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Schlagwort: Komik

John Banville: Unendlichkeiten

John Banville: Unendlichkeiten

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Götterwelt und irdische Lebensläufe.

Dieser tiefsinnige Roman John Banvilles spielt mit allen Registern der Unendlichkeit und des zum Sterben verdammten Seins.
Die griechische Götterwelt spielt den verbindenden Part in dem Drama um Liebe, Tod und Sterben.

Der Familienvater Adam Godley ist schwer krank. Er liegt nach einem Schlaganfall im Koma. Einst war er ein berühmter Mathematiker, der sich mit den Konzepten der Unendlichkeit befasste. Sein Tod ist absehbar, und in seinen komatösen Fantasien ist er gepeinigt von der Angst, lebendig begraben zu werden; Friederike Kempner lässt grüßen! Auch sie dachte sich in ihren Gedichten Signale aus, mit denen sie sich als Scheintote möglicherweise wieder Zugang zu den Lebenden verschaffen könnte.

Der Gott Hermes gibt sich als Erzähler der Familiengeschichte der Godleys aus und pfuscht in deren Überlebensstrategien und Sterbensängste hinein.

Zum kranken Vater ist der Sohn Adam mit seiner Gemahlin Helen angereist. Er ist ein furchtsamer und argwöhnischer Mensch. Petra, die jüngere Schwester von Adam, wirkt geradezu wie ein verschrecktes Hühnchen mit ihrer schmächtigen Gestalt und Ängstlichkeit. Ursula, Adams Frau, bestreitet den Alltag und realisiert am ehesten den nahenden Tod ihres Mannes.

In der Erzählung geht es um Erinnerungen, um eine freche Götterwelt, um Fantasien, Furcht und Lebensangst. Von den Familienmitgliedern trägt jeder sein eigenes Schicksal mit Unzulänglichkeiten, Versagensängsten, Lebenslust- und Frust zugleich.

Mitten hinein agieren die alt bekannten Götter aus der griechischen Mythologie, die den Lebenden die echte Liebe und das Sterben missgönnen, da dieses „echte“ Leben ihnen selbstredend versagt ist.
So wird Helen zum Opfer von Zeus, der ihr im Beischlaf vorgaukelt, ihr Mann zu sein, jedoch mit der Hoffnung, dass sie in ihm den unvergesslichen Liebhaber sehen möge.

In dieser Weise führen die Götter so manchen Schabernack im Schilde,mit denen sie den Ernst der Lage aufmischen.

Nicht zuletzt gleicht die Geschichte der Aufführung einer Commedia dell’arte oder einem Tanz auf dem Vulkan: ein Tag nur im Leben der Familie spiegelt dichte und groteske Ereignisse im Wechsel mit den göttlichen Funken, die in das irdische Leben hineinspuken.

John Banville ist ein großer Erzähler, dem hier die Synthese von Ernst und Komik grandios gelingt.
Er ist ein mit zahlreichen Preisen ausgezeichneter irischer Dichter der Gegenwart.

John Banville
Unendlichkeiten
318 Seiten, gebunden
Kiepenheuer & Witsch, Februar 2012
ISBN-10: 346204379X
ISBN-13: 978-3462043792
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Philippa Perry: Couch Fiction

Philippa Perry: Couch Fiction

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Psychotherapie als Comic; geht denn das?

Es geht!

Hervorragend in der Aufmachung, gekonnt in der Darstellung  und witzig in der Ausführung hat sich die englische Psychotherapeutin Philippa Perry daran begeben, zu beschreiben, wie und was sich in einer Psychotherapie ereignet.

Herausgekommen ist ein Werk, das umfassendes Grundlagenwissen und praktische Erfahrung mit der Behandlungsform „Psychotherapie“ vermittelt. Die Aufmachung als Comic bietet die Möglichkeit, zwischen dem gesprochenen Wort auch von Gedanken und Gefühlen, die zwischen den Worten mitschwingen, zu berichten.

