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Schlagwort: Poesie

Graham Swift: Ein Festtag

Graham Swift: Ein Festtag

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Wie wir leben und Höhepunkte des Lebens feiern.

An einem schönen Maitag im Jahr 1924 bestellt Paul seine Geliebte, das Dienstmädchen einer befreundeten Familie, in sein Elternhaus. Die beiden verleben einen lustvollen Morgen, während die gut situierte Familie von Paul einer Einladung zum Muttertag gefolgt ist. Paul und Jane genießen die Zweisamkeit einer stillen Stunde. Dann muss Paul fort, denn er wird in 14 Tagen heiraten. Er hat sich mit der Braut zum Mittagessen verabredet.

Jane darf sich noch eine Weile in dem Herrenhaus vergnügen.

Graham Swift lässt sie beschaulich durch das Haus schlendern, wo sie besonders an der Bibliothek hängen bleibt. Denn Jane liest für ihr Leben gerne!

Graham Swift benutzt knappe Sätze, mit denen er die Szenen der sexuellen Vereinigung beschreibt. Sie sind eingebettet in ganz eigene Betrachtungen über das Leben und das Sein.

Der Handlungsstrang ist kurz und übersichtlich. Jane lässt ihrer Fantasie freien Lauf und versucht sich das Treffen von Paul und seiner Braut vorzustellen. Der erste Teil der Erzählung ist ganz auf die sinnliche Begegnung der beiden Hauptprotagonisten ausgerichtet. Die Atmosphäre wirkt lebensnah und wird nahezu perfekt eingefangen. Die Schilderung von Herrschaft und Personal in den zwanziger Jahren in England ist eingebettet in die Begegnung von Paul und Jane.

Man ahnt, wie Familien sich nach dem Ende des Ersten Weltkriegs fühlen, in dem zwei Söhne einer der befreundeten Ehepaare ihr Leben verloren. Die Nachkriegsschmerzen sind nicht überwunden.

Das akute Geschehen ist in zwei kurze Tage gepresst. Es ist der Muttertag im Mai, an dem Personal und Arbeitgeber sich zu Ausflügen aufgemacht haben. Die linde Luft und das sommerliche Klima finden sich in poetischen Aussagen wieder. Sätze wie diese: „Primeln schossen aus dem Boden, Kaninchen hoppelten über das Feld“ (S.125) versinnbildlichen in wenigen Worten, wie der Tag sich zeigt.

Mit steter Steigerung beginnt eine subversive Geschichte, deren tragische Auswirkungen alle Beteiligten schwer trifft.

Erst im letzten Drittel des schmalen Bändchens wird Jane als anerkannte Dichterin gefeiert.

Mit klarer Sprache und flüchtigen Beschreibungen präsentiert uns G. Swift die andere Jane, die mit einem klugen Mann verheiratet war.

Allmählich verwischt die Struktur, und es erscheinen Erzählstränge, von denen man nicht weiß, sind sie schon Ausdruck von Janes schriftstellerischer Arbeit oder betreffen sie ihre Biographie. Über der ganzen Erzählung hängt ein Schatten von Melancholie und eine Stimmung des Abschieds. Einzig Jane übersteht alle Unbilden und entwickelt sich zu einer außerordentlichen Persönlichkeit voller Witz und Humor. Von J. Conrads Romanen ist sie hingerissen. Er mag ihr Vorbild für ihre Wandlung zu Schriftstellerin sein.

Graham Swift weiß seine Geschichte hinreißend und stringent zu erzählen. Wenngleich nur 140 Seiten lang ist die Erzählung voller intensiver Gedankenspiele und tief schürfender Eindrücke, so dass man bis zur letzten Seite gebannt bleibt. Es gilt „der Tatsache treu zu sein, dass viele Dinge im Leben nie erklärt werden können.“

Eine rare und lesenswerte Lektüre erwartet den anspruchsvollen Leser.

