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Schlagwort: Lüge

Saskia Louis: Die Lügenkönigin

Saskia Louis: Die Lügenkönigin

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„Die Lügenkönigin“ folgt auf „Die Lügendiebin“ und so muss Fawn nun mit Verrat und Enttäuschung fertig werden und einsehen, dass sie sich in Caeden getäuscht hat. Mit ihrer Befreiung aus den Händen der Roten Magier nimmt ihr Schicksal erneut ein Wende. Doch haben ihre Retter eine besondere Aufgabe für sie im Sinn. Mit ihren magischen Kräften soll Fawn dabei helfen, die Königsfamilie zu entmachten. Der Preis wäre hoch und es würde auch Unschuldige treffen. Deshalb hinterfragt Fawn das Ansinnen. Ihre Fähigkeit, Lügen zu entlarven, hilft ihr dabei. Doch wird sie mit einer Wahrheit konfrontiert, die ebenfalls unglaublich ist.

Die Geschichte um Fawn und Caeden entwickelt sich nahtlos weiter. Es ist also wichtig, das erste Buch zu kennen. Fawn scheut keine Gefahr. Sie hinterfragt das Machtkonstrukt der Königsfamilie und dessen Bedeutung für das Leben der Menschen in Mentano und ist begierig darauf, Antworten zu finden. Lügen als solche zu erkennen, ist für sie einfach. Weniger einfach ist es, die Gründe dafür herauszufinden. Doch nur so lässt sich die Wahrheit ergründen, die auch mit ihrer eigenen Vergangenheit und ihrer Familie zu tun hat.

Fawn und Caeden begegnen sich natürlich in diesem zweiten Band wieder. Doch sind die Gefühle nun von Enttäuschung geprägt. Dennoch ist eine unterschwellige Verbindung spürbar, welche die Autorin immer weiter ausbaut. Sie findet Worte für tiefe Gefühle und versteht es, sie besonders emotional zu beschreiben, sodass es leicht fällt, mitzufühlen. Magie in verschiedenster Form zeigt sich offensichtlich, aber auch zwischen den Zeilen.

Es kommt einem Abenteuer gleich, das Buch zu lesen. Die Geschichte ist einzigartig, sehr spannend und von Überraschungen und fantasievollen Einfällen geprägt. Der Lesefluss ist perfekt, auch weil die Autorin so lebendig schreibt und stets einem roten Faden folgt. Mühelos lässt sie faszinierende Bilder entstehen. Und so erfährt die Geschichte auch einen schlüssigen Abschluss.

Am Ende des Buches befindet sich ein hilfreiches Glossar mit Erklärung zu Begriffen aus der Welt Mentanos.

Rezension von Heike Rau

Saskia Louis
Die Lügenkönigin
416 Seiten, gebunden
Ueberreuter Verlag, Juli 2022
ISBN-10: 3764171294
ISBN-13: 978-3764171292
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Philippa Gregory: An dunklen Wassern

Philippa Gregory: An dunklen Wassern

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„An dunklen Wassern“ ist der zweite Teil einer historischen Familiensaga und folgt auf „Gezeitenland“. Viele Jahre sind vergangen, seit die die Familie Reekie Foulmire verlassen musste. Sie lebt jetzt in London in etwas besseren Verhältnissen, hat ein kleines Lagerhaus an der Themse und betreibt in bescheidenem Ausmaß Handel. Wobei Alinors Tochter Alys die Geschäfte führt. Alinor selbst hat sich nie vollständig erholt, widmet sich aber weiter der Kräuterkunde.

James Avery ist es endlich gelungen, Alinor ausfindig zu machen. Er hat sein Vermögen und seine Besitztümer zurück und möchte seinen Sohn sehen. In der Familie leben tatsächlich zwei erwachsene Kinder. Doch gibt Alys vor, die Mutter der Zwillinge Johnnie und Sarah zu sein.

Überraschend reist Nobildonna Livia an. Sie ist Robs Witwe. Alinors Sohn soll in einer Lagune Venedigs ertrunken sein und die junge Frau möchte seine Familie kennenlernen und bei ihr leben. Sie hat den kleinen Matteo bei sich, Robs Sohn. Rob hat ihr verschwiegen, dass er aus einer armen Familie stammt. Doch Livia ist schnell dabei, ihre Pläne zu ändern. Sie möchte ihr Witwengut, das aus Antiquitäten besteht, zu Geld machen und dafür das Lagerhaus nutzen. Wobei sich bald bessere Möglichkeiten auftun, mit James Avery, den sie um den kleinen Finger wickelt.

