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Schlagwort: Verfolgung

Alain Claude Sulzer: Postskriptum

Alain Claude Sulzer: Postskriptum

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Größe und Niedergang eines angesehenen Künstlers…

Das Waldhaus in Sils-Maria in der Schweiz ist ein Ort der Sehnsüchte, des Wohlbefindens und der Ruhe. Hier gehen seit eh und je die Großen des Showgeschäftes, der Kunst und der Literatur ein und aus.

Zu seinen Gästen gehörten in der Vergangenheit Friedrich Nietzsche, Theodor W. Adorno, Thomas Mann und Friedrich Dürrenmatt, um nur einige wenige zu nennen.

Hier spielt der neue Roman von Alain Claude Sulzer.

Anfang der dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts kehrte der Schauspieler Lionel Kupfer aus Berlin in das Hotel ein, nicht ahnend, dass es mit seiner Karriere unter dem Naziregime Hitlers als Jude zu Ende sein könnte.

Fein gesponnen taucht man in die Atmosphäre dieses legendären Ortes ein. Für Kupfer schwärmen mehr Männer als Frauen. So auch der kleine Postbeamte Walter, der sich als Gast in das Hotel einschleicht, um einen Blick auf den geliebten Künstler zu erhaschen. In Berlin hingegen lebt Lionels Liebhaber, der Kunsthändler Eduard, der ihm im neuen Glanz als Nazi mit Hochmut begegnet.

Lionel Kupfer musste schließlich emigrieren und hat in New York kümmerlich überlebt. Nach dem Krieg hat ihm Visconti noch einmal eine Position für eine kleine Nebenrolle angeboten. Doch die Stelle wurde weggeschnitten.

Man folgt den Spuren Walters und Edouards, des trickreichen Kunsthändlers, mit anhaltendem Interesse. Unter der Naziherrschaft ließen sich mit den Juden und ihren Kunstsammlungen treffliche Geschäfte machen. Am Ende aber ereilt jeden/ jede das ihm zugedachte Schicksal. Lionel Kupfer, der Jude, der aus Österreich stammt, bleibt im fernen Amerika, wo er mehr schlecht als recht überlebt.

Im „Postskriptum“ von 1963 hört man dann von späten Erfolgen des Schauspielers, die ihm noch einmal ein Durchstarten ermöglichen.

Alain Claude Sulzer hat einen melancholischen Roman geschrieben, so wie alle seine Romane von einer leichten Melancholie geprägt sind. Man folgt den Geschichten und ihren spannenden Wendungen mit anhaltender Aufmerksamkeit. Das Nazireich mit seinen Bedrohungen und Österreich mit seinem Charme im Begleitstrom der nationalsozialistischen politischen Richtung umrahmen die Erzählung. Alles klingt wie aus dem richtigen Leben, und Sulzer hat die wirren politischen Zeiten mit ihrer Dramatik konsequent eingefangen. Die erkennbaren homoerotischen Szenen wirken stark und bieten Einblicke auch in die moralischen Aspekte einer Zeit, in der Homosexualität strafbar und verboten waren. Jeder konnte zu jeder Zeit auffliegen, und dann drohte Ungemach.

Der Roman ist schlüssig und sehr lebensnah konzipiert. Es lohnt sich, ihn zu lesen.

A.C. Sulzer ist ein blendender Erzähler, dessen Werke vielfach preisgekrönt wurden.

Alain Claude Sulzer
Postskriptum
256 Seiten, gebundn
Galiani-Berlin, August 2015
ISBN-10: 3869711159
ISBN-13: 978-3869711157
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Ram Oren: Gertrudas Versprechen

Ram Oren: Gertrudas Versprechen

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Dieser Bericht stützt sich auf eine wahre Begebenheit.

Er handelt von der Nazizeit, von Bedrängnis und aufkommende Verfolgung bis hin zu Flucht und Vernichtung aller menschlichen Würde und des jüdischen Lebens.

