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Monat: Dezember 2011

Rita Falk: Schweinskopf al dente

Rita Falk: Schweinskopf al dente

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Der Küstner ist getürmt. Der psychopatischen Psychologe, der seine Geliebte auf dem Gewissen hat. Seine Flucht war geschickt eingefädelt. Der Erste, der von ihm hört, ist der, der ihn verurteilt hat: Richter Moratschek . Allerdings ist die Morddrohung, die Dr. Küstner ihm auf die gefrorene Windschutzscheibe gekratzt hat, mittlerweile weggetaut. Dass es keine leere Drohung war, zeigt sich, als der Richter in seinem Bett einen blutigen Schweinskopf findet. Hilfesuchend wendet er sich an Franz Eberhofer, den Dorfpolizisten von Niederkaltenkirchen, der gleich Verstärkung ruft. Als die Kollegen dann anrücken, ist der Schweinskopf verschwunden.
Richter Moratschek ist vor Angst ganz panisch. Er will nicht mehr zur Arbeit und zu Hause bleiben will er auch nicht, wo doch seine Frau zur Kur ist. Zumindest bis der Küster gefasst ist. Ausgerechnet bei Familie Eberhofer zieht er ein. Zum Glück wohnt Franz drüben im ausgebauten Saustall und nicht im Wohnhaus bei Oma und Vater. Trotzdem – das Ganze muss so schnell wie möglich ein Ende finden. Also muss Kommissar Eberhofer den Dr. Küster finden. Und so schaltet er den Birkenberger Rudi ein, der als Privat-Schnüffler arbeitet. Der schlägt vor, den Moratschek als Lockvogel zu benutzen.

Nach „Winterkartoffelknödel“ und „Dampfnudelblues“ folgt mit „Schweinskopf al dente“ nun der dritte Provinzkrimi mit Franz Eberhofer aus Niederkaltenkirchen in der Hauptrolle, der mittlerweile zum Kommissar aufgestiegen ist. Der Rahmen ist geblieben. Die vertrauten Personen sind wieder mit dabei, samt eingeschworener Dorfgemeinschaft. Zentrale Orte sind nicht nur Dorfkneipe und die Fleischerei vom Simmerl, sondern auch wieder Omas Wohnküche.

Langweilig wird das Buch deswegen nicht. Franz Eberhofer hat einen Mörder zu jagen, der ein übles Spiel treibt. Aber er muss auch Kindermädchen für Richter Moratschek spielen. Zu allem Übel will auch noch sein nicht gerade liebenswerter Bruder samt Kleinfamilie Urlaub auf dem Bauernhof bei den Eberhofers machen, so dass Franz immer wieder als Babysitter herhalten muss. Der Hund will auch seine Runde haben. Und um seine Susi, die liebestechnisch auf die schiefe Bahn geraten ist, müsste der Eberhofer sich eigentlich auch kümmern.

Es geht also sehr turbulent zu. Eine witzige Szene jagt die nächste. Das Chaos beherrscht die Handlung. Der Eberhofer ist mittendrin und versucht sich freizuschwimmen. Sein Durchsetzungsvermögen ist gefragt. Bei all dem Stress kann es schon mal passieren, dass selbst harmlose Situationen aus dem Ruder laufen. Der Eberhofer reagiert dann, egal ob privat oder beruflich herrlich unangemessen, setzt sich notfalls mit schlagkräftigen Argumenten und derb im Ton durch, manchmal auch mit Waffengewalt. Das wirkt herrlich überzogen. Aber so will man den Eberhofer haben. Beim Lesen hat man also sein Vergnügen und auch nach dem dritten Band noch lange nicht genug davon.

Rezension von Heike Rau

Rita Falk
Schweinskopf al dente
Ein Provinzkrimi
240 Seiten, Klappenbroschur
Dtv – Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423248920
ISBN-13: 978-3423248921
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Tom Diesbrock: Hermann! – Vom klugen Umgang mit dem inneren Kritiker

Tom Diesbrock: Hermann! – Vom klugen Umgang mit dem inneren Kritiker

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Diesen Hermann kennen wir wohl alle. Er sitzt uns im Nacken und hat nichts anderes zu tun als unser Selbstbewusstsein mit seiner Kritik zu untergraben. Manchmal übertreibt er dabei gnadenlos und macht und das Leben schwer. Unnötig schwer. Und das muss man sich nicht gefallen lassen.

