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Schlagwort: Krieg

Cora Stephan: Ab heute heiße ich Margo

Cora Stephan: Ab heute heiße ich Margo

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Weit ist der Bogen gespannt…

Verpackt in eine Familiengeschichte mit mehreren Hauptfiguren und deren berührender Vergangenheit erzählt Cora Stephan in ihrem neuen Roman noch einmal von der Nazizeit und den wechselnden geschichtlichen Strömungen in der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts.

Der Bogen wird weit gespannt: er reicht von der Nazizeit über die Schrecken des Krieges und Kriegsendes bis zu den Verbrechen in der DDR, zum westdeutschen Wirtschaftswunder und zuletzt zum Ende des 20. Jahrhunderts in eine neue Zeit.

Die Ereignisse beginnen in den dreißiger Jahren in Stendal.

Margarete Hegewald, genannt Margo, kommt aus einer einfachen Familie mit einer Schwester, einem tyrannischen Vater und einer verschüchterten Mutter. Sie verlässt die Schule mit ca 17 Jahren und beginnt in einem Fotogeschäft zu arbeiten. Im Fotogeschäft lernt sie die erfahrene und hübsche Helene kennen, eine Fotografin, die schon im spanischen Bürgerkrieg zwischen alle Fronten geraten war. Beide Mädchen verlieben sich in den schlesischen Adligen und Diplomaten Alard von Sedlitz.

Die Jahre schreiten fort und mit ihnen die Auswüchse von Hitlers Macht und Kriegstreiberei. Die Atmosphäre um die Figuren herum erscheint konspirativ. Wer ist auf wessen Seite?

Voller Spannung und im Detail sehr lebensnah steigert Cora Stephan ihre Erzählung. Die äußeren Einflüsse brachten Verhältnisse durcheinander und lösten bei den Figuren mit den verschiedensten Charakteren Irritationen aus. Beziehungen wurden unterminiert, und Freundschaften und Feindschaften verwischten sich. Margo und Helene haben jeweils besondere Rollen in dem vom Ost -Westkonflikt beherrschten Drama; zum einen als Feindinnen und Rivalinnen um die Liebe zu dem charismatischen Alard und darüber hinaus in ihrem politischen Selbstverständnis. Beide erleben den Einmarsch der Russen in Schlesien. Margo überlebt nur knapp und schwer verletzt die Schikanen durch russische Soldaten, Helene flieht und wird nach Kriegsende aktive Mitarbeiterin bei der Stasi in der DDR. Margo wird eine erfolgreiche Geschäftsfrau in Westdeutschland. Dazwischen spielen Liebschaften und Kindergeburten eine dramatische Rolle.

Cora Stephan versteht ihre Erzählung so anzulegen, dass man sowohl einen absolut wirklichkeitsnahen Eindruck bekommt von den Verhältnissen im Zweiten Weltkrieg und Deutschlands Untergang. Darüber hinaus beschreibt sie gekonnt die unterschiedlichen Strömungen in West- und Ostdeutschland nach Kriegsende. Den Familienverstrickungen und Freundschaftsbeziehungen kommt elementare Bedeutung zu. Töchter und Mütter sind uneins, Liebe und Ablehnung finden sich, Vertrauen steht gegen Lüge, Verrat und Betrug führen zu Misstrauen und Feindschaft. Ohne Unterlass folgt ein Erzählstrang dem nächsten und man bleibt bis zur letzten Seite gespannt, wie sich die Verhältnisse auflösen bzw. zurechtrücken werden. Atmosphärisch wird der Roman den beschriebenen Verhältnissen immer gerecht.

Selten liest man einen so spannenden Roman mit unablässiger Aufmerksamkeit, um zu erfahren, wie alles zusammenhängt und welche Schicksalsschläge und Herausforderungen jeder einzelne für sich verkraften muss. Dennoch bleibt der Faden immer erhalten, so dass einen die Lektüre unaufhörlich weitertreibt. Einen so anhaltend spannenden und zugleich in seiner Diktion unterhaltsamen Roman habe ich lange nicht gelesen.

