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Schlagwort: Hoffnung

Dave Eggers: Ein Hologramm für den König

Dave Eggers: Ein Hologramm für den König

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Neue Technologien und ihre Auswirkungen auf unser Leben.

Dem armen Alan Clay geht es schlecht. Ihn drücken Schulden, und er muss die Studiengebühren für seine Tochter aufbringen. Jetzt ist er 54 Jahre alt, geschieden und beruflich am Ende. Da ereilt ihn ein Auftrag, von dem er sich viel verspricht. Er soll für eine entstehende Stadt in der saudischen Wüste ein IT Zentrum erbauen. So reist er dort hin und muss feststellen, dass seine Leute in einem Zelt untergebracht sind. Es gibt keine ordentlichen technischen Verbindungen und der König, dem sie ihr Programm vorstellen sollen, lässt sich nicht blicken.

Traurig, melancholisch und recht hoffnungslos sieht Alan seine Chancen für eine positive berufliche Entwicklung schwinden.

Man stelle sich die Hitze und die Sandwüste vor, die sicher für Abenteuerreisende ihren Reiz haben mögen; doch die beruflichen Vorstellungen über ein Hightechzentrum in dieser öden, trockenen Gegend sind absolut gering einzuschätzen.

In einem Zustand rechter Verzweiflung schaut ihn ein Kollege an, wie er meint, dass seine Tochter ihn anschauen würde, wenn er alt und klapprig sein wird…

„ …mit dem Blick auf einen Menschen, der mehr Last als Segen war, mehr Schaden als Nutzen, irrelevant und überflüssig für den Fortgang der Welt.“ S.84

Doch noch kämpft Alan um seinen Erfolg und muss so allerhand Abenteuer und Liebesannäherungen, nicht nur zu seiner Freude, durchstehen. Dass er am Ende einen traurigen Helden gibt zeigt einmal mehr, wie sich persönliche Lebensgeschichten immer auch im Kontext von Wahrheit und Fiktion abspielen.

Dave Eggers kennt sich aus in neuen Technologien mit rabiaten Wirtschaftsmethoden und zeigt uns, wie unter der Willkür wie auch immer gearteter Potentaten alle jene ausgebootet werden, die mit der Preisentwicklung heutiger Niedriglohnländer nicht mithalten können.

Dave Eggers ist ein begnadeter Erzähler, der Realität mit Fantasie kombiniert und uns auf diese Weise vermittelt, wie die heutige Arbeits – und Wirtschaftswelt funktioniert. Wie in seinen früheren Romanen erleben wir erneut seine Fähigkeit, gesellschaftlich relevante Themen zu spannenden Romanen zu entwickeln. Sehr lesenswert!

Dave Eggers
Ein Hologramm für den König
352 Seiten, gebunden
Kiepenheuer & Witsch, 14. Februar 2013
ISBN-10: 3462045180
ISBN-13: 978-3462045185
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Julie Otsuka: Wovon wir träumten

Julie Otsuka: Wovon wir träumten

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Enttäuschung und Frust gekleidet in feinste Poesie.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts emigrierten Japaner mit der Hoffnung auf eine angenehme Existenz nach Amerika. Ihnen folgten Frauen, die man aus der Ferne mit ihnen verheiratet hatte. Sie stammten aus ärmlichen Verhältnissen und in ihren Träumen nahmen sie ein Leben vorweg, das so nie Wirklichkeit werden konnte. Voller Hoffnungen und Erwartungen gingen sie auf die große Reise und träumten von dem großen Glück. Wie groß ist die Enttäuschung, als sie erkennen müssen, wie entbehrungsreich und armselig ihre Existenz dort sein würde!

Ein schreckliches Kapitel befasst sich mit den ersten sexuellen Erfahrungen, die schockierend und erniedrigend die Frauen zu Lustobjekten ihrer Männer machen. Am Tag wartet harte Arbeit und endlose Eintönigkeit auf die so hoffnungsfroh angereisten Frauen. Vorbei ist die liebevolle Zuwendung der Familie zu Hause, und vorbei sind alle Träume, mit denen die teils sehr jungen Frauen und Mädchen in dem fremden Land angekommen sind.

Der Überfall der Japanischen Armee auf Pearl Harbor während des Zweiten Weltkriegs tut ein Übriges, um Japaner und Japanerinnen für lange Zeit aus der Gesellschaft auszuschließen.