Zunächst einmal zeichnet der Autor die Wesenszüge von Hermann auf. Gezeigt wird, wann er sich zu Wort meldet, uns runtermacht und uns auf gemeine Weise ausbremst. Die Kritik ist oft alles andere als gerechtfertigt, der dadurch entstehende Druck nicht zum Aushalten. Dabei macht Hermann vor keinem Lebensbereich halt. Er mischt sich in Privat- und Berufsleben gleichermaßen ein. Das macht nicht nur schlechte Laune, sogar krank machen kann uns das. Der Autor zeigt genau auf, wie Hermann agiert und welche Wirkung das auf uns haben kann.

Doch nicht jeder scheint seinem inneren Kritiker so hilflos ausgeliefert zu sein. Es scheint also eine Möglichkeit zu geben, ihm auf Augenhöhe zu begegnen oder ihn zumindest in Schach zu halten. Der Autor zeigt, wie dies umgesetzt werden kann. Dabei geht es nicht darum, den Hermann links liegen zu lassen. Konstruktive Kritik ist durchaus erwünscht.

Es ist ein sehr einfach gehaltenes und damit super verständliche Buch, für alle, die sich mit der Psychologie des inneren Kritikers noch nicht auseinandergesetzt haben. Die Beispiele sind so allgemein gehalten, dass sich jeder wiedererkennen sollte. Den inneren Kritiker einer greifbaren Person, also Hermann, zuzuordnen ist eine gute Idee und ermöglicht einen humorvollen Umgang mit dem Thema. Das spiegelt sich auch in den Zeichnungen wider.

Der Autor lädt also ein, sich mit Hermann auseinanderzusetzen und zu erkennen, wie kindlich und ängstlich Hermanns Verhalten eigentlich ist. Es werden Strategien aufgezeigt, wieder ein Gleichgewicht herzustellen zwischen Hermann, der kritisiert, und einem selbst, der Kritik entgegennimmt. Dann nämlich ist Kritik nichts mehr, was ausbremst, sondern etwas, das anspornt.

Rezensionen von Heike Rau

Tom Diesbrock
Hermann! – Vom klugen Umgang mit dem inneren Kritiker
Zeichnungen von Frank Wowra
120 Seiten, gebunden
Patmos Verlag
ISBN-10: 384360035X
ISBN-13: 978-3843600354
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Elizabeth George: Whisper Island – Sturmwarnung

Elizabeth George: Whisper Island – Sturmwarnung

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Auf Whidbey Island verwandelt sich Hannah Armstrong in Becca King. Auch ihr Aussehen ist nun verändert. Das alles gehört zum Plan. Ihr Stiefvater Jeff Corrie soll das Mädchen nicht finden können. So muss Becca bei einer Freundin ihrer Mutter unterkommen, bis diese für sich und ihre Tochter einen dauerhaften Zufluchtsort gefunden hat. Einen Ort, wo sie sicher sind vor dem Mörder. Denn dass Jeff Corrie einer ist, weiß Becca. Sie kann die Gedanken anderer hören.

Auf der Insel muss Becca ohne ihre Mutter klarkommen. Doch von Anfang an läuft alles schief. Die Freundin ihrer Mutter ist kürzlich an einem Herzinfarkt gestorben. Das bedeutet für Becca nun keine Unterkunft zu haben und völlig auf sich allein gestellt zu sein. Ihre Mutter ist nämlich über das Handy nicht zu erreichen.

Seth Darrow, der zur Aushilfe im Supermarkt arbeitet, versorgt Becca nicht nur mit Essen, er vermittelt auch den Kontakt zu Debbie Grieder. Diese nimmt Becca bei sich auf, erwartet im Gegenzug von ihr, dass sie ihr im Motel hilft und ab und an auf die Enkelkinder Josh und Chloe aufpasst. Außerdem sorgt Debbie dafür, dass Becca die Schule besuchen kann.
Hier sieht Becca Derric wieder. Sie hatte ihn bereits auf der Fähre gesehen, außerdem ist er ein Freund von Josh. Becca ist fasziniert von ihm. In Seth und Derric findet Becca Freunde, von denen sie aber nicht weiß, inwieweit sie ihnen vertrauen kann. Sich unter den Jugendlichen zu behaupten, ist ohnehin nicht leicht. Jeder hat seine Geheimnisse.