Gertruda hat nach einigen schweren Enttäuschungen in ihrem Leben eine Stelle als Kinderfrau bei einer sehr reichen polnisch-jüdischen Familie angenommen. Sie selber ist katholisch. Michael ist das einzige Kind der Familie, heiß ersehnt und fürstlich umgeben von Reichtum, Fürsorge und der Liebe seiner Eltern. Er ist ein reizendes Kind, für das Gertruda von Beginn an eine tiefe Zuneigung hegt.

Als die Nazis in Deutschland an die Macht kommen, mehren sich die Anzeichen, die auf schwere Verfolgungen bis hin zu Folter, Tod und Vernichtung aller Juden hinweisen. Der Millionär Jakob Stolowitzky und seine Frau Lydia können lange nicht glauben, das da in Deutschland passiert.

Parallel zu dieser Geschichte gibt es in Deutschland Karl Rink mit seiner jüdischen Frau Mira und Tochter Helga. Karl hat während der Arbeitslosigkeit Aufnahme in die SS gesucht und gefunden. Auch er will nicht glauben, dass die angekündigten Exzesse Hitlers und seiner Nazibonzen zum Erfolg führen könnten, bis es so aussieht, als wäre es zu spät für Frau und Kind, dieser Hölle zu entkommen.

Ram Oren hat eine dramatische Geschichte zu erzählen. Ihm gelingt es, die Verdichtung von guten und friedlichen Zeiten und großem Glück hin zu der Zeit des Terrors, der Angst und schlimmster Verfolgung mit klugen und ausgewählten Beschreibungen herauf zu beschwören. Man fühlt sich ganz dicht am Geschehen, fürchtet sich und freut sich, je nach Schilderung, mit den Protagonisten. Wenn Dichtung und Wahrheit hier dicht beieinander liegen, so ist das Stilmittel der Dichtung durchaus erlaubt, um die schauerliche Zeit des Nationalsozialismus hautnah vor Augen zu führen. Der Erzählstrang führt gelegentlich alle erwähnten Personen zusammen.

Alles überragend wird hier auch die Geschichte einer Mutterliebe und einer Treue erzählt, wie sie ihresgleichen sucht.

Wie man das aus zahlreichen Erzählungen und vielen Biographien kennt, war die Hitlerzeit das Schlimmste, was in einem aufgeklärten christlichen Land geschehen konnte. Ram Oren besticht durch die Macht seiner Erzählkunst, mit der er die Geschichte so erzählt, dass man meint, man sei dabei gewesen. Unvorstellbare Strapazen, Ängste und Zufälle bestimmen das Geschehen, das in seiner Dramatik kaum zu überbieten ist. Man lese das Buch und erfahre erneut, wie die Barbarei in unserem Land Platz gefunden hatte.

Ram Oren
Gertrudas Versprechen
352 Seiten, gebunden
DuMont Buchverlag, Mai 2015
ISBN-10: 3832163336
ISBN-13: 978-3832163334
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Lydia Tschukowskaja: Untertauchen

Lydia Tschukowskaja: Untertauchen

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Verfolgung, Terror, Tod…

Es ist bekannt, dass unter Stalin in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts zahlreiche bekannte und auch weniger bekannte Dichter, Denker, Wissenschaftler und Künstler in Lager verbannt und dort zu Tode gekommen sind.

In ihrem hier vorliegenden sehr poetischen Roman, der 1988 erstmals erschienen ist, verarbeitet Lydia Tschukowskaja (1907 – 1996) ihre Zeit unter der Stalinära, in der sie selber der Verfolgung ausgesetzt war, und in der ihr Mann schon 1937 umgebracht wurde.

Ihre Protagonistin Nina Sergejewna befindet sich zur Erholung in einem Sanatorium auf dem Lande. Wir schreiben das Jahr 1949. Sie lernt zwei andere Schriftsteller kennen, unter ihnen Bilibin, einen Kollegen ihres Mannes. Von ihnen erhofft sie sich nähere Auskünfte über den Verbleib ihres Mannes, von dem sie seit seiner Verhaftung nichts mehr gehört hat.