Julie Otsuka hat eine ganz eigene Sprache, mit der sie sich dem Leben dieser Frauen nähert. Sie spricht in der Wirform und zeigt in ihren kurzen Sätzen, wie unterschiedlich doch die Erfahrungen der Einzelnen waren. Die einen sind fröhlich, den anderen ist bange zumute. Trübsal und Verzweiflung sind vorherrschende Elemente in ihrem Gefühlsstau und Enttäuschung hält sich die Waage mit fatalistischem Gehorsam.

Man nimmt die Sprache betroffen wahr, denn sie ist wie eine vorausschauende Vision, in der sie alle gefangen sein werden. Nicht nur die Erwartung auf ein gutes Auskommen wird enttäuscht, auch die Hoffnung auf liebende Männer geht unter, als sie sich mit den Begierden und Rücksichtslosigkeiten ihrer unbekannten Ehemänner konfrontiert sehen. Arbeiten bis zum Umfallen bleibt danach die Devise.

Die feine Sprache und die Diktion des Ausdrucks sind differenziert und einfühlsam in der Widergabe dessen, was den so bereitwillig in die Fremde gereisten Frauen nun geschieht. Es ist ein aufrüttelndes und anspruchsvolles kleines Werk, mit dem sich der Fokus auf die unerwarteten Erlebnisse von jenen Japanern und Japanerinnen richtet, die einstmals mit großen Erwartungen in das ihnen so fremde Land emigriert sind.

Julie Otsuka hat ebenfalls japanische Wurzeln. Sie lebt in New York und gewann 2012 für diesen Roman den PEN/ Faulkner Award.

Julie Otsuka
Wovon wir träumten
160 Seiten, gebunden
Mareverlag, 4. Auflage, Juli 2012
ISBN-10: 3866481799
ISBN-13: 978-3866481794
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Tony Judt: Das Chalet der Erinnerungen

Tony Judt: Das Chalet der Erinnerungen

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Lebendige Erinnerung an gute Zeiten.

Kann man sich einen Ort der Glückseligkeit vorstellen?
Man kann, denn alles hängt von den Umständen ab, in denen man „Glück“ empfindet.

Tony Judt erkrankte zwei Jahre vor den Aufzeichnungen seiner hier vorliegenden Erinnerungen an ALS, amyotropher Lateralsklerose, an deren Folgen er 2010 verstorben ist.

Die Krankheit verdammt den daran Erkrankten zu fortschreitender Bewegungsunfähigkeit und schließlich dem Verlust der Sprache. Sachlich und nüchtern beschreibt Tony Judt die Vorbereitungen für die Nacht, in der er stundenlang wach liegt, sich nicht kratzen oder aus unbequemer Lage selbstständig befreien kann. Niemand wird ermessen können, wie schrecklich es ist, in totaler Anhängigkeit von Pflegern und Hilfskräften zu leben. In sich eingeschlossen bleibt der Kranke ganz allein. Im Gegensatz zu vielen anderen neurologischen Erkrankungen bleibt dem ALS Kranken aber eine wache mentale Erlebnisfähigkeit.

In seinen einsamen Nächten trösten Tony Judt die Erinnerungen an sein Leben, dass er Kapitel für Kapitel an seinem inneren Auge vorbeiziehen lässt.

Er ist das Kind nach England eingewanderter Juden, die jedoch ihr Judentum nicht praktizierten. Zeitweise wuchs er bei seinen Großeltern auf. Während die Eltern noch der unteren Mittelschicht angehörten, wuchs Tony Judt nach dem Studium der Geschichte zu einem aufgeklärten, klugen und kritischen Denker heran. Er befasste sich intensiv mit osteuropäischer Geschichte und lehrte an verschiedenen Universitäten in England und Amerika, zuletzt in New York.

Mit den Eltern war er als Kind zum Skiurlaub in einem Chalet in der Schweiz. Das Chalet wird in seiner Phantasie zu einem „Ort der Glückseligkeit“. Er ordnet seine Erinnerungen verschiedenen Räumlichkeiten zu, so dass er sie am Morgen dort abrufen und seinem Helfer auf seine Weise diktieren kann.

Nach der Schulzeit, die er als freudlos schildert, erwirkt er sich seine eigene Freiheit durch kleine Ausflüge mit Bussen durch die Londoner City. Als kritischen Studenten erlebt man ihn in einem Kibbutz in Israel, von wo er schließlich zum Studium nach England zurückkehrt.

Mit seinen nächtlichen Erinnerungsgeschichten begibt sich Tony Judt noch einmal in die Zeit gesellschaftlicher Umbrüche der Nachkriegszeit und in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sie sind gekennzeichnet durch Studentenaufstände, Antikriegsdemonstrationen, die sexuelle Revolution und das zunehmende Bewusstsein einer auf Reflexionen beruhenden Auseinandersetzung mit den jeweils herrschenden Ideologien und parteipolitischen Richtungen, die das Jahrhundert prägten. Die Diktion von Tony Judt ist klar und einnehmend verständlich. In wunderbarer Weise meldet sich der Todkranke zu Wort, um das Fazit seines Lebens zu beschließen, das ihn so ganz lebendig und Anteil nehmend am Weltgeschehen zeigt.

