Shida Bazyar: Nachts ist es leise in Teheran

Shida Bazyar: Nachts ist es leise in Teheran

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Verlassene Heimat.

1979 wurde der Schah von Persien aus Teheran vertrieben, und durch eine Revolution, die vom Volke aus ging, gelangten die Mullahs an die Macht. Doch alle Hoffnungen auf Freiheit zerschlugen sich im Terror unter der neuen Herrschaft. Viele Freiheitskämpfer sahen sich zur Flucht aus dem Land gezwungen. Hier setzt der Roman von Shida Bazyar ein: ihr Held Behsad, dem Kommunismus verbunden, flieht und mit ihm seine geliebte Frau Nahid. In Deutschland leben sie und verfolgen von hier aus die Entwicklung in ihrem Orientgeknechteten Land. Behsad ist nach eigenem Bekunden Atheist. Menschen mit dieser Denkungsart können in einem Gottesstaat nicht leben, da sie sich damit der Verfolgung und dem Tod aussetzen.

1989 erleben wir Behsad mit seiner Frau und mehreren Kindern in Deutschland wieder. Hier ist man frei, hier darf man Brecht und andere linke Autoren lesen.

Über die Kinderbücher von Erich Kästner lernt man Deutsch und erfährt etwas über das Land, das ein Nazireich hervorgebracht hat.

Geheimnisvoll und in Andeutungen verläuft die Erzählung, die zu Beginn den Zauber des Orients atmet. In Deutschland erwarten die Flüchtlinge andere Sitten und eine andere Kultur. Sie trennt die Familie von den Gebräuchen ihrer Heimat. Behsad und Nahid gehören zu den ersten Emigranten, die ihr Land, das sie lieben, verlassen und in Deutschland ihr Heil suchen. Zurück ließen sie ihren guten Freund Peyman, von dem sie hinfort nur gelegentlich Nachrichten aus der Heimat erhalten.

Die Erzählung verläuft durch geringe Absätze und wenige direkte Reden in einer fast monotonen Weise. Vielleicht aber löst gerade diese Erzählweise Neugierde aus, denn sie unterstreicht die unterschiedliche Denkweise in Religion und Lebensweise der Völker des Orients von denen des Okzidents.

Behsad schaut genau hin und meint, etwas über den Kapitalismus zu lernen. Doch hier gibt es arm und reich, ohne dass die Rechte des Einzelnen eingeschränkt werden.

In Zehnjahresabschnitte wird aus den Augen der Kinder von Behsad und Nahid ein Bild aus dem Leben der Emigration gezeichnet. Die Kinder sind nach und nach assimilierte Deutsche geworden. Die Bindung an die Heimat ist zuletzt nur noch Erinnerung mit einer stillen Sehnsucht nach dem Land ihrer Väter.

Das Buch liest sich nicht leicht, weil die Zeitebenen zuweilen wechseln. Allerdings bekommt man einen Eindruck vom Leben in der Fremde. Kulturen wachsen in ihren eigenen Lebensräumen, und sie zu wechseln bedeutet Verlust, Sehnsucht und Heimweh. Politische Verhältnisse erfordern Anpassungen, die häufig gegen das eigene Gewissen stehen.

Shida Bazyar hat sicher persische Wurzeln, lebt aber schon lange in Deutschland, wo sie auch geboren wurde.

Ihr Buch bietet gerade unter den gegenwärtigen politischen Verwerfungen in Nahost und West einen emotional gewichtigen Beitrag zum Verständnis kultureller, politischer und religiöser Völkerdifferenzen.

Es ist ein eindrucksvolles Buch, das doch eine gewisse Fremdheit im Aufbau und Ausdruck vermittelt.

Shida Bazyar
Nachts ist es leise in Teheran
288 Seiten, gebunden
Kiepenheuer&Witsch, Februar 2016
ISBN-10: 3462048910
ISBN-13: 978-3462048919
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