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Kategorie: Historischer Roman

Wolf Serno: Große Elbstraße 7

Wolf Serno: Große Elbstraße 7

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Vicki zur Haiden hält die Langeweile im Lehrerinnenseminar in Lübeck, das sie auf Wunsch ihrer Eltern besucht, nicht mehr aus. Sie würde lieber Medizin studieren, aber das ist ihr natürlich nicht möglich. Sie reißt dennoch aus und kehrt heimlich nach Hamburg zurück. Es ist kein guter Zeitpunkt, denn gerade bricht die Cholera aus.

Als Vicki dem Arzt Johannes Dreyer begegnet, findet sie eine neue Aufgabe. Da man ihn im Krankenhaus nicht mehr sehen will, kümmert er sich nun auf eigene Faust um die Kranken. Irgendwie muss es für ihn ja weitergehen. Vicki steht ihm fortan zur Seite. Bis ihr Vater dahinterkommt und den Kontakt verbietet. Doch Vicki will nicht mehr auf ihren Vater hören. Sie findet einen Weg, sich weiter mit Hannes zu treffen.

Von Vickis Bruder Benno hingegen wird erwartet, dass er in die Fußstapfen seines Vaters tritt und Medizin studiert. Professor zur Haiden ist ein renommierter Chirurg und Chefarzt am Neuen Allgemeinen Krankenhaus Eppendorf. Nur hat Benno absolut kein Interesse an der Medizin. Er ist eigenwillig und beschäftigt sich lieber mit gewagter Aktmalerei.

Man darf gespannt sein, wie die unterschiedlichen Geschwister sich aus der Enge des Elternhauses befreien. Denn darum geht es in der Familiensaga. Sie nimmt ihren Beginn im Jahre 1892 und ist perfekt eingebunden in die geschichtlichen Hintergründe der Zeit. Interessant sind in diesem Zusammenhang auch der Stand der Medizin und der damit verbundenen Untersuchungs- und Heilmethoden am Universitätsklinikums Eppendorf. Der Fortschritt ist unaufhaltsam.

Der Roman ist unterhaltsam und der Schreibstil des Autors angenehm zu lesen. Es ist spannend, mitzuverfolgen wie Vicki alles daran setzt, auf eigenen Beinen zu stehen und ihre Berufung zu finden. Die Probleme, die die Zeit und ein konservatives Elternhaus mit sich bringen, sind gut dargestellt. Es ist interessant zu sehen, wie sie darum kämpft, ihre Möglichkeiten auszuschöpfen und zu erweitern.

Das Buch konzentriert sich aber nicht nur auf Vicki. Es lässt einen breit gefächerten Blick auch auf die politischen Geschehnisse in der Stadt zu. Viele spannende Charaktere betreten die Bühne. So entsteht ein Gesamtbild, das die Geschichte sehr spannend und lesenswert macht.

Rezension von Heike Rau

Wolf Serno
Große Elbstraße 7
473 Seiten, Klappenbroschur
Rütten & Loening, 2. Auflage, September 19
ISBN-10: 3352009252
ISBN-13: 978-3352009259
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Bettina Balàka: Die Tauben von Brünn

Bettina Balàka: Die Tauben von Brünn

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Johann Karl von Sothen ist ein bekannter Großhändler und Bankier. Zu seinem Reichtum ist er durch Betrug gekommen. Er hatte dem Brieftaubenzüchter Wenzel Hüttler am Sterbebett den Lottoschein gestohlen. Seine Tochter, die neunjährige Berta, hatte davon nichts mitbekommen. Ihr ein Jahr älterer Bruder Eduard dagegen schon. Johann Karl nahm sich den beiden Waisenkindern an und brachte sie zu einer Tante, die Wirtin eines Gasthauses in Brünn war. Siebzehn Jahre alt war er damals gewesen und ließ sich noch Hans nennen. Gut gegangen war es ihm damals nicht mit seinem trunksüchtigen Vater. Der Tabaktrafikant und Lottokollektant konnte sich und seinen Sohn kaum über Wasser halten.

Berta war ihrem Vater bei der Taubenzucht immer eine große Hilfe gewesen. Auch bei ihrer Tante ist sie für die Tauben verantwortlich. Als Berta erwachsen ist, holt Johann Karl sie schließlich zurück nach Wien. Tabaktrafik und Lottokollektur bestehen nun nicht mehr nur aus einem schäbigen Gewölbe, sondern einem ganzen Gebäudekomplex. Johann Karl ist ein reicher Mann. Die Mansardenwohnung, in der einst Berta mit ihren Eltern und dem Bruder wohnte, ist nun auch in seinem Besitz. Johann Karl ist kaum wiederzuerkennen. Sein Reichtum spiegelt sich in seiner Leibesfülle wider. Doch genug hat er nicht. Er beginnt Berta für sich einzunehmen und abhängig von sich zu machen, denn sie kann ihn noch viel reicher machen.