Zuerst genießt Nina Sergejewna nur die verschneite Landschaft, die Birken- und Tannenwälder und die reine Luft. Sie kann sich nicht genug tun, in dieser abgeschiedenen Landschaft herumzulaufen und sich der Ruhe zu erfreuen. Langsam nähert sich ihr Bilibin. Sie aber will nur wissen, wie es ihrem Mann im Lager erging, und was er dort erleiden musste. Die Bilder um das Leiden und den Tod ihres Mannes verfolgen sie bis in ihre Träume. Am Ende ist sie bitter enttäuscht von Bilibins geschönter und harmonisierter Ausgabe seines in Arbeit befindlichen Erinnerungsbuches über die Lagerhaft.

Die ganze Erzählung ist durchdrungen von Melancholie und Abschiedsgedanken. Im Vordergrund steht immer wieder die eisige Landschaft mit ihren Birken- und Kiefernwälder und die Angst vor dem Terror, mit denen unter Stalin angesehene Männer und Frauen verfolgt, gedemütigt und ermordet wurden.

Lydia Tschukowskaja beschreibt in einer berückenden Sprache die Tiefe der Emotionen, die sie beherrschen, und mit denen man sich dem Treiben der Verfolgungen ausgesetzt sah. Sie besticht durch die Makellosigkeit ihrer Sprache. Man meint beim Lesen die Eiskristalle zu spüren und die reine Luft zu atmen.

Lydia-Tschukowskajas Erzählung erschien erstmals 1972 in New York. Daraufhin wurde die Autorin 1974 aus dem russischen Schriftstellerverband ausgeschlossen.

Svetlana Geier ist die berühmte und kongeniale Übersetzerin dieses Werks wie schon so vieler anderer russischer Schriftsteller.

Dem Dörlemann Verlag ist es wieder einmal zu verdanken, dass die kleine und feine Erzählung dem Vergessen entrissen wurde.

Die poetische, wunderbare Erzählung ist unbedingt sehr lesenswert.

Lydia Tschukowskaja
Untertauchen
256 Seiten, gebunden
Dörlemann, Januar 2015
ISBN-10: 3038200131
ISBN-13: 978-3038200130
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Martin Suter: Montecristo

Martin Suter: Montecristo

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Martin Suter ist der Meister des intelligenten Thrillers. Auch dieser neue Roman macht da keine Ausnahme!

Worum geht es?
Jonas Brand ist Videojournalist, der mit seinen Reportagen nicht unbedingt reich zu werden verspricht. Zu gerne wäre er Filmregisseur. Er hat auch schon eine Geschichte für einen Film im Kopf.

Auf einer Zugfahrt mit Personenschaden, sehr häufig verursacht durch Suizid, lernt er die Eventmanagerin Marina Ruiz kennen. Man kommt sich rasch näher, und beide haben sich viel zu erzählen.

In wechselnden Szenen erfährt man, dass in Jonas Wohnung eingebrochen wurde. Kurz drauf wird er auch noch auf der Strasse überfallen. Er trägt ein Geheimnis mit sich, dass entsprechende Verfolger auf seine Spur getrieben haben könnten. Was nur ist die Ursache dieser verschiedenen Überfälle?

Suter führt uns in die aufregende und skrupulöse Welt der Banker, Gewinnler und Börsenmakler. Bis in die höchsten Kreise gibt es unerklärliche Morde und Totschlag. Über fatale Verdächtigungen bis zum vollendeten Mord weiß Suter in seinem Roman zu berichten. Er steigert den Thriller zu einem wüsten Bankenskandal mit Ausläufern in die höchsten Schweizer Regierungskreise. Das alles ist spannend und reizvoll und nicht nur irreal: man weiß von den Skandalen um die lehmann brothers bankhaus ag in New York und kann sich vorstellen, dass sich in diesem Thriller Anteile aus dem wahren Leben wiederfinden.

Von Geheimnissen zu Betrug und Verfolgungsjagden werden wir getrieben. Letztere sind subtil und perfide in Absicht und Durchführung. Garniert ist die Geschichte wie immer durch genaueste Beschreibungen von mehr oder weniger kultivierten Unterkünften, eigenwilligen Charakteren bis zur beachtenswerten Liebesgeschichte von Jonas mit der Eurasierin Marina.