Philippa Perry erzählt uns eine Geschichte der Therapie mit einem fiktiven Klienten. Er heißt James, ist erfolgreicher Anwalt und hat ein gravierendes Problem: er klaut ohne besonderen Grund und kann es nicht lassen.

Sowohl der Laie als auch der kenntnisreiche Psychotherapeut wird in den Sitzungen bei Philippa Perry mit James vieles wieder erkennen, was es in anderen Zusammenhängen in Psychotherapiesitzungen zu erleben gibt.

Da geht es natürlich um das Bewusste ebenso wie um das Unbewusste. Die unausgesprochenen Gedanken seines Klienten kann ein guter Therapeut erahnen und in Form von Deutungen aussprechen. Fühlt sich der Klient auf diese Weise besser verstanden? Oder wird er misstrauisch, dass der Therapeut ihn durchschaut, wo er das eigentlich nicht will?

Psychotherapie beruht auf Kenntnis, auf Erfahrung, auf Vertrauen, auf guter Kommunikation und der Persönlichkeit des Therapeuten. Therapeuten aber sind auch nur Menschen, die sich unentwegt auf mögliche Fehler zu überprüfen haben, -und diese unterlaufen ihnen natürlich auch. Voller Selbstironie lässt Philippa Perry ihre Eigenbeobachtungen mit ihren Selbstzweifeln zwischen den Zeilen durchscheinen. Sie versäumt in ihren Ausführungen nichts und lässt uns teilhaben an dem, was sie in ihren Therapiestunden mit James erlebt.

Zu den Comics und den Gesprächen zwischen ihr und ihm gibt es Untertitel, in dem therapeutische Fachfragen erklärt werden. Mit dem Mittel der Übertragung und Gegenübertragung erlebt man das Aufspüren unbewusster Inhalte und ihrer Deutung. Sie machen den Therapieprozess im Wesentlichen aus. Damit können störende Gefühle und widrige Reaktionen in ihren Ursprüngen sichtbar gemacht werden und zu einer Veränderung in den Verhaltensweisen führen. Darüber hinaus bedarf es aber der Empathie, um sich überhaupt in ein Arbeitsbündnis mit einem Klienten einzulassen. Das alles und noch vieles mehr kommt in den Texten von Philippa Perry zum Tragen.

Andrew Samuels, Professor für analytische Psychologie an der Universität von Essex, beschreibt in seinem Nachwort Psychotherapieformen und deren Möglichkeiten. Er preist das Buch zu recht als informativ für Klienten und Fachleute. Doch handelt es sich nicht um ein Handbuch für Psychotherapie sondern ist ein Wegweiser durch die Irrungen und Wirrungen der menschlichen Seele, wenn sie denn aus dem Gleichgewicht gekommen ist.

Das Buch ist kompetent, klar, eindeutig, kritisch und in jeder  Hinsicht ein Gewinn für alle jene, die sich um Einsichten und Aufklärung innerseelischer Vorgänge bemühen.

Ich kann diesen Comic als äußerst gelungen, witzig und zugleich ernsthaft empfehlen.

Philippa Perry
Couch Fiction
156 Seiten, gebunden
Kunstmann, August 2011
ISBN-10: 388897738X
ISBN-13: 978-3888977381
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Véronique Bizot: Meine Krönung

Véronique Bizot: Meine Krönung

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Die Welt verlassen… oder ihr doch noch einen Tribut zollen?

Der misanthropische Kauz Gilbert Kaplan lebt ruhig, zurückgezogen und wohl versorgt von seiner Haushälterin Madame Ambrunaz in seiner Wohnung in Paris. Er ist schon sehr alt, und sein Berufsleben als Wissenschaftler hat er längst hinter sich gelassen. Doch ohne Vorwarnung soll er für sein früheres wissenschaftliches Werk mit einem Preis ausgezeichnet werden.