Poetisch und leise verabschiedet er sich von der Welt wieder in Gedanken in einem Zug in der Schweiz: „Wir können uns nicht aussuchen, wo unser Leben beginnt, aber vielleicht, wo es zu Ende geht. Ich weiß, wo ich sein werde: in diesem kleinen Zug, unterwegs ohne bestimmtes Ziel, einfach unterwegs.“

Tony Judt
Das Chalet der Erinnerungen
224 Seiten, gebunden
Carl Hanser Verlag, Februar 2012
ISBN-10: 3446238158
ISBN-13: 978-3446238152
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Stefan Merrill Block: Aufziehendes Gewitter

Stefan Merrill Block: Aufziehendes Gewitter

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Psychogramm einer desolaten Paarbeziehung.

Der siebenjähriger Stefan Merrill Block will Lastwagenfahrer werden! Das beschließt er nach einer Fahrt und Unterhaltung mit einem Lastwagenfahrer, der die Familie zum Haus der Großmutter fährt.
Was erwartet ihn dort?
Das verrottete Haus der Großmutter liegt an einem See im Wald. Dort verbrennt die Großmutter gerade die Briefe ihres Mannes Frederick.
So beginnt eine irrwitzige Familiengeschichte, die von einer starken Großmutter und einem ziemlich verrückten Großvater handelt.

Was war passiert?
Frederick hat angetrunken an einer viel befahrenen Straße exhibiert und ist dafür in eine Heilanstalt für Geisteskranke eingewiesen worden. Was er nicht weiß: weil er von der Polizei eingewiesen wurde, hat er nicht die Selbsteinweisung unterschrieben. Er kann so nur mit Einwilligung des leitenden Psychiaters entlassen werden. Dieser ist nicht gewillt, die Entlassung zu befürworten.

Ähnlich wie in der Geschichte „.. Einer flog über das Kuckucksnest“ wird hier von einem Fall berichtet, der durch das Labyrinth einer Institution der Psychiatrie führt.

Frederick ist manisch- depressiv. Seine Frau Katharine hat früh bemerkt, dass etwas mit ihm nicht stimmt. Doch sie hat es bisher immer verstanden, die Ausfälle ihres Mannes zu entschuldigen oder zu vertuschen. Jetzt, anlässlich eines gemeinsamen Wochenendes mit Freunden, muss sie sich der Wahrheit stellen, dass Frederick krank ist und der Hilfe bedarf.

Damit beginnt der Bericht einer unglaublichen Geschichte. Still gestellt und der Willkür eines ehrgeizigen Anstaltsleiters ausgesetzt erfährt Frederick die ganzen Schrecknisse der Institution „Psychiatrie“. In dieser Einrichtung wird dem Patienten die letzte Würde geraubt, und er fühlt sich der infamen Behandlung von Ärzten ausgesetzt, die zuweilen selber nicht frei sind von psychischen Störungen.

Ihres Willens beraubt gehört ein hohes Maß von Intelligenz der Patienten dazu, sich in die Strukturen der Institution hineinzuversetzen, um einen Ausweg aus der Kasernierung zu finden. In großartigen Szenen stellt uns der Bericht vor die Wahl: sich auf die Seite des eitlen und ehrgeizigen Dr. Canon zu stellen oder mit Wut und Empörung auf die Zumutung der Behandlung zu reagieren.

Äußerst feinsinnig und tiefenscharf werden die psycho-dynamischen Beziehungsmuster zwischen Gesunden und Kranken analysiert. Die Trennlinie zwischen beiden ist selten klar sondern eher fließend in ihrer Unergründlichkeit.

Stefan Block versteht etwas von den zwischenmenschlichen Abartigkeiten und ihren Abgründen. Sein Roman ist der wahren Familiengeschichte seiner Großeltern entnommen und wirkt überzeugend und eindringlich in ihrem Wahrheitsgehalt. Intelligent, witzig und mit der nötigen Distanz vermag er Zusammenhänge aufzuzeigen, die den Leser stark anrühren. Eine Familiengeschichte wird in der Rückschau lebendig, in der es Liebe, Hass, Krankheit,  menschliches Versagen und immer wieder auch Hoffnung gab.