Cora Stephan
Ab heute heiße ich Margo
640 Seiten, gebunden
Kiepenheuer&Witsch, März 2016
ISBN-10: 3462048953
ISBN-13: 978-3462048957
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Iny Lorentz: Die steinerne Schlange

Iny Lorentz: Die steinerne Schlange

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Rom und seine damaligen Kaiser, besonders Caracalla, sind auch im dritten Jahrhundert noch bemüht, das Reich zu vergrößern, die Macht zu mehren. So führen sie auch zweihundert Jahre nach der berühmten Varusschlacht im Teutoburger Wald einen erbitterten Kampf gegen die germanischen Stämme, die wegen ihres zersplitterten Daseins keine einheitliche Verteidigung gegen die Römer aufzubauen in der Lage sind. Der hier besprochene Roman erzählt aus dieser Zeit von Gerhild, der Fürstentochter eines germanischen Stammes. Sie hat noch zwei Brüder, von denen sich der ältere als Söldner bei den Römern verdingt und deshalb auf die Nachfolge als Stammesoberhaupt verzichtet hat, währenddessen der jüngere von beiden nach dem Tode des Vaters der Stammesfürst wird. Doch sein Selbstbewusstsein lässt zu wünschen übrig. Mit Würde füllt er sein Amt nicht gerade aus. Als der römische Statthalter Quintus die Schwester der beiden als seine Geliebte einfordert, sind diese ohne viele Bedenken, Gerhild für ihre Karriere und dem Wohl des Stammes an der Seite der römischen Nachbarn zu opfern, gern bereit. Doch die Schwester ist aus anderem Holz geschnitzt. Sie weigert sich, in die Sklaverei zu gehen, um dadurch das Wohlwollen der Römer für den Stamm zu erkaufen. Gerhild besteht auf einen Zweikampf mit Quintus, um sich nur bei dessen Sieg in ihr Schicksal fügen zu müssen. Doch es kommt anders, als Römer und Germanen erwartet hatten: Das Mädchen besiegt Quintus, beschämt ihn damit und besteht auf ihre Freiheit.

Sechshundertdreißig Seiten voller Spannung und Abenteuer. Iny Lorentz führen uns in ein wald- und moorreiches Germanien des 3. Jh. Mit einem Augenzwinkern berichten sie in dieser fiktiven Geschichte, wie die süddeutschen Stämme zu ihrem Namen als „Alemanen“ (Alle Mannen) kamen. Da ich kein Historiker bin, mag und kann ich nicht über historische Fakten in diesem Roman urteilen. Die sind übrigens in einem Nachwort ausgiebig erläutert worden. Mich faszinierte die abenteuerliche Geschichte. Damit beweisen die Erfolgsautoren ein weiteres Mal, mit welcher Professionalität und Perfektion sie eine Geschichte um die historischen Ereignisse herum aufbauen können. Figuren, die das Gefühl der Leser ansprechen, ob sie nun geliebt oder gehasst werden, ziehen den Leser mit. Der Spannungsbogen, mit dem Quintus auf Rache aus ist und mit der Gerhild um die Freiheit und die Selbstbestimmung ihres Stammes kämpft, hält von der ersten bis zur letzten Seite

Es macht Spaß, der blonden Germanin auf ihrem Weg zur Vereinigung der Germanenstämme zu folgen. Dafür gibt es eine glatte Empfehlung.

Lorentz, Iny
Die steinerne Schlange
Knaur Verlag
ISBN 9783426653517

© Detlef Knut, Düsseldorf 2015
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Irene Ruttmann: Adèle

Irene Ruttmann: Adèle

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Die Notizbücher sind abgegriffen. Erst lange nach dem Tod ihres Vaters beschließt die Tochter, darin zu lesen. Der erste Eintrag wurde im Sommer 1916 gemacht. Der Vater ist Anfang 20. Er hat sich freiwillig zum Sanitätsdienst gemeldet. Im Dezember 1916 ist er an der Aisne in Frankreich. Hier soll nach schlimmen Wochen etwas Ruhe einkehren. Es ist eine Zeit des Wartens in Ungewissheit. Als Kameraden unter Bauchschmerzen leiden, weiß Max, was helfen kann. Im Ort hatte er eine Apotheke gesehen und macht sich auf den Weg, um Salbeiblätter zu beschaffen. Das Geschäft hat nicht geöffnet. Ein Haus gegenüber weckt sein Interesse. Es hat einen Garten und hier könnte es auch Salbei geben. Er macht sich auf die Suche, ist aber nicht allein. Eine junge Frau sitzt hinter dem Haus auf einer Bank. Sie spricht kaum Deutsch und er auch nur ein paar Worte Französisch, dennoch gelingt eine Verständigung. So kehrt Max nicht mit leeren Händen zum Quartier zurück. Lange reicht der kleine Vorrat jedoch nicht. Wieder muss Max zu Adèle. Die beiden verlieben sich ineinander. Es ist eine Liebe auf Zeit, denn der Krieg geht weiter.