Graham Swift
Ein Festtag
144 Seiten, gebunden
dtv Verlagsgesellschaft, Mai 2017)
ISBN-10: 3423281103
ISBN-13: 978-3423281102
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Megan Hunter: Vom Ende an

Megan Hunter: Vom Ende an

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Dieses schmale Bändchen wirft viele Fragen auf!

In einer spartanischen Sprache mit vielen Absätzen wird fast einem Gesang gleich von der apokalyptischen Welt einer Mutter und ihres Babys erzählt.

Sie bekommt das Kind unter Schwierigkeiten. Ihr Mann ist auf dem Berg, er wird hinzugerufen. Doch scheint es so, dass die Welt untergeht. Sie versinkt unter steigenden Fluten und im Morast.

Zwischen den eigentlichen Text geschaltet sind fast biblische Töne zu hören, die den Untergang und das Werden und Vergehen versinnbildlichen.

Personennamen gibt es nicht, nur die Anfangsbuchstaben von Namen bedeuten uns, dass es sich um Menschen in einer Ausnahmesituation handelt. Von einer Schwiegermutter und einem Schwiegervater ist die Rede; nach und nach aber verschwinden auch diese. Der Ehemann fährt und fährt mit Frau und Baby auf der Flucht vor den Wassermassen. Die Stadt London wird langsam überflutet, und man findet sich einer gewaltigen Klimakatastrophe ausgesetzt.

Als der Ehemann es nicht mehr aushält in dem Auto und bei Aufenthalten in einfachsten Lagern, bleiben Mutter und Sohn Z zurück. Parallel zur untergehenden Welt wächst und gedeiht das Kind. Sinnhafter kann man Anfang und Ende nicht darstellen.

Und sind die namenlosen nur mit den Anfangsinitialen erkenntlichen Menschen eine Anlehnung an Franz Kafkas K.?

Auch gemahnt das ganze Geschehen an die biblische Geschichte von der Arche Noah.

Denkt man an die z.Zt. im Meer ertrinkenden Flüchtlinge und deren Lageraufenthalte, so ist das hier geschilderte Untergangsszenarium gar nicht so weit von unserer Realität entfernt.

Einem atemlosen Aufschrei gleich schleicht die Erzählung fort, wortgewaltig, poetisch und desaströs in der Darstellung. Vorläufer dieser Erzählung mag Cormac McCarthy mit seinem Roman „Die Strasse“ sein. Er ist noch um ein Vielfaches trostloser in der Beschreibung eines sinnentleerten Lebens, in der die ganze Welt und alles Getier unter einem Ascheregen versinkt.

Megan Hunter (geb.1984) ist viel jünger als McCarthy (geb.1933) und findet eine ganz eigene Sprache für den Untergang. Ihre Worte klingen visionär im Hinblick auf bevorstehende Weltuntergangsszenarien. Erschrocken und geschockt bleibt ein Leser zurück, der sich der Vorstellung nicht entziehen kann, was Atombomben und Umweltkatastrophen für Folgewirkungen auf unser aller Leben haben könnte.

Ein wahrlich anspruchsvolles und tief berührendes schriftstellerisches Meisterwerk.

Megan Hunter lebt mit ihrer Familie in Cambridge.

Megan Hunter
Vom Ende an
160 Seiten, gebunden
C.H.Beck, Mai 2017
ISBN-10: 3406705073
ISBN-13: 978-3406705076
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Veronique Bizot: Menschenseele

Veronique Bizot: Menschenseele

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Veronique Bizot ist eine sehr begabte Erzählerin. Schon mit ihrem Roman „Die Krönung“ versetzte sie sich ganz in die Seele eines alten Kauzes.
Nun sind es ihrer mehrere, denen sie die Aufmerksamkeit schenkt.