Was für eine Geschichte! Johann Freiherr von Sothen ist eine sehr interessante Persönlichkeit. Er präsentierte sich als Wohltäter, war aber ein äußerst geschickter Betrüger und Ausbeuter und stets auf seinen eigenen Vorteil bedacht. Die Autorin hat das, was über Johann Karl bekannt ist, in diesem Roman fantasievoll aufgearbeitet. Sie lässt den Leser über Berta Hüttler ganz nah an ihn herankommen. Während ihr Vater, die Geschichte spielt im 19. Jahrhundert, noch auf Aberglaube setzte bei der Ermittlung der Gewinnzahlen, hält der Freiherr von Sothen sich doch lieber an Tatsachen. Mithilfe der Brieftauben, sie sind schneller als der Bote, versucht er vorab an die Gewinnzahlen heranzukommen und glaubt, dass niemand seinem genialen Plan auf die Schliche kommen wird. Er hat Berta schließlich in der Hand. Aber nicht nur sie muss sich mit ihrem ärmlichen Leben abfinden, während Johann Karl immer reicher und reicher wird.

Die Autorin hat ein tragisch-komisches Schauspiel entwickelt, das sehr gut unterhält. Ihre Erzählweise ist besonders, ihre Wortwahl raffiniert! Spöttische und ironische Untertöne beleben den Text. Es ist unglaublich, wie Johann Karl von Sothen vorwärts strebt und seine Position weiter ausbaut. Und doch sind seiner Macht Grenzen gesetzt. Die Geschichte hat ein Ende, mit dem der Freiherr wohl nicht gerechnet hat!

Rezension von Heike Rau

Bettina Balàka
Die Tauben von Brünn
192 Seiten, gebunden
Deuticke Verlag
ISBN-10: 3552063994
ISBN-13: 978-3552063990
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Joan Weng: Amalientöchter

Joan Weng: Amalientöchter

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Der Krieg ist vorbei, die Kaiserzeit beendet und die Republik wurde ausgerufen. Doch Klara hat das Gefühl stecken zu bleiben. Sie will nicht bei ihren Eltern in Weimar bleiben, zumal ihr Freund Fritz, der Arzt ist, wieder zurück nach Berlin gehen will. Die Welt ist im Umbruch und er will daran teilhaben. Gegen seinen Rat folgt sie ihm schließlich. Hier lernt Klara Kiki kennen. Mit ihr zusammen fühlt sie sich frei. Doch bewaffnete Unruhen lassen die Stimmung kippen. Im Zeitungsviertel kommt es zu einem Vorfall, der Fritz veranlasst, umdenken. Gerade als Klara das Angebot bekommt, für eine Frauenzeitschrift zu schreiben, die dem neuen Zeitgeist folgt, beschließt Fritz die Rückkehr nach Weimar. Klara kann auch von dort aus für „Die Hauspostille“ schreiben. Ausgerechnet einer ihrer gewagten Artikel sorgt im Rahmen der Versammlungssitzungen zur Gründung der neuen Verfassung für Aufsehen.

Joan Weng hat für ihren Roman eine spannende Kulisse ausgewählt. Sie hat für diesen im Dezember 1918 in Weimar beginnenden Roman viele historische Fakten eingearbeitet. Die Literatur der Weimarer Republik war Thema ihrer Doktorarbeit. Was im Buch historisch belegt ist und was Fiktion wird im Nachwort erläutert.

Die wichtigste Figur in diesem Buch ist Klara Heinemann. Sie ist eine mutige junge Frau, aber in ihrem Charakter wirkt sie wenig gefestigt. Die politischen Ereignisse werden oft in den Vordergrund gestellt, während die Beziehung zwischen Klara und Fritz nur angedeutet wird. Gefühle bleiben auf der Strecke. Als Leser erfährt man nicht wirklich, was die beiden verbindet. Klara orientiert sich dennoch an Fritz. Aber es kommt der Zeitpunkt, an dem sie eigene Entscheidungen treffen möchte. Es fällt ihr jedoch schwer, sich festzulegen. Ein Satz reicht aus und sie ändert ihre Meinung. So bleibt lange offen, wie die Zukunft für das Paar aussehen wird.

Rezension von Heike Rau

Joan Weng
Amalientöchter
400 Seiten, broschiert
Aufbau Taschenbuch
ISBN-10: 374663508X
ISBN-13: 978-3746635088
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Susanne Goga: Nachts am Askanischen Platz

Susanne Goga: Nachts am Askanischen Platz

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In einem Berliner Hinterhof zwischen dem Askanischem Gymnasium und dem „Cabaret des Bösen“ wird ein Toter gefunden. Schon einige Tage hat er unbemerkt im Schuppen gelegen. Dass es Mord war, steht bald außer Frage. Leo Wechsler und sein Team beschäftigen sich mit dem Fall. Die Suche beginnt im Gymnasium. Irgendeiner von den Schülern muss etwas gesehen haben. Auch der Besitzer des schaurigen Theaters gerät ins Visier der Ermittler. Louis Lamasque ist durch den Krieg von Gesichtsverletzungen gezeichnet, versteckt sich aber nicht damit. Das Augenmerk richtig sich bald auf eine junge Russin, die vor dem Theater nach einem Fjodor gefragt hat. Vielleicht kann sie ja zumindest Auskunft über die Identität des Toten geben.