Das Buch geht vollkommen anders weiter als erwartet. Das liegt nicht an den über 20 Jahren, die vergangen sind, oder an den geänderten Schauplätzen, sondern eher daran, dass Alinor nicht mehr im Mittelpunkt der Handlung steht und die Stimmung eine völlig andere ist.

Livia ist nun die Hauptfigur und sie weckt von Anfang an Misstrauen. Man muss mit ansehen, wie James Avery ihr Spiel nicht durchschaut oder hinterfragt. Obwohl er ein intelligenter Mann ist, hat er sich charakterlich offenbar nicht weiterentwickelt. Immerhin denkt Alinor anders, aber offen kann sie nicht sein. Denn auch ihre Tochter Alys lässt sich vom falschen Charme Livias gefangen nehmen.

Es entwickelt sich eine lebhafte und spannende Handlung vor historischem Hintergrund, die von Lügen, Manipulation und Intrigen lebt. Erwähnenswert ist außerdem der Schreibstil der Autorin, mit dem sie eine besondere Atmosphäre schafft.

Rezension von Heike Rau

Philippa Gregory
An dunklen Wassern
Aus dem britischen Englisch von Ute Brammertz
496 Seiten, broschiert
Knaur, Mai 2022
ISBN-10: 3426227258
ISBN-13: 978-3426227251
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Lesley Kara: Die Lügen

Lesley Kara: Die Lügen

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Lizzie und Alice waren enge Freundinnen, bis Alice auf den Bahngleisen zu Tode kam. Lizzie, die einen epileptischen Anfall hatte, kann sich nicht an das Zugunglück erinnern. Die 13-jährige vermisst Ihre Freundin und doch sieht sie sich Vorwürfen ausgesetzt. In der Schule wird ihr das Leben zur Hölle gemacht. Catherine, die Schwester von Alice, glaubt, dass Lizzie eine Mörderin ist.

Auch viele Jahre später kann Lizzie sich nicht an das Unglück erinnern. Aus ihren bruchstückhaften Erinnerungen, die in Form von schrecklichen Albträumen über sie kommen, lassen sich die Geschehnisse nicht rekonstruieren. Es macht ihr sehr zu schaffen, dass sie nicht sicher sein kann, eine gewisse Schuld an Tod von Alice zu haben. Und doch ist es ihr gelungen, ein neues Leben zu beginnen. Sie wohnt zusammen mit ihrem Freund Ross, der Arzt ist, in einem schönen Haus. Doch seltsame Hinweise lassen die Vergangenheit wieder aufleben.

Das Buch verläuft zunächst recht unspektakulär. Der Unfall belastet Lizzie zwar noch immer, aber sie hat Strategien entwickeln, damit umzugehen. Auch ihre gesundheitlichen Probleme hat sie besser im Griff. Sie schmiedet gemeinsam mit Ross Pläne für die Zukunft. Doch dann erscheint Catherine wieder auf der Bildfläche. Und von da an baut sich eine seltsame Stimmung auf, die die Autorin zunächst geschickt zwischen den Zeilen hält. Aber das Misstrauen ist geweckt und wird gefüttert von kleinen Details, die zunächst übersehen werden könnten. Auch Lizzie bedient sich dieser Strategie. Sie redet sich selbst gut zu, schlägt Warnungen in den Wind. Als Leser hat man nur ihre Sicht auf die Dinge, denn die Autorin lässt Lizzie aus der Ich-Perspektive erzählen. Würde man sich verhalten wie sie? Wahrscheinlich nicht. Und was bedeuten diese geschickt eingestreuten kursiven Passagen? Um wen und um was es hier geht, bleibt zunächst unklar.

Und dann, mit einem Paukenschlag, kommt es zu einer Wende, die unvorhersehbar war und die den Atem stocken lässt. Es ergibt sich nun ein völlig neues Bild, ein ungeahnt gefährliches Bild, da das Lügengespinst am Zerfallen ist. Die Spannung, die eigentlich schon auf dem Höhepunkt war, wird noch einmal gesteigert. Und so bleibt es bis zum Ende äußerst dramatisch. Ein wirklich gelungener Thriller!