Immer mal wieder versucht Becca ihre Mutter anzurufen. Doch sie kann sie nicht erreichen. Ob Jeff Corrie sie aufgespürt hat? Als Derric im Wald einen Unfall hat, muss Becca mit dem Handy einen Notruf absetzen. Da die Polizei sie über das Handy ausfindig machen und bis zu ihrer Mutter zurückverfolgen könnte, muss Becca das Telefon loswerden. Die einzige mögliche Verbindung zu ihrer Mutter.

Becca hat eine seltene Gabe. Sie kann Gedanken hören. Nur kann man diesen geflüsterten Bruchstücken, die oftmals von dem Flüstern weiterer Gedankensplitter überlagert werden und dann kaum zuzuordnen sind, nur bedingt etwas entnehmen. Statt ein Geheimnis zu lüften, kommt manchmal ein weiteres hinzu.

Den Verlauf der Geschichte bestimmt diese Gabe also nicht unbedingt. Aber sie macht es Becca ein wenig einfacher, die Menschen der Insel einzuschätzen.
Dass sie unerkannt bleibt, sichert ihr Überleben. Aber so gut sie das auch versucht, spürt man doch die Gefahr, die stets lauert. Fragen werden gestellt. Und bald sucht die Polizei nach dem Besitzer des Handys. So wird Beccas Leben zum Versteckspiel.

Allerdings wirkt die Handlung zu konstruiert. Viel zu sehr ergibt sich Becca ihrem Schicksal und über lange Strecken passiert nichts Außergewöhnliches. Irgendwie bleibt die im Klappentext versprochene Spannung aus.

Auch wenn man anderes erwartet hat, vom Schreibstil her liest sich das Buch dennoch gut. Es ist anzunehmen, dass die Handlung mit dem zweiten Band sehr viel spannender weitergehen wird. Der erste, also der Auftakt zur Geschichte, wird mit einer vielversprechenden Szene beendet.

Rezensionen von Heike Rau

Elizabeth George
Whisper Island – Sturmwarnung
Aus dem Amerikanischen von Ann Lecker-Chewiwi und Bettina Arlt
448 Seiten, gebunden
Egmont INK
ISBN-10: 3863960017
ISBN-13: 978-3863960018
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Lea Korte: Die Maurin

Lea Korte: Die Maurin

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Exotisch, orientalisch, bezaubernd, temperamentvoll, spannend, zärtlich – das sind nur einige Attribute, mit denen man diesen historischen Roman von Lea Korte und/ oder seine Protagonistinnen beschreiben kann. Im Andalusien des 15. Jahrhunderts herrschen erbitterte Kämpfe zwischen den Muslimen und Christen, die nicht spurlos am Leben der Maurin Zahra vorbei gehen. Sie ist Hofdame und Vertraute der Hauptfrau des mächtigen Emirs, ihre Familie gehört zum engeren Kreis der Herrschersfamilie. Die junge Zahra gerät dabei zwischen die Fronten in ein barbarisches Spiel aus Intrigen und Machtkämpfen. Ihre Liebe zu dem christlichen Kastilier Gonzalo bringt sie schließlich in tödliche Gefahr. Aber nicht nur diese Liebe, sondern auch der Umstand, dass sie selbst zu einem Viertel von einer Christin abstammt, sorgt für Ungemach. Ihre Halbgeschwister werden zu erbitterten Feinden der eigenen Familie.

Der 650 Seiten starke Wälzer zeigt ein etwas anderes Mittelalter, als man ansonsten von vielen historischen Roman gewohnt ist. Die orientalische Note auf der iberischen Halbinsel, die über acht Jahrhunderte von dem maurischen Volk beherrscht wurde, lässt beim Lesen scheinbar sanfte orientalische Klänge im Ohr säuseln und an die Märchen von 1001 Nacht denken.

Lea Korte hat die fiktive Handlung geschickt mit den historischen Fakten verbunden. Ihre bildhafte Beschreibung erinnert an die blumenreiche Erzählweise der Orientalen und lässt Bilder aus 1001 Nacht im Kopf entstehen. Über die Handlung hinaus sind die ergänzenden Anmerkungen am Ende des Romans eine sehr gute Hilfe beim Verständnis der historischen Zusammenhänge. So fehlt ein Glossar ebenso wenig wie ein Literaturverzeichnis mit weiterführenden Quellen. Eine Zeitleiste und die beiden Stammbäume der maurischen und der christlichen Herrscherfamilien der damaligen Zeit hilft der Orientierung des Lesers.