Die Autorin erzählt die Geschichte auf eine sehr schlicht wirkende Art und Weise, die dennoch die Vorstellungskraft anspricht und vor allem auch das Mitgefühl des Lesers weckt. Eine tiefe Melancholie liegt zwischen den Zeilen. Es gibt keine Zukunft für die Liebenden, denn Max wird gezwungen sein, weiterzuziehen. Die kurzen Zusammenkünfte sind gestohlener Zeit zu verdanken. Und Max wagt mit seinen Besuchen viel zu viel. Jedes Treffen kann das letzte sein. Auch ohne Abschied könnte die Liebe ein Ende nehmen. Es schmerzt unendlich, sich in dieser Gewissheit zu begegnen. Die Geschichte berührt. Die Autorin beschränkt sich auf Wesentliches. Die Handlung wird nicht besonders ausgeschmückt. Aber es sind gerade die nicht gesagten Worte, die die Tragik verdeutlichen.

Rezension von Heike Rau

Irene Ruttmann
Adèle
160 Seiten, gebunden
Paul Zsolnay Verlag
ISBN-10: 3552057382
ISBN-13: 978-3552057388
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Stefan Keller: Kölner Kreuzigung

Stefan Keller: Kölner Kreuzigung

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Der Prolog dieses Romans beginnt mit einem tiefen Rückblick in die Vergangenheit Kölns. Es wird der Auftrag vergeben, ein Bildnis zu malen. Doch gleich darauf in den nächsten Kapiteln erfolgt der Sprung in die Gegenwart. In einer Kölner Wohnung wird ein Schauspielerpärchen tot aufgefunden. Am Abend zuvor hat es hier eine große Party gegeben, und die Kommissare Paula Wagner und Hannes Bergkamp stürzen sich in die Ermittlungen. Doch so richtig scheint es nicht voranzugehen. Während dieser Ermittlungen stoßen die Kommissare auf den Privatdetektiv Marius Sandmann. Sandmann hatte während seines Studiums als Kaufhausdetektiv gejobbt und später als freiberuflicher Mitarbeiter für den Privatdetektiv Gunter Brock gearbeitet. Im Laufe der Jahre hat er sein Studium einschlafen lassen und ist immer weiter in das Ermittlertum der Detektei verfangen. Gerade hatten Sandmann und sein Chef an der Auffindung eines Gemäldes von Stefan Lochner mit dem Titel „Kreuzigung“ gearbeitet. Sie hatten den Auftrag von einem Kölner Kunstmuseum. Das Gemälde welches in den 1920er Jahren in den Besitz des Kunstmuseums gelangte, war 1943 auf ominöse Weise aus dem Museum verschwunden. Der jetzige Museumsdirektor hatte Hinweise erlangt, dass sich das Gemälde in der Nähe befinden sollte und beauftragte deswegen unter Ausschluss seiner Vorgesetzten die Privatdetektei von Gunter Brock mit der Suche. Die Kommissare finden den Privatdetektiv Marius Sandmann unsympathisch, genauso wie auch er die Kommissare unsympathisch findet. Als er ihnen vom Auftrag erzählt, glauben Sie ihm nicht. Um dessen Aussagen zu überprüfen, begeben Sie sich zum Museumsdirektor, der strikt verneint, dass er einen Auftrag zur Suche eines Gemäldes vergeben hat. Damit gerät Marius Sandmann ins Visier der Polizei, allerdings fehlt den Kommissaren noch ein detailliertes oder auch nur vages Motiv für die Tat.