In einem langen Monolog schaut der alte Herr zurück und überdenkt sein Leben. Da gab es, abgesehen von dem frühen Freitod seiner Frau, keine großen Überraschungen. Seine beiden Schwestern waren ihm früh schon aus dem Blickfeld geraten, und sein Sohn begegnet ihm jetzt, kurz vor seiner „Krönung“, wie ein Fremder.

In lakonischem, teils drolligem Tonfall, so, als nähme er alles gar nicht so ernst, lässt Véronique Bizot ihren Protagonisten agieren und reagieren.

In seinen Selbstgesprächen erfährt man, wie es ihm als Forscher erging; auch hier scheint sich das Unwahrscheinliche mit dem Wahrscheinlichen in einem Ungleichgewicht zu befinden, und Erfolge werden eher als Überraschung wahrgenommen. Dass es bei Gilbert immer sehr unordentlich und chaotisch zugeht, zeigt ein Blick in seine Wohnung, in der es behaglich aber unübersichtlich aussieht. Er lebt schon lange ruhig und für sich allein.

Mit dem Mittel der langsamen Rückschau erscheinen die Erlebnisse des Lebens wirklich wie weit entfernt und nicht so richtig wichtig. Wie eine Verfremdung der Gegenwart ist diese in der Rückschau gar nicht mehr so bedeutend und weltbewegend, wie sie zu Zeiten des Erlebens gewesen sein mag.

In diesem Sinne spricht Gilbert eher belustigt von seinen so unterschiedlichen Schwestern, von denen sich die altmodische und umständliche Alice zu seiner „Krönung“ angemeldet hat.

Eine kurze Weile begleiten wir den alten Herrn auf seinem letzten Lebensabschnitt, der ihm gelegentlich zusetzt und ihn auch mürrisch macht, denn das Alter zeigt ab und zu hässliche Seiten. Dem aber steht Madame Ambrunaz entgegen! Sie ist die gute Seele, die für ihn sorgt mit ihren feinen Linsensüppchen und anderen Überraschungen und auch dafür, dass er sich nicht ganz in sich selbst verliert.

Mit feinem Humor, sicherem Instinkt für die Befindlichkeiten des Alters und einem leicht melancholischen Unterton erzählt Véronique  Bizot ihre Geschichte von dem alten Herren. Hinreißend kurze Sätze bilden einen Erzählstil, dem man mit Entzücken folgt.

Ein wunderschöner, weiser, kluger und humorvoller Debütroman ist der Autorin  Véronique Bizot hiermit gelungen, für den sie mehrfach ausgezeichnet wurde.

Auch die Übersetzung von Tobias Scheffel und Claudia Steinitz ist hervorzuheben.

Nicht vergessen sollte man die äußere Aufmachung des kleinen aber feinen Büchleins, die der komisch-melancholischen Stimmung des Inhalts bestens gerecht wird.

Véronique Bizot
Meine Krönung
126 Seiten, gebunden
Steidl, März 2011
ISBN-10: 3869302305
ISBN-13: 978-3869302300
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Daniel Clowes: Wilson

Daniel Clowes: Wilson

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Die Geschichte eines hässlichen, komischen und anrührenden Sonderlings.

Schon auf dem Buchtitel blickt uns ein grimmiger Wilson mit seiner dicken dunklen Brille entgegen.
Ahnt man nicht schon, dass hier ein Misanthrop und Miesmacher unterwegs ist?
Das einzig Liebenswerte an ihm scheint sein Hund zu sein, der Anlass zu Spaß, Unterhaltung und vor allem Anknüpfung mit seinen Mitmenschen auf seinen Spaziergängen bietet.

Sein erster Satz im Comic heißt: Ich mag Menschen!
Das wird sich erst noch zeigen, wie es damit steht!
Die Geschichte gleicht einer autobiographischen Erzählung, die in der dritten Person verfasst ist.

