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Schlagwort: Freundschaft

Josephine Mint: Smalltown Girls – Der Tod kommt selten allein

Josephine Mint: Smalltown Girls – Der Tod kommt selten allein

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Jacob, der Bruder von Lu, ist tot. Niemand außer Charlie weiß, dass Jacob vor seinem Tod einen Traum hatte. Eine Prophezeiung. Er wusste, dass er sterben würde und er wusste auch wie. Charlie sollte ihm versprechen, mit niemanden darüber zu reden. Doch gilt dieses Versprechen auch über den Tod hinaus? Für Charlie nicht und so erzählt sie es ihrer Freundin, die mitten in der Trauer um Jacob gefangen ist und Charlie nicht glaubt.
Es vergeht Zeit. Das Leben geht weiter. Charlie beschäftigt sich mit ihrer Band und bereitet ein Konzert vor, das im Gemeindehaus stattfinden soll. Und Lu verliebt sich in Linus.

Doch dann während einer Zugfahrt mitten im Gewitter hat Charlie diesen Traum. Auch sie träumt von ihrem eigenen Tod. Später stellt sich heraus, dass auch Lu in diesem Zug war. Sie hatte den gleichen Traum. Es war noch ein weiteres Mädchen anwesend, das beide erst später kennenlernen: Sunshine. Sie wird später die neue Sängerin in Lus Band, weil Charlie, die sonst gesungen hat, den Auftritt im Gemeindehaus verpasst hat.

Der Traum macht allen drei Mädchen Sorgen. Jede geht anders damit um. Man kann einfach ignorieren, was passiert ist. Man kann auch versuchen, das Schicksal abzuwenden. Oder man muss den Mörder finden und seinen Plan vereiteln. Charlie hat es lange für sich behalten. Doch sie hat den Mörder im Traum gesehen. Als sie endlich darüber redet, ist es noch nicht zu spät, die Erfüllung der Prophezeiung aufzuhalten.

Was für eine abgefahrene Geschichte! Ganz plötzlich ändert sich das Leben von Charlie, Lu und Sunshine. Sie glauben, und das nicht ohne Grund, an die Erfüllung einer Prophezeiung, die ihren Tod bedeuten würde. Dass alle drei Mädchen diesen Traum hatten, macht die Sache doch ein Stück weit glaubhaft. Man weiß trotzdem nicht, was man von diesem Buch halten soll. Es lässt sich nicht einordnen. Das macht es spannend.

Die Mädchen halten Regeln nicht ein, trinken, rauchen und nehmen Drogen. Die Eltern treten hier nicht als Erzieher auf. So wirken Charlie, Lu und Sunshine ein bisschen allein gelassen. Ihre Freundschaft rückt dadurch in den Mittelpunkt. Keine einfache, sondern eher eine schwierige Freundschaft, die manchmal zur Zerreißprobe wird. Denn die drei Freundinnen sind sehr unterschiedlich in ihrer Art, Dinge zu handhaben. Aber natürlich will keine von ihnen sterben. Das Spannende ist, wie sie mit diesem Probleme umgehen.

Das Buch ist nicht eben dick. Die rund 250 Seiten sind schnell gelesen. Und trotzdem war es ein außergewöhnlich intensives Leseerlebnis. Das Ende bleibt offen und man darf gespannt sein auf den nächsten Teil.

Rezensionen von Heike Rau

Josephine Mint
Smalltown Girls – Der Tod kommt selten allein
256 Seiten gebunden
Beltz & Gelberg
ISBN-10: 3407811063
ISBN-13: 978-3407811066
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Anika Beer: Als die schwarzen Feen kamen

Anika Beer: Als die schwarzen Feen kamen

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Marie ist sehr überrascht, als sie in der Schule von Daniel angesprochen wird. Er lädt sie zu einem Kaffe ein am Samstag, um sich einmal richtig mit ihr unterhalten zu können. Dabei interessiert sich ihre Freundin Theresa für Daniel. Trotzdem trifft Marie sich mit ihm. Daniel versucht Marie zu warnen, er glaubt, sie würde verfolgt werden. Das verschlägt Marie die Sprache. Er zeigt ihr eine Zeichnung und sie erkennt, was darauf zu sehen ist. Auch Daniel kennt also die geflügelten Wessen, die für Marie die schwarzen Feen sind.