„Die Maurin“ ist ein exotisch, faszinierender Roman, der das europäische Mittelalter der iberischen Halbinsel in den Mittelpunkt stellt. Er ist Abenteuer- und Liebesroman zugleich, bei dem Arglist und Treue ausgewogen miteinander spielen. Man darf auf weitere Romane dieser Art von Lea Korte gespannt sein.

Korte, Lea
Die Maurin
672 Seiten, broschiert
Knauer Tb, München
ISBN-10: 3426502305
ISBN-13: 9783426502303

© Detlef Knut, Düsseldorf 2011
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Jochen Metzger: Alle Macht den Kindern

Jochen Metzger: Alle Macht den Kindern

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Über einen Monat soll der Selbstversuch laufen. Die Kinder, die dreizehnjährige Lara und der zehnjährige Jonny, sollen mit ihren Eltern die Rollen tauschen und alle Entscheidungen über die Familie treffen. Die Kinder bekommen alle Rechte, während die Eltern ohne Widerspruch den Anweisungen ihrer Kinder folgen müssen. Mit dazu gehört auch, dass die Kinder das Familienbudget für einen Monat verwalten. Schon im Vorfeld gibt es Diskussionen. Vorbehalte müssen ausgeräumt werden. Aber dann kommt man doch überein, was die Regeln betrifft und das Experiment kann zu einem geeigneten Zeitpunkt beginnen.

Familienvater und Journalist Jochen Metzger hat in dieser Zeit Tagebuch geführt. Das Experiment ist ein spannendes Abenteuer für die ganze Familie geworden, das sicher für alle Eltern sehr interessant ist. Hautnah bekommt man Einblick in das Familienleben.
Die erste Woche läuft ganz gut. Alles ist neu und interessant. Es ist spannend zu sehen, wie die Kinder scheinbar schneller in ihre neue Rolle finden, als die Eltern. Dann treten immer wieder Schwierigkeiten auf. Zum Ende hin wird das Experiment zur Bewährungsprobe für alle Familienmitglieder.

Jochen Metzger sieht genau hin. Er hinterfragt in seinen Gedanken das Verhalten seiner Kinder und natürlich auch das eigene und das seiner Frau Helga. Er bekommt zu sehen, was von der Erziehung bleibt, wenn die Kinder tun und lassen dürfen, was sie wollen und auch noch über die Eltern entscheiden können. Wie ändert sich der Umgangston? Wie viel Freiheit nehmen sich die Kinder, welche Regeln hebeln sie aus? Wie konsequent sind die Eltern, die ja nun die Rolle der Kinder innehaben?

Was passiert, schildert Jochen Metzger auf eine sehr sensible Art und Weise. Es geht nicht darum etwas zu beweisen. Erfahrungen werden gemacht, neue Einsichten gewonnen. Es ist ein Buch, das ernst und humorvoll zugleich ist, das interessante und auch sehr persönliche Einblicke zulässt und das sich dadurch wirklich sehr spannend liest.

Rezension von Heike Rau

Jochen Metzger
Alle Macht den Kindern
Ein Selbstversuch
180 Seiten, Klappenbroschur
Patmos Verlag
ISBN-10: 384360083X
ISBN-13: 978-3843600835
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Anne Enright: Anatomie einer Affäre

Anne Enright: Anatomie einer Affäre

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Tücken der Liebe und des Zusammenlebens.

Die irische Autorin Anne Enright hat schon mit ihrem Roman „Familientreffen“ gezeigt, dass sie sich auf die tiefsten Gefühle des Menschen versteht. Hier beweist sie ihr psychologisches Feingefühl erneut mit der Liebesaffäre eines ungleichen Paares.

Gina und Sean sind mehr oder weniger zufrieden, eher unzufrieden, mit ihren Ehepartnern, als sie sich auf einer Gartenparty verlieben und sogleich eine besessene Sexaffäre beginnen. Beruflich in der gleichen Firma beschäftigt sehen sie sich täglich. Gina brennt vor Verlangen nach Sean, während er die ganze Geschichte eher cool angeht. Im normalen Berufsalltag merkt man ihnen nichts an, doch sie nutzen jede Gelegenheit, um ihre Sexbesessenheit auszuleben. Jeder Ort und jede Stunde scheinen ihnen recht dafür.

Im ersten Kapitel aber ist schon klar, dass Seans Tochter Evie die Hauptakteurin in diesem Stück einer Familientragödie sein könnte.

Sie entdeckt die beiden Ehebrecher Gina und Sean, als sie sich zum ersten Mal küssten.

In wechselnden Szenen erlebt man Gina zuerst mit ihrem Freund Conor, den sie bald heiraten wird. Sean ist sehr viel älter und wirkt ausnehmend verführerisch, so dass Gina seinem Charme und seiner Verführungskunst erliegt. Spät erst merkt sie, dass sie nicht die einzige Liebe seines Lebens ist. Aber da haben sich beide schon von ihren Ehepartnern getrennt und versuchen ein Zusammenleben, das nicht gelingen kann. Evie mit ihren Allüren und psychischen Krankheiten hat alle und besonders ihren Vater voll im Griff. Sie bleibt die ungekrönte Königin: ein zwölfjähriges Kind, das alle durchschaut und seinem Frust freien Lauf lässt.

Von 2002 bis 2007 reicht die Geschichte und in ihr erlebt man Familienleben mit allen ihren Tücken und Gemeinheiten, wie sie auch im wirklichen Leben zu finden sind. Mütter, Ehemänner, Schwestern,–sie alle sind nicht gerade in großer Liebe vereint, denn jeder denkt nur an sein eigenes Wohlergehen. Am Ende bleiben alle auf der Strecke und einmal mehr zeigt sich, dass „Unrecht Gut nicht gedeihen kann“. Und Anne Enright zeigt auch einmal mehr ihr Talent, den Alltag, die Langeweile und die Sehnsüchte der Menschen zu artikulieren. Insofern stimmt der Titel der „Anatomie einer Affäre“, da sie jedes Detail im zwischenmenschlichen Miteinander unter die Lupe nimmt und der ganz gewöhnliche Alltag zuletzt alle Leidenschaften hinter sich lassen muss.

Anne Enright
Anatomie einer Affäre
320 Seiten, gebunden
Deutsche Verlags-Anstalt
ISBN-10: 3421045402
ISBN-13: 978-3421045409
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Sandra Lüpkes: Taubenkrieg

Sandra Lüpkes: Taubenkrieg

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Was genau in dem Bootsschuppen am Pinnower See passiert ist, kann man nicht sagen. Es ist ein Tatort ohne Leiche. Dass hier jemand sein Leben lassen musste, erkennt man an der großen Menge Blut auf dem Boden. Hauptkommissar Eberhard Wachtel schreibt das Geschehen Revierkämpfen unter Rockerclubs zu. Das Opfer hält Wachtel für ein Mitglied der „Devil Doves“ und sieht die Täter in den Reihen der „G-Point-Gangsters“. Es hatte kürzlich schon einen Polizeieinsatz wegen Ruhestörung gegeben.

Wencke Tydmers hat einen anderen Verdacht. Sie glaubt nicht an einen Rockerüberfall, sondern eher an einen ganz normalen Mord, eine Beziehungstat möglicherweise. Nach den Spuren zu urteilen, waren zur Tatzeit nur zwei Personen im Schuppen. Aber mit dieser Meinung steht die Fallanalytikerin ziemlich alleine da. Nicht mal ihr Kollege Boris Bellhorn scheint vollständig überzeugt von dieser These. Um Gewissheit zu haben, muss man die DNA-Analyse abwarten.

Tatsächlich wird das Blut Leo Kellerbach zugeordnet, dem Anwalt und Vorsitzenden der „Devil Doves“. Geht der Mord, wobei die Leiche immer noch nicht gefunden wurde, doch auf die Rechnung der „G-Point-Gangsters“? Um dahinter zu kommen, wird Wenke kurzerhand zu Christine Frey, der Verpächterin des neuen Clubhauses der „Devil Doves“. Man sollte die Rocker nicht unterschätzen. Doch genau das tut Wencke.

Der Fall ist außergewöhnlich, weil das vermutete Opfer nicht auffindbar ist. Man hat also wenig, um arbeiten zu können. Um Mörder und Motiv zu finden, muss Wencke ungewöhnliche Wege gehen. Sie lässt den Urlaub mit ihrem Sohn sausen und bringt den Jungen bei Axel Sanders Familie unter, obwohl zwischen ihr und Axel dringend eine Aussprache nötig wäre.

