Ergebenst, eurer Schurik

Ergebenst, eurer Schurik

Da der Vater bei einem Unfall verstorben ist, wird Schurik im Einklang mit seiner Mutter von seiner Großmutter erzogen. Er hat eine glückliche Kindheit. Zu Beginn des letzen Schuljahres lernt er Lilja bei einer Literaturvorlesung kennen und verliebt sich heftig. Eine Einladung führt ihn in ein Atelier. Hier lernt er Mathilda kennen und beginnt mit ihr, eine immer nur Montags stattfindende, Liebebeziehung. Seine Gefühle zu Lilja beeinflusst das nicht. Doch Lilja wandert mit ihren Eltern nach Israel aus. Und auch seine geliebte Großmutter verlässt ihn nach einem Herzinfarkt. Die nächste Frau, der er sich nicht entziehen kann, ist Alja, eine Kommilitonin. Aber auch Faina, die Chefin seiner Mutter, hat es auf ihn abgesehen. Und Schurik versucht, allen „seinen“ Frauen gerecht zu werden. Dann wird Schuriks Mutter krank. Es ist die Schilddrüse. Ausgerechnet als Schurik sich heimlich aus der Wohnung geschlichen hat, erleidet sie einen Anfall und muss sich den Notarzt selber rufen. Schurik bereut, nicht rechtzeitig da gewesen zu sein. Eine heftige Abscheu gegen sich selbst packt ihn. Ab sofort soll alles anders werden. Doch die nächste Versuchung lauert schon.

Schurik ist ein herzensguter Mann, freundlich, großzügig, hilfsbereit und voller Pflichtgefühl. Wie eine Marionette lässt er sich von den Frauen in seiner Umgebung leiten, allen voran seine Mutter, mit der er untrennbar verbunden ist, bzw. zusammenlebt. Die Autorin erzählt die Geschichte mit viel Humor und Ironie und spart nicht mit tiefgründigen Anspielungen. Die Liebe ist für Schurik nur Mittel zum Zweck, hat bald nichts Romantisches mehr. Aus Mitleid steht er seinen Mann oder weil es eben kein anderer tut. Immer ist er zur Stelle, besorgt Medikamente, füttert die Katzen oder spendet Trost. Er kann nicht anders.

Die Geschichte ist verrückt und komisch und doch auch wieder traurig und tragisch. Dabei spielt Schurik als Hauptperson gar nicht mal immer die tragende Rolle. Es sind doch eher die Frauen, so unterschiedlich und doch immer gleich, mit ihren Bedürfnissen. Echte und falsche Gefühle werden mit ungeheurer Intensität und sehr unverblümt beleuchtet. Behutsam und nicht schonungslos werden Schuriks Schwächen auf sehr unterhaltsame Art und Weise offengelegt. Trotz aller Ironie wirkt er jedoch nicht lächerlich, auch wenn man einige Male nicht umhin kommt, ihn, der oft nur aus Mitleid und Hilfsbereitschaft heraus handelt und sich selbst dabei vergisst, zu bedauern.
Die vom Schreibstil her sehr gut lesbare Geschichte ist eingebettet in den sowjetischen Alltag der neunzehnhundertfünfziger bis achtziger Jahre. Das ist eine sehr faszinierende Kulisse mit interessanten Einblicken in diese Zeit.

Über die Autorin:
Ljudmila Ulitzkaja wurde 1943 geboren und wuchs in Moskau auf. Sie schreibt Drehbücher, Hörspiele, Theaterstücke und erzählende Prosa und erhielt in Frankreich 1996 für ihre Erzählung „Sonetschka“ den Prix Médicis. 2001 erhielt die Autorin den Booker Prize Russland.

Rezension von Heike Rau

Ljudmila Ulitzkaja
Ergebenst, eurer Schurik
Aus dem Russischen von Ganna-Maria Braungardt
494 Seiten, gebunden
Carl Hanser Verlag München Wien
ISBN: 3-446-20665-5
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