Dann passiert etwas mit Maries Mutter. Die Ärztin spricht von einem Schwächeanfall. Doch Marie sieht die Schatten, die von ihrer Mutter Besitz ergriffen haben, die sie umschließen wie eine dunkle Aura und sie lähmen. Marie glaubt, dass nur Daniel ihr helfen könne. Tatsächlich kann er ein Tor in Maries Schatten erkennen. Durch dieses könnten die Feen die Grenze zwischen den Welten überschreiten.

Es ist ein sehr bewegendes Buch. Die Geschichte führt Marie und Daniel zusammen, die so wunderbar zueinander passen. Sehr gefühlvoll treten die beiden in einer ungeheuer spannenden Handlung auf. Das Buch ist außerdem sehr flüssig zu lesen und so wird man als Leser hinweg getragen von dieser Geschichte, kann völlig darin eintauchen.
Es geht im Buch für Marie darum, erwachsen zu werden, sich von der Oberflächlichkeit ihrer Freundinnen abzugrenzen, ihre Kindheit aufzuarbeiten.

Denn es gibt diese andere Welt, die Schattenwelt. Ein Königreich der Kindheit. Ein Zufluchtsort, der nicht mehr länger einer sein kann, weil er in die Welt der Erinnerungen gehört. Das ist eine interessante Sichtweise, die man aber gut annehmen kann, weil sie so harmonisch in die Handlung eingebaut ist.
Es ist keine Geschichte, die sich aufdrängt, sondern vielmehr eine, die die Fantasie des Lesers nicht begrenzt. Das ist etwas ganz Entscheidendes und es macht den wunderbaren Charme der Geschichte aus.

Rezensionen von Heike Rau

Anika Beer
Als die schwarzen Feen kamen
448 Seiten, broschiert
cbj, München
ISBN-10: 3570401472
ISBN-13: 978-3570401477
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Julia Stagg: Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf

Julia Stagg: Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf

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Angefüttert durch Alex Capus’ „Leon und Louise“ und dem darin enthaltenen Flair bin ich auf das hier besprochene Buch von Julia Stagg aufmerksam geworden. Zugegeben, das Auto auf dem Umschlagbild war auch nicht ganz unschuldig, wie das ganze Umschlagbild an einige schöne Tage im Périgore erinnerte.

Nun ist das Flair in diesem Buch nicht mit der Besinnlichkeit bei Capus zu vergleichen, aber Flair, französischen Charme und ausgelassene Fröhlichkeit bringt es trotz aller Katastrophen ins Spiel. Die Schriftstellerin hat den französischen Nerv sehr gut getroffen, und das obwohl, oder gerade weil?, sie eine Britin ist. Das wird daran liegen, dass sie ähnliche Erlebnisse wie die des englischen Ehepaares Lorna und Paul Webster in dem Buch hatte erfahren müssen. Genau wie diese hat Stagg mit ihrem Mann eine Pension auf dem französischen Lande eröffnet und betrieben. Für die Websters geht es in dem Pyrinäendörfchen Fogas nicht gerade lustig zu. Als sie sich im Sommer die „Auberge de Deux Vallées“ anschauten und sich in sie verliebten, wohnten dort noch die Inhaber mit ihrer Familie, das Restaurant war in Betrieb, die Betten bezogen, in der Küche hatte es nach Gewürzen geduftet. Doch nun, als sie im Winter endlich die Möbelwagen ausladen, ist die Herberge nichts weiter als eine dreckige und heruntergekommene Herberge, deren Möbel und Fußböden von Mauseköttel übersät sind. Doch dies ist nicht das einzige Ungemach, welches sie erwartet. Viel schlimmer soll der Ärger werden, den Serge Papon, Bürgermeister des Örtchens, ihnen bereitet. Denn dass das Restaurant in einem französischen Dorf von Engländern, die noch nie etwas vom Kochen verstanden hätten, seinem Schwager vor der Nase weggeschnappt wurde, ist ein unverzeihlicher Affront.

