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Schlagwort: Unschuld

Eric Berg: Die Mörderinsel

Eric Berg: Die Mörderinsel

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Kaum einer in Trenthin glaubt an seine Unschuld. Trotzdem wird Holger Simonsmeyer freigesprochen. Man kann dem Hotelbesitzer den Mord an einer jungen Frau aus dem Dorf nicht nachweisen. Seine Familie ist froh darüber, hat aber nicht mit dem Gegenwind der Dorfbewohner gerechnet, die in ihm weiterhin den Mörder sehen. Unter diesen Umständen ist es schwierig, das eigentlich sehr beliebte Hotel auf der Insel Usedom weiterzuführen. Als ein weiterer Mord geschieht, spitzt sich die Lage zu.

Die Journalistin Doro Kagel kann nicht fassen, was passiert ist. Das Haus der Simonsmeyers liegt in Schutt und Asche. Sie hatte über den Mordprozess berichtet, aber einen zweiten Artikel nicht für nötig erachtet, obwohl Bettina Simonsmeyer sie eindringlich darum gebeten hatte. Sie hatte die Frau abgewimmelt. Nun drückt das schlechte Gewissen und sie beschließt, die Geschehnisse erneut zu durchleuchten.

Carsten Linz vom Staatsschutz ist mit dem Fall betraut. Er muss herausfinden, wer für den Brandanschlag verantwortlich ist, bei dem Menschen ums Leben kamen. Der Ermittler und die Journalistin ergänzen sich perfekt. Aber es herrscht auch eine gewisse Spannung zwischen den beiden. Carsten flirtet offensichtlich mit Doro, die halbherzig versucht, nicht darauf einzugehen. Das lockert die sehr ernste Situation auf! Überhaupt gefällt der Schreibstil des Autors sehr gut!

Das Buch beleuchtet die Mordfälle aus verschiedenen Blickwinkeln. Dazu geht der Autor immer wieder in die Vergangenheit. Auch Doro versucht, die Fakten noch einmal möglichst unvoreingenommen aufzuarbeiten. Was offensichtlich ist, muss nicht unbedingt die Wahrheit sein. Viele der Zeugen lügen und geben sich gegenseitig Alibis, die fragwürdig sind. Die Dorfgemeinschaft ist gespalten und dann sind da noch die, die zwischen den Stühlen sitzen. Vergleichen Doro und Carsten ihre Erkenntnisse miteinander, ergibt sich ein differenziertes Bild. Nichts passt zusammen. Doch Doro ist durchaus in der Lage querzudenken. Die Haiku, die das erste Mordopfer in ihrem Tagebuch hinterlassen hat, sind verschlüsselte Botschaften, die Doro zu knacken versucht. Das hält die Spannung hoch bis zum überraschenden Ende.

Rezension von Heike Rau

Eric Berg
Die Mörderinsel
480 Seiten, gebunden
Limes Verlag, März 2020
ISBN-10: 3809026611
ISBN-13: 978-3809026617
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Jonathan Franzen: Unschuld

Jonathan Franzen: Unschuld

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Purity, genannt Pip, hadert mit sich und der Welt. Sie ist ohne Vater aufgewachsen. Ihre Mutter weigert sich, ihrer Tochter auch nur den kleinsten Hinweis zu geben. Das führte seit Pips Kindheit zu einem Kleinkrieg mit der Mutter, der sich in einem ständigen Hin und Her zwischen Hass und Liebe zeigt.

Pip arbeitet im Direktmarketing bei einer Firma, die „Lösungen“ anbietet. Schwerpunkte sind Klimawandel, Energieressourcen und andere ökologische Themen. Doch schon bald merkt sie, dass sie mit ihrer telefonischen Akquise die Menschen in Verträge drückt. Das entspricht so gar nicht ihrer eigenen Lebensauffassung. Da lernt sie die Deutsche, Annagret, kennen. Die vermittelt Pip einen Job bei dem als Hacker und Whistleblower bekannten Andreas Wolf. Bevor Pip nach Bolivien, dem geheimen Unterschlupf von Wolfs Unternehmen, reist, startet sie einen letzten Versuch bei ihrer Mutter, etwas über ihren Vater zu erfahren und droht ihr, zu Andreas Wolf zu gehen, der ihr bei der Suche nach dem Vater helfen wird.

So weit der erste Teil des Romans „Unschuld“ vom sehr gut deutsch sprechenden Jonathan Franzen. Der zweite Teil liest sich wie ein eigenständiger Roman. Der Leser lernt Andreas Wolf kennen, der in der DDR aufgewachsen ist. Sein Nachname lässt erkennen, dass er zum großen Familienclan der „Wolfs“ gehört. Friedrich Wolf war ein überaus bekannter Schriftsteller, Konrad Wolf ein sehr guter Filmregisseur und dessen Bruder Markus Wolf war Chef der Auslandsspionage bei der Staatssicherheit der DDR. Vor diesem Hinterghrund erhielt die Figur des Whistleblowers und Dissidenten einen Vater, der Mitglied des Zentralkomitees der SED war. In diesem Teil erfährt der Leser auch von der Liebesbeziehung zwischen Annagret und Andreas Wolf, ohne jedoch allzusehr in das Romantische zu verfallen.

