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Schlagwort: Jüdisches Leben

Joseph Roth: Hiob

Joseph Roth: Hiob

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Es gilt in dem vorliegenden Roman von Joseph Roth einen der großartigsten Schriftsteller der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts aus dem jüdischen Milieu Ostgaliziens neu zu entdecken oder wiederzuentdecken.

Der LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag hat den Roman neu aufgelegt und damit in den Blick des geneigten Lesepublikums gerückt.

Hiob, die biblische Leidensfigur des Alten Testamentes, findet sich in der Figur des Mendel Singer im Roman wieder. Er ist jüdisch-orthodoxer Thoralehrer in einem fiktiven Dorf in Ostgalizien.

Man fühlt sich sofort in die ärmliche Schule mit dem frommen Rabbi versetzt, wenn man die ersten Zeilen liest. Mendels Frau und seine drei Söhne mit der Tochter Miriam gehören als Familie dazu.
Das Leben ist karg und die Lebensbedingungen hart.
Der jüngste Sohn Menuchim ist zudem ein Krüppel, der nicht recht gedeihen will.

Mendel Singer muss viel Leid erfahren in seinem Leben. Ein Sohn geht zum Militär, der andere entzieht sich und wandert aus nach Amerika. Miriam aber lässt sich mit den Soldaten ein und bringt Schande über ihn.

Schließlich wird Mendel mit Frau und Tochter von seinem Sohn Schemarjah, der sich jetzt Sam nennt, für ein besseres Leben nach Amerika geholt. Menuchim müssen sie zurücklassen.

Der erste Teil des Romans ist ganz der Atmosphäre im Schtetl gewidmet. Nachbarn, Freunde und die kleinen Freuden des Alltags sind bildreich beschrieben. Man hört viel Wehklagen und Seufzen aus dem Werk. Deborah führt den Haushalt, und Mendel beklagt sein Schicksal, das ihm in Gestalt seiner vier Kinder so viel Kummer verursacht.

Im zweiten Teil folgt der große Aufbruch nach Amerika!

Amerika ist so ganz anders als das bisherige Leben der beiden Alten! Sie können sich an die neue Umgebung und das aufstrebende Land mit seinem hektischen Gebaren nur schwer gewöhnen. Als Deborah vor Gram stirbt, und Miriam einen psychischen Zusammenbruch erleidet, bleibt Mendel alleine im Hause seines Sohnes Sam zurück. Sehnsucht und Schuldgefühle gegenüber dem Sohn Menuchim bedrücken sein Gemüt. Er wird schließlich im Angesicht des vielen Unglücks von Glaubenszweifeln geplagt, auch darin dem biblischen Hiob gleich.

In großen Zügen ist das die Geschichte. Nur andeutungsweise wiedergeben kann man die wunderbaren Worte, die fast an biblische Texte erinnern, mit denen Joseph Roth seine Erzählung aufzeichnet. Es ist eine archaische Sprache, in der von Impressionen die Rede ist, die das Seelenleben verdüstern. In eindrucksvollen Satzgebilden werden Stimmungen, Geräusche und Gerüche nachvollziehbar. Die seelischen Erschütterungen und Überraschungen sind so anrührend, dass man unwillkürlich mitfühlt.

Der Erzählstil bleibt vielseitig, einfach und prägnant; alleine die Figuren und hier besonders Mendel in seiner ganzen menschlichen Hilflosigkeit, dem Schicksal ausgeliefert, geben das Geschehen wieder.

Zum Ende hin ereignet sich ein unglaubliches Wunder!

Der letzte Satz des Erzählers versinnbildlicht die Art der Darstellung sehr genau: „Mendel schlief ein. Und er ruhte aus von der Schwere des Glücks und der Größe der Wunder“.
Dem ist nichts hinzuzufügen.

Joseph Roth starb 1939 mit 44 Jahren in Paris auf der Flucht vor den Nazis vermutlich an Alkoholsucht.

Joseph Roth
Hiob
LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag, April 2022
120 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3965425714
ISBN-13: 978-3965425712
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Maxim Biller: Sechs Koffer

Maxim Biller: Sechs Koffer

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Maxim Biller bezieht sich in seinem Roman auf seine verwirrende Familiengeschichte.

Von Moskau über Prag nach Hamburg und Zürich ziehen sich die Schilderungen über seine Familie, die einen geheimnisvollen Hintergrund hat: was geschah mit dem Großvater der Sippe, der 1960 in Moskau hingerichtet wurde?

Sie sind Juden und werden immer und überall verfolgt. Die Sowjetunion hatte jedoch ihre eigenen Regeln, mit denen unliebsame und nicht folgsame Bürger willkürlich zu Tode kamen.

Der kleine Maxim fragt und schaut und beobachtet und zeigt schon früh sarkastische und selbstironische Charakterzüge in seinem Verhalten.

Ein wenig verwirrend für den Leser sind die Familienpersonen in ihren Beziehungen zueinander. Brüder, Onkel und Tanten: wer gehört wie zu wem und woher kamen sie? Man ist gelegentlich ein wenig angestrengt, sich in die diversen Beziehungen einzufühlen. Fest steht aber, dass in der Familie mitbedingt durch unterschiedlich politische Regime ein Klima der Verunsicherung und Angst herrschte. Der Großvater machte Waffen-und Devisengeschäfte, die ihn in Moskau unter Verdacht und schließlich zur Hinrichtung brachten. Jeder/ jede verdächtigt danach jeden der Denunziation und brachte die Familienmitglieder gegeneinander auf. Verfeindete Brüder und unglückliche Liebesbeziehungen taten ein Übriges, um das allgemeine Familienklima zu vergiften.

Das bunte Kaleidoskop einer jüdischen Familie tut sich auf, in dem auch der Ernst der Lage durch den Holocaust nicht ausgespart wird. Für den reflektierten Leser ist es erleichternd, zu erfahren, wie Familien immer und überall auch zerstritten sein können. Das ist kein jüdisches Phänomen. Im Gegenteil: schienen doch bisher bedingt durch die Erfahrungen der nahen Vergangenheit gerade jüdische Familien einen besonderen Zusammenhalt zu genießen, während man aus der ehemaligen DDR von Familientragödien hörte, in denen durch Bespitzelung und gegenseitigen Argwohn Unglück und Verzweiflung in Familien herrschten.

In diesem Familienroman wird die Zerrissenheit durch die politischen Systeme in Ost und West thematisiert. Ein wenig Schwejk blitzt gelegentlich durch: nur durch Chuzpe kommt man zuweilen weiter. Letzte Fragen bleiben offen.

Es ist ein witziger, spannender und spritziger Erzählstil, mit dem uns Maxim Biller hier erfreut.

Maxim Biller
Sechs Koffer
208 Seiten, gebunden
Kiepenheuer&Witsch, August 2018
ISBN-10: 3462050869
ISBN-13: 978-3462050868
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Jürgen Seidel: Die Rettung einer ganzen Welt

Jürgen Seidel: Die Rettung einer ganzen Welt

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Mit diesem Roman eröffnet sich nochmal das Panorama zur zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts. Angefangen bei Hitlerdeutschland mit der Verschärfung der Judenverfolgung 1939 geht es über Berlin mit Bella, der Hauptprotagonistin, zum Ende hin nach Amerika.

Das Versteck für die jüdische Familie in Berlin bietet ein Ägyptischer Arzt, der auch eine arrangierte Hochzeit für Bella organisiert, womit sie nicht mehr Jüdin ist sondern zur Muslima wird.

Abenteuerreich und fantasievoll geht es durch das ganze Buch. Bella wird Ärztin, heiratet in Amerika einen lieben Mann, der früh stirbt. Mit 43 Jahren ist sie Witwe mit zwei kleinen Töchtern.

Ein Familientreffen alle paar Jahre führt die Familie immer einmal wieder zusammen. Bei dieser Gelegenheit erfährt man die Schicksale und Lebenswege der verschiedenen Familienzweige und ihrer Sprösslinge, die auch in Irland Wurzeln hat.