Der Krimi spielt im Jahr 1928. Leo Wechsler wird wie gewohnt nicht nur als Kommissar, sondern auch in der Familie mit seiner Frau Klara und seinen beiden Kindern dargestellt.

Der Fall selbst erscheint zunächst wenig spektakulär. Aber umso mehr die Befragungen voranschreiten, umso deutlicher wird, dass etwas Außergewöhnliches dahinter steckt. Leo Wechsler kann sich im Allgemeinen auf sein Bauchgefühl verlassen, auch wenn seine Kollegen lieber auf das setzen, was bewiesen werden kann. Diese unterschiedlichen Meinungen lassen den Fall sehr lebendig wirken.

Für zusätzlichen Stoff zum Nachdenken sorgt das geheimnisvolle „Cabaret des Bösen“. Hier werden Szenen für das Publikum nachgestellt, die mehr als nur ein bisschen schaurig und täuschend echt sind. Genauso undurchsichtig gibt sich Louis Lamasque.

Immer mehr wird Leo Wechsler in diesen Fall eingespannt. Dabei sollte er sich auch um private Dinge kümmern. Immer wieder verschiebt er ein dringend nötiges Gespräch mit seinem Sohn.

Der Krimi hat mir sehr gut gefallen. Der Fall ist spannend konstruiert und perfekt in die späten Zwanzigerjahre eingearbeitet. Ein Nachwort, auch mit historischen Hintergrundinformationen rundet das Bild ab.

Rezension von Heike Rau

Susanne Goga
Nachts am Askanischen Platz
Kriminalroman (Leo Wechsler)
320 Seiten, broschiert
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3423217138
ISBN-13: 978-3423217132
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Stefan Maiwald: Der Knochenraub von San Marco

Stefan Maiwald: Der Knochenraub von San Marco

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Davide Venier bekommt im Jahre 1570 einen interessanten Auftrag. Er soll herausfinden, wer die Knochen des Heiligen Markus aus dem Dom gestohlen hat. Es ist Venedigs kostbarste Reliquie. Die Osmanen stehen sofort unter Verdacht. Doch ist dieser Diebstahl mitten im Karneval von Venedig erst der Anfang. Mit seinem Diener Hasan begibt Davide Venier sich auf Spurensuche. Padua, Venedig, Köln und Paris sind die Ziele. Nach Beginn der Reise schließt sich ihnen ein junger Mann an, der noch für Überraschungen sorgen wird.
Es ist eine beschwerliche Reise, die vor allem von Gefahren beherrscht wird. Doch kommen Venier, Hasan und Erasmus zunächst keinen Schritt weiter. Die Diebe sind äußerst geschickt vorgegangen. Sie haben sich auf nicht nachvollziehbare Weise Zutritt verschafft und keine brauchbaren Spuren hinterlassen. Die Reliquien tauchen nicht wieder auf. Nirgends werden sie zum Verkauf angeboten. Die Diebe haben eine interessante Strategie entwickelt, ihre wahren Ziele geheim zu halten. Das versetzt Davide Venier, der dann doch eine Ahnung hat, in große Sorge.

Stefan Maiwald hat die Geschichte sehr gut ausgearbeitet. Neben den Abenteuern von Davide Venier und seinem Diener Hasan kommen auch historische Hintergründe zum Tragen. Das ergibt eine sehr bunte Kulisse, da die Reise detailreich beschrieben wird. Für an historischen Details interessierte Leser ist das sicher sehr spannend.
Auch wenn die Diebstähle sich zunächst nicht aufklären lassen, wird das Buch durch die Reisebeschreibungen sehr interessant und abenteuerlich. Nicht selten müssen die Gefährten um ihr Leben bangen. Doch stehen sie stets füreinander ein.
Zum Ende hin wird die Spannung dann unaufhaltsam gesteigert. Details werden wie ein Puzzle zusammengesetzt, bis sich ein wirklich sehr überraschender Schluss ergibt.

Der Autor beschreibt im Nachwort, was fiktiv und was an Fakten historisch belegt ist.

Rezension von Heike Rau

Stefan Maiwald
Der Knochenraub von San Marco
Davide Veniers zweites Abenteuer
416 Seiten, Klappenbroschur
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3423261714
ISBN-13: 978-3423261715
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Ulrike Renk: Die Jahre der Schwalben – Die Ostpreußen Saga, Band 2

Ulrike Renