonderen Charme und fügt sich perfekt in die wilde Landschaft ein. Das ist eine ganz besondere Kulisse und wird auch als solche ausführlich beschrieben.

Nach und nach entwickelt sich das Buch zum Krimi. Die Spannung steigt. Bud ist ein unberechenbarer Mann, der vor nichts zurückschreckt. Er räumt aus dem Weg, was ihm nicht passt und seine Freiheit gefährden könnte. Aber zwischen den Menschen, zwischen Luce, Stubblefield und einer ebenfalls allein lebenden Nachbarin, findet eine Annährung statt, die in bedingungslosen Zusammenhalt mündet. Die Gefahr wächst dennoch. Der Autor beschreibt das auf eine fesselnde Art und Weise. Als Leser kann man nicht erahnen, wie das Drama enden, sondern nur hoffen, dass es gut ausgehen wird.

Rezension von Heike Rau

Charles Frazier
Ins Dunkel hinein
Aus dem Amerikanischen von Annette Grube
352 Seiten, gebunden
Zsolnay Verlag
ISBN-10: 3552056912
ISBN-13: 978-3552056916
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Peter May: Beim Leben meines Bruders

Peter May: Beim Leben meines Bruders

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Dass der Leichenfund im Torfmoor von Lewis nichts für die Archäologen ist, findet Professor Colin Mulgrew schnell heraus, trägt dieser doch ein Elvis-Tatoo. Auch wie der junge Mann gestorben ist, hat der Pathologe bald rekonstruiert. Es war Mord. Detective Sergeant George Gunn ist vom Ergebnis der DNA-Analyse überrascht. Es beweist, dass ein Ortsansässiger verwandt ist mit dem Toten.

Fin Macleod ist nach seiner Scheidung zurückgekehrt auf die Insel. Aus dem Polizeidienst ist er ausgeschieden. Es kommt zu einem Wiedersehen mit Marsaili, seiner Jugendliebe, die statt ihn damals einen anderen geheiratet hat. Ihr Sohn Fionnlagh, der wie sich herausgestellt hat, auch sein Sohn ist, ist gerade Papa geworden. Viel zu jung und ohne abgeschlossene Schulausbildung ist er dem Vater Donnas allerdings ein Dorn im Auge. In diesen Konflikt mischt sich Fin ein.

Tormod Macdonalds Verwandschaftsverhältnis zu dem Toten aus dem Moor wird sich nur schwer aufklären lassen. Marsailis Vater leidet an Demenz. Doch weil er als Mordverdächtiger gilt, wollen George Gunn und Fin Macleod versuchen herauszufinden, was Ende der 50er Jahre geschah. Der alte Mann kann sich an lange zurückliegende Ereignisse noch gut erinnern. Doch was er ab und an sagt, was ihm in den Sinn kommt, klingt diffus. Denn niemand weiß, dass er einen Bruder hatte, mit dem er nach dem Tod der Mutter in ein Waisenhaus kam.

Es ist eine überaus tragische Geschichte, die hier erzählt wird. Der alte Mann, der für Aufklärung sorgen könnte, kann es nicht mehr, auch wenn er aufgrund seiner Demenz in der Vergangenheit lebt. Niemand ahnt, dass seine Identität gestohlen ist, weil es sein musste, weil es keinen anderen Ausweg gab.

Dennoch wird nach und nach der alte Mordfall aufgerollt. Das ist insbesondere Fin Macleod, der die Krankheit kennt und es versteht, besser hinzuhören als andere. So kommt er der Wahrheit immer näher. Einer gefährlichen Wahrheit, das ahnt er bald. Und auch für den Leser wird diese unterschwellige Gefahr spürbar gemacht. Fin Macleod ist ein sensibler Ermittler, er vorverurteilt nicht und das beeindruckt sehr. Der Fall um Familienbande, um Rache und wieder Rache scheint kein Ende nehmen zu wollen. Die Spannung steigt ins Unermessliche und wird von Emotionen und Schicksalhaftem getragen in eine ungewisse Zukunft.

Rezension von Heike Rau

Peter May
Beim Leben meines Bruders
Aus dem Englischen von Silvia Morawetz
336 Seiten, gebunden
Paul Zsolnay Verlag
ISBN-10: 3552056718
ISBN-13: 978-3552056718
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Claudia Piñeiro: Betibú

Claudia Piñeiro: Betibú

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Die Hausangestellte des Unternehmers Pedro Chazarreta macht eine grausige Entdeckung, als sie den Mann tot im Haus vorfindet. Mit aufgeschlitzter Kehle sitzt er im Sessel. Schon vor drei Jahren gab es einen Todesfall im Haus. Da verunglückte seine Frau Gloria Echagüe und zog sich beim Sturz durch die Terrassentür eine Schnittverletzung am Hals zu, an der sie starb. Chazaretta geriet allerdings unter Mordverdacht, nur konnte ihm dieses Verbrechen nicht mit allerletzter Sicherheit nachgewiesen werden.

Jaime Brena ist Reborter beim „Tribuno“. Früher wäre der Mord an Chazarreta in sein Ressort gefallen. Doch er ist für weniger Wichtiges abgestellt und ein junger Kollege schreibt nun darüber. Lorenzo Rinaldi hält beim „Tribuno“ die Fäden in der Hand. Er beauftragt zudem die Schriftstellerin Nurit Iscar ebenfalls Artikel zu verfassen. Dafür bezieht sie ein Haus im Country Club „La Maravillosa“. Die Wohnsiedlung ist abgeschottet. Wer hinein will, muss durch eine Kontrolle. Auch der Mörder muss also auf diesem Weg in das Haus hereingekommen sein oder eben schon dagewesen sein.

Nurit Iscar und der junge Polizeireporter arbeiten Hand in Hand. Jaime Brena, auch wenn es nicht mehr sein Aufgabengebiet ist, lässt es sich nicht nehmen, die beiden zu unterstützten. Er ist es auch, der einen Freund bei der Polizei hat, und so an Insiderinformationen kommt. Was die drei schließlich herausfinden, ist allerdings kaum zu glauben und schon gar nicht zu beweisen.

Der Krimi ist ungewöhnlich, die Ermittler sind es ebenfalls. Spannendende und dennoch alltägliche Figuren haben hier ihren Auftritt. Es geht um Gerechtigkeit und nichts anderes haben Nurit Iscar, der junge Polizeireporter und Jaime Brena im Sinn. Doch sie kommen einer Sache auf die Spur, der sie nicht gewachsen sind. Die Autorin beschreibt die Verstrickungen sehr genau. Hinter dem Mord steckt eine Geschichte, die weite Kreise zieht. Es geht um eine nicht wieder gut zu machende Schuld. Außer durch Mord, wie der Täter meint.

Es ist ein eigenwilliger Krimi, der durch Figuren lebt, die die Wahrheit wissen wollen. So wird die Handlung immer dramatischer. Bis hin zu einem Ende, das den Leser zufrieden machen müsste, es aber wahrscheinlich nicht tut. Es geht um Moral und die Frage, wie weit Regeln aus Rache gebrochen werden dürfen, um noch akzeptiert zu werden.

Rezension von Heike Rau

Claudia Piñeiro
Betibú
Aus dem Spanischen von Peter Kultzen
352 Seiten, gebunden
Unionsverlag, Zürich
ISBN-10: 3293004539
ISBN-13: 978-3293004535
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Sabine Martin: Die Henkerin

Sabine Martin: Die Henkerin

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Die de Bruce, eine Adelsfamilie, und die Wilhelmis, eine Kaufmannsfamilie, sind erzverfeindet seit vielen Jahrzehnten. Als der Sohn von Ottmar de Bruce getötet wird, kann der nicht mehr an sich halten und schwört sich, alle Wilhelmis ohne Ansehen von Alter und Geschlecht zu töten. Das gelingt ihm. Bis auf die zehnjährige Melisande. Zwischen all den Toten hatte jemand das kleine Mädchen in die Büsche gezerrt und vor den Häschern von de Bruce in Sicherheit gebracht. Weil diese das Kind gar nicht bemerkt hatten, berichteten sie stolz ihrem Herrn von der gesamten Ausrottung der Kaufmannsfamilie. Ottmar de Bruce aber bleibt skeptisch, ohne genau zu wissen, warum. Vielleicht nur, weil er nicht dabei war?

Melisande wurde von Raimund, dem Henker von Esslingen, gerettet. Um sie weiterhin zu schützen, gibt er sie in der Stadt als seinen stummen Neffen aus und lehrt ihr das Henkershandwerk.

Fünf Jahre später trifft den Henker unverhofft der Schlag. Schneller als gedacht muss Melisande in seine Fußstapfen als Henker treten. Den Ratsherren gefällt das zwar nicht, aber da Not am Manne ist und sie wissen, dass Melchior (alias Melisande) eine sehr gute Ausbildung genoss, lassen sie ihn zunächst wirken.

Melisande, die sich nach der Hinmetzelung ihrer Familie geschworen hatte, Ottmar de Bruce ebenfalls zu richten, wird zufällig von diesem beauftragt, ihm das Köpfen mit dem Schwert beizubringen. Melchiors Perfektion in diesem Bereich hat sich trotz seiner Jugend bereits herumgesprochen. Melisande sieht dies als ihre Chance, ihre Rache wahr werden zu lassen.

Der im 14. Jahrhundert spielende Roman von dem Autorenpaar Sabine Klewe und Martin Conrad (Pseudonym: Sabine Martin) ist Unterhaltung und Spannung pur. Dem Genre des historischen Romans entsprechend werden Bilder in die Köpfe der Leser projiziert, die das Mittelalter lebendig werden lassen. Dafür haben die Autoren eine Sprache, einen Stil gefunden, der mit besonders unverbrauchten Vergleichen die Bilder entstehen lässt. Sie bleiben umso besser im Kopf hängen und sind immer wieder abrufbar. Beispielsweise, wenn es um die Schmerzen eines gewaltsam gebrochenen Fußes geht oder die süße Erinneruing an eine Kindheit, in der die Bachläufe der Gegend in Stauseen verwandelt wurden.

Geschickt wurden die einzelnen Figuren in individuelle Handlungen verstrickt, sodass als Leser viele spannende Nebenhandlungen zu bewältigen sind, bevor „des Pudels Kern“ aufgedeckt wird. Es sind abenteuerliche Nebenhandlungen, die das Salz eines historischen Romans bilden. Wer das Buch mit Spannung liest, wird anschließend ebenso gespannt auf „Die Tränen der Henkerin“ warten, was für Frühjahr 2013 angekündigt ist.

Martin, Sabine
Die Henkerin
Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach
ISBN-10: 3404166329
ISBN-13: 978-3404166329

© Detlef Knut, Düsseldorf 2012
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Jussi Adler-Olsen: Schändung

Jussi Adler-Olsen: Schändung

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Das Sonderdezernat Q ist für bislang ungeklärte Fälle zuständig. Welche das sind, ist Leiter Carl Mørck überlassen. Es scheint aber jemand seine Entscheidung beeinflussen zu wollen. Wie diese eine Akte auf seinen Tisch gekommen ist, weiß nämlich nicht mal sein Assistent Assad zu sagen. Es geht um einen alten Fall vom Sommer 1987. Mord an einem Geschwisterpaar, siebzehn und achtzehn Jahre alt. Eine Gruppe von Internatsschülern geriet damals unter Verdacht, drei von ihnen heute so erfolgreich wie ihre Väter. Ditliv Pram gründete einige exklusive Privatkliniken, Torsten Florin ist Modedesigner und Ulrik Dybbøl Jensen Aktienhändler. Schiffsreeder Kristian Wolf ist mittlerweile verstorben, Kirsten-Marie Laasen ist von der Bildfläche verschwunden. Bjarne Thøgersen hat die Tat gestanden und ist im Gefängnis.

Carl Mørck macht das alles neugierig. Er beginnt nachzuforschen. Er befragt einen pensionierten Polizisten, der damals mit dem Fall zutun hatte. Klaes Thomasen ist auch der Meinung, dass der Fall wieder aufgerollt werden sollte.
Eine plötzlich aufgetauchte Liste „Überfälle der Internatsclique“ auf Carls Tisch lässt weitere Zweifel aufkommen. Da hat tatsächlich jemand brandheißes Interesse daran, dass der Fall neu überdacht wird, im Gegensatz zum Chef der Mordkommission, der Carl eher daran zu hindern versucht.

Carl und sein Assistent recherchieren. Sie sprechen mit der Mutter der ermordeten Jugendlichen und inspizieren das Sommerhaus, wo die Morde geschahen. Es ist eine gespenstige Szene. Niemand scheint seit diesem schicksalhaften Tag hier gewesen zu sein. Und doch fällt bald etwas auf, dass so eigentlich nicht sein sollte.

Carl Mørck lässt also von seinen Ermittlungsarbeiten nicht mehr ab. Dass er in große Gefahr gerät und trotzdem nicht aufgibt, erwartet man. Wie groß diese Gefahr ist, weiß er allerdings lange Zeit nicht. Der Leser ist aber eingeweiht, da es weitere Erzählstränge gibt. Und so weiß man schon mal, mit wem Carl Mørck es zu tun hat. Da sind einmal die Mitglieder der Clique selbst, die jahrelang mit ihren abscheulichen Taten davon gekommen sind. Auch unter sich kennen sie kein Erbarmen. Wer nicht mitspielt, wird aus dem Weg geschafft. Nun agieren nur noch Ditliv Pram, Torsten Florin und Ulrik Dybbøl Jensen.
Und da ist dann noch Kirsten-Marie Lassen, die Untergetauchte, die auch mal zur Clique gehörte. Die drei Männer versuchen sie zu finden, weiß sie doch viel zu viel.

Der Titel lässt natürlich schon vorab Böses ahnen. Der Autor überlässt es aber gekonnt der Fantasie des Leser, wieweit dieser mitgehen mag. Im letzen Drittel des Buches überschreitet der Autor aber diese Grenze. Kann sein, dass dies die Spannung erhöhen soll. Erreicht wird aber das Gegenteil. Es ist zu viel, was hier an gewaltreichen Szenen auf den Leser einprasselt. Das geht zu sehr an die Nerven. Man sieht sich gezwungen, sich zu distanzieren. Der eine oder andere wird möglicherweise nur noch weiterlesen, um das Ende zu erfahren. Man ahnt schon, dass hier die Handlung entgleisen wird. Und tatsächlich zieht der Autor hier noch einmal alle Register. Unglaublich spannend ist das Ende, mitreißend, aber es zerrt eben auch über alle Maßen an den Nerven.

Rezension von Heike Rau

Jussi Adler-Olsen
Schändung
Aus dem Dänischen von Hannes Thiess
Thriller
dtv – Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423247878
ISBN-13: 978-3423247870
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Yasmina Khadra: Die Sirenen von Bagdad

Yasmina Khadra: Die Sirenen von Bagdad

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Leben und Sterben in einem ausweglosen Krieg.

Einmal mehr geht es in diesem Roman um den Irakkrieg, der ganze Familien auseinander gerissen und ein Volk in Trauer und Verzweiflung gestürzt hat. Am Einzelschicksal erkennt man die Tragweite eines Krieges, der vor keinem Übel und keiner moralischen Verwerfung halt macht.

Fernab vom Kriegsgeschehen in Bagdad leben die Dorfbewohner in Kafr Karam abgeschottet und zufrieden ihr Leben. Der Icherzähler ist Student und konnte sein Studium seit dem Ausbruch des Irakkrieges nicht mehr fortsetzen. Die meisten Dorfbewohner sind weitläufig verwandt. Jeder gehört auf irgendeine Weise zum gleichen Stamm. Als Suleiman, der geistig behinderte Sohn des Schmieds, sich eine schwere Verletzung zuzieht, hält auch in diesem abgeschiedenen Ort das Unheil Einzug. Auf der Fahrt zur nächsten Krankenstation geraten der Schmied mit seinem Sohn und der Icherzähler in eine amerikanische Militärkontrolle. Die Ereignisse danach zeigen die ganze Härte und Grausamkeit des Krieges. Suleiman verliert sein Leben und das Dorf seine Unschuld. Fortan regieren auch hier Furcht und Misstrauen. Symbolträchtig, apokalyptisch und dramatisch wächst später mit einem Überfall auf das Dorf ein unbändiger Hass bei den Bewohnern. Als Folge seiner traumatischen Erfahrungen flieht der Student nach Bagdad, um sich Terroristen anzuschließen. Er will die Ehre seiner Familie retten und gegen die Unterdrückung seines Landes kämpfen. Der perfide Auftrag, zu dem er auserkoren wird, könnte am Ende die ganze Menschheit zerstören.