In Seite um Seite wechselnden Szenen ergeht sich Wilson in Betrachtungen über seine Mitmenschen, sein Befinden und seine Missachtung denjenigen gegenüber, die mit ihm sprechen und ihm ihr eigenes Leid klagen. „Ach, ist das Leben schwer“, meint man ihn die ganze Zeit klagen zu hören. Seine Mutter ist tot, seine Frau ist ihm weggelaufen und nun droht auch noch der Vater zu sterben. Zuweilen sind seine Gedanken melancholisch, um die Melancholie dann wieder mit einem nonchalanten Ausdruck auszulöschen. Dabei entstehen gelegentlich absurde Vorträge, die Nonsens gleichen. Den Tod der Mutter beklagt er, setzt ihn der Tatsache gleich, dass es so sei, als sähe man das Meer nie wieder, um zuletzt festzustellen, dass er das Meer ja vielleicht gar nicht mag… „ach, Scheisse“…

Es bleibt dabei: ob in der Kneipe, auf dem Gehweg mit Hund oder beim Wiedersehen mit ehemaligen Freundinnen: die Klagen über all das Vergangene, die sich verändernde Zeit, die vermaledeiten Computer: es gibt viel zu lamentieren, und Wilson, der hässliche, misanthropische Sonderling verliert nie die Spur und bleibt sich selber treu. Alle Versuche, seiner Frau und seinem vermeintlichem Kind noch näher zu kommen, sind zum Scheitern verurteilt. Er schimpft und strampelt um ein zu erstrebendes Glück, um zuletzt in weiser Einsicht vor den Regentropfen des Fensters zu sitzen. Hier findet er der Weisheit letzten Schluss: es ist doch alles so einfach; man muss es nur erkennen. Fast eine philosophische Einsicht!

Mit großflächigen und kantigen Bildern wird die Geschichte erzählt und mit Text unterlegt, so dass man ein lebhaftes Bild von dem mittelalten Kauz bekommt.

Ein großartiger Zeichner und Erzähler hat sich in diesem Werk verewigt. Glück für alle Comicliebhaber!

Daniel Clowes
Wilson
77 Seiten, gebunden
Eichborn, November 2010
ISBN-10: 3821861282
ISBN-13: 978-3821861289
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Alina Bronsky: Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche

Alina Bronsky: Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche

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Kuriose Familiengeschichte mit amüsanten Plots!

Wie schon in ihrem ersten Roman “Scherbenpark“ beginnt Alina  Bronsky ihren Roman über die scharfe tatarische Küche mit Überraschungseffekten, die in einem flotten und ironischen Stil ihren Ausdruck finden.

Rosalinda heißt die hübsche Frau von Boris Kalganow. In ungewöhnlich offener und klarer Diktion beschreibt sie ihre siebzehnjährige Tochter als hässlich, dumm, abstoßend und wenig liebenswert.

Allen ihren Eindrücken zum Trotz ist Sulfia eines Tages schwanger. Niemand weiß, woher, und Rosas Versuche, die unerbetene Frucht los zu werden, misslingen.

Als Aminat auf die Welt gekommen ist, nimmt sich Rosalinda ihrer an und schaltet ihre arme Tochter umgehend aus.

Dominant und selbstsüchtig bestimmt die jugendliche Großmutter das Schicksal aller, die mit ihr zusammen leben. Aminat ist bildhübsch, und Rosalinda betrachtet sie als ihr Eigentum. Ungeachtet aller ihrer Bemühungen muckt Sulfia auf und verschwindet verschiedentlich mit Aminat. Ihre Mutter ist untröstlich und sucht mit Gewalt, ihrer Enkelin wieder habhaft zu werden.

In munterem Stil, frisch und frei lebt Rosalinda uns ein Matriarchat vor, in dem niemand ungeschoren bleibt, wenn sie mit ihrer Energie und Entschlossenheit Entscheidungen herbeizwingt. Ob es um den eigenen Ehemann, die Tochter oder den späterem Schwiegersohn geht: Rosa bringt alle auf Vordermann.