Einmal mehr zeigt ein amerikanischer Erzähler seine herausragende Fähigkeit, aus dem wahren Leben eine faszinierende Studie zu machen. Stefan Merrill Block steht mit diesem Roman in der Tradition anderer bekannter amerikanischer Autoren wie Jeffrey Eugenides, Jonathan Franzen, Richard Powers, Elizabeth Strout und noch vielen anderen. Ein gelungenes Meisterwerk von poetischer Aussagekraft mit sachlichem Hintergrundwissen ist dem Autor Stefan Merrill Block gelungen.

Stefan Merrill Block
Aufziehendes Gewitter
384 Seiten, gebunden
Piper, März 2012
ISBN-10: 3492054536
ISBN-13: 978-3492054539
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David Servan Schreiber: Man sagt sich mehr als einmal Lebewohl

David Servan Schreiber: Man sagt sich mehr als einmal Lebewohl

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David Servan Schreiber hat den Kampf gegen den Krebs verloren. Er starb am 24. Juli 2011 im Alter von einundfünfzig Jahren.

Bekannt ist der Autor bei seinen Lesern durch seine Bücher „Das Antikrebs-Buch“ und „Die neue Medizin der Emotionen“ geworden.
Mit seinem Buch „Man sagt sich mehr als einmal Lebewohl“ nimmt er Abschied.

Neunzehn Jahre sind seit der ersten Diagnose vergangen. Jahre, die der Neurowissenschaftler auch der Krebsforschung gewidmet hat. Die zusammengetragenen Erkenntnisse haben sicher vielen Menschen geholfen. Ihm selbst natürlich auch und trotzdem ist der Krebs zurückgekommen. Wieder hat er den Kampf aufgenommen. Diesmal vergeblich.

Es wird Zeit, sich noch einmal an die Leser zu wenden, die auch diesen letzten Weg mit ihm im Rückblick gehen wollen. Es ist ein sehr persönliches Buch geworden, das aber nicht allein von Trauer getragen wird. David Servan Schreiber lässt den Leser an seiner inneren Kraft und Stärke teilhalben. Das ist etwas sehr Wertvolles.

Der Autor geht in seinem Buch noch einmal der Frage nach, inwieweit sein Antikrebs-Buch nun noch Berechtigung hat. Er gesteht ein, Fehler gemacht zu haben, was seine Art zu leben betrifft, auch wenn seine Bilanz insgesamt eine positive ist. Die Ratschläge im Buch erachtet er immer noch als richtig, auch wenn deren Wichtigkeit er nun in eine andere Reihenfolge bringen würde.

David Servan Schreiber wusste, dass er sterben wird. Die Krankheit schritt unerbittlich fort. Seine Gedanken dazu schrieb er auf. Damit hat er Fragen beantwortet, die uns wohl allen im Herzen brennen. Der Text ist sehr ergreifend, aber er tröstet auch, nimmt ein wenig die Angst. Und er zeigt Angehörigen, was sie tun können, wie wichtig Freundschaft, Anteilnahme und vor allem auch der Zusammenhalt der Familie sind, damit es ein Abschied in Würde wird.

Rezension von Heike Rau

David Servan Schreiber
Man sagt sich mehr als einmal Lebewohl
Aus dem Französischen von Ursel Schäfer
152 Seiten, gebunden
Verlag Antje Kunstmann
ISBN-10: 3888977517
ISBN-13: 978-3888977510
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Louis Begley: Schmidts Einsicht

Louis Begley: Schmidts Einsicht

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Lebensschicksale!

In seinem neuen Roman hat Louis Begley die Geschichte von Albert Schmidt, dem Protagonisten aus seinen früheren Romanen „About Schmidt“ und „Schmidts Bewährung“, fortgeschrieben. Die Person seines mittlerweile pensionierten Anwalts Schmidt ist laut Sandra Kegel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung nicht, wie man annehmen könnte, eine Art alter Ego Louis Begleys. Schmidt ist eine eigenständige Person. Er ist kein Jude und zeigt unverhohlen gelegentlich antisemitische Gefühlsregungen.

„Schmidtie“ wird er in Freundeskreisen liebevoll genannt. Er ist inzwischen ein rüstiger Siebziger, früh verwitwet und Vater einer erwachsenen Tochter.

Schmidts Tochter Charlotte ist mit dem von Schmidt verhassten Jon Riker verheiratet, einem in seinen Augen geldgierigen jüdischen Scheusal und Abkömmling zweier wenig erfolgreicher Psychoanalytiker. Das Verhältnis zur Tochter und deren neuer Familie ist verheerend. Charlotte begegnet ihrem Vater nur mit Hass und ständigen Geldforderungen. Zu allem Übel hat Carrie, eine Kellnerin und kurzzeitige junge Geliebte von Schmidt, inzwischen geheiratet und erwartet ein Baby. Schmidt hat sie in weiser Einsicht ziehen lassen, da diese Beziehung nicht von Dauer sein konnte.

Als Vorsitzender einer Stiftung, die ihn rund um die Welt führt, und ehemaliges Mitglied einer gut gehenden Kanzlei ist Schmidt sehr wohlhabend. In Paris trifft er die auch schon etwas ältere aber immer noch attraktive Frau seines einstigen Kollegen Tim. Sie haben eine kurze Affäre, von der sich Schmidt viel verspricht, denn er ist einsam. Doch seine Hoffnungen sind trügerisch wie sich später zeigen wird.

In diesem Zustand treffen wir Schmidt in dem neuen Roman von Louis Begley wieder.

Das Anwaltsmilieu, in dem Louis Begley selber lange Zeit tätig war, ist auch Schmidts Milieu. Hier spielen sich berufliche und menschliche Tragödien ab. Man feiert, isst und trinkt zusammen bei allen möglichen Gelegenheiten. Gute Freundschaften haben sich gebildet, eine origineller als die andere. Große Kanzleien mit ihren Riesenumsätzen und den Aufsteigern zu hoch qualifizierten Anwälten bieten den Nährboden, auf dem der Autor seine menschlichen Figuren agieren lässt.

Der Autor erzählt seine Geschichte so realistisch, dass man gebannt dem Schicksal dieses von Leidenschaften, Unglück und Liebessehnsucht geplagten Mannes folgt. Ein weit verzweigtes Panorama des neuenglischen Geldadels, menschlicher Begierden, Enttäuschungen und Tragödien öffnet unseren Blick für das, was sich hinter den Kulissen der New Yorker Gesellschaft abspielt. Glanzvoll zeigt uns der Autor die geheimen Wünsche und Sehnsüchte seiner Protagonisten. Schmidt ist eine vertraute Gestalt, die uns zum Lebensende hin erneut mit seinem klugen Blick und seinem Wunsch nach Harmonie und erfüllender Liebe nach einer  längeren Zeit innerer Nöte anrührt.

Wie immer sind Begleys Protagonisten durchaus fähig, ihre Schicksale zu reflektieren. Lebendigkeit und Gegenwartsnähe zeichnen den Inhalt der Erzählung aus. Keine ältliche oder melancholische Abgeklärtheit spielt hinein sondern eine leichte, dem Leben zugewandte Wendigkeit, die noch jegliche Zukunftshoffnungen möglich erscheinen lassen.

Geschichten aus dem wirklichen Leben sind es, die uns neugierig machen und uns zu stillen Teilhabern einer Handlung werden lassen. Hier ist das gelungen, und man hofft darauf, dass wir vom Schicksal Schmidts noch mehr erfahren dürfen.

Louis Begley
Schmidts Einsicht
415 Seiten, gebunden
Suhrkamp Verlag
ISBN-10: 3518422502
ISBN-13: 978-3518422502
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Beth Hoffman: Die Frauen von Savannah

Beth Hoffman: Die Frauen von Savannah

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Jugend und Menschwerdung unter besonderen Bedingungen!

CeeCee ist 12 Jahre alt, als sie frühzeitig von ihrer Mutter Abschied nehmen muss, denn diese ist bei einem Autounfall zu Tode gekommen.
Dem Ereignis gingen tragische Jahre voraus, denn der Vater war so gut wie nie zu Hause, und die Mutter, das ahnt CeeCee nur, ist krank. Sie benimmt sich sonderbar, kleidet sich bizarr und bietet ihrer Umwelt einen recht verrückten Anblick. Cecelia ist viel alleine, liest und findet Trost bei einer alten Nachbarin. Sie weiß nicht, dass ihre Mutter psychotisch ist. Mit dem Tag ihrer Beerdigung entscheidet der Vater, CeeCee zu zwei alten Tanten nach Savannah zu geben. Cecelia wehrt sich und trauert, fasst aber dennoch bald Vertrauen zu Tante Tootie, die sie mit offenen Armen bei sich aufnimmt. In einem herrlichen, geräumigen und von einem großen Garten umgebenen Südstaatenhaus beginnt zum ersten Mal ein glückliches Leben für das junge Mädchen.

Beth Hoffman beschreibt mit bewunderungswürdiger Leichtigkeit die Entwicklung von Cecelia Rose Honeycutt, die nach dem Tod der Mutter und deren Krankheit, die sie nicht begreifen konnte, verstört zurück geblieben war.