Die Vielfalt der Charaktere und das Auf und Ab der Lebenswege ist von spannender Detailgenauigkeit. Zeitsprünge machen den Zusammenhang zuweilen etwas unübersichtlich, so dass man Mühe hat, immer richtig Schritt zu halten. Dass Bella ihre große Liebe in Berlin zurücklassen musste und ihn später unter anderem Namen in Amerika wiederentdeckt, gibt der Geschichte den besonderen Kick.

Alles in allem ist das Buch ein lesenswerter Schmöker mit zahlreichen Verwicklungen, die sowohl jüdisches als auch muslimisches Leben widerspiegeln. Amerika mit seinem Gesellschaftsbild spielt eine eher nachrangige Rolle. Allerdings ist New York ein Schmelztiegel der Nationen, was durchaus eine Rolle bei der ganzen Geschichte spielt.

Jürgen Seidel
Die Rettung einer ganzen Welt
480 Seiten, broschiert
dtv Verlagsgesellschaft, Februar 2018
ISBN-10: 3423261668
ISBN-13: 978-3423261661
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Vanessa F. Fogel: Hertzmann’s Coffee

Vanessa F. Fogel: Hertzmann’s Coffee

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Jüdisches Familienleben über mehrere Genrationen beobachtet.

Yankele und Dora sind ein altes Ehepaar. Sie leben in New York, wohin es sie durch die Kriegs- und Nachkriegszeit verschlagen hat.

Yankele Hertzmann hat sich ein großes Kaffeeimperium erarbeitet.

Ihre vier Kinder sind aus dem Haus. Sehr zum Kummer ihres Vaters und ihrer Mutter herrscht Zwietracht und Unfrieden zwischen den erwachsenen Kindern.

Yankele beschließt, die Familiengeschichte öffentlich und auf Umwegen den Kindern zugänglich zu machen. Er benutzt dazu die modernen Medien des Videos und des Internets.

Durch seine Erinnerungsform werden im Wechsel alte und neue Passagen der Familiengeschichte in den Fokus genommen.

Herausgekommen ist eine lange Familiengeschichte voller Höhen und Tiefen.

Sie führt von Polen über Deutschland nach Venezuela und New York. Einmal geht es um den Zweig von Doras Familie. Dann wieder ist Yankeles Familie im Mittelpunkt des Geschehens. Durch alle Beziehungen zieht sich die Liebe, der Streit, die Versöhnung, Schicksalsschläge und die Unauflöslichkeit von Familienbanden. Man bekommt einen unmittelbaren Eindruck vom Lieben und Streiten auch aber von Yankeles Sehnsucht nach Versöhnung.

Yankele wurde während des Krieges von seiner Familie aus Deutschland beizeiten ins Ausland geschickt. Die ganze übrige Familie ist während Shoah umgekommen.

Er sucht und findet seine jüngste Schwester Leah, die durch die Vermittlung eines guten Familienfreundes in einem Nonnenkloster in Deutschland der Judenverfolgung während der Nazizeit entkommen konnte. Sie lebt in Venezuela. Doch Leah will oder kann sich nicht erinnern, und Yankeles Bemühungen führen nur mühsam zum Ziel.

Und Dora? Sie sagt ihren Kindern die Meinung in einer drastischen Weise, die mit dem Vergleich beginnt: “Leben ist genau das: Leben! Es ist vieles, aber keiner hat es bisher verstanden“ und „das Leben ist nicht wie ein Puzzle. Man kann Teile nicht einfach wieder zusammensetzen, wenn man sie auseinandergerissen hat.“

Das Buch ist mit viel Wärme und Empathie geschrieben, so dass man sich vor allem den beiden Hauptprotagonisten nahe fühlt. Die Geschichte geht zu Herzen und zeigt einmal mehr, wie Familien in Streit und Versöhnung verbunden sein können, und wie viel Weisheit, Klugheit, Gelassenheit und Geduld dazu gehören, Verbindungen gelingen zu lassen.

Vanessa F. Fogel ist den Spuren ihres Großvaters beim Abfassen zu diesem Roman gefolgt.