Wencke wird diesmal sehr widersprüchlich dargestellt. Der Job scheint ihr über alles zu gehen. Aber genau das macht die Handlung sehr spannend. Der Fall ist nur mit einer Ermittlerin zu lösen, die aufs Ganze geht.
Der Krimi ist gut aufgebaut. Man wird mit vielen Wendungen überrascht, auch weil die Rockerszene Wencke im Grunde fremd ist. Hier herrschen andere Gesetze und das bekommt sie hautnah zu spüren. Doch fast schon verbissen, will sie ein Scheitern ihrerseits nicht zulassen. Ganz nachvollziehen kann man das nicht. Aber möglicherweise liegt es an ihrer inneren Zerrissenheit. Sie fürchtet Sanders verloren zu haben, der sich wieder mehr seiner Familie zuwendet. Im Buch wird das aber nicht gut miteinander verknüpft.

Was hinter dem vermuteten Mord steckt, ist dann aber doch noch mal eine ganz andere Geschichte, als erwartet. Da steigt die Spannung noch einmal sehr an. So hat der Krimi dann auch einen überraschenden Ausgang.

Rezension von Heike Rau

Sandra Lüpkes
Taubenkrieg
320 Seiten, gebunden
Dtv – Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423248580
ISBN-13: 978-3423248587
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Ute Andresen: Lass mich mal – lesen und schreiben

Ute Andresen: Lass mich mal – lesen und schreiben

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Meist passiert es schon im Vorschulalter, dass Kinder beginnen, sich für Buchstaben zu interessieren. Besonders erstrebenswert ist es, den eigenen Namen schreiben zu können. Wobei das vielmehr ein Malen der Buchstaben ist. Das Verständnis für den Zusammenhang der Buchstaben zu einem Wort fehlt noch. Aber auch diesem Geheimnis wird das Kind auf die Spur kommen.

Die Geschichten im Buch stehen als Beispiel dafür. Hier wird erzählt, wie Kinder die Buchstaben und das Lesen entdeckten. Jedes Kind im Buch hat eine ganz eigenen persönliche Erfahrungen gemacht und das Geheimnis der Buchstaben ein wenig anders entschlüsselt. Die Geschichten sind für vorlesende Eltern und zuhörende Kinder gleichermaßen interessant. Kindern gibt es Anregung genauer hinzusehen und sich Zusammenhänge zu erschließen. Eltern zeigt es, in welcher Form sie ihr Kind unterstützen können. Und das bedeutet vor allem, Kinder in der Vorschulzeit ihren eigenen Entdeckungen machen zu lassen, ohne vorzugreifen. Der Aha-Effekt, der schließlich den Lernerfolg bringt, ist wichtig. Nur so ist ein wirkliches Verstehen möglich.

Sehr anregend für Kinder sind auch die Zeichnungen. Es gibt hier viel zu sehen und zu entdecken. Die Welt der Buchstaben und Wörter wird fantasievoll dargestellt, so dass das Interesse der Kinder für diese kleinen Kunstwerke sich ganz von selbst einstellen dürfte. So kann ein interessantes Gespräch zwischen Kindern und Eltern entstehen, das das Lernen fördert, weil es Buchstaben und Wörter in ihrer Bedeutung begreifbar macht.

In das Buch können Kinder direkt hineinschreiben. Ihre ersten Buchstaben und kleinen Schreiberfolge sind hier gut aufgehoben. Zu jedem Buchstaben gibt es eine Seite. Linien mit Pfeilen in den Modellbuchstaben zeigen auf, wie der Stift geführt werden muss. Auch die Proportionen der kleinen und großen Buchstaben finden natürlich Beachtung. Geschichten und Beschäftigung für das Kind bietet das Buch also gleichermaßen.