Stefan Keller hat die parallelen Handlungen in kurze Kapitel unterteilt, die immer wieder mit spannenden Cliffhangern versehen wurden. Der Leser erlebt so das Geschehen aus drei verschiedenen Sichtweisen: aus der Sicht der Polizei die Ermittlungstätigkeit um den Tod des Schauspielerpärchens, aus der Sicht von Marius Sandmann bei der Suche nach dem Gemälde und schließlich als dritter Sicht in einer Rückblende auf das Jahr 1943 mit den Umständen, wie das Gemälde aus dem Kunstmuseum entwendet wird. Neben den spannenden Kapitelenden stiftet der Autor jede Menge Verwirrung und sorgt für ausreichend Überraschungen in der Handlung. Der Autor erfährt über die Verstrickungen einer reichen Kölner Familie mit deren Machenschaften während des Zweiten Weltkrieges. Die Handlung bietet jede Menge Rätselstoff für den Leser, der auf diese Weise sehr schnell durch die Handlung durchgeführt wird, und kaum in der Lage ist, das Buch aus der Hand zu legen. Die Hauptfiguren des Romans sind sehr ambivalent dargestellt. So sind beispielsweise die beiden Kommissare anfänglich nicht gerade Sympathieträger, können aber es aber im Laufe der Handlung werden. Auch der Detektiv Marius Sandmann ist nicht von vorneherein ein Sympathiebolzen, wenn er mit seiner täglichen Dosis Sport daherkommt. Auch ihm muss sich der Leser auf langsame Weise nähern.

Wer eine packende Lektüre für den Abend sucht, ist mit diesem Krimi bestens bedient.

Stefan Keller
Kölner Kreuzigung
Gmeiner Verlag, Meßkirch
ISBN 9783839210789

© Detlef Knut, Düsseldorf 2015
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Pierre Lemaitre: Wir sehen uns dort oben

Pierre Lemaitre: Wir sehen uns dort oben

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Im Krieg und im Frieden.

Wir befinden uns im Jahr 1918 auf den Feldern des Ersten Weltkriegs in Frankreich.

Die Soldaten der geschundenen Armee sehnen das Ende des Krieges herbei. Doch bevor es so weit ist, werden noch viele von ihnen ihr Leben lassen.

Einen unter ihnen, Albert, hätte es fast noch erwischt. Aber nicht der Feind wird ihm zum Schicksal sondern Leutnant Pradelle. Er hat Machtgelüste und schikaniert seine Untergebenen unmenschlich und sadistisch. So gerät Albert mit einem Schubs in ein tiefes Loch, aus dem es bei dem Matsch und der Rutschgefahr kein Entkommen gibt.

Sein Kumpel Édouard befreit ihn aus seiner desolaten Lage. Dieser verliert dabei durch einen Schuss seinen Unterkiefer und sieht sich schwerstem Leiden ausgesetzt. Trostlos und verlassen leben die Verwundeten auf ihre Entlassung zu immer in Erwartung eines wie immer gearteten Endes aus ihrer verlorenen Lage.

Albert steht nach dem Ende des Krieges seinem Retter Édouard überall bei. So verhilft er ihm zu einer falschen Identität, denn Édouard möchte seiner Familie in seinem Zustand nie mehr begegnen. Die beiden Kumpel werden zu einer eingeschworenen Schicksalsgemeinschaft. Sie gründen eine betrügerische Denkmalfirma. Die Lust am Betrug wird für die beiden zum Lebenselixier. Edouard ist die geschundene Kreatur, die ohne Gesicht nur noch mit Masken zu leben versteht.

Nach dem ein Jahr vergangen ist, kommt auch Pradelle wieder ins Spiel. Er betreibt in großem Rahmen ebenfalls mit betrügerischer Absicht Geschäfte mit der Umbettung der im Krieg Gefallenen. Die Wege der beiden Antipoden kreuzen sich hierbei erneut.

Pierre Lemaitre hat ein Kriegsbuch geschrieben, in dem die ganze Grausamkeit und die Abgründe menschlicher Charaktereigenschaften erfahrbar werden.

In seinem rasant geschriebenen Roman lehrt uns Lemaitre, wie als Folge des Krieges alle Vorstellungen von Moral verloren gehen können. Korruption, Betrügerei und unlautere Geschäfte feiern fröhlich Urständ.

Als Schelmenroman wird die Geschichte kolportiert. Doch dazu ist sie zu traurig.