Mit leicht süffisantem Humor hat Julia Stagg diesen Roman verfasst. Hin und wieder musste ich in lauteres Lachen ausbrechen. Der Streit zwischen den „geschmacklosen“ Engländern und den „Froschschenkelfressern“ bildet die Grundlage dafür und für ein heilloses Chaos in den Bergen Frankreichs. Zahlreiche Begebenheiten, wie die von Jaques, der dem Bürgermeister eine Flamme an dessen Hinterteil hält, worauf der in Flammen aufgeht, der Raum nach geschmortem Fleisch riecht und Jaques sich vor Lachen nicht mehr einkriegt, geben Anlass, so manche Traurigkeit schnell zu vergessen. Denn immer wieder neue Intrigen des Bürgermeisters lassen die Websters nicht zur Ruhe kommen. Manche Szenen haben etwas von Situationskomik an sich und man liest sie gern ein zweites Mal.

Einfühlsam und gut gelungen ist die Einführung eines Geistes in die reale Welt dieser Dorfgemeinschaft. Aber dieser Geist macht keinesfalls eine Fantasy-Geschichte aus dem Roman. Es ist der verstorbene Ehemann einer Dorfbewohnerin, die mit ihm gerne noch Zwiesprache hält.

Die sprachliche Umsetzung des Humors wird zweifellos auch das Verdienst der Übersetzerin Angelika Naujokat sein. Sie hat hervorragend die sprachlichen Schwierigkeiten (die Websters sprechen anfangs mit deutlichem, später mit weniger ausgeprägtem Akzent) für den deutschen Leser gemeistert. Und auch Annie mit ihrem losen Gebischkommtbeschonderschgutrüber.

Das Buch ist äußerst unterhaltend, bannt den Leser in einem ständigen Auf und Ab von Gefühlen und ist deshalb sehr zu empfehlen.

Stagg, Julia
Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf
Übersetzt von Angelika Naujokat
349 Seiten, gebunden
Hoffmann & Campe
ISBN-10: 3455403433
ISBN-13: 978-3455403435

© Detlef Knut, Düsseldorf 2012
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Tanja Weber: Sommersaat

Tanja Weber: Sommersaat

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Brandenburgische Atmosphäre wird geatmet, wenn man sich in dieses Buch vertieft. Es macht Spaß, eine Landschaft, einen Landstrich zu spüren, wenn man liest. Die von Tanja Weber erzeugten Bilder schaffen es, die Leser auf eine Reise zu schicken. Dabei scheint die Reise nicht nur an einen anderen Ort, sondern auch in eine andere Zeit zu gehen. Denn man mag kaum glauben, eine solche dörfliche Idylle noch heute anzutreffen. Aber das mögen Leute beurteilen, die nicht in einer Großstadt leben. Aber nicht nur die atmosphärischen Bilder sind überzeigend, auch die Brutalität der Täter wird in drastischen Farben gemalt.

In dem kleinen Dorf Brandenburgs mit dem Namen Germerow gibt es diese Idylle vor den Toren Berlins anscheinend noch. Der Postbote Johannes Stifter, der schon seit Jahren an seiner Dissertation in Philosophie arbeitet, wohnt in diesem beschaulichen Örtchen, in welchem es eine Kleingartenanlage und neben vielen Einfamilienhäusern einen Plattenbau gibt, und trägt hier tagein, tagaus die Briefe aus. Er kennt jeden der Empfänger, weiß, wie sie ticken, seine Nachbarn, wer mit wem kann und wer nicht. Sein größtes Interesse aber gilt einer Frau, die vier Kinder hat, von „aus dem Haus“ bis „noch beim Stillen“. Der Vater der beiden jüngsten, Micha, ist ein Taugenichts und selten bei der Familie. Annika Strelski verzichtet gerne auf ihn. Doch eines Tages findet der Briefträger ihn im nahegelegenen Wald tot auf, der Schädel zertrümmert. Stifter gerät in Verdacht. Die Kommissare, ein in der Gegend geborener Mann mittleren Alters und ein Bayer, der schon fünfzehn Jahre im Osten Deutschlands lebt und immer noch hinzulernt, sind ein skurriles Ermittlerduo. Aus ihnen erwächst eine eigenartige Komik und viele nette Episoden entstehen, wenn sich z. B. der alte Bayer über die Musikleidenschaft seines jüngeren Kollegen wundert.
Tanja Weber schafft es verblüffend gut, die Geschichte aus den Perspektiven der verschiedenen Figuren heraus zu erzählen. Besser gesagt, der Erzähler eignet sich in den einzelnen Szenen jeweils die Sichtweise einer der handelnden Figuren an. Dabei greift er die Sprache der jeweiligen Person auf und während er beim neunjährigen Adam noch sagen würde: das ist jetzt aber voll doof, kommt solch ein Satz in Zusammenhang mit einer erwachsenen Figur niemals vor.

Da die Autorin sehr früh den Täter präsentiert, fragt man sich als Leser zu diesem Zeitpunkt, was denn da noch kommen mag. Aber wer das Buch dann aus der Hand legt, wird nie erfahren, wie Spannung nach einem Finale funktioniert. Einfach nur packend und überraschend.

Man darf auf weitere Romane von Tanja Weber gespannt sein. Dieses Buch empfehle ich gerne. Und wer den allerersten Hit von Nina Hagen noch kennt, der wird beim Lesen nicht umhin kommen, das Lied mitzuträllern.

Tanja Weber
Sommersaat
350 Seiten, gebunden
Aufbau Verlag, Berlin
ISBN-10: 3351033613
ISBN-13: 978-3351033613

© Detlef Knut, Düsseldorf 2012
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Janet Clark: Schweig still, süßer Mund

Janet Clark: Schweig still, süßer Mund

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Ella und Jana sind beste Freundinnen. Sie sind eng verbunden miteinander, teilen ihre Gedanken und auch Geheimnisse. Als Ella nicht zur Theaterprobe erscheint, ohne Bescheid zu geben, sorgt sich Jana, auch weil ihre Freundin nicht über das Handy zu erreichen ist.
Ihre Mutter und ihre Schwester Miriam teilen ihre Sorge allerdings nicht. Von einem Nachbarn Ellas holt Jana sich die Wohnungsschlüssel. Doch Ella liegt nicht, wie befürchtet, hilflos in ihrer Wohnung. Die Eltern Ellas sind nicht zu erreichen, sie sind auf Weltreise.

Jana bekommt es immer mehr mit der Angst zu tun, Zeit vergeht, ohne dass sie von Ella hört. Und da ist so ein Gefühl in ihr. Sie glaubt zu spüren, dass etwas passiert ist. Wenigstens steht ihr Fabian, ein Schulkamerad und guter Freund, zur Seite. Auch Miriam kann noch überzeugt werden. Weil die Polizei vorerst nichts unternehmen will, Ella ist schließlich volljährig, werden Flugblätter in Umlauf gebracht. Auch wird eine Website gestaltet. Hier können sich Leute melden, die Ella gesehen haben.

Jana fragt jeden, der etwas über Ella wissen könnte und stellt bald fest, dass die Freundin Geheimnisse vor ihr hatte, dass es für Ella ein Leben gab, außerhalb ihrer Freundschaft zu Jana. Ein scheinbar gefährliches Leben.
Außerdem stellt sich heraus, dass noch ein weiteres Mädchen verschwunden ist.

Die zunächst noch harmlos wirkende Geschichte wird sehr schnell unglaublich spannend und entwickelt sich schließlich zum packenden Thriller.
Man muss Jana für ihren Einsatz gegenüber ihrer Freundin bewundern. Sie macht weiter, obwohl an einem bestimmten Punkt angekommen, alles gegen Ella spricht, die in vielen Belangen gelogen haben muss. Das drückt Jana auch in E-Mails aus, die sie an Ella schreibt, auch wenn diese die Freundin natürlich nicht erreichen können. Jana macht dieses Gespinst aus Lügen schwer zu schaffen und dennoch hält sie daran fest, die Wahrheit herauszufinden zu wollen.

Auch wenn Jana schnell die Sympathie des Lesers auf ihrer Seiten haben müsste, handelt sie teilweise sehr naiv. Gerade das bringt die Handlung zwar voran, aber eben auf eine etwas unglaubwürdige Art und Weise.
Auch nicht zu glauben ist, dass Ellas Eltern auf ihrer Weltreise über eine lange Zeit unerreichbar sind.
Das sind aber die einzigen Kritikpunkte. Man liest schnell hinein in das Buch und wird gefangen genommen von der gut geschriebenen Geschichte, die perfekt zugeschnitten ist auf die Zielgruppe Jugendlicher und junger Erwachsener.
Kleine, unheimlich wirkende Zwischenspiele, scheinbar wahllos in die Handlung eingestreut, zeigen, dass Ella tatsächlich in Gefahr ist. Die Zeit läuft also.
Jana findet immer mehr Hinweise, macht Verdächtige in ihrem Umfeld aus. Für andere mag es wirken, als steigere sie sich in etwas hinein. Aber als Leser weiß man es besser. Und so bleibt das Buch spannend bis zum schlüssigen Ende.

Rezension von Heike Rau

Janet Clark
Schweig still, süßer Mund
Thriller
349 Seiten, Klappenbroschur
Loewe Verlag
ISBN-10: 3785572743
ISBN-13: 978-3785572740
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Jussi Adler-Olsen: Das Alphabethaus

Jussi Adler-Olsen: Das Alphabethaus

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In der Nähe von Naundorf stürzt das Flugzeug ab. Er ist eiskalt, der Winter des Jahres 1944. Die beiden britischen Piloten werden entdeckt, können ihren Verfolgern aber entkommen. Sie springen auf einen Lazarettzug auf. Um zu überleben, müssen zwei der Kranken von ihrem Lager verschwinden. Und wenig später liegen James und Bryan in ihren Betten. Die beiden müssen vor allem schweigen. Ihre Sprache würde sie sofort verraten. Aber immerhin versteht James ein wenig Deutsch. James und Bryan wissen nicht, welche Krankheit sie vortäuschen müssen, aber bald stellen sie fest, dass die Patienten im Waggon geistesgestört sind. Und so teilnahmslos wie sie wirken, sind sie wohl ruhiggestellt worden.

Ziel der Reise ist ein Sanatorium bei Freiburg im Breisgau, das Alphabethaus. Weiterhin werden die Patienten, SS-Offiziere, mit stark wirksamen Medikamenten ruhiggestellt, bekommen Elektroschockbehandlungen. Während James sich nicht gegen die Behandlung wehren kann, versucht Bryan um die Tabletteneinnahme zu kommen. Ist er klar genug im Kopf, schmiedet er Fluchtpläne.
Was James schon viel eher bemerkt als Bryan ist, dass sich noch andere Simulanten im Raum befinden. Aber er hat keine Möglichkeit Bryan zu warnen, obwohl von den anderen die meiste Gefahr ausgeht. Sie sind bereit ihre Identität um jeden Preis zu schützen.

Von Anfang an ist die Handlung sehr spannend, auch wenn der Autor etwas langatmig erzählt. Bald tauchen auch erste Zweifel an den Geschehnissen auf. Zu viele Zufälle spielen hier rein. Ungereimtheiten, die sich nicht klären lassen. Es verstärkt sich der Eindruck, dass sich die Geschichte so nicht abgespielt haben kann. Darüber muss man hinweglesen können, sonst wird es nichts mit dem Buch.

Das Buch ist in zwei Teile gegliedert. Einmal der erste Teil, der vor allem im Sanatorium spielt. Weiter geht es dann fast 30 Jahre später. Bryan intensiviert hier die Suche nach seinem Freund James, dem damals im Gegensatz zu ihm nicht die Flucht gelungen ist. Es ist unglaublich, aber tatsächlich begegnet er in Deutschland seinen alten Feinden wieder, die Angst haben, dass ihre Geheimnisse nun nicht mehr sicher sind. Und so wird Bryan, der eigentlich nur seinen alten Freund sucht, zum Gejagten.

Auch dieser Teil will sich nicht so ganz erschließen. Der Krimi, der sich nun entwickelt, wirkt gezwungen. Das heißt nicht, dass das Buch nicht fesselt oder uninteressant wäre. Aber auch hier hat man Mühe, zu glauben, was der Autor erzählt. So wirkt auch das Ende sehr konstruiert.

Rezension von Heike Rau

Jussi Adler-Olsen
Das Alphabethaus
Aus dem Dänischen von Hannes Thiess und Marieke Heimburger
592 Seiten, Klappenbroschur
Dtv – Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423248947
ISBN-13: 978-3423248945
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Alex Capus: Léon und Louise

Alex Capus: Léon und Louise

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Dieser Roman ist ein sehr sinnlicher und gefühlvoller Roman, der Lust auf Lesen macht. Grund hierfür sind der Erzählstil und die anrührende Geschichte.

Den obersten Rahmen bildet die Beerdigung des Großvaters. Sie wird beobachtet und erzählt von seiner Enkelin. Während sie über Opa und sein Leben nachdenkt, über die Geschichten, die sich in der Familie über ihn erzählt wurden, schmückt sie sich das Leben ihres Großvaters aus und erzählt es aus ihrer ganz persönlichen Sichtweise.

Sie erzählt, wie ihr Großvater (Léon) sich vor der Front im Ersten Weltkrieg drückte, wie er seine erste Liebe (Louise) kennenlernte, wie er mit seiner Frau lebte und mit ihr Kinder bekam. Sie erzählt vom Leben Léons als Beamter in Paris. Die Bilder der Okkupation Frankreichs durch das Deutsche Reich werden lebhaft und detailgenau dem Leser nahe gebracht. Obwohl Léon seine Louise bereits im Ersten Weltkrieg verloren hat und tot glaubt, hört er nie auf, sie zu lieben. Zehn Jahre später begegnen sie sich in Paris, verbringen eine Nacht miteinander. Bis zum nächsten Kontakt werden erneut Jahre vergehen. Die deutsche Besetzung hat die Pariser verändert. Dies wird an der Ehefrau Léons deutlich erkennbar.

Obwohl mir das Buch ausnehmend gut gefallen hat, habe ich mich über kleine Überlängen geärgert. Längen, in denen Passagen und Geschichten erzählt werden, die nicht das Niveau anderer Episoden erreichen. Denn unverkennbar wollte Capus nicht die Geschichte des Liebespaares erzählen, sondern das Leben in Frankreich zu beiden Zeiten der Weltkriege. Es sollte die Geschichte des zurückhaltenden, kleinen Widerstandskämpfers erzählt werden. Um die Episoden aus dem Leben Léons nicht losgelöst erscheinen zu lassen, wurde eine gefühlvolle Liebesgeschichte als roter Faden geschmiedet, der eine spannende, solide Grundlage bildet, auf die sowohl Autor als auch Leser immer wieder Erdung bekommen.

Die ruhige Erzählweise als auch die knappen Dialoge schaffen es, beim Lesen eine Stimmung hervorzurufen, die einen Zuschauer beim Betrachten eines gefühlvollen französischen Spielfilms beschleicht. Obwohl man bedauern kann, dass es in dem Buch nur um Léon und nicht um Louise geht, ist der Roman dennoch von vorne bis hinten spannungsvoll und macht Spaß.

Capus, Alex
Léon und Louise
Hanser Verlag, München
320 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3446236309
ISBN-13: 978-3446236301
© Detlef Knut, Düsseldorf 2012
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Heike Eva Schmidt: Schlehenherz

Heike Eva Schmidt: Schlehenherz

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Zur Schulparty am Abend wollten die beiden Freundinnen zusammen gehen. Doch Lila wartet vergeblich auf Vio. Sie geht auch nicht an ihr Handy. Dann kommt Vio doch noch. Sie hatte Ärger mit ihrer Mutter und nun eigentlich Hausarrest. Es kommt zum Streit zwischen den beiden, weil Vio dennoch auf die Party möchte. Vios Plan, um doch noch an der Party teilnehmen zu können, will Lila allerdings nicht stützen. Vio stürmt davon und Lila geht allein zur Party. Vio riskiert den Ärger mit ihrer Mutter und taucht später auch noch auf. Sie amüsiert sich mit Till, einem Jungen von dem sie weiß, dass Lila ihn mag. Vielleicht ist das ihre Art, sich an Lila zu rächen.

Am nächsten Tag wartet Lila auf ein Zeichen von Vio und natürlich auf eine Entschuldigung. Als ihre Mutter dann in ihr Zimmer kommt, um ihr zu sagen, dass Vios Mutter angerufen hat, weil Vio nicht nach Hause gekommen ist, ist sie entsetzt. Hat Vio bei Till übernachtet? Der Gedanke bricht ihr fast das Herz. Und doch ist da auch irgendwo die Ahnung, dass Vio etwas passiert ist. Lila soll rechtbehalten. Ihre Freundin wird tot aufgefunden unter einem Schlehenbaum. Lila versinkt in ihrer Trauer. Und doch will sie auch alles daransetzen herauszufinden, wer ihre Vio ermordet hat.

Die Geschichte erzählt von den Freundinnen Lila und Vio, die ein Streit auseinanderbringt. Nichts kann wieder gut gemacht werden, denn bevor es zu einer Versöhnung kommen kann, wird Vio ermordet. Von dieser Tragik wird die Geschichte getragen. Lila wird von einer ungeheuren Trauer gepackt, die in ihrer Intensität auch auf den Leser übertragen wird. Gefühle überschatten die Handlung für eine lange Zeit. Bis dann der Thriller zum Tragen kommt. Denn Lila bemüht sich auch um die Aufklärung des Mordes an ihrer Freundin, da die Polizei nach ihrer Meinung nicht genug tut.

Es ist ein gefährliches Spiel, denn es zeichnet sich ab, dass sie möglicherweise einen Serientäter sucht. Sie vermutet ihn direkt im Umfeld, versucht ihn über SchülerVZ ausfindig zu machen. Denn hier war auch ihre Freundin oft online. Ihr Misstrauen jedem gegenüber, führt zu sehr aufregenden Momenten. Bald liegen die Nerven blank. Ein unglaubliches Tempo kommt in die Geschichte, das dann auch bis zum äußerst spannenden Ende gehalten wird.

Rezensionen von Heike Rau

Heike Eva Schmidt
Schlehenherz
Thriller
238 Seiten, Klappenbroschur
Verlag Carl Ueberreuter, Wien
ISBN-10: 3800056704
ISBN-13: 978-3800056705
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Lea Korte: Die Maurin

Lea Korte: Die Maurin

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Exotisch, orientalisch, bezaubernd, temperamentvoll, spannend, zärtlich – das sind nur einige Attribute, mit denen man diesen historischen Roman von Lea Korte und/ oder seine Protagonistinnen beschreiben kann. Im Andalusien des 15. Jahrhunderts herrschen erbitterte Kämpfe zwischen den Muslimen und Christen, die nicht spurlos am Leben der Maurin Zahra vorbei gehen. Sie ist Hofdame und Vertraute der Hauptfrau des mächtigen Emirs, ihre Familie gehört zum engeren Kreis der Herrschersfamilie. Die junge Zahra gerät dabei zwischen die Fronten in ein barbarisches Spiel aus Intrigen und Machtkämpfen. Ihre Liebe zu dem christlichen Kastilier Gonzalo bringt sie schließlich in tödliche Gefahr. Aber nicht nur diese Liebe, sondern auch der Umstand, dass sie selbst zu einem Viertel von einer Christin abstammt, sorgt für Ungemach. Ihre Halbgeschwister werden zu erbitterten Feinden der eigenen Familie.

Der 650 Seiten starke Wälzer zeigt ein etwas anderes Mittelalter, als man ansonsten von vielen historischen Roman gewohnt ist. Die orientalische Note auf der iberischen Halbinsel, die über acht Jahrhunderte von dem maurischen Volk beherrscht wurde, lässt beim Lesen scheinbar sanfte orientalische Klänge im Ohr säuseln und an die Märchen von 1001 Nacht denken.

Lea Korte hat die fiktive Handlung geschickt mit den historischen Fakten verbunden. Ihre bildhafte Beschreibung erinnert an die blumenreiche Erzählweise der Orientalen und lässt Bilder aus 1001 Nacht im Kopf entstehen. Über die Handlung hinaus sind die ergänzenden Anmerkungen am Ende des Romans eine sehr gute Hilfe beim Verständnis der historischen Zusammenhänge. So fehlt ein Glossar ebenso wenig wie ein Literaturverzeichnis mit weiterführenden Quellen. Eine Zeitleiste und die beiden Stammbäume der maurischen und der christlichen Herrscherfamilien der damaligen Zeit hilft der Orientierung des Lesers.

„Die Maurin“ ist ein exotisch, faszinierender Roman, der das europäische Mittelalter der iberischen Halbinsel in den Mittelpunkt stellt. Er ist Abenteuer- und Liebesroman zugleich, bei dem Arglist und Treue ausgewogen miteinander spielen. Man darf auf weitere Romane dieser Art von Lea Korte gespannt sein.