Analogien und Vergleiche, poetische Abhandlungen und Empfindungen wechseln ab mit Erzählungen aus dem wahren Leben. Der Extrakt von Weisheit und Erkenntnis zweier alter Menschen, die sich in Kraft, Freundschaft und Liebe verbunden sind, werden hier aufgezeigt. Hertzmann’s Coffee ist ein wunderbarer Roman über die Kraft der Liebe und Versöhnung. Jüdische Familiengeschichten enthalten immer den besonderen Ton von Zusammengehörigkeit. Dieser Zusammenhalt und ihre Lebensformen sind überlebenswichtig in einer ihnen häufig nicht wohlgesonnenen Umwelt. In diesem Roman kann man diese Lebensformen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten und sich ein Bild von jüdischen Leben machen.

Vanessa F. Fogel
Hertzmann’s Coffee
320 Seiten, gebunden
Weissbooks, Juli 2014
ISBN-13: 978-3863370435
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Emanuel Bergmann: Der Trick

Emanuel Bergmann: Der Trick

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Magische Welt der Kindheit…

Zwei ca zehnjährige Jungen mit ihren Familien bilden den Plot einer Geschichte, die den Leser verzaubern könnte.

1934 lebt in Prag Mosche Goldenhirsch. Sein Vater ist Rabbi, seine Mutter kürzlich verstorben. Er fühlt sich verloren in der Welt, als er vom Schlosser, einem vorübergehenden Liebhaber seiner Mutter, in einen Zirkus eingeladen wird. Dort erlebt er seltsame und wunderbare Dinge. Er ist so entzückt, dass er der strengen Zucht seines Vaters zu entfliehen trachtet. Er beginnt, den Honigmann zu folgen, der im Zirkus als Magier auftritt.

2007 in Los Angeles sucht der zehnjährige Max ebenfalls einen Zauberer, den großen und berühmten Zabbatini, um seine Eltern, die sich scheiden lassen wollen, wieder zusammenzubringen.

Beide Jungs sind kleine Juden, die der Magie zuneigen.

Um ihre Suche nach der Wahrheit und dem Glück im Leben dreht sich die Erzählung, in der sie die abenteuerlichsten Erlebnisse haben.

Wir sehen sie im Wechsel zwischen der Vergangenheit und dem Heute. Man kann ihre Reise über Berlin, das Nazireich mit der grausamen Judenverfolgung und dem schrecklichen Krieg weit über die Länder Europas hinweg bis nach Amerika in das Jahr 2007 verfolgen. Hier vollendet sich ein Roman, der reich an Zauber und Grausamkeit über alle Hürden hinweg schließlich zur Liebe führt.

Emanuel Bergmann hat eine zauberhafte Erzählung geschaffen. Das jüdische Milieu in Prag und Amerika prägt das Geschehen, das zu einem fernen Zeitpunkt die Suchenden zusammenführt. Im einen Fall fühlt man sich in alte Zeiten jüdischen Lebens mit ihren Traditionen und dem Glauben zurück versetzt. Dann aber stellt man fest, dass auch in heutiger Zeit Wunder möglich sind, wenn man nur an sie glaubt! Ausgewogen werden Geschichten erzählt, die zwischen Komik, Verzweiflung, Sehnsucht und Glück changieren.

Emanuel Bergmann schreibt für Verlage und verschiedene Filmstudios; er unterrichtet Deutsch, übersetzt Bücher und schreibt nun auch Romane. Dieser ist ihm gut gelungen.

Emanuel Bergmann

Der Trick
400 Seiten, gebunden
Diogenes, Februar
ISBN-10: 3257069553
ISBN-13: 978-3257069556
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Peter Härtling: Liebste Fenchel!

Peter Härtling: Liebste Fenchel!

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Gesellschaft und Leben zu Zeiten der Romantik.