Lemaitre ist Kriminalbuchautor. Das merkt man bei diesem Roman ganz deutlich. Es wimmelt nur so von geheimnisvollen Erzählsträngen, in denen Albert und Édouard auf der einen Seite und Pradelle auf der anderen ihr betrügerisches Unwesen treiben. Auf diese Weise rächen sie sich für ihr durch den Krieg verpatztes Leben. Allerhand verwandtschaftliche Verbindungen machen den Roman zu einem trickreichen Verwirrspiel, in denen die guten und die schlechten Charaktere je ihren Platz finden. Spannend und vielschichtig geht Lemaitre bei der Verfolgung der einzelnen Tätergeschichten vor. Atmosphärisch gekonnt fühlt man sich in den Sog der Handlung hineingezogen.

Man liest den Roman mit angehaltenem Atem immer in der Erwartung dessen, was da nun wieder kommen mag!

Pierre Lemaitre
Wir sehen uns dort oben
521 Seiten, gebunden
Klett-Cotta, Oktober 20143
ISBN-10: 3608980164
ISBN-13: 978-3608980165
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James Salter: Jäger

James Salter: Jäger

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Krieg und Frieden…

Der Autor James Salter hat 12 Jahre lang in der amerikanischen Armee als Kampflieger gedient. 1957 beendete er seine Karriere beim Militär und legte seinen ersten Roman vor. „Jäger“ ist der Abgesang auf ein Leben, dass ihn in unterschiedlichen Formationen zu seinen Flügen im Koreakrieg (1950-1958) gezwungen hatte.

Nord und Südkorea waren in einen verlustreichen Stellungskrieg verstrickt. Chinesen halfen dem Norden, Amerika dem Süden bei der kriegerischen Auseinandersetzung um die Grenzfestlegung. Bis heute gibt es die strengen Grenzen, die Korea in zwei unterschiedliche Staaten in Nord und Süd aufteilt.

James Salter hat seine Erlebnisse in diesem Krieg zu seinem ersten Roman verarbeitet. Es ist ein Kriegsroman, in dem es vorwiegend um die Gemeinschaft, den Sieg und die Niederlage im Luftkrieg geht.

Kameradschaft, Kampfgeist und die Abschussrate bieten die eine Seite seiner Erfahrungen. Das Nachdenken und die Einsamkeit der Krieger die andere.

Man startet in Gruppenflügen, um den Gegner zur Strecke zu bringen. Zu Helden werden jene, die am häufigsten gegnerische
Kampflieger abschießen. Man bangt mit den gemeinsamen Kameraden, denn natürlich gab es zahlreiche Verluste in der Mannschaft zu beklagen.

Wer James Salter aus anderen Büchern bereits kennt, ist nicht erstaunt darüber, wie detailliert er hier über den Krieg, die Kampfeinsätze, den Ehrgeiz, das Lob und die Abneigung unter einander berichtet. Es müssen einschneidende Erfahrungen gewesen sein, denen die Flieger bei ihren Einsätzen ausgeliefert waren.

Angst und Mut, Treue und Entsetzen: von allem findet man hier etwas. Gelegentlich bieten einzelne Kämpfer mit ihren Sorgen und Nöten den Erzählstoff. Das Leben im Krieg und im Kampf an vorderster Front ist entbehrungsreich und zuweilen sehr einsam. Die Pflicht, sich um den Kameraden zu kümmern und daneben zahlreiche Abschüsse zu erreichen, kann den einzelnen zermürben.

Einfühlsam wie immer berichtet James Salter über die Empfindungen, die jeden nach seiner Art ereilen. Traurig ist jeder Verlust unter den Freunden. Man wächst zusammen unter den dramatischen Bedingungen, die der Krieg mit sich bringt. Die Trauer und gelegentliche Melancholie neben den Draufgängern und Abenteurern machen den Roman zu einem besonderen. Charaktere verändern sich und fast jeder sehnt zuletzt das Ende der Dienstzeit herbei. Krieg ist kein lustvolles Erleben. Das wird so manchem schon nach den ersten Einsätzen klar. Der Sieg wird schal im Angesicht so vieler Verluste von liebenswerten Menschen und Kriegsteilnehmern. James Salter hat in sensibler und eindringlicher Form über den Krieg geschrieben.

Nicht für jeden mag die Lektüre geeignet sein. Krieg ist nie gut. Aber Menschen in Extremsituationen reagieren überall unterschiedlich. Dafür ist Salter der beste Zeuge.