In einem abgelegenen Landstrich in den französischen Bergen lebt der Theaterschriftsteller Adrien Fouks, der keine Post beantwortet, seine Bewunderer vergrault und immer nur seine Ruhe haben will. Zu ihm passen zwei namenlose Brüder, von denen der Ältere nach einem Familienunglück, das nur er und sein kleiner Bruder überlebt haben, auf den zurückgebliebenen jüngeren Bruder aufpasst. Ersterer übersetzt Texte ins Italienische. Sie leben ein paar Kilometer entfernt von Fouks auf ihrem Familienhof, der vor Jahren abgebrannt und nicht wieder restauriert worden ist. Zuletzt gibt es noch Montoya, der auf dem Hof eines Malers lebt, den dieser vor einiger Zeit an ihn verkauft hat.

Hier nun also treffen die vier Kauze gelegentlich zusammen. Veronique Bizot versteht es trefflich, mit ungeschminkten Worten die Charaktere rund um die Einsiedelei zu beschreiben. Man fühlt sich unweigerlich als Zuschauer, der den vier Protagonisten über die Schulter schaut. Der jüngere der beiden Brüder fungiert als Icherzähler. Er scheint viel aufgeweckter zu sein, als sein Bruder glaubt. Unter der Anleitung des Theaterschriftstellers liest er in dessen Bibliothek anregende Bücher, die ihm die Augen für die Welt zu öffnen scheinen.

Es gibt keine Rede oder Gegenrede; vielmehr spielen sich die Szenen in der indirekten Erzähl- oder Redeweise ab, was der Geschichte keinen Abbruch tut. Die kauzige Mentalität aller vier Figuren findet beredt Ausdruck in dem, was über sie erzählt wird.

Insgesamt aber  bleibt die Geschichte ein wenig rätselhaft. Das eintönige Leben der vier Männer, eine Reise nach Turin und gelegentlich Begegnungen der vier Männer reichen am Ende nicht aus, das anhaltende Interesse des Lesers zu gewinnen. Poetisch gekonnt, inhaltlich durchaus anerkennenswert, ist man zuletzt etwas überfordert, zu erfassen, was die Autorin uns mit ihrer Geschichte sagen will. Kauzigkeit als Lebenzweck? Glücklosigkeit als Lebensziel? Nur der jüngere der beiden Brüder bleibt am Ende übrig, um das Erbe der Verstorbenen und des kranken Theaterschriftstellers zu verwalten.

Die Charaktere wirken versponnen in ihr jeweiliges Geschick. Der jüngere der beiden Brüder bleibt als einziger neugierig auf die Welt und staunt über so manche Ereignisse und Erfahrungen in seinem fortschreitenden Leben.

Im Gegensatz zu der Novelle „Die Krönung“ fehlt dieser Geschichte ein wenig der Humor und die Selbstironie.
Dennoch ist die literarische Qualität in Wort und Schrift unbestreitbar. Es wird ein Buch für die Liebhaber kauzigen Lebensglücks sein!

Veronique Bizot
Menschenseele
146 Seiten, gebunden
Steidl, Mai 2016
ISBN-10: 3958291368
ISBN-13: 978-3958291362
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Peter Härtling: Verdi

Peter Härtling: Verdi

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Lebensbild des Giuseppe Verdi auf der Höhe seines Ruhms und seiner Größe.

Mit dem Leben des alternden Verdis, der bereits zu Ruhm und Ansehen gelangt ist, beginnt der neue Roman von Peter Härtling über den Komponisten und bekannten Musiker Giuseppe Verdi.

Dieser besitzt zu dieser Zeit um 1870 mehrere Wohnsitze, eine ihn liebevoll umsorgende Frau, und er macht sich gerade an die Komposition zu einem ersten Streichquartett.

Wir erleben ihn knurrig, leicht unzufrieden und ebenso leicht despotisch. Kritik gegenüber ist er hoch empfindlich. Er komponiert und arbeitet, trifft sich mit Sängerinnen und Sängern und lebt ein ausgefülltes Leben. Voller Unrast und Unruhe reist er von einem Wohnsitz zum nächsten und ist auch von seiner Frau nicht zur Ruhe zubringen.