Rezensionen von Heike Rau

Ute Andresen
Lass mich mal – lesen und schreiben
Bilder von Verena Ballhaus
155 Seiten, gebunden
Beltz & Gelberg
ISBN-10: 3407753551
ISBN-13: 978-3407753557
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Cosima Bellersen Quirini: Joghurt, Quark und Käse – Natürlich selbstgemacht

Cosima Bellersen Quirini: Joghurt, Quark und Käse – Natürlich selbstgemacht

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Heute wird wieder viel selbstgemacht. Man besinnt sich auf alte Rezepte. Auch Milchprodukte kann man selbst herstellen. Der Joghurt zum Beispiel kann ohne Aufwand mit dem Joghurtbereiter gemacht werden. Aber da hört es dann meist schon auf. Cosima Bellersen Quirini zeigt, welche Möglichkeiten man noch hat.
Zunächst wird erklärt, welchen Vorteil es hat, die Küche in eine Hobbykäserei zu verwandeln. Man erhält Basiswissen über die Milch. Dabei werden die verschiedenen Milchsorten beschrieben. Es folgen grundsätzliche Regeln, die man bei der Herstellung von Milchprodukten beachten muss und erfährt, was man dazu braucht.

Ganz einfach herstellen, kann man zum Beispiel Dickmilch, die gut mit frischen Früchten schmeckt oder auch als Salatsoße genommen werden kann.
Es folgt der Joghurt. Hier werden Rahmjogurt, Schafsmilchjoghurt und andere Sorten hergestellt. Auch für Kefir, Ayran und Lassi gibt es Rezepte.

In der Rahmküche wird dann zum Beispiel Butter hergestellt. (Die Zauberstab-Butter habe ich ausprobiert, weil man hier nur Rahm und Schmand braucht, einen Mixer und eine hohe Rührschüssel. Es funktioniert tatsächlich. Ungefähr nach zehn Minuten kann man beobachten, wie die Sahne sich auf dem Weg zur Butter verändert. Das Schlagen wird dann auch schon etwas anstrengender. Man sollte also wirklich, so wie die Autorin es empfiehlt, eine hohe Rührschüssel nehmen, denn es spritzt etwas. Die fertige Butter wird dann noch geknetet. Ich habe sie etwas gesalzen. Außerdem kann man die Masse in eine gewünschte Form gebracht werden. Man hat zum Schluss nicht nur ein halbes Stück Butter, sondern auch ein Glas Buttermilch. Beides sehr lecker!)

Weiter geht es mit der Käseküche. Man erfährt, wie Käse entsteht. Hier wird es schon ein bisschen komplizierter. Wer experimentierfreudig ist, wird also fündig. Gearbeitet wird mit Säureweckern, Säuerungsmitteln, spezifischen Kulturen und Lab. Auch Essig, Wein und Fruchtsäuren können zum Einsatz kommen, ebenso Edelschimmelpilze. Die Käseherstellung wird Schritt für Schritt erklärt.
Man kann aber zunächst ganz einfach anfangen. Mit Frischkäse. Dazu gehören zum Beispiel auch Quark und Hüttenkäse. Hat man jetzt noch keine entsprechenden Kulturen oder Lab da, kann man auch ganz einfach den Frischkäse aus Buttermilch probieren oder den Frischkäse mit Zitronensaft. Die Autorin macht viele Vorschläge zum Verfeinern von Frischkäse.
Weiter geht es dann mit Käse der reifen muss, also Weichkäse, Schnittkäse und Hartkäse. Im Kapitel „Sonstige Käsearten“ findet man dann noch Pasta Filate wie Mozzarella, dann noch Schmelzkäse und Lakenkäse.

„Joghurt, Quark und Käse“ ist ein tolles Buch, für alle, die ihre Milchprodukte selbst herstellen möchten. Die Autorin zeigt, dass das nicht schwierig sein muss. Wobei man sich hier natürlich, was Aufwand und Anspruch betrifft, steigern kann. Das Buch eignet sich für Anfänger, aber auch wer schon Erfahrungen hat, findet Rezepte. Wer auf dem Land lebt, auf einem Bauernhof, und über den Eigenbedarf hinaus in einem Hofladen Milchprodukten anbieten möchte, kann sich Anregungen holen. Man hat hier ein unglaublich breites Betätigungsfeld.

Man erhält ein Basiswissen rund um die Milch und die Milchprodukte. Die Autorin streut auch immer wieder Unterhaltsames ein. So erfährt man beispielsweise den Ursprung der Redewendung „alles in Butter“. Oder man kann nachlesen, wie Milchprodukte in der Volksmedizin eingesetzt werden, etwa als Quarkwickel.
Dass man von der Autorin direkt angesprochen wird, gefällt gut. Das Buch ist sehr benutzerfreundlich gemacht. Es ist übersichtlich und enthält ansprechendes Bildmaterial.