James Salter

Jäger
304 Seiten, gebunden
Berlin Verlag, Oktober 2014
ISBN-10: 382701235X
ISBN-13: 978-3827012357
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Anthony Doerr: Alles Licht, das wir nicht sehen

Anthony Doerr: Alles Licht, das wir nicht sehen

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Werner und Marie-Laure sind zwei junge Menschen, die in unterschiedlichen Sphären und Gegenden aufwachsen. Der Hauptteil der Erzählung umfasst zehn Jahre ihres jungen Lebens und umschließt in großen Teilen den Zweiten Weltkrieg.

Einige Jahre vor diesem Krieg lebt Werner als Waisenjunge in einem Heim bei Essen in Deutschland. Er interessiert sich für Radiotechnik und kann früh schon ferne Nachrichten empfangen. Wie sich zeigen wird ist er mit dieser Neigung ein willkommenes Mitglied der Deutschen Wehrmacht im zweiten Weltkrieg.

Marie-Laure ist blind und wird von ihrem liebevollen Vater geprägt. Er verwaltet die Schlüssel zu verschiedenen Abteilungen eines naturkundlichen Museums in Paris. Anhand eines Miniaturbaus ihres Viertels in Paris lernt Laure tastend sich in den heimatlichen Strassen zurechtzufinden. Nach der Flucht vor den Nazis nach Saint-Malo in der Bretagne hört Marie-Laure von einem seltenen Schatz, einem besonderen Diamanten, der Glück und Unglück zu bringen vermag. Ihr Vater hält ihn versteckt.

Dann beginnt der Zweite Weltkrieg.

In wild wuchernden und mäandernden Bildern folgt man den Spuren der beiden Protagonisten.

Werners Weg führt ihn über eine Napola, einer Eliteschule für den Führer Adolf Hitler, zum Militär und bis nach Saint-Malo in Frankreich, wo er die kleine Marie-Laure kennen lernt. Man wartet auf eine längere Beziehung zwischen den beiden. Jedoch bleibt es bei einer kurzen aber inhaltsreichen Begegnung.

Der Zweite Weltkrieg mit allen seinen Schrecken bietet den äußeren Rahmen für eine Handlung, die geheimnisvoll und unerklärlich ist. Französisches Flair, deutsche Gründlichkeit und auch die kriegerischen Grausamkeiten setzen Marksteine, die man nicht vergisst.

Mut, Tapferkeit und das Geschick, sich irgendwie durchzuschlagen, spielen keine geringe Rolle in der Handlung.

Kunstvoll webt A. Doerr eine Geschichte, in der an zahlreichen Orten mit verwirrenden Begegnungen aufgewartet wird. Er findet den Ton und die rechte Spielart, das breit angelegte Drama abzuhandeln. Man bleibt der Erzählung mit ihren Figuren immer auf der Spur und hofft, dass sich das Leben unter den kriegerischen Bedingungen doch zum Guten wenden möge. Weit verzweigt spielt die Handlung in verschiedenen Zeitebenen und Gegenden. Frankreich bietet allerdings den örtlichen Schwerpunkt. Gebannt liest man, wie einzelne Figuren sich durch schwere Prüfungen bewähren müssen. Der Krieg markiert seine Spuren mit aller Grausamkeit.

Der Roman zeigt poetische und geheimnisvolle Seiten. Zuweilen haben die Geschichten etwas Träumerisches.

Ein gelungenes Epos ist dem amerikanischen Autor Anthony Doerr mit diesem Roman gelungen. Er ist für sein Werk vielfach ausgezeichnet worden.

Anthony Doerr
Alles Licht, das wir nicht sehen
519 Seiten, gebunden
C.H.Beck, Juli 2014
ISBN-10: 3406667511
ISBN-13: 978-3406667510
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Jean Luc Seigle: Der Gedanke an das Glück und an das Ende

Jean Luc Seigle: Der Gedanke an das Glück und an das Ende

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In diesem Roman geht es um Erinnern und Durchhalten.

Dem Leser wird ein Blick in eine Familiengeschichte in Frankreich im Jahr 1961 gestattet. Die Familie Chassaing erwartet den ersten Fernseher im Dorf! Alle werden sich um das Gerät versammeln, um eine Reportage über die Soldaten im Algerienkrieg zu sehen. Der älteste Sohn von Suzanne und Albert ist als Soldat in diesem Krieg. Bei Albert weckt die Reportage Erinnerungen an seine eigene Kriegsgeschichte im Zweiten Weltkrieg.