Man spürt die liebevolle und wärmende Hingabe, mit der Cecelia im Haus ihrer Tante, bei deren Freundinnen, Nachbarn und der Haushälterin Oletta aufgenommen wird. Treffend wird die heimelige Atmosphäre im Haus der Tante eingefangen. Hier erfährt Cecelia Verständnis und fürsorgliche Geborgenheit. Psychologisch einfühlsam geht Beth Hoffmann in ihren Schilderungen auf die schweren Jahre mit der kranken Mutter ein. In der Figur der Tante wächst für CeeCee eine liebevolle Person heran, die sie aus ihren düsteren Erinnerungen zu befreien trachtet.

Dort in Savannah lernt CeeCee auch noch Tante Lu und deren Freundin Rosa kennen, die eng befreundet sind. Im Kreise aller dieser Frauen findet sie zu sich, und lernt ein Leben kennen, in dem Anteilnahme und liebevolle Zuneigung den Ton angeben.
Ihre eigene Sehnsucht nach Glück gipfelt in dem Satz: “Ob ich je das Glück haben würde, ein Freundin zu finden, mit der ich alt wurde, eine Freundin, die meine Geheimnisse kannte, meine Ängste, meine Hoffnungen—und die mich trotzdem liebte.“
Die Icherzählerin wächst einem mit ihrer klugen, sensiblen und interessierten Neugierde ans Herz. Man folgt ihr auf allen Wegen und fühlt ganz mit ihr!

Dieser Südstaatenroman ist leicht, verständlich und originell geschrieben. Er ist echt, ehrlich und teilweise humorig und eignet sich hervorragend auch als Jugendbuch für Mädchen ab 15 Jahren.
Beth Hoffman wünscht man für ihren Debütroman recht viele Leserinnen!

Beth Hoffman
Die Frauen von Savannah
368 Seiten, gebunden
Kiepenheuer & Witsch, März 2011
ISBN-10: 3462042866
ISBN-13: 978-3462042863
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Susanne Rauchhaus: Die Messertänzerin

Susanne Rauchhaus: Die Messertänzerin

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Mit vier Jahren wurde Divja verkauft. In einer Schule, wo Mädchen aus gutem Elternhaus zur Tana ausgebildet werden, arbeitet sie als Dienerin. Divja glaubt, mit zwölf Jahren ebenfalls ihre Ausbildung beginnen zu können. Das ist ein kindlicher Irrtum. Denn wie sie erfährt, wird sie, zur untersten Kaste gehörend, für immer eine Dienerin bleiben müssen. Ohnehin ist sie anders als die anderen Mädchen mit ihren schwarzen Haaren und der Fähigkeit Lichter zu sehen. Möglicherweise, so glaubt sie, stammt sie von den Tassari ab, auch wenn in ihren Papieren etwas anderes stehen muss. Denn die Tassari werden ausgegrenzt. Mit der Rolle der Dienerin will sich Divja dennoch nicht zufrieden geben. Heimlich beobachtet sie die jungen Frauen beim Lernen.

Als in die Schule eingebrochen und eine Dienerin ermordet wird, ändert sich das Leben. Fortan wird diese bewacht. Der junge Tarjan, der ein Sujim ist, ist nun allgegenwärtig. Er entdeckt Divjas Platz auf dem Dach, wo sie heimlich das Tanzen übt. Auch er ist hier zum Trainieren. Sie kann ihn überreden, ihr das Kämpfen und Messerwerfen beizubringen, natürlich ohne dass jemand davon erfährt. Nur Jolissa ist eingeweiht. Obwohl sie einer höheren Kaste angehört, hat sie mit Divja sofort Freundschaft geschlossen. Sobald Jolissas Heirat vermittelt ist, möchte sie Divja als Dienerin mit sich nehmen.
Doch ihren Auserwählten darf Jolissa nicht heiraten. Die Schulleiterin hat etwas anderes im Sinn. Sie erteilt Divja, mit dem Versprechen auf ein besseres Leben, einen Mordauftrag. Dass es der Mann ist, den Jolissa heiraten muss, ahnt sie nicht und auch nicht, dass dieser Mann Fürst Warkan ist.

Das Buch ist eine echte Überraschung. Divjas Geschichte begeistert von den ersten Seiten an. Man ist beeindruckt von dem Mädchen, das sich Bildung nicht verwehren lässt und heimlich von den jungen Frauen, die auf die Ehe vorbereitet werden sollen, lernt. Die Jahre vergehen. Als sie auf den geheimnisvollen Wächter Tajan trifft, ist sie längst eine ausgezeichnete Tänzerin. Ihre sehr ausdrucksstarken Tänze, geben Gefühle und Stimmungen wieder. Unglaublich perfekt vermittelt die Autorin das dem Leser.