Korte, Lea
Die Maurin
672 Seiten, broschiert
Knauer Tb, München
ISBN-10: 3426502305
ISBN-13: 9783426502303

© Detlef Knut, Düsseldorf 2011
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Georg Raab: Wasting the Big Apple

Georg Raab: Wasting the Big Apple

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Soll ich das Buch nun als “ungewöhnliches“ Tagebuch titulieren? Welches Attribut soll ich ihm geben? Es ist ein Tagebuch, ja. Es ist auch eine Reisebeschreibung, ja. Aber wie man es auch nennt, es lässt sich angenehm flüssig lesen und ist extrem unterhaltsam. Drei Monate, 87 Tage in New York, die der Autor beschreibt. Oft auf sehr humorvolle und abgehakte Art. Letzteres gehört zu einem Tagebuch, welches quasi stenografiert ist. Doch Raab hat gewisse Noten gesetzt, die es zu einem besonderen Tagebuch werden lassen.

Ungewöhnlich schreibt er in der ersten und zweiten Person abwechselnd. Es kommt klar zum Ausdruck, dass er auf der Reise nicht allein ist, sondern seine Freundin oft, aber nicht immer, dabei hat. So schreibt er vieles in der Ich-Form, stellt sich aber auch immer wieder vor, was sie in der einen oder anderen Situation gemacht oder gedacht hatte. Vieles liest er ihr dabei vom Gesicht ab. So wird aus dem Tagebuch ein Dialog, der immer wieder für Abwechslung sorgt. Das klingt dann in einer Bemerkung über die Nachbarin so: „Heute Morgen hast du dich bei Courtney beschwert, weil sie zum wiederholten Mal bis weit nach Mitternacht laut Musik gehört hat. „Wir konnten alles mithören! Wir haben dir doch gesagt, dass das Haus sehr hellhörig ist! Stupid bitch.“ Um eine Eskalation dieser Art zu vermeiden, hab ich dich gebeten, mit ihr Tacheles zu reden.“
Eine andere Note des Autors sind an nahezu jedem Abend die „Lessons learned“, die Lektionen bzw. Vokabeln, die er an diesem Tag hinzugelernt hatte. Teilweise sind es Abkürzungen und Vokabeln der amerikanischen Sprache, die so nicht im Schulenglisch vorkommen.
Immer wieder bringt der Autor kopfschüttelnd (Man sieht ihm dies wahrlich beim Lesen seines Buches an.) sein Unverständnis über die „verrückten“ New Yorker zum Ausdruck. Wie sie seine Wünsche im Restaurant oder beim Friseur ignorieren und ihm dann den vollen Preis dafür berechnen, obwohl er es so gar nicht bestellt hatte.
Die angemietete Wohnung ist von Anbeginn nicht sehr leise, doch dass er sich gelegentlich in dem ohnehin sehr lauten New York der relativen Stille wegen auf das gewisse Örtchen zur Erholung begibt, obwohl seine Freundin draußen an der Tür wartet, war ihm vor der Reise auch nicht klar gewesen.
Der Autor hat diese Stadt als Megacity wahrgenommen und das kommt in seinen Texten auch zum Ausdruck. Beispielsweise sind er oder seine Freundin oder beide ständig in irgendwelchen U-Bahnen oder Bussen oder Zügen unterwegs. Immer auf Achse, weil so gut wie kaum irgendetwas „um die Ecke“ liegt. Selbst, wenn es „einen Block“ weit entfernt ist, lohnt sich der Gang zur Metro.

Die vielen englischen Passagen und Floskeln, der Vergleich der Realität mit Beschreibungen von Max Frisch und Allen Ginsberg runden dieses quirlige Tagebuch ab und machen es zu einem kleinen Erlebnis. Wer New York kennenlernen möchte, macht bei diesem Buch nichts falsch. Wer sich auf eine Reise dorthin vorbereiten möchte, der liegt zu hundert Prozent richtig.

Georg Raab
Wasting the Big Apple
220 Seiten, broschiert
RomanVerlag, Riesa
ISBN-10: 3940373273
ISBN-13: 978-3940373274

© Detlef Knut, Düsseldorf 2011