Rezension von Heike Rau

Lesley Kara
Die Lügen
336 Seiten, broschiert
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10:‎ 3423263210
ISBN-13: 978-3423263214
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Jessica Durlacher: Die Tochter

Jessica Durlacher: Die Tochter

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Jüngste europäische Geschichte in einem an Spannungen reichen Roman.

Im Hause der Erinnerung an Anne Frank in Amsterdam, der im Krieg von den Deutschen zuerst ins KZ verbrachten und dann getöteten holländischen jungen Jüdin, begegnen sich eines Tages Sabine und Max. Er begleitet seine jüdische Familie zur Besichtigung, und Sabine arbeitet gelegentlich hier.

Es wird viel über Gefühle nachgedacht und die widerstreitenden Gedanken, die einen jeden in diesem Haus befallen. Die ganz schreckliche Nazivergangenheit mit ihrem unendlichen Leid, das sie über die Menschen und insbesondere über die jüdischen Menschen gebracht hat, wird in diesem Besuchen lebendig. Sabine nennt es „schaurig“, und dass das für immer in diesem Hause bleibt.

Warum Sabine so penetrant ein Gespräch mit Max sucht, wird erst allmählich klar.

In leicht mokanten Worten bis geheimen Widerwillen ersteht die Vergangenheit in Max.

Aus Amerika sind Onkel und Tante gekommen. Max ist sehr ambivalent in seinen Gefühlen allen gegenüber. Ob jüdischer Vater oder Mutter: er hat ein feines Gespür für die unterschwelligen Strömungen im Wesen und Gebaren seiner Eltern.

Nach längerer Vorgeschichte mit Einzelheiten aus ihrer beider Leben entflammt zwischen Max und Sabine eine heftige Liebe.

Jessica Durchlacher entwickelt daraufhin ein umfangreiches Panorama menschlichen Verhaltens und des Leids, das Menschen einander zufügen können: Geheimnisse, Misstrauen, Verrat, Liebe und Vertrauen wechseln in ihren Verknüpfung mit den Schicksalen.

Die Autorin hat ein ausgezeichnetes Repertoire an Fantasie und Worten, menschliche Tragödien aufzuzeigen, die in ihren Verstrickungen der Realität nahekommen. Der Bogen der Spannung wird weit gezogen. Juden/ Jüdinnen und holländische Kollaboration werden zum Thema. Lügen in den Familien sind bestimmt von dem Wunsch, die Vergangenheit zu vertuschen oder zu vergessen.

Begegnungen führen von Amsterdam nach Los Angeles und Jerusalem. Die Liebe der zwei Hauptprotagonisten wird immer wieder zerstört, weil sich Sabine in letzter Konsequenz allen Bindungen entzieht.

So vergehen Jahre, bis die Geschichte einem Höhepunkt entgegengeht.

Jessica Durchlacher nimmt Geschehnisse der jüngsten europäischen Geschichte zum Thema. Atmosphärisch dicht und realitätsnah erlebt man gewisse Intellektuelle in Europa und Amerika in ihrem Umfeld, um dem Kern in der Erzählung näherzukommen. Es rührt an das Mitgefühl des Lesers/ Leserin, wenn wieder einmal deutlich wird, wie verführbar der Mensch zum Bösen sein kann, und wie katastrophal das ganze Leben als Folge von Unmenschlichkeit bestimmt bleiben mag.

Bis zur letzten Minute bleibt die Geschichte spannend und anrührend. Eine volle Empfehlung von mir für ein Buch, dass bereits 2003 zum ersten Mal erschienen ist.

Jessica Durlacher
Die Tochter
Diogenes Verlag, 10. Auflage, Februar 2003
336 Seiten, broschiert
ISBN-10: 3257233515
ISBN-13: 978-3257233513
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Ruth Ware: Wie tief ist deine Schuld

Ruth Ware: Wie tief ist deine Schuld

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Mit einer Nachricht, die nicht weiter erklärt wird, bittet Kate ihre alten Schulfreundinnen um Hilfe. Isa macht sich mit ihrem Baby sofort auf den Weg. Auch Thea und Fatima lassen sich kein zweites Mal bitten. Was damals geschah, ist siebzehn Jahre her, aber keine der Frauen hat es vergessen. Niemand weiß davon. Es ist ein Geheimnis. Aber nun wurde in der Nähe von Kates Haus eine Leiche gefunden. Damals war die alte Mühle ein Rückzugsort vor dem Internat. Was wird die Polizei herausfinden?