Henri ist Suzannes Lieblingssohn, und er soll in dieser Sendung zu sehen sein. Das Paar hat noch einen jüngeren Sohn, der sich an der Grenze zur Pubertät befindet. Er ist ein Büchernarr und Einzelgänger.

Die Familie lebt in einem Industriegebiet. Das Land wurde früher von Bauern bewirtschaftet. Albert geht seiner Arbeit in einer Reifenfabrik nach, und Suzanne führt den Haushalt und kümmert sich um Alberts alte und demenzkranke Mutter. Freudige Ereignisse sind rar. Das Feuer in der Ehe von Suzanne und Albert ist schon lange erloschen. Suzanne ist hübsch und lebenslustig und verliebt sich in einen anderen.

In zahlreichen Szenen aus dem Alltag der Familie kristallisiert sich ihr tägliches Leben heraus. Albert findet mit seinem Sohn Gilles Kontakt zu dem pensionierten Lehrer Antoine, der in der Nachbarschaft wohnt und dem Jungen die Bücherwelt erschließt. Vielleicht kann er ihm auch bei seiner Rechtschreibschwäche helfen!

Nachdenklich und tiefschürfend geht Jean-Luc Seigle den Gedanken der Protagonisten nach, und man erfährt, wie es innerlich um sie bestellt ist. Der intime Umgang mit dem Körper seiner Mutter löst bei Albert eine besondere Traurigkeit aus“ sie erlaubte für den Bruchteil einer Sekunde den Schleier zu zerreißen, hinter dem sich eine Wahrheit versteckt, die uns zwingt, die kleine Welt um uns herum mit einem schonungslosen Blick zu betrachten“.

Alberts Traurigkeit überschattet das Ehe- und Familienleben. Er hat im Zweiten Weltkrieg viel gelitten. Seine Erfahrungen verdunkeln sein gesamtes Leben. Häufig denkt er an das „Schlussmachen“, und man muss besorgt sein um diesen Mann.

Es geht um das Glück und um das Ende derer, die im Leben schwer Fuss fassen.

Jean-Luc Seigle hat einen wunderbaren, leicht melancholischen Familienroman geschrieben. Das Ende überrascht, und war wohl ursprünglich nicht diesem Roman zugeordnet. Es verdeutlicht noch einmal den Zeitenwandel im Rückblick auf einen Krieg, den die Franzosen nicht gewinnen konnten. Das Trauma des Verlierens bleibt bei jenen, die diesen Krieg überlebt haben.

Jean Luc Seigle
Der Gedanke an das Glück und an das Ende
224 Seiten, gebunden
C.H.Beck, 2014
ISBN-10: 3406667554
ISBN-13: 978-3406667558
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René Laporte: Hotel Solitude

René Laporte: Hotel Solitude

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Leben zwischen Traum und harter Wirklichkeit.

1942 begegnen sich in einem abgelegenen Hotel auf einer Anhöhe hoch über dem Glanz der mondänen Stadt Monte Carlo ein Monsieur Jérome Bourdaine und ein jüngeres Ehepaar. Die wunderschöne Frau des etwas geckenhaften Ehemanns hat es Jérome angetan. Der Ehemann erscheint des Abends spät und geht schon früh am Tag seinen Geschäften nach.

In Europa haben wir Krieg, und fernab des Kriegsgetümmels hält hier ein altes Ehepaar das Hotel Solitude in Betrieb. Die Gäste bleiben in Folge des Krieges schon lange aus. Der Glanz vergangener Zeiten liegt auf den Möbeln und dem Anwesen mit seinen herrlichen Ausblicken auf die umgebende Natur.

René Laporte, 1905 -1954, gestaltet seine Geschichte als eine, die zwischen Traum und Wirklichkeit schwankt. Nebulöse Gestalten aus den Zeiten der belle Époque bevölkern in Jéromes Fantasie eines Abends den Speisesaal, und er wirbt unerschrocken und zielstrebig um die schöne Frau.

Glück und Unglück, Heimatlosigkeit und Geborgenheit spielen in die Erzählung hinein und zeigen die Zeitgenossen im Jahr 1942 auf der Flucht und auf der Suche zugleich. Wie immer geht es auch um die ganz große Liebe. Zoya, wie die schöne Frau heißt, hat schon viel erlebt und weiß um die Tücken der Liebe. Jérome hingegen will erobern um jeden Preis und um der Illusion willen, dass doch alles gut werden möge.

Das Buch gilt als Wiederentdeckung eines literarischen Juwels, und das ist dieser kleine dichte und poetische Roman auch wirklich. Nostalgisch, vergänglich und mit dem Hauch einer versunkenen Welt versehen wird man in der Geschichte noch einmal zurück in das Jahr 1942 geführt, als die Welt im Krieg unterzugehen drohte und es nur wenige gab, die sich dem allgemeinen Untergang entziehen konnten.

René Laporte engagierte sich während des Zweiten Weltkriegs im französischen Widerstadt.

Der Roman des früh verstorbenen Autors erscheint hier zum ersten Mal auf Deutsch.

René Laporte
Hotel Solitude
120 Seiten, gebunden
Deutscher Taschenbuch Verlag, März 2014
ISBN-10: 3423260033
ISBN-13: 978-3423260039
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Anna Funder: Alles was ich bin

Anna Funder: Alles was ich bin

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Politik, Spionage und Heimtücke im Spiel um die Macht im Deutschland des Dritten Reichs.

Der Schriftsteller, Revolutionär und Politiker jüdischer Herkunft, Ernst Toller, 1893 -1939, spielte zum Ende des Ersten Weltkriegs eine tragende Rolle bei der Gründung der pazifistischen und radikal-sozialistischen USPD.

In ihrem Roman „Alles was ich bin“ setzt sich die australische Schriftstellerin Anna Funder mit dem Leben der beeindruckenden Persönlichkeit dieses charismatischen Mannes auseinander.

A. Funder hatte einst in Melbourne Ruth Blatt kennen gelernt, die eng mit Dora Fabian befreundet und verwandt war, der Sekretärin von Ernst Toller. Aus seinen Aufzeichnungen schöpft die Autorin ihr Wissen, mit dem sie über die politischen Verhältnisse von der Weimarer Republik bis ins dritte Reich berichtet.

Waren die zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts noch geprägt von Aufbruchstimmung und umwälzenden künstlerischen und gesellschaftlichen Neuerungen, so ändert sich das alles mit der Machtübernahme Adolf Hitlers. Aus der Räterepublik über die Weimarer Verfassung ging der Weg unverdrossen in Richtung Faschismus und Naziherrschaft.

Man hört noch heute von den zwanziger Jahren in Berlin, in denen Lebenslust und kreativer Neubeginn die Stimmungen beflügelten.

Eine kulturelle und politische Elite fand sich hier ein, die anhaltend kreativ arbeitete und Feste zu feiern verstand.

Bildenden Künste, Theatervorstellungen und Lesungen bekannter Schriftsteller gehörten zur Zeit des Aufbruchs und der hoffnungsvollen Zuversicht auf eine bessere Zeit. Anna Funder fängt diese Stimmung effektvoll und realistisch ein.

Das Jahr 1933 markierte den Höhepunkt, denn nach Hitlers Machtergreifung änderte sich alles und Scharen von Politikern und Schriftstellern flohen ins benachbarte Ausland. Hier begann die Arbeit im Untergrund.

Anna Funder beschwört in ihren Schilderungen die agitatorische Zeit mit ihren Auswüchsen, ihren Opfern und der Furcht vor dem langen Arm der Gestapo. Verrat, Spionage, Treue und Untreue wurden allgegenwärtige und veränderten die Gesellschaft und das politische Leben unabänderlich.

In den Perspektivwechseln, deren sich Anna Funder bei ihrer Erzählung bedient, muss man sich von Person zu Person und von Zeit zu Zeit aus New York über London bis Berlin in der Rückerinnerung an die Plätze dieses aufwühlenden Jahrhunderts zurück versetzen. Unterschiedliche Personen kommen zu Wort, und man muss dabei bleiben, um die Geschichte als Ganzes zu verstehen. Doch eindrucksvoll und realitätsnah werden die Ereignisse um die früh Verfolgten und früh zu Tode Gekommenen hier beschrieben. Das Buch lässt wenige Fragen offen und ist absolut empfehlenswert.

Anna Funder
Alles was ich bin
432 Seiten, gebunden
S. FISCHER, Februar 2014
ISBN-10: 3100215117
ISBN-13: 978-3100215116
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