Jean-Jacques Sempé: Kindheiten

Jean-Jacques Sempé: Kindheiten

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Geschichte eines Lebens in Text und Bildern.

Eine Biographie in Wort und Bild: so etwas gab es schon einmal bei Alison Bechdel in ihrem Comic „Fun Home“.

Im Gegensatz zu ihren Erinnerungen allerdings leuchten die Bilder von Sempé in einem fröhlichen und zuversichtlichen Licht.

Sempé zeigt sich in seinem gedruckten Text von unverhohlener Ironie, Selbstreflexion und Lebensfreude. Marc Lecarpentier hat in einem Gespräch mit ihm zahlreiche Eindrücke aus seiner Kindheit noch einmal hervorgelockt. Diese waren bedrückend. Ständige Geldnot, zankende Eltern und häufige Umzüge boten keinen glücklichen Rahmen für einen Menschen, der gerne fröhliche Kinder und Menschen zeichnet.

Schon früh hat er begonnen, sich mit seinen Zeichnungen aus der eher tristen Realität davonzustehlen. In Sempé steckt ein Schelm, der Gutes tut, wenn ihm auch Böses widerfährt. In seinen zum Text passenden Zeichnungen steckt sehr viel Wahrheit. Sie zeugen von fast philosophischen Einsichten. Auch gibt es große, bunte Aquarelle, die Fröhlichkeit und schalkhafte Selbsteinsichten spiegeln. Der Mensch und besonders das Kind sind extrem klein gegenüber der Fülle der Natur oder der überwältigenden Größe des Erwachsenen. Im Widerspruch zu seiner Heiterkeit stehen seine Einsichten über das Verhalten der großen Menschen und hier besonders seiner Eltern.

Mehrheitlich überwiegen in Sempés Zeichnungen die zart dahin getupften Charakteristiken einer fröhlichen Natur mit dem ganz, ganz kleinen Menschen gegenüber dem gewaltigen Kosmos. Der Baum, auf dem ein Junge sitzt, oder die Schlucht, in der man baden kann, ist überdimensioniert gegenüber dem winzigen Jungen auf dem Ast oder im Wasser.

In seinem Gespräch mit Marc Lecarpentier offenbart Sempé zahlreiche weitere Einsichten seiner Sicht der Dinge. Er steht neben sich und kann mit Ironie seine Menschenkenntnis in die passenden Worte und Bilder kleiden. Die Gespräche handeln unter anderem von der Unbekümmertheit der Kindheit, die in die raue Ernsthaftigkeit der Erwachsenenwelt übergeht. Sie manifestiert sich in den grauen Anzügen der Herren, die den lustigen und bunten Kleidern und Mützen der Kinder gegenüberstehen. Alle Leichtigkeit geht mit dem „Erwachsenenernst“ dahin.

Der Satz „der Mensch ist ein Wesen von untröstlicher Heiterkeit“ fasst in Worte, was in dem Widerspruch von Ernst und Heiterkeit steckt. Seine Zuversicht gipfelt in dem Satz „man kann nicht leben, wenn man nicht heiter ist. Selbst wenn alles danebengeht, gibt es noch das Heitere. Man könnte es auch Seinsfreude nennen. Und ohne Trost, das ist man so wie so; man ist vollständig untröstlich. Ich bin beides…..“

Besser kann man die Geschichte der Gegenwartsmenschheit nicht erzählen. Mit den farbigen Illustrationen gibt Sempé ihnen erzählende Gestalt.

Ein hinreißendes Buch ist dem Autor mit dieser fast als Krönung seines Werkes zu betrachtenden Geschichte „Kindheiten“ zum Jahr seines achtzigsten Geburtstags gelungen.

Jean-Jacques Sempé
Kindheiten
272 Seiten, gebunden
Diogenes, Juni 2012
ISBN-10: 3257021208
ISBN-13: 978-3257021202
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