Schon damals im Internat in Salten haben die Mädchen gelogen. Es war ein Spiel, das sie perfekt beherrschten. Doch eine dieser Lügen wird ihnen nun zum Verhängnis. 17 Jahre später. Die vier Frauen haben keinen guten Ruf im Dorf. Das hat sich nicht geändert. Sofort sind die alten Geschichten wieder da. Dass die vier tatsächlich nur wegen des Sommerfestes des Internats da sind, glaubt niemand. Was so geredet wird, ist wenig freundlich. Spitzen werden ausgeteilt und wecken in Isa Misstrauen. Der Lügenturm beginnt zu wackeln. Aber es bringt nichts, ihn zum Einsturz zu bringen. Es würde in einer Katastrophe enden. Doch zumindest für sich selbst will Isa die ganze Wahrheit wissen.

Der Einstieg in das Buch ist rätselhaft. Isa, aus deren Sich der Thriller geschrieben ist, glaubt daran, dass eine Lüge damals die einzige Möglichkeit war, um heil aus der Sache rauszukommen. Darauf können sich die jungen Frauen nochmals einigen. Doch nach und nach sät die Autorin Misstrauen. Die Spannung steigt! Und bald passt nichts mehr zusammen. Es gibt regelmäßig Rückblicke, aber diese sorgen nicht für Aufklärung. Die Atmosphäre wird immer mehr vergiftet, bis sie regelrecht gefährlich erscheint. Dazu kommt, dass Isa sich nicht immer rational verhält. Sie entzieht sich der Gefahr nicht, obwohl sie das ihrem Baby zuliebe tun müsste. Hier wackelt die Glaubwürdigkeit etwas.
Der Verdacht, dass sich die Mädchen damals gegenseitig belogen haben, erhärtet sich. Obwohl doch ihr Motto war, genau das nicht zu tun. Auf nichts ist mehr Verlass! Und so geht es hin zu einem unglaublichen, aber schlüssigen Ende. Das Buch liest sich durchweg gut. Die Autorin hat einen guten Schreibstil!

Rezension von Heike Rau

Ruth Ware
Wie tief ist deine Schuld
Thriller
Deutsch von Stefanie Ochel
448 Seiten, Klappenbroschur
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3423262087
ISBN-13: 978-3423262088
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Maxim Biller: Sechs Koffer

Maxim Biller: Sechs Koffer

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Maxim Biller bezieht sich in seinem Roman auf seine verwirrende Familiengeschichte.

Von Moskau über Prag nach Hamburg und Zürich ziehen sich die Schilderungen über seine Familie, die einen geheimnisvollen Hintergrund hat: was geschah mit dem Großvater der Sippe, der 1960 in Moskau hingerichtet wurde?

Sie sind Juden und werden immer und überall verfolgt. Die Sowjetunion hatte jedoch ihre eigenen Regeln, mit denen unliebsame und nicht folgsame Bürger willkürlich zu Tode kamen.

Der kleine Maxim fragt und schaut und beobachtet und zeigt schon früh sarkastische und selbstironische Charakterzüge in seinem Verhalten.

Ein wenig verwirrend für den Leser sind die Familienpersonen in ihren Beziehungen zueinander. Brüder, Onkel und Tanten: wer gehört wie zu wem und woher kamen sie? Man ist gelegentlich ein wenig angestrengt, sich in die diversen Beziehungen einzufühlen. Fest steht aber, dass in der Familie mitbedingt durch unterschiedlich politische Regime ein Klima der Verunsicherung und Angst herrschte. Der Großvater machte Waffen-und Devisengeschäfte, die ihn in Moskau unter Verdacht und schließlich zur Hinrichtung brachten. Jeder/ jede verdächtigt danach jeden der Denunziation und brachte die Familienmitglieder gegeneinander auf. Verfeindete Brüder und unglückliche Liebesbeziehungen taten ein Übriges, um das allgemeine Familienklima zu vergiften.