Mit ihrer Zielstrebigkeit vermag Divja den jungen Wächter zu beeindrucken. Nicht nur, dass er ihr Lehrer wird. Er ist auch eine Quelle an Informationen für Divja. Die Grundlage für ihre Meinungsbildung lag bisher ausschließlich im begrenzten Raum der Schule. Erstmals erfährt sie, was draußen vorgeht.
Dass sich die beiden ineinander verlieben, erwartet man, auch wenn man weiß, dass es hoffnungslos ist, weil sie im Grunde nichts gemeinsam haben und so vieles zwischen ihnen steht. Doch Divja nimmt nichts mehr als gegeben hin. Vor allem will sie das Geheimnis um ihre Herkunft entschlüsseln. Das gelingt ihr, doch es führt sie auch in einen direkten Kampf hinein, bei der es um das Bestehen ihres Volkes geht.

Es ist selten, dass man sich als Leser so gut in eine Geschichte hineinversetzten kann. Das liegt nicht nur am interessanten Thema, sondern auch am ausdrucksstarken Schreibstil der Autorin. Und auch an der Idee, so außergewöhnliche fantastische Elemente in die Geschichte mit einfließen zu lassen.

Rezension von Heike Rau

Susanne Rauchhaus
Die Messertänzerin
366 Seiten, gebunden
Ueberreuter Verlag
ISBN-10: 3800056038
ISBN-13: 978-3800056033
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Yehan Sadat: Meine Hoffnung auf Frieden

Yehan Sadat: Meine Hoffnung auf Frieden

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Das Manifest einer mutigen und tatkräftigen Frau.

Als der 11.September 2001 mit seinen schrecklichen Folgen über die Menschheit hereinbrach, saß Yehan Sadat in ihrem Haus im Norden Virginias und konnte nicht fassen, was da geschah!

Ihre Erinnerungen tragen sie zurück zum Tag der Ermordung ihres Mannes 1981, der sie in eine ähnlich traumatische Verfassung gebracht hatte. Im Alter von 15 Jahren war sie mit Anwar Sadat verheiratet worden, dem späteren Staatspräsidenten Ägyptens. Es war eine lange und gute Ehe gewesen, die mit seiner Ermordung jäh endete.

Heute lebt, schreibt und lehrt Yehan Sadat abwechselnd in Amerika und Kairo, wo sie spät noch Literaturwissenschaften studierte, promovierte und sich als Friedensbotschafterin und Frauenrechtlerin betätigt.

Mit ihren Friedenshoffnungen, denen Yehan Sadat in ihrem Buch Ausdruck gibt, hat sie zugleich ein Manifest über die langwierigen und widerständigen Friedensbemühungen im Nahen Osten verfasst.

Sie beschreibt in ihrem Buch die vielfältigen Anstrengungen, die schon ihren Mann zu seinen Lebzeiten als Politiker der Friedenssuche ausgezeichnet hatte. Sein Friedensvertrag mit Israel kostete ihn schließlich das Leben, denn der Widerstand gegen eine Aussöhnung mit Israel bestand ja in weiten Kreisen der arabischen Welt fort.

Die Ausführungen Yehan Sadats setzen ein hohes Interesse am Fortgang der politischen Entwicklung im Nahen Osten voraus. Nicht alle Namen der Rebellionen und Ereignisse, die den Friedensprozess behindern, sind uns geläufig.

In einem Vorwort beschreibt der ehemalige deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt, wie sehr er Anwar Sadat vor allen anderen Staatsführern verehrte, da er mit ihm über die großen monotheistischen Religionen sprach. Noah, Abraham, Isaak und Ismael, Moses, Jesus und die jüdischen Propheten, sie alle kommen nach Aussagen in diesem Gespräch auch im Koran vor, so dass man von den gleichen Wurzeln aller drei Religionen sprechen kann.

Yehan Sadat erklärt  in langen Passagen die Intentionen des Islam, und stellt ebenfalls immer wieder die Verbindung zwischen den drei Religionen her. Dabei geht sie dem Friedensgedanken, der Versöhnung und den demokratischen Spielregeln nach, die sie in allen Religionen wieder findet.

Natürlich ist dieses Buch auch eine Hommage an einen geliebten Ehemann, die mit der Einrichtung eines  Anwar- Sadat Lehrstuhls in Kalifornien gekrönt wird.