Die Autorin Alina Bronsky pflegt einen offenen und burschikosen Stil. Ihre Heldin sagt immer genau das, was sie denkt. Ihre subjektive Meinung zählt, die anderen haben sich ihr unterzuordnen. Bemerkenswert zeigt die Autorin, wie man auch ohne Konventionen und Rücksichtnahmen durchs Leben kommt.

Rosalinda besitzt aber durchaus Herzenswärme. Sie denkt allerdings immer nur in ihren eigenen Kategorien. Resolut und überlegen nimmt Rosa jeden Lebenswechsel und jede Veränderung wahr und geht forsch voran auf ihrem eigenen Lebensweg. Mit Witz, Komik und mit lakonischen Einwürfen geschrieben wirkt das Buch höchst amüsant. Die ernsten Dinge des Lebens wie Trennungen, Lebenskrisen, Verlassenheit, Ängste und Erschütterungen werden mit Verve bewältigt. Auch so kann man das Leben angehen: verschmitzt und pfiffig und immer die Komik und Absurdität im Auge behaltend! Für einen genüsslichen und erbaulichen Sommerabend ist dieser Roman genau der Richtige!

Alina Bronsky
Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche
336 Seiten, gebunden
Kiepenheuer & Witsch
ISBN-10: 3462042351
ISBN-13: 978-3462042351
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Todd Hasak-Lowy: Schlecht beraten durch Rabbi Brenner

Todd Hasak-Lowy: Schlecht beraten durch Rabbi Brenner

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Überdruss und Komik  im Leben eines versierten Drehbuchschreibers.

Der Drehbuchautor Daniel Bloom verzweifelt an der Welt: an der großen Zahl von Managern, die sich an ihren Kunden bereichern und Politikern, die korrupt und ehrgeizig nur den eigenen Vorteil im Auge haben.

Schnell und witzig entführt uns Todd Hasak-Lowy nach Los Angeles zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Daniel ist Jude, vermögend, verheiratet und sucht eine neue Herausforderung für sein Schreiben. Dabei fällt ihm nur eines ein: Er will ein Drehbuch schreiben, das in seiner Handlung genau diese beschriebene abgewrackte alte und neue Welt zum Thema haben soll. Gedrängt von seinem Agenten Max macht er sich an die Arbeit.

Nebenbei geht Zack, sein Sohn, auf seine Bar – Mizwa zu, womit er zum anerkannten Mann in der jüdischen Gemeinde werden soll. Die Eltern Daniel und Caroline sind nicht besonders fromm und betrachten den Thoraunterricht skeptisch. Sie gehören zu den assimilierten Juden, die es weder mit der Religion noch mit den Synagogenbesuchen so genau nehmen.

Einen tieferen Einblick in die Gewohnheiten agnostisch ausgerichteter Juden bietet Hasak-Lowy mit den Familiengeschichten der beiden.

Erkennbar befindet sich der Hauptprotagonist Daniel in einer Sinn- und Lebenskrise. Dem neuen Rabbi Ethan Brenner in der jüdischen Gemeinde vertraut er seine Zweifel und Gedanken und seine inneren Nöte an. Dieser, selber ein unorthodoxer und verdrehter Mensch, vermittelt ihm schließlich eine Reise nach Israel.

In einer an Ideen überschießenden Geschichte voller Phantasiereichtum erzählt Todd Hasak-Lowy, wie es einem im jüdischen Künstlermilieu Hollywoods als erfolgreicher Drehbuchschreiber geht. Daniel unternimmt seine „Bildungsreise“ nach Israel, die ihm reiche Erfahrungen in dem Krisen geplagten Land beschert. Er nimmt Drogen, besieht sich das Leben dort und in Amerika und beschließt zuletzt einen totalen Neuanfang. Dass es bis dahin komische bis verrückte Erlebnisse aller Beteiligten gibt, dass Daniel in Ethan Brenner einen noch verrückteren Typen findet, als er sie selber schon erfindet: das Geschehen ist unterhaltsam und erinnert gelegentlich an Slapsticks. Rabbi Ethan Brenner führt die Religion mit seinem unüblichen Gebaren ad absurdum, und Daniel wandert als derjenige durch die Erzählung, der den Finger auf die Wunden der amerikanischen Gesellschaft legt. Er ist ein naiver, liebenswerter und verwunderter Held, der nicht immer alles versteht, was er erlebt. Lakonisch nimmt er hin, dass sein Leben aus den Fugen zu geraten scheint. Da kann einem schon die Orientierung verloren gehen! Für den Leser hält der Autor Dialoge von Witz und Komik bereit, die einem die Lektüre zu einem unterhaltsamen Abenteuer werden lässt. Längen muss man dafür in Kauf nehmen!

Todd Hasak – Lowy reiht sich mit seinem ersten Roman in die  Riege amerikanischen Autoren jüdischer Herkunft von einigem Format ein. Mit Markus Ingendaay wurde ein Übersetzer gefunden, der das Werk gekonnt ins Deutsche übertragen hat.

Todd Hasak-Lowy 
Schlecht beraten durch Rabbi Brenner
480 Seiten, gebunden
Kiepenheuer & Witsch
ISBN-10: 3462041940
ISBN-13: 978-3462041941

Diego de Silva: Ich habe nichts verstanden

Diego de Silva: Ich habe nichts verstanden

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Leben auf dem Drahtseil emotionaler  Unwägbarkeiten.

Frech und lustig kommt  hier ein Anwalt daher, der eigentlich ein Verlierertyp ist. Er schlägt sich wacker durch. Nives, seine Frau, hat ihn veranlasst, aus der gemeinsamen Wohnung auszuziehen, denn sie  lebt inzwischen mit einem Architekten zusammen. Ab und zu lässt sie fünfe gerade sein für ein Liebestündchen mit ihm, je nachdem, wie es sich gerade ergibt.

Vincenzo Malinconico  hat einen 16 jährigen Sohn mit ihr, Alfredo, der eine verhängnisvolle Neigung zur Ermittlung von Gewaltursachen hat. Zu allem Übel wird Vincenzo als Pflichtverteidiger für einen Mafioso eingesetzt. Natürlich zeitigt das Folgen, denn wer lässt sich schon gerne mit dieser Gattung Mensch im Gerichtswesen ein!

Doch dann verliebt sich seine Kollegin Alessandra Persiano in den etwas ungeschickt agierenden Mann! Neues Glück, neue Perspektiven…

Nun ja, leicht melancholisch, etwas verschmitzt und urkomisch versteht es der Autor Diego De Silva aus Italien, mit den Erfahrungen aus seiner Anwaltskanzlei in Salerno zu unterhalten.

Er geht nämlich im wirklichen Leben erfolgreich dem Beruf eines Rechtsanwaltes nach. Das Verfassen von Schriftstücken brachte ihn auf die Idee, es mit einem Roman zu versuchen.

Sein Alter Ego Vincenzo ist ein  gelungener Protagonist, der sich amüsant und gewitzt den Aufgaben stellt, die das Leben ihm auch  in Gestalt seiner Kinder auferlegt, denn eine erwachsene Tochter, die Nives mit in die Ehe mit gebracht hatte, gehört auch noch dazu. Kunterbunt ist sein Leben, das zwischen seiner Exfrau, seinen Kindern, der neuen Liebe in Gestalt von Alessandra und der mehr oder weniger erfolgreichen Verteidigung seiner Klienten hin und her pendelt. Prall wie das Leben so ist, erlebt man Vincenzo zwischen allen Stühlen, ein wenig unbeholfen, ein wenig naiv und dabei äußerst liebenswert. Diego De Silvas Geschichte ist eine gelungene Mischung aus Krimi, Komik und Melancholie, absolut unterhaltsam und  erheiternd.

Diego de Silva
Ich habe nichts verstanden
Taschenbuch: 368 Seiten
Verlag: Sammlung Luchterhand
ISBN-10: 3630621740
ISBN-13: 978-3630621746