Das bunte Kaleidoskop einer jüdischen Familie tut sich auf, in dem auch der Ernst der Lage durch den Holocaust nicht ausgespart wird. Für den reflektierten Leser ist es erleichternd, zu erfahren, wie Familien immer und überall auch zerstritten sein können. Das ist kein jüdisches Phänomen. Im Gegenteil: schienen doch bisher bedingt durch die Erfahrungen der nahen Vergangenheit gerade jüdische Familien einen besonderen Zusammenhalt zu genießen, während man aus der ehemaligen DDR von Familientragödien hörte, in denen durch Bespitzelung und gegenseitigen Argwohn Unglück und Verzweiflung in Familien herrschten.

In diesem Familienroman wird die Zerrissenheit durch die politischen Systeme in Ost und West thematisiert. Ein wenig Schwejk blitzt gelegentlich durch: nur durch Chuzpe kommt man zuweilen weiter. Letzte Fragen bleiben offen.

Es ist ein witziger, spannender und spritziger Erzählstil, mit dem uns Maxim Biller hier erfreut.

Maxim Biller
Sechs Koffer
208 Seiten, gebunden
Kiepenheuer&Witsch, August 2018
ISBN-10: 3462050869
ISBN-13: 978-3462050868
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Donna Malane: Dunkler als der Tod

Donna Malane: Dunkler als der Tod

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Diane Rowe ist eine private Ermittlerin, die sich auf die Suche nach vermissten Personen spezialisiert hat. Finanziell steht es bei ihr allerdings nicht besonders gut, sodass sie bei der Auswahl ihrer Aufträge nicht allzu kritisch sein kann. Ihre neue Klientin ist eben aus dem Gefängnis entlassen wurden. Hinter Gittern war sie, weil sie das Leben ihres kleinen Sohnes auf dem Gewissen hat. Die Tochter ist mittlerweile 15 und lebt bei ihrem Vater, der eine neue Partnerin hat. Karen beauftragt Diane mit der Suche nach ihr. Sie glaubt das Mädchen in Gefahr und möchte wissen wie es Sunny geht. Das ist eine leichte Aufgabe für Diane. Doch bald erhärtet sich der Verdacht, dass Karen bei ihren Beweggründen für den Auftrag etwas anderes im Sinn hat.

Es ist unklar, worum es Karen geht. Aber Diane weiß, dass einer Mörderin ohnehin nicht zu trauen ist. Zwar geht es Sunny augenscheinlich nicht schlecht, aber irgendetwas ist nicht in Ordnung. So gerät Diane hinein in familiäre Verwicklungen und erfährt von einer Vergangenheit, die auf Lügen basiert. Die Pläne, die Karen hatte, werden zerstört, als ein Mord geschieht. Als Täter kommt eigentlich nur einer infrage. Nur liegen manchmal die Dinge anders, als sie scheinen. Das bringt Diane in Gefahr, die sich jedoch vor allem für Sunny nicht geschlagen geben will.

Man findet schnell in diesen Kriminalroman hinein. Der Schreibstil ist gut, sodass der Geschichte leicht zu folgen ist. Diane ist eine Person, die glaubwürdig wirkt und die man gerne begleitet. Der Fall ist spannend beschrieben und gut aufgebaut. Immer wieder gibt es spannende Wendungen. Insbesondere Karen ist eine Persönlichkeit, die man nicht so einfach durchschaut. Sie ist immer wieder für eine Überraschung gut. Am Ende wird noch einmal ordentlich Staub aufgewirbelt, als die unglaubliche Wahrheit herauskommt. Ganz habe ich der Autorin dieses Ende nicht abgenommen. Es wirkt doch ein bisschen zu sehr aufgebauscht. Aber spannend ist es auf jeden Fall.

Rezension von Heike Rau

Donna Malane
Dunkler als der Tod
Kriminalroman
288 Seiten, Klappenbroschur
ISBN-10: 3423260416
ISBN-13: 978-3423260411
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Charles Jackson: Das verlorene Wochenende

Charles Jackson: Das verlorene Wochenende

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Dieser 1944 erstmalig erschienene Roman von Charles Jackson über einen Alkoholkranken ist jetzt in der Neuübersetzung von Bettina Abarbanell im Dörlemann Verlag in einer Neuauflage auf Deutsch erschienen.