Yasmina Khadra kennt die Worte und weiß um die Gefühle seiner Protagonisten, die ihre eigenen Riten haben und Traditionen folgen, die niemand verletzen und herabsetzen darf.

Wortmächtig und mit poetischer Kraft begabt bezeugt Y. Khadra wie aus einfachsten Anfängen Hass entsteht, der die Verständigung zwischen Orient und Okzident zerstört. Tief steigt man in die mythologische Geistesgeschichte des Orients ein. Khadra zeigt uns die Unterschiede zwischen den Kulturen, die eine Annäherung unmöglich machen. Da gibt es keine Übereinstimmung und keine Verständigung, denn hier begegnen sich Welten, die nichts mit einander gemein haben. Keine Überzeugungsarbeit und keine Kriege können aus Beduinen westlich orientierte Demokraten machen. Zu tief verankert sind sie in ihren hierarchischen und familiären Strukturen, nach denen sich im Orient die Menschen richten.

Ein aufrüttelndes und aufklärendes Buch ist dem Autor gelungen, das nachhaltig beeindruckt.

Der unter dem Pseudonym Yasmina Khadra schreibende Schriftsteller stammt aus Algerien und lebt heute in Frankreich. Er war einst hoher Offizier in der algerischen Armee, bevor er nach Frankreich ins Exil ging. Er begann schon früh zeitkritische und anspruchsvolle Kriminalromane zu schreiben, die mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet wurden.

Yasmina Khadra
Die Sirenen von Bagdad
320 Seiten, broschiert
Deutscher Taschenbuch Verlag, April 2010
ISBN-10: 3423138653
ISBN-13: 978-3423138659

Das Schwarzbuch der Rache

Das Schwarzbuch der Rache

Rachegelüste hat wohl jeder Mensch. Da sind der tratschende Nachbar, der hochmütige Chef, der nervige Ex-Partner oder der anmaßende Vermieter, welche die Galle hoch kochen lassen. Die Gefahr ist jedoch groß, bei Rache übers Ziel hinauszuschießen. Hier kann der Schuss wirklich leicht nach hinten losgehen.
Ganz gefahrlos ist es, „Das Schwarzbuch der Rache“ zu lesen und an den Rachefeldzügen der anderen teilzunehmen. Das gute Gefühl der Schadenfreude kann auch so genüsslich ausgekostet werden. Und das tut unendlich gut.
So werden Fernsehgeräte ferngesteuert, Autos von Geisterhand abgemeldet, Wohnungen ahnungsloser Mieter gekündigt, Postsendungen umgeleitet, Limonade durch Essig ersetzt, Schaben ausgesetzt usw. Auch auf die Idee Enthaarungscreme in die Shampooflasche abzufüllen, muss man erst einmal kommen. Der Phantasie sind eben keine Grenzen gesetzt.

Das Buch ist originell, bösartig, witzig und es liest sich einfach gut. Man kann nur hoffen, dass die Rachsucht der Leser nach der Lektüre wirklich gestillt ist und eine Nachahmung nicht erfolgt. Es sind aber auch wirklich gute Streiche dabei. Wer gar nicht an sich halten kann, für den hat der Autor die 21 goldenen Racheregeln verfasst. Niemand sollte zu weit gehen.
Und einen kleinen Nebeneffekt hat das Buch auch noch. So manchem Racheopfer könnte unter Umständen ein Licht aufgehen.

Über den Autor:
John Punisher – hinter diesem Namen verbirgt sich der 1970 geborene Autor, Gastronom und Event-Manager Christian Riesen. „Das Schwarzbuch der Rache“ ist zunächst für einige Wochen im Selbstverlag erschienen.

Rezension von Heike Rau

John Punisher
Das Schwarzbuch der Rache
208 Seiten, gebunden
Eichborn Verlag
ISBN: 3-8218-4901-0
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