Im dritten Teil wird von Leila berichtet, die investigativ recherchiert und Pip bei sich aufgenommen hat. Pip arbeitet inzwischen bei der Organisation Andreas Wolfs, spielt in diesem Teil eine eher untergordnete Rolle. Viel spannender sind Leilas Recherchen und die Machenschaften der kriminellen und/ oder politischen Elemente.
Obwohl Franzen auch diesen Roman wieder wortgewaltig und unterhaltsam (subtile Ironie lässt er selten vermissen) schreibt, übertrifft er in meinen Augen nicht seinen Roman „Die Korrekturen“. Auch, wenn es erneut um eine Familiensaga geht. Immer wieder stößt man auf langwierige Passagen, die der Lust am Lesen entgegenstehen. Hätte ich nicht schon andere Romane des Schriftstellers und diesen Klappentext, der mir bereits verrät, wohin die Geschichte gehen soll, gelesen, hätte ich wahrscheinlich nach spätestens fünfzig Seiten abgbrochen und mir das darauffolgende Lesevergnügen versagt. Indem ich das nicht tat, wurde ich belohnt mit eines faszinierenden Lebensgeschichte verschiedener Figuren. Denn hier gibt es nicht nur einen Protagonisten, jede der Figuren ist facettenreich und höchst interessant.

Erstaunlich fand ich den Abschnitt um Andreas Wolf in der Zeit von den 1960er Jahren bis zur Wendezeit 1989/1990. Sehr gut recherchiert kommt Franzen dem tatsächlichen Geschehen verdammt nahe, was nicht zuletzt an der Unterstützung von Thomas Brussig gelegen haben mag, der ja bekanntlich sehr erfolgreiche „DDR-Romane“ schreibt.
Trotz zwischenzeitlicher Überlängen hat mich dieser Roman gefesselt. Wie auch bei seinen anderen Romanen werden die Protagonisten in separaten Teilen vorgestellt. In komplexen Situationen gibt er den Figuren Raum, um sich den Lesern zu präsentieren. Nur selten erfolgen unmittelbare Rückgriffe auf die anderen Teile, was alleine schon wegen der nicht chronologisch verlaufenden Teile schwierig sein dürfte. Erst im Großen und Ganzen werden die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Figuren aufgelöst und sichtbar. Mit jeder Seite, die man liest, fügt sich ein Rädchen ins andere, und man kommt in den Rhythmus der Gesamthandlung. Diese außergewöhnliche Komposition der einzelnen Teile, die jeder in einer anderen Zeit zu spielen scheinen, hat mich stark beeindruckt.

Weiterhin beeindruckt hat mich die Genauigkeit, mit der Franzen die Stimmung und Verhältnisse in der DDR wiedergibt. Von der oberflächlichen Arbeitsweise der Amerikaner keine Spur. Außerdem hat mir die leise Ironie gefallen, mit der der Autor beispielsweise die Naivität der Jugend in ihrem Drang nach „etwas bewegen wollen“, oder auch den Aufstieg eines DDR-Bürgers zum Whistleblower, oder das schwierige Verhältnis zweier sich Liebender, beschreibt. Schließlich setzte ich mich am Ende des Romans in meinem Sessel zurück, atmete durch und dachte: Was für eine Geschichte.

Franzen, Jonathan
Unschuld
Aus dem Amerikanischen von Bettina Abarbanell und Eike Schönfeld
Rowohlt Verlag
ISBN 9783498021375

© Detlef Knut, Düsseldorf 2015
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Megan Abbott: Das Ende der Unschuld

Megan Abbott: Das Ende der Unschuld

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Zwei Freundinnen und ein Unfall mit bitteren Folgen.

Lizzie und Evie sind zwei dreizehnjährige Mädchen, die Spaß am Leben haben und alle Freuden und Leiden mit einander teilen.

Doch eines Tages nach Schulschluss schaut Lizzie nach Evie, die jedoch plötzlich verschwunden ist.

Eine dramatische Suche beginnt, die zunächst jedoch viele Fragen aufwirft. Lizzie meint einen rotbraunen Wagen mehrfach gesehen zu haben, der Mr. Harold Shaw, einem Familienvater aus der Nachbarschaft, gehört. Hat der Mann Evie etwa entführt?

Lizzie ist eine Hauptperson bei der Suche nach einem möglichen Entführer. Ihr fallen alle die lustigen Dinge ein, die sie mit Evie verbunden hat: Scherze, Geheimnisse und die Beobachtung von Nachbarn und Freundinnen bei diversen Unternehmungen, unter ihnen auch Evies Schwester Dusty. Doch plötzlich ist die Welt stehen geblieben und zeigt sich verändert. Mit Schrecken suchen die Angehörigen und Polizeikräfte nach der verschwundenen Evie.

Megan Abbott hat einen spannenden Krimi geschrieben. In ihm geht es um erste Liebeserfahrungen und um die Verirrungen, mit denen die Phantasie den jungen Mädchen Streiche spielt. Aus Spaß wird Ernst und Lizzie merkt, dass sie gar nicht soviel von ihrer Freundin wusste, wie sie glaubte. Sie fühlt sich ihrerseits unwiderstehlich von Mr. Verver angezogen, dem Vater des verschwundenen Mädchens.

Erotische Spannung baut sich auf, und bei der Suche nach der verlorenen Freundin begegnet Lizzie so mancher Eigenart im Wesen von Nachbarn und Geschwistern, die sie bisher übersehen hatte.

Das Hockeyspiel ist das entspannende Bindeglied zwischen den einzelnen Handelssträngen.

Subtil erdacht und mit zahlreichen Facetten ausgestattet entwickelt die Autorin bunte Mosaiksteine, mit denen der Übergang von der Kindheit zum Heranwachsenden für die notwendigen psychologischen Details sorgt.

Der Krimi bietet ein unterhaltsames Lesevergnügen, das sich auch für Jugendliche eignet.

Megan Abbott stammt aus Detroit. Sie wurde mit hohen Buchpreisen ausgezeichnet, und der vorliegende Roman ist als erster ins Deutsche übersetzt worden.

Megan Abbott
Das Ende der Unschuld
290 Seiten, gebunden
Kiepenheuer & Witsch, Februar 2012
ISBN-10: 3462043900
ISBN-13: 978-3462043907
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