Als ihn 1883 die Nachricht vom Tod Richard Wagners erreicht, ist er getroffen, wenn er auch dessen musikalisches Werk nicht schätzte.

Doch gerade schwingt er selber sich zu neuen ungeahnten Erfolgen auf: Otello und Falstaff stehen vor den Erstaufführungen. Auch ein Requiem zu Ehren des verstorbenen Dichters Alessandro Manzoni bringen ihm Ruhm und Ehre ein.

Peter Härtlings bedient sich in seinem neuen Roman einer abgeklärten und behäbigen Erzählweise.

Detailversessen beschreibt er die damalige Musikszene in Mailand, Berlin und London. Sänger und Librettisten buhlen um seine Gunst, doch auch die Neider sind nicht fern.

Für den Musikkenner enthält der Roman atmosphärisch dichte Partien. Der ganze Roman entspricht in den Kapiteln einer groß angelegten Fuge.

Härtling ist ein ausgewiesener Musikkenner. In seinen früheren Romanen hat er sowohl Schumann als auch Schubert und Fanny Mendelssohn Denkmäler gesetzt. Unübertroffen bleibt für mich sein Roman über Hölderlin, der mich zu seinem Lesefan gemacht hat.

Dieser letzte Roman erscheint mir ein wenig zu ausufernd. Es gibt u.a. musiktheoretische Anmerkungen, die eine gewisse Fachkenntnis voraussetzen. Im letzten Teil über den Tod und das Sterben findet man feinfühlige poetische Ausführungen. Hier zeigt sich Härtlings Fähigkeit, in unübertroffener Weise Stimmungen und Zeitbilder herauf zu beschwören.

Für Verdifans ist die Lektüre gewiss eine lebendige Quelle der Freude und Information.

Peter Härtling
Verdi
224 Seiten, gebundn
Kiepenheuer&Witsch, August 2015
ISBN-10: 3462048082
ISBN-13: 978-3462048087
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Verena Lueken: Alles zählt

Verena Lueken: Alles zählt

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Schicksale…

Wunderbar eingängig und sehr flott in der Diktion beginnt der neue Roman von Verena Lueken über eine Frau und ihre Geschichte.

Sie kommt aus Frankfurt/M nach New York, es mag im Jahr 2013 sein, und lebt für einen Sommer in der Wohnung von Freunden. Mit wenigen Worten verdichtet sich das Leben in der heißen, lauten, wilden und multikulturellen Stadt, in der in der Hitze des Abends Jazzklänge zum Tanzen verleiten, und die Menschen in einem fremdartigen Völkergemisch ihren Freuden, Nöten und allerlei sonstigen Tätigkeiten nachgehen.

Doch die Erzählerin ist krank. Sie wird eine schwere Operation erleiden müssen und sich den Fragen von Tod und Leben gegenübersehen.

Die Erzählung setzt sich schmissig fort und lässt in ihrem Tempo nicht nach. Erinnerungen an frühere Lebenszeiten und Erinnerungen an eine bewunderte Mutter und deren Lebenspartner wechseln ab mit den wachen Gedankenspielen darüber, welche Lebensphasen, Ziele und Gewohnheiten dem Leben inne wohnen.

Atmosphärisch dicht und im Erzählstrang nachdenklich erlebt man Reflexionen, Zweifel und kritische Lebensbetrachtungen einer Protagonistin, die es nicht leicht mit ihrer schweren Krankheit hat. Ihre nüchterne Betrachtungsweise und die klaren Ansagen zum eigenen Befinden werden sachlich vorgetragen. Erzählung reiht sich an Erzählung, in diesem Falle Erinnerungen und tägliche Begegnungen, ohne dass zwischen den einzelnen Episoden Brüche entstehen. Das erweckt den Eindruck einer flüssig fortschreitenden Geschichte.

Verena Lueken schreibt einen poetischen Stil, in dem das Leben in seiner ganzen Bandbreite Platz findet. Sie kann mit wenigen Worten Stimmungen, Ängste und Nöte einfangen, ohne je aufdringlich zu werden. Man fühlt sich berührt und liest mit großer Aufmerksamkeit, wie die namenlose Frau in dieser Erzählung ihr Leben zu meistern versucht.

Verena Lueken
Alles zählt
208 Seiten, gebunden
Kiepenheuer&Witsch, August 2015
ISBN-10: 3462047973
ISBN-13: 978-3462047974
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Haruki Murakami: Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki

Haruki Murakami: Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki

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Poesie und Leben!

Tsukuru Tazaki ist ein nachdenklicher junger Mensch. In einer wohlhabenden Familie in der Stadt Nagoya in Japan aufgewachsen hat er die Schule besucht, Freunde gewonnen und ist danach zum Studium nach Tokio gegangen. Er gehörte zu einer sich nahestehenden Clique von drei Jungen und zwei Mädchen. Doch unerwartet und vollkommen unverständlich für ihn brach der Kontakt zu den vier anderen ab, als er zu den Semesterferien nach Hause fuhr. Die unerklärliche Trennung setzte ihm arg zu. Er magerte ab, veränderte sein Aussehen und wurde regelrecht depressiv. Nach Jahren entwickelt er eine zögerlich beginnende Freundschaft zu Sara, die seine Traurigkeit spürt und ihn auf die Suche nach den Ursachen für die Trennung schickt. Er ist mittlerweile 36 Jahre alt geworden.

Liszts Klavierstück  „Années de pèlerinage“ innitiiert dabei die Stimmung, in der sich unser Held befindet: traurig, melancholisch und von Todessehnsucht erfüllt.

Man fühlt sich unmittelbar angesprochen, wenn Tsukuru eine neue Bekanntschaft macht und sich in Gesprächen über das Sein und das Wesen seiner menschlichen Beziehungen auslässt.

Im Laufe der Zeit tastet er sich zaghaft an neue Beziehungen heran. Die Vergänglichkeit seiner tiefen, treuen und verlorenen Gemeinschaft der Jugendzeit bleibt dabei immer präsent. Der Roman entfaltet eine Dynamik, die an eine japanische Papierblume erinnert: Immer neue Geschichten einzelner Personen fügen sich in die Handlung ein behalten aber ihren Zugang zu dem Hauptprotagonisten Tsukuru Tazaki. Auf der Suche nach seinen vergangenen Freundschaften tritt eine geheimnisvoll merkwürdige Kriminalgeschichte zutage. Sie steigert die Spannung und treibt immer neue  Blüten.

Dass Tsukuru kein starkes Selbstwertgefühl hat, ist die eine Seite seines Charakters. Die andere aber zeigt ihn als der Poesie zugänglich mit feinem Gespür für Musik und die Schönheiten der Natur. Man ist voller Mitgefühl und spürt der Kälte nach, die ein Mensch erlebt, wenn er gute Freunde aus dunklen Gründen verliert.

Sensibilität und feines Gespür für andere zeichnet Haruki Murakamis Figuren aus. Es sind empfindsame Seelen, denen das Leben und Zusammenleben mit anderen nicht immer leicht fällt. Tsukuru Tazaki empfindet sich im Gegensatz zu seinen Freunden als farblos und nicht liebenswert. Doch was erwartet er vom Leben? Unterliegt er nicht Erwartungen und Fantasien, die übertrieben sind?

Murakami besitzt die Gabe, Naturschönheiten so zu beschreiben, dass man den Gesang der Vögel, den Duft der Blumen und die Schönheit der Bäume zu spüren meint.

Wie immer bei Haruki Murakami sind seine Figuren ungewöhnlich in ihrer Lebensart, feinfühlig und tiefsinnig auf der Suche nach dem wahren Selbst und der Vergangenheit. Eine wunderschöne, liebenswerte und inhaltsreiche Erzählung erwartet den Leser bei der Lektüre!

Haruki Murakami
Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki
350 Seiten, gebunden
Dumont Buchverlag, Januar 2014
ISBN-10: 3832197486
ISBN-13: 978-3832197483
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Pierre Bost: Ein Sonntag auf dem Lande

Pierre Bost: Ein Sonntag auf dem Lande

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Liebenswertes Landleben.

Monsieur Ladmiral lebt ein ruhiges und beschauliches Leben auf dem Lande nicht weit von Paris entfernt.

Seine Haushälterin Mercédès hält alles so weit in Ordnung. Der Alte ist schon ein wenig schrullig, und man meint, ihn vor sich hinknurren zu hören. Zuerst hält man ihn für einen kleinen Angestellten, der seinen Lebensabend genießt. Doch weit gefehlt davon ist er ein passabler Maler, nicht besonders ambitioniert aber mit nicht geringen Auszeichnungen versehen. Er lebt ein glückliches Leben.

Jeden Sonntag kommt sein Sohn Gonzague, auch Edouard genannt, mit Frau und drei Kindern zu Besuch. Auch dieser hat sich an der Malerei versucht, ist jedoch daran gescheitert,–zum Glück für Monsieur Ladmiral, der die Kunst als sein Metier betrachtet. Dass Edouard Kaufmann wurde, passt aber auch nicht so recht in das Weltbild seines Vaters. „Ins Büro gehen war für Monsieur Ladmiral ein Zeichen von Knechtschaft und Armseligkeit“.  Gonzague lässt keine Anzeichen von Weltläufigkeit erkennen und ist mit sich und dem Dasein im Kolonialwarenhandel zufrieden.

Dieser Sohn, dessen drei Kinder und die Schwiegertochter sind eher ein Ärgernis als eine Freude für Monsieur Ladmiral. Gonzague ist zu geflissentlich, die Schwiegertochter nervig und die drei Kinder sind ganz nett werden aber ständig zur Ordnung gerufen.

Erst als Irène, die Tochter des Hauses, zur Tür hereinschneit, wird der alte Herr munter. Sie ist so ganz das Gegenteil von der spießigen und anbiedernden Sohnesfamilie. Ein frischer Wind scheint mit ihr aufzukommen, denn sie ist offen, zu Scherzen aufgelegt und einfach eine große Freude für ihren Vater. Er weiß nicht viel von ihr, kann sich nur vorstellen, dass sie ein sehr anderes Leben lebt, als er es gewohnt war. Ob sie ein wenig damit seine eigenen verdrängten Träume auslebt? Zwischen Bruder und Schwester steht es nicht gerade zum Besten.

Der 1945 zum ersten Mal veröffentlichte Roman von Pierre Bost ist ein poetisches und ruhiges kleines Meisterwerk, in dem der Provinzalltag seine Urständ feiert. Wie ein impressionistisches Bild mutet einen die Erzählung an. Pointillistisch dahin getupft erstrahlen die ländlichen Farben, an denen der alte Maler seine Freude hat. Landluft, Mittagsruhe und die ewig gleichen Gespräche zu jedem Sonntagsbesuch sind einerseits Ritual andererseits aber auch Anlass für Ärgernisse. Monsieur Ladmiral ist schon lange Witwer und liebt die freundliche und malerische Kulisse seines Landlebens. Da bieten die Sonntagbesucher zwar Abwechslung und sind doch zugleich auch ein wenig störend.

Pierre Bost hat diesen Roman zwischen den beiden Weltkriegen verfasst. Es weht noch der Zauber der untergegangenen guten alten Zeit durch seine Zeilen, ohne dass sich zukünftiges Ungemach schon am Horizont zeigt.

In der Übersetzung von Rainer Moritz und in der feinen in Leinen gebundenen Aufmachung liegt hiermit ein wunderschöner kleiner Roman aus dem Dörlemann Verlag vor, der Herz und Sinne erfreut.

Pierre Bost
Ein Sonntag auf dem Lande
160 Seiten, gebunden
Dörlemann, 14. Februar 2013
ISBN-10: 3908777852
ISBN-13: 978-3908777854
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