Das Buch liest sich spannend, kurzweilig und unterhaltsam. Die Vielfalt und Verschiedenartigkeit der Einfälle von Martin Suters Romanen sind immer wieder überraschend. Man kann sich zuversichtlich auf gute Unterhaltung freuen!

Martin Suter
Montecristo
320 Seiten, gebunden
Diogenes; Auflage, Februar 2015
ISBN-10: 3257069200
ISBN-13: 978-3257069204
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Anthony Doerr: Alles Licht, das wir nicht sehen

Anthony Doerr: Alles Licht, das wir nicht sehen

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Werner und Marie-Laure sind zwei junge Menschen, die in unterschiedlichen Sphären und Gegenden aufwachsen. Der Hauptteil der Erzählung umfasst zehn Jahre ihres jungen Lebens und umschließt in großen Teilen den Zweiten Weltkrieg.

Einige Jahre vor diesem Krieg lebt Werner als Waisenjunge in einem Heim bei Essen in Deutschland. Er interessiert sich für Radiotechnik und kann früh schon ferne Nachrichten empfangen. Wie sich zeigen wird ist er mit dieser Neigung ein willkommenes Mitglied der Deutschen Wehrmacht im zweiten Weltkrieg.

Marie-Laure ist blind und wird von ihrem liebevollen Vater geprägt. Er verwaltet die Schlüssel zu verschiedenen Abteilungen eines naturkundlichen Museums in Paris. Anhand eines Miniaturbaus ihres Viertels in Paris lernt Laure tastend sich in den heimatlichen Strassen zurechtzufinden. Nach der Flucht vor den Nazis nach Saint-Malo in der Bretagne hört Marie-Laure von einem seltenen Schatz, einem besonderen Diamanten, der Glück und Unglück zu bringen vermag. Ihr Vater hält ihn versteckt.

Dann beginnt der Zweite Weltkrieg.

In wild wuchernden und mäandernden Bildern folgt man den Spuren der beiden Protagonisten.

Werners Weg führt ihn über eine Napola, einer Eliteschule für den Führer Adolf Hitler, zum Militär und bis nach Saint-Malo in Frankreich, wo er die kleine Marie-Laure kennen lernt. Man wartet auf eine längere Beziehung zwischen den beiden. Jedoch bleibt es bei einer kurzen aber inhaltsreichen Begegnung.

Der Zweite Weltkrieg mit allen seinen Schrecken bietet den äußeren Rahmen für eine Handlung, die geheimnisvoll und unerklärlich ist. Französisches Flair, deutsche Gründlichkeit und auch die kriegerischen Grausamkeiten setzen Marksteine, die man nicht vergisst.

Mut, Tapferkeit und das Geschick, sich irgendwie durchzuschlagen, spielen keine geringe Rolle in der Handlung.

Kunstvoll webt A. Doerr eine Geschichte, in der an zahlreichen Orten mit verwirrenden Begegnungen aufgewartet wird. Er findet den Ton und die rechte Spielart, das breit angelegte Drama abzuhandeln. Man bleibt der Erzählung mit ihren Figuren immer auf der Spur und hofft, dass sich das Leben unter den kriegerischen Bedingungen doch zum Guten wenden möge. Weit verzweigt spielt die Handlung in verschiedenen Zeitebenen und Gegenden. Frankreich bietet allerdings den örtlichen Schwerpunkt. Gebannt liest man, wie einzelne Figuren sich durch schwere Prüfungen bewähren müssen. Der Krieg markiert seine Spuren mit aller Grausamkeit.

Der Roman zeigt poetische und geheimnisvolle Seiten. Zuweilen haben die Geschichten etwas Träumerisches.

Ein gelungenes Epos ist dem amerikanischen Autor Anthony Doerr mit diesem Roman gelungen. Er ist für sein Werk vielfach ausgezeichnet worden.

Anthony Doerr
Alles Licht, das wir nicht sehen
519 Seiten, gebunden
C.H.Beck, Juli 2014
ISBN-10: 3406667511
ISBN-13: 978-3406667510
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Lyndsay Faye: Der Teufel von New York

Lyndsay Faye: Der Teufel von New York

Dieses Buch direkt bei Amazon bestellen!Im Jahre 1845 wird In New York eine erste Polizeitruppe zusammengestellt. Recht und Ordnung sollen in der Stadt Einzug halten. Auch Timothy Wilde wird dazugehören. Er hat keine andere Wahl, wenn er in der Stadt überleben will. Ein Brand hat ihm alles genommen. Auch einen Teil seines Gesichts. Verschafft hat ihm diesen Job sein Bruder Valentine, der ebenfalls einen Job bei der Polizei hat, wenn auch in einer besseren Stellung. Er verfügt über die nötigen Kontakte und Verbindungen.

Timothy arbeitet gerade mal zwei Wochen als Streifenpolizist, als er eine junge Frau verhaften muss, die in geistiger Umnachtung ihr Kind hat sterben lassen oder ermordet hat. Aber das soll es noch nicht für diesen Tag gewesen sein. Ein Mädchen in einem blutgetränktem Nachthemd läuft ihm direkt in die Arme.

Es ist nicht ihr Blut und so führt die Geschichte zu einem mysteriösen Mann mit schwarzer Kapuze, der verantwortlich sein soll, für den Tod eines Jungen, der auf bestialische Art und Weise von eben diesem Mann ermordet wurde. Die Polizei muss sich bald mit einem Serienmörder auseinandersetzten. Doch vor der Bevölkerung wird der Fund der vielen weiteren toten Kinder verheimlicht. Timothy arbeitet auf Wunsch des Polizeichefs verdeckt weiter.

Die Geschichte ist sehr detailliert aufgebaut. Der Einstieg geschieht auf eine langsame Art und Weise, so dass man die handelnden Personen, die Stadt, die Lebensweise der armen Bevölkerung und Einwanderer und die politischen Umstände gut kennen lernen kann. Das macht den Krimi sehr authentisch und gut bildhaft vorstellbar.

Mit der Zeit baut sich ein unbegreifliches Grauen auf. Der Fall hat doch ganz andere Ausmaße als anfangs angenommen. Und Timothy Wilde muss fast im Alleingang ermitteln und mit einfachen Möglichkeiten dem Täter auf die Schliche kommen. Er erweist sich bald als guter Ermittler mit Herz und Verstand.

Das Ende hätte man sich sicher spektakulärer vorstellen können. Aber es ist alles ganz anders als vermutet. Der Täter und seine Motivation können dennoch nicht überraschender sein.

Rezension von Heike Rau

Lyndsay Faye
Der Teufel von New York
Deutsch von Michaela Meßner
480 Seiten, Klappenbroschur
ISBN-10: 3423249935
ISBN-13: 978-3423249935
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Peter Schwindt: Ich bin dein, du bist mein

Peter Schwindt: Ich bin dein, du bist mein

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Der Briefumschlag kommt anonym. Die Fotos verstören Judith zutiefst, zeigen sie doch ihren Freund Jan mit einem andern Mädchen. Es ist Zoey, eine Mitschülerin. Zu dieser Zeit, mitten im Gefühlschaos, lernt Judith durch Zufall, wie sie meint, Gabriel über das Internet kennen. Sie weiß nicht wirklich, wer er ist. Aber seine Art zu schreiben, gefällt ihr. Und es ist tröstlich für sie, mit jemandem über ihre Probleme sprechen zu können. Beim ersten Treffen sitzt ihr dann allerdings ein merkwürdiger Typ gegenüber. Er ist seltsam gehemmt und seine eisigen Augen verstören Judith, so dass sie einfach geht.

Doch Gabriel ist nach wie vor über alle Maßen verliebt in Judith und macht ihr das sehr deutlich. Immer wieder schreibt er sie an und dringt immer tiefer in ihr Leben ein bis für Judith kein bisschen Normalität mehr herrscht.
Mit Jan spricht Judith sich aus. Er hat vor, mit Zoey Schluss zu machen, auch wenn diese gedroht hat, sich dann umzubringen. Wenig später ist Zoey tatsächlich tot. Es liegt kein Selbstmord vor, sondern Mord und tatverdächtig ist Jan.

Im Buch geht es um einen Stalker, der Judith das Leben schwer macht und auch nicht vor drastischen Maßnahmen zurückschreckt, um Judith gefügig zu machen. Die Polizei tut nicht wirklich ihre Arbeit, wie es scheint, und kommt ihm nicht auf die Spur. Seine wahre Identität bleibt im Dunkeln.
Das Buch ist spannend geschrieben. Inhaltlich ist es aber nicht unbedingt überzeugend. Der Plot bietet nicht Neues, sondern folgt eher üblichen Klischees. Der Verlauf des Krimis für Jugendliche ist daher wenig überraschend. Das Ende wirkt konstruiert, weil doch zu sehr der Zufall bestimmend ist.
Geschrieben ist das Buch in einer leicht lesbaren Sprache. Die 250 Seiten mit recht großem Schriftbild mit ordentlichem Zeilenabstand sind schnell gelesen.

Rezension von Heike Rau

Peter Schwindt
Ich bin dein, du bist mein
256 Seiten, Klappenbroschur
Ravensburger Buchverlag
ISBN-10: 3473400831
ISBN-13: 978-3473400836
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Jussi Adler-Olsen: Erwartung – Der Marco-Effekt

Jussi Adler-Olsen: Erwartung – Der Marco-Effekt

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Carl Mørck vom Sonderdezernat Q hat es nicht einfach. Der Chef der Mordkommission Marcus Jacobsen geht in Pension und wird durch Lars Bjørn ersetzt, den Carl absolut nicht leiden kann. Und dann gibt ihm auch noch seine Freundin den Laufpass, obwohl Carl die Beziehung eigentlich nun endlich mal auf eine solide Basis stellen wollte. Und den neuen Mitarbeiter Gordon Taylor, den der neue Chef dem Sonderdezernat zugeteilt hat, hält Carl für untragbar. Lieber hätte er weiter nur mit Rose und Assad zusammengearbeitet.

Es ist Rose, die durch Zufall einen neuen Fall entdeckt. Eine Suchmeldung weckt ihr Interesse. Ein junges Mädchen sucht ihren Stiefvater. Ihre Hoffnung, ihn lebend zu finden, ist allerdings umsonst. Aber das weiß natürlich nur der Mörder – und der 15-jährige Marco. Er hat sich auf der Flucht vor seinem betrügerischen Clan ausgerechnet in Starks Grab versteckt. Er würde gerne zur Polizei gehen, wagt es aber nicht, denn sicherlich käme er selbst aufgrund seiner Vergangenheit hinter Gitter.

Für Carl Mørck und sein Team ist der Fall nur schwer zu durchschauen. Aber es gibt bald genügend Hinweise darauf, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist. Stark war nach Kamerun gereist, um ein Entwicklungshilfeprojekt zu kontrollieren. Warum er vorzeitig und überraschend wieder nach Deutschland zurückkam, vermag niemand zu sagen. Er ist nach seiner Ankunft verschwunden. Allerdings werden den Ermittlern bald interessante Details zugespielt. Und Marco rückt mit seinen gezielten Hinweisen immer weiter in den Blick der Ermittler, denen er sich aber auf keinen Fall offenbaren will.

Carl Mørck verliert dieses Mal viel an Sympathie. Er lässt sich von seinen Gefühlen leiten. Seine Intuition ist zwar unschlagbar, aber sein Verhalten anderen gegenüber ist kaum haltbar. Oft geht er übers Ziel hinaus und hat sich nicht im Griff. Irgendwie hat man das Gefühl, das Carl Mørck nicht mehr lange in der Lage ist, das Sonderdezernat zu leiten.

Der Fall ist wieder sehr interessant und nervenaufreibend. Der Leser weiß immer schon ein bisschen mehr über die Hintergründe, die das Team des Sonderdezernats Q sich erst erarbeiten muss. Der Aufbau des Thrillers ist also spannend gemacht, auch wenn es etwas dauert bis die Handlung Fahrt aufnimmt. Betrachtet wird das Geschehen wieder aus verschiedenen Perspektiven. Immer mal wieder kommen die Erzählstränge sich nahe, aber eben erst am Schluss wirklich zusammen. Einem Schluss, der nicht ganz korrekt, aber menschlich schon nachvollziehbar ist.

Rezension von Heike Rau

Jussi Adler-Olsen
Erwartung – Der Marco-Effekt
Aus dem Dänischen von Hannes Thiess
576 Seiten, gebunden
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423280204
ISBN-13: 978-3423280204
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Dirk Kurbjuweit: Angst

Dirk Kurbjuweit: Angst

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Verbrechen und Schuld.

In einer Talkshow sprach der Autor des vorliegenden Romans bewegend, authentisch und ernsthaft über einen Fall von Stalking, der ihm, seiner Frau und seinen Kindern passiert ist. Er hat diese Erfahrung zum Thema eines neuen Romans verarbeitet.

Laut Wikipedia bedeutet Stalking „Verfolgen oder Belästigen einer Person, deren physische oder psychische Unversehrtheit dadurch unmittelbar, mittelbar oder langfristig bedroht und geschädigt werden kann“.

Die Handlung des Romans weicht natürlich oder vermutlich in einigen Teilen von der wahren Geschichte ab.

Tatsache ist, dass im Haus der neu zugezogenen Familie Tiefenthaler in einem gut beleumundeten Berliner Bezirk ein unheimlicher Mitbewohner im Souterrain wohnt. Zuerst kaum auffällig begeben sich nach und nach Ereignisse, die Vater und Mutter der zwei Kinder Paul und Fee aufhorchen lassen und zunehmend Beunruhigung hervorrufen. Zuerst sind es nur Nettigkeiten wie gebackene Kekse oder Pizzas, die Tiberius, so der Name des unheimlichen Nachbarn, vor die Tür legt. Doch dann wird er anzüglich gegenüber Tiefenthalers Frau Rebecca, schreibt Liebesbriefe, Gedichte und zuletzt verleumderische Anschuldigungen, die das Ehepaar in psychische Untiefen stößt.

Randolph, der junge Familienvater, hat daneben seine eigenen Probleme. Ist er doch ein Eigenbrötler, der sich zunehmend innerlich von seiner Frau entfernt. Diese, eine schöne und kluge Frau, weiß nicht, wie sie ihren Mann noch für sich interessieren kann. Äußerlich scheint alles in Ordnung, doch im tiefsten Innern stimmt einiges schon lange nicht mehr.

Einem Drama gleich findet Randolph Tiefenthaler weder bei der Polizei, dem LKA oder einer Anwältin Hilfe gegen den unheimlichen Stalker. Die Auswirkungen und Belege für das Stalking liegen vor, doch bevor nicht wirklich etwas passiert ist, können die Staats- und Rechtsorgane nicht tätig werden. Der potentielle Stalker ist hier wie in den meisten Fällen psychisch gestört und hangelt sich am Rande der Legalität um sein Opfer. Das Opfer seinerseits wird unsicher und beginnt an Selbstzweifeln zu leiden. Argwohn und Misstrauen beunruhigen das Paar und säen Zwietracht zwischen ihnen. So erfährt auch die Ehe Einbrüche, die nur schwer zu verkraften sind.

Dirk Kurbjuweit hat die wunderbare Gabe, zwei Erzählstränge zugleich mit Spannung zu gestalten. Man fiebert den Entwicklungen um seine Ehe-, und, schlimmer noch, dem Fortgang der Stalkinggeschichte heftig entgegen. Subtil und differenziert entsteht das Bild einer Ehe auf Abbruch.

Der Autor hat aus einer realen Geschichte einen spannenden Thriller erdichtet, dessen Wahrheitsgehalt nahe an der Wirklichkeit entlang schrammt.

Wie man hier erfährt, kann Stalking zur psychischen Folter ausarten. Dem Verbrechen selbst ist nur schwer beizukommen, denn der Rechtsstaat hatte bis vor einigen Jahren nur wenige Möglichkeiten zum Einschreiten.

Das Buch ist ein Lehrstück in Rechtsgeschichte und zeigt, welches  Ausmaß und welche Auswirkungen diese Form der Verfolgung annehmen kann. Der seelische Schaden bei den Opfern wiegt schwer.

Für Betroffene bietet der Roman Trost und Hilfe, für andere ist er Warnung, beizeiten pathologisch gestörten Menschen aus dem Weg zu gehen.

Dirk Kurbjuweit hat mit diesem Roman einen spannenden und ausgezeichneten Psychothriller vorgelegt.

Dirk Kurbjuweit
Angst
256 Seiten, gebunden
Rowohlt Berlin, Januar 2013
ISBN-10: 3871347299
ISBN-13: 978-3871347290
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Harlan Coben: Nur zu deinem Schutz

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Mickey Bolitar lebt nach dem Tod seines Vaters bei seinem Onkel Myron, zu dem er bisher nie Kontakt hatte. Er geht zur Schule und verliebt sich hier in Ashley Kent, die ebenfalls neu an der Schule ist. Allerdings verschwindet sie nach kurzer Zeit spurlos. Mickey macht sich Sorgen, aber niemand kann ihm Auskunft geben. Noch etwas anderes belastet Mickey. Es gibt im Ort eine Frau, die als Hexe bekannt ist. Vielen Kindern hat sie schon Angst und Schrecken eingejagt. Während einer kurzen Begegnung behauptet die Frau, dass Mickeys Vater noch leben würde. Zusammen mit Ema, einer Außenseiterin der Schule, wagt er sich dorthin und geht, während Ema ihm den Rücken frei hält, in das Haus der Hexe hinein und stößt dort auf Seltsames. Als ein Auto kommt, treten die beiden den Rückzug an.
Auch nach Ashley forscht Mickey weiter. Hier hilft ihm der Sohn des Hausmeisters weiter, der von ihm scherzhaft Löffel genannt wird.
Unbemerkt geblieben ist der kleine Einbruch ins Hexenhaus nicht. Das wird Mickey klar, als er feststellt, dass er beim Basketballtraining beobachtet wird. Genau diesen Mann hat er bei beim Hau der Hexe gesehen.
Es ist wirklich seltsam. Irgendetwas geht vor. Doch das, was Mickey mit seinen Freunden Löffel und Ema herausfindet, will einfach nicht zusammenpassen. Mickey beschließt noch mehr zu riskieren und gerät dabei geradewegs in Lebensgefahr.

Die Geschichte ist spannende gemacht, die Handlung wird mit der Zeit allerdings immer fantasievoller und wirkt dadurch ein bisschen konstruiert. Aber man kann darüber hinwegsehen, denn das Buch liest sich gut. Vom Schreibstil her ist es einfach gehalten und man kann gut folgen. Die Charaktere, insbesondere Mickey, sind gut dargestellt, auch wenn die Freunde insgesamt zu jung wirken für das, was sie tun. Gut gefällt der Zusammenhalt zwischen den Freunden, die ja alle Außenseiter sind.
Die Handlung ist nicht vorhersehbar und dadurch sehr geheimnisvoll. Erst am Ende wird klar, worum es wirklich geht und dass das Geschehen auf Ereignissen beruht, die sehr weit in der Vergangenheit liegen. Was anfangs nicht zusammenpassen will, fügt sich schließlich zu einem Bild.
„Nur zu deinem Schutz“ ist der Auftakt einer Reihe. Das Buch, auch wenn es einigermaßen in sich abgeschlossen ist, endet so, dass man neugierig auf den nächsten Band wird.

Rezension von Heike Rau

Harlan Coben
Nur zu deinem Schutz
Aus dem Amerikanischen von Anja Calić
352 Seiten, Klappenbroschur
cbt, München
ISBN-10: 3570161439
ISBN-13: 978-3570161432
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