Yehan Sadat ist eine fromme und sehr kluge Frau, der man glauben kann, dass sie die Dinge mit gerechtem Blick und Zukunftsvisionen sieht. Dass der Islam von Ideologen zu politischen Zwecken und Zielrichtungen missbraucht wird, ist wohl anzunehmen. Yehan Sadat richtet mit ihren Thesen den Blick auf Versöhnung, und der gute Wille, mit dem sie zwischen den Völkern und Religionen vermitteln will, ist glaubwürdig.

Leider hinkt die Realität den gutgläubigen Vorstellungen von Yehan Sadat hinterher.

Sie leistet mit ihren Ausführungen dennoch einen anerkennenswerten Beitrag zur Verständigung zwischen der arabischen und der übrigen Welt.

Yehan Sadat
Meine Hoffnung auf Frieden
250 Seiten, gebunden
Hoffmann und Campe /2009
ISBN-10: 3455501265
ISBN-13: 978-3455501261
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Yehan Sadat: Meine Hoffnung auf Frieden

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Das Manifest einer mutigen und tatkräftigen Frau.

Als der 11.September 2001 mit seinen schrecklichen Folgen über die Menschheit hereinbrach, saß Yehan Sadat in ihrem Haus im Norden Virginias und konnte nicht fassen, was da geschah!

Ihre Erinnerungen tragen sie zurück zum Tag der Ermordung ihres Mannes 1981, der sie in eine ähnlich traumatische Verfassung gebracht hatte. Im Alter von 15 Jahren war sie mit Anwar Sadat verheiratet worden, dem späteren Staatspräsidenten Ägyptens. Es war eine lange und gute Ehe gewesen, die mit seiner Ermordung jäh endete.

Heute lebt, schreibt und lehrt Yehan Sadat abwechselnd in Amerika und Kairo, wo sie spät noch Literaturwissenschaften studierte, promovierte und sich als Friedensbotschafterin und Frauenrechtlerin betätigt.

Mit ihren Friedenshoffnungen, denen Yehan Sadat in ihrem Buch Ausdruck gibt, hat sie zugleich ein Manifest über die langwierigen und widerständigen Friedensbemühungen im Nahen Osten  verfasst.

Sie beschreibt in ihrem Buch die vielfältigen Anstrengungen, die schon ihren Mann zu seinen Lebzeiten als Politiker der Friedenssuche ausgezeichnet hatte. Sein Friedensvertrag mit Israel kostete ihn schließlich das Leben, denn der Widerstand gegen eine Aussöhnung mit Israel bestand ja in weiten Kreisen der arabischen Welt fort.

Die Ausführungen Yehan Sadats setzen ein hohes Interesse am Fortgang der politischen Entwicklung im Nahen Osten voraus. Nicht alle Namen der Rebellionen und Ereignisse, die den Friedensprozess behindern, sind uns geläufig.

In einem Vorwort beschreibt der ehemalige deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt, wie sehr er Anwar Sadat vor allen anderen Staatsführern verehrte, da er mit ihm über die großen monotheistischen Religionen sprach. Noah, Abraham, Isaak und Ismael, Moses, Jesus und die jüdischen Propheten, sie alle kommen nach Aussagen in diesem Gespräch auch im Koran vor, so dass man von den gleichen Wurzeln aller drei Religionen sprechen kann.

Yehan Sadat erklärt  in langen Passagen die Intentionen des Islam, und stellt ebenfalls immer wieder die Verbindung zwischen den drei Religionen her. Dabei geht sie dem Friedensgedanken, der Versöhnung und den demokratischen Spielregeln nach, die sie in allen Religionen wieder findet.

Natürlich ist dieses Buch auch eine Hommage an einen geliebten Ehemann, die mit der Einrichtung eines  Anwar- Sadat Lehrstuhls in Kalifornien gekrönt wird.

Yehan Sadat ist eine fromme und sehr kluge Frau, der man glauben kann, dass sie die Dinge mit gerechtem Blick und Zukunftsvisionen sieht. Dass der Islam von Ideologen zu politischen Zwecken und Zielrichtungen missbraucht wird, ist wohl anzunehmen. Yehan Sadat richtet mit ihren Thesen den Blick auf Versöhnung, und der gute Wille, mit dem sie zwischen den Völkern und Religionen vermitteln will, ist glaubwürdig.

Leider hinkt die Realität den gutgläubigen Vorstellungen von Yehan Sadat hinterher.

Sie leistet mit ihren Ausführungen dennoch einen anerkennenswerten Beitrag zur Verständigung zwischen der arabischen und der übrigen Welt.

Yehan Sadat
Meine Hoffnung auf Frieden
Gebundene Ausgabe: 250 Seiten
Verlag: Hoffmann und Campe
ISBN-10: 3455501265
ISBN-13: 978-3455501261