Rezension von Heike Rau

Cosima Bellersen Quirini
Joghurt, Quark und Käse – Natürlich selbstgemacht
144 Seiten, Klappenbroschur
Verlag Eugen Ulmer
ISBN-10: 3800176505
ISBN-13: 978-3800176502
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Georg Raab: Wasting the Big Apple

Georg Raab: Wasting the Big Apple

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Soll ich das Buch nun als “ungewöhnliches“ Tagebuch titulieren? Welches Attribut soll ich ihm geben? Es ist ein Tagebuch, ja. Es ist auch eine Reisebeschreibung, ja. Aber wie man es auch nennt, es lässt sich angenehm flüssig lesen und ist extrem unterhaltsam. Drei Monate, 87 Tage in New York, die der Autor beschreibt. Oft auf sehr humorvolle und abgehakte Art. Letzteres gehört zu einem Tagebuch, welches quasi stenografiert ist. Doch Raab hat gewisse Noten gesetzt, die es zu einem besonderen Tagebuch werden lassen.

Ungewöhnlich schreibt er in der ersten und zweiten Person abwechselnd. Es kommt klar zum Ausdruck, dass er auf der Reise nicht allein ist, sondern seine Freundin oft, aber nicht immer, dabei hat. So schreibt er vieles in der Ich-Form, stellt sich aber auch immer wieder vor, was sie in der einen oder anderen Situation gemacht oder gedacht hatte. Vieles liest er ihr dabei vom Gesicht ab. So wird aus dem Tagebuch ein Dialog, der immer wieder für Abwechslung sorgt. Das klingt dann in einer Bemerkung über die Nachbarin so: „Heute Morgen hast du dich bei Courtney beschwert, weil sie zum wiederholten Mal bis weit nach Mitternacht laut Musik gehört hat. „Wir konnten alles mithören! Wir haben dir doch gesagt, dass das Haus sehr hellhörig ist! Stupid bitch.“ Um eine Eskalation dieser Art zu vermeiden, hab ich dich gebeten, mit ihr Tacheles zu reden.“
Eine andere Note des Autors sind an nahezu jedem Abend die „Lessons learned“, die Lektionen bzw. Vokabeln, die er an diesem Tag hinzugelernt hatte. Teilweise sind es Abkürzungen und Vokabeln der amerikanischen Sprache, die so nicht im Schulenglisch vorkommen.
Immer wieder bringt der Autor kopfschüttelnd (Man sieht ihm dies wahrlich beim Lesen seines Buches an.) sein Unverständnis über die „verrückten“ New Yorker zum Ausdruck. Wie sie seine Wünsche im Restaurant oder beim Friseur ignorieren und ihm dann den vollen Preis dafür berechnen, obwohl er es so gar nicht bestellt hatte.
Die angemietete Wohnung ist von Anbeginn nicht sehr leise, doch dass er sich gelegentlich in dem ohnehin sehr lauten New York der relativen Stille wegen auf das gewisse Örtchen zur Erholung begibt, obwohl seine Freundin draußen an der Tür wartet, war ihm vor der Reise auch nicht klar gewesen.
Der Autor hat diese Stadt als Megacity wahrgenommen und das kommt in seinen Texten auch zum Ausdruck. Beispielsweise sind er oder seine Freundin oder beide ständig in irgendwelchen U-Bahnen oder Bussen oder Zügen unterwegs. Immer auf Achse, weil so gut wie kaum irgendetwas „um die Ecke“ liegt. Selbst, wenn es „einen Block“ weit entfernt ist, lohnt sich der Gang zur Metro.

Die vielen englischen Passagen und Floskeln, der Vergleich der Realität mit Beschreibungen von Max Frisch und Allen Ginsberg runden dieses quirlige Tagebuch ab und machen es zu einem kleinen Erlebnis. Wer New York kennenlernen möchte, macht bei diesem Buch nichts falsch. Wer sich auf eine Reise dorthin vorbereiten möchte, der liegt zu hundert Prozent richtig.

Georg Raab
Wasting the Big Apple
220 Seiten, broschiert
RomanVerlag, Riesa
ISBN-10: 3940373273
ISBN-13: 978-3940373274

© Detlef Knut, Düsseldorf 2011