Der Held, oder besser gesagt Antiheld, der Geschichte ist Don Birnham. Er lebt in Manhattan, und wir schreiben das Jahr 1936.
Schon nach wenigen Sätzen wird klar, dass der Hauptprotagonist sich in zwei „Ichs“ eingerichtet hat. Das eine Ich beruhigt sich selbst damit, dass Alkohol ja nicht so schlimm ist, und man sich nur immer einmal ein Gläschen genehmigt. Das andere Ich ist getrieben von Unrast und Hast, an jede Art von Alkohol zu kommen. Dieses getriebene Ich macht den größeren Teil der Geschichte aus. Es denkt und spricht mit sich, sucht Geld und Einsamkeit, um ungestört der Suche nach dem „Stoff“ zu folgen. Dramatisch wird schon nach wenigen Sätzen klar, dass hier einer seines Triebes nach der betäubenden Droge Alkohol nicht mehr Herr ist.

In endlosen Selbstgesprächen folgt man diesem kranken Ich und fühlt mit ihm, wie es ihn treibt und jagt. Hoffnungslos und verbogen ist dieser Selbstbetrug, mit dem Don nach außen und sich selbst gegenüber am Schein der Normalität festhalten will. Bei ganz neuen Bekanntschaften gelingt ihm das vorübergehend, doch droht allenthalben die Entdeckung. Sein Bruder Wick und seine Freundin Helen kümmern sich rührend um ihn. Immer wieder muss Don lügen und betrügen, um zu Geld zu kommen. Einen Teufelskreis aus Lug und Trug und Selbstbetrug lebt Don uns hier vor. Bedrückend und gekonnt zeigt uns der Autor, in welche seelischen Tiefen der Alkoholiker fallen kann.

Charles Jackson schöpft offensichtlich aus eigener Erfahrung, denn wie könnte man sonst die Selbstbeobachtung so ausdrucksschwer und treffend wieder geben?

Er hat mit seinem Roman s.Zt. einen Coup gelandet.

Überragend beschwört Jackson die Dynamik um die seelische Not und den Zwang zum Trinken herauf. Es handelt sich nur um ein verlängertes Wochenende, doch die Trunksucht wird in einer beklemmenden Steigerung bis hin zum Delirium heraufbeschworen. Es ist gut, dass dieser Roman neu entdeckt und wieder aufgelegt wurde!

Billy Wilder hat den Roman 1946 verfilmt und dafür vier Oscars bekommen.

Charles Jackson
Das verlorene Wochenende
400 Seiten, gebunden
Doerlemann Verlag, August 2014
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3038200077
ISBN-13: 978-3038200079
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Johan Bargum: Septembernovelle

Johan Bargum: Septembernovelle

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Harald und Olof waren beide nacheinander mit der gleichen Frau zusammen. Zuerst Harald dann Olof bis zu Elins Tod. Beide Männer hatten kaum Kontakt miteinander, haben aber kürzlich eine Segeltour zusammen unternommen. Nach Haralds Verschwinden sieht sich Olof nun mit den Fragen der Polizei konfrontiert. Wer hat den anderen zur Segeltour überredet und wieso? Ging es um Rache? Wenn man es genau nimmt, hatten sicher beide ein Motiv, sich am anderen zu rächen. Doch warum hätte Olof Harald etwas antun sollen, der bereits von seiner Krebserkrankung gekennzeichnet war. Und was Harald selbst geplant hatte, der schließlich eine Waffe mit an Bord brachte, ist ebenfalls unklar. Vielleicht hat er an Selbstmord gedacht und gar nicht den anderen im Visier gehabt?

Olof erzählt der Polizei seine Geschichte. Er erzählt, was er über Harald weiß, und warum Harald ihn angerufen hat, um eine letzte Segeltour zu unternehmen. Er berichtet von seiner Beziehung zu Elin und ihrem plötzlichen Unfalltod, der auch mit Absicht herbeigeführt worden sein könnte. Sagt er die Wahrheit? Vielleicht. Vielleicht auch nicht, denn es gibt noch eine andere Wahrheit, die von Harald, der einen Brief hinterlassen hat, mit dem er einen doch etwas anderen Blick auf die Dinge möglich macht.

Dem Leser werden also beide Sichtweisen der Männer offenbart. Im ersten Buchteil wird die Vernehmung Olofs bei der Polizei dargestellt. Im zweiten Teil darf der Leser Harald über die Schulter schauen, wie er den Brief schreibt. Glück und Unglück sind nah beieinander. Wahrheit und Lüge ebenfalls. Schlüsselfigur ist Elin, eine geheimnisvolle, aber auch sehr sensible Frau.

Die Geschichte wird auf eine sehr raffinierte Weise dargestellt. Beide Männer sind glaubwürdig. Doch die Fassade beginnt zu wackeln, allein deswegen, weil nur eine Geschichte wahr sein kann oder eben Teile davon. Die Vergangenheit spielt immer in die Gegenwart hinein und vermischt sich mit ihr. Das wird sehr gut gezeigt. Das macht nachdenklich. Der Autor überlässt das Spekulieren dem Leser und davon ist nach der Lektüre des Buches lange nicht loszukommen.

Rezension von Heike Rau

Johan Bargum
Septembernovelle
Aus dem Schwedischen von Karl-Ludwig Wetzig
112 Seiten, gebunden
Mareverlag
ISBN-10: 3866481934
ISBN-13: 978-3866481930
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Anna Katharina Fröhlich: Der schöne Gast

Anna Katharina Fröhlich: Der schöne Gast

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Bilder zwischen Vergangenheit und Zukunft…

Die junge Icherzählerin in diesem Roman bewegt sich gerne in schönen Gärten und bewundert die unendliche Vielfalt der Natur.

Mit überschwänglichen Worten erzählt sie von ihrem Leben, das sie zurück in den Garten ihres Vaters führte.

Unsere Heldin ergeht sich beobachtend in einer Welt aus Vergangenheit, Träumerei und Müßiggang. In ihrem Castello, in dem sie an einem See in Italien mit einem alten indischen Diener lebt, igelt sie sich ein.

Wir befinden uns in der Mitte der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, doch fast weist die Erzählweise Züge des 19. Jahrhunderts auf.

Die alten Steinfiguren im Garten einer Ausstellung in einer benachbarten Villa, die Wasserspiele und im Kontrast dazu das Ambiente mit skurrilen Figuren aus heruntergekommenem Adel und sonstigen Müßiggängern mutet dekadent an. Tagsüber arbeitet die Protagonistin im Garten, und am Abend liest sie wie ihr Vater in seiner ausgedehnten Bibliothek mit den bekannten Werken der Weltliteratur und weiß auch bei passende Gelegenheit in schönster Weise daraus zu zitieren.

Doch dann ändert sich ihr Leben!

Ein kroatischer Dichter meldet sich telefonisch zu einem Besuch bei ihr an. Diesem Dichter verfällt sie in unerklärlicher Weise ganz und gar.

Er ist ein Blender und Gernegroß, der ihr zunächst den Hof macht, um sie dann zu erniedrigen und zu demütigen. Einzig seine Schönheit zieht sie derartig in seinen Bann, dass sie nicht von ihm lassen kann.

Immer wieder ergeht sich die Erzählerin mit wahren Wortkaskaden in Bildern, die aus ferner Vergangenheit zu stammen scheinen, um in der Gegenwart zu enden. Proust wird erwähnt, und in der Tat widmet die Autorin Anna Fröhlich der Gemüts- und Gefühlslage der jungen Dame viel Aufmerksamkeit.

Der ruhige Erzählstrom, der Kontrast zwischen gestern und heute mit der plüschig zufriedenen Innenarchitektur einerseits und dem Internet andererseits bildet einen reizvollen Widerspruch zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Das fast masochistische Bedürfnis, dem schönen Gast zu gefallen, ist hingegen ein schwer zu begreifender Bruch im Leben der soliden und gediegenen jungen Frau.

Die poetische Sprache mit der unglaublichen Intensität an Wortvielfalt ist mitreißend aber zuweilen beinahe etwas unerträglich. Anna Fröhlich bleibt die ganze Zeit bei ihrem ästhetisierenden Erzählstil. Dass ihr das pure Fabulieren und Ausmalen aller Details in Kleidung, Lebensstil und Interieur liegt, lässt sich unschwer ausmachen. Doch auch die Gefühlswallungen aller beteiligten Personen nehmen breiten Raum ein.

Der Inhalt ist kurz gefasst. Es geht um Schein und Sein, um Lüge, Trug, Leidenschaft und Liebe. Man lese und staune, wie sich hier die Erzählkunst vergangener Jahrhunderte mit dem Heute mischt.

Man kann den Roman gerne empfehlen.

Anna Katharina Fröhlich
Der schöne Gast
240 Seiten, gebunden
Hanser Berlin, Februar 2014
ISBN-10: 3446245227
ISBN-13: 978-3446245228
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