Als Peter Härtling die Nachricht von der Geburt seines siebten Enkelkindes erhält, das den Namen „Fanny“ tragen soll, fällt ihm sogleich Fanny Mendelssohn ein. Ihr widmet er sich fortan in einer Biographie, die ganz seine Handschrift trägt.
Schon in seinen Biographien über Schubert, Schumann und Hölderin zeigt P. Härtling sein herausragendes Talent, aus imaginierten Vorstellungen ferner Zeiten Wirklichkeit werden zu lassen. Er vertieft sich beinahe ganz mit seinen Gefühlen in das Leben um 1800 und verzaubert mit den filigranen Beschreibungen von Raum, Zeit und Handeln das Geschehen.

Fanny Menlssohn,1805 geboren, war die älteste Tochter von Lea und Abraham Mendelssohn, die nach ihr noch drei weitere Kinder haben werden. Unter ihnen zeigt der vier Jahre jüngere Felix später ein außergewöhnliches musikalisches Talent, mit dem er zu Ruhm und Ehre kommen soll. Auch Fanny ist eine hervorragende Musikerin. Peter Härtling lässt sie wie in einem flämischen Bild durch die häuslichen Räume tänzeln, sie summt vor sich hin und bildet sich anhand des Vorlebens ihrer Eltern, des Onkels und der Tante, die im gleichen Hause leben. Von Hamburg zieht es die Familie vor den Repressalien der Napoleontruppen nach Berlin, wo der Vater mit seinem Schwager Joseph ein Bankhaus begründete.

Schon früh musizieren die Geschwister zusammen, bis Felix seinen ersten Konzertauftritt mit 9 Jahren hat. Fanny muss zeitlebens im Schatten des Bruders stehen, weil sich Broterwerb für Frauen in ihren Kreisen nicht schickte.

Nur kurz aber intensiv bietet Härtling Einblicke in die religiösen Überzeugungen der Familie. Was es mit dem Glauben auf sich hat, führt bei Fanny zu nachdenklichen Fragen, denn ihr Großvater war der berühmte Philosoph jüdischen Glaubens Moses Mendelssohn, einer der denkerischen Begründer der Aufklärung. Die Eltern ließen ihre vier Kinder taufen und nahmen später selber den christlichen Glauben an.

P. Härtling beschäftigt sich intensiv mit der musischen Entwicklung und dem Familienleben der begabten Mendelssohnkinder Fanny und Felix. Ein ausgedehntes Gesellschaftsleben führte zu den so genannten „Sonntagskonzerten“, die im Hause der Mendelssohns veranstaltet wurden. Bach und immer wieder Bach wird gespielt und gesungen; auch Mozart und Haydn sind beliebte Komponisten, denen sich die Kinder verschrieben haben. Eigene Kompositionen von Fanny und Felix werden ebenfalls aufgeführt und bewundert. Felix ist der strahlende Stern der Familie Mendelssohn-Bartholdy, wie sie sich nach der Christianisierung nannte.
Die Geschwister fühlten sich bis zu Fannys frühem Tod emotional und musisch innig verbunden. Dazwischen aber lagen viele Jahre schöpferischen Schaffens, Hochzeiten und Kindergeburten.
Diese bilden zusammen mit den Abschieden immer wiederkehrende Ereignisse. Antisemitismus und Anfeindungen stehen im Wechsel zu Ruhm und Erfolg der musischen Familienmitglieder.
Mit fortschreitender Erzählung rundet sich das Bild einer künstlerisch anregenden und ereignisreichen Zeit mit zahlreichen bekannten Künstlernamen, zu denen Heine, Kleist, die Varnhagens und selbstverständlich auch Goethe zählten.
Peter Härtling hat seine gelungene Biographie über das Leben von Fanny Mendelssohn gründlich recherchiert.
Unvergleichlich in seiner sensiblen Vorstellungsweise taucht der Autor in das 19. Jahrhundert ein. So ersteht vor uns wahrhaftig ein Bild, das uns in ferne Zeiten entführt und unser Interesse bannt. Man fühlt sich verzaubert vom Reichtum der Erzählung Peter Härtlings und kann sich nur schwer von seinem Buch trennen.

Peter Härtling
Liebste Fenchel!
256 Seiten, gebunden
Kiepenheuer & Witsch, Mai 2011
ISBN-10: 3462043129
ISBN-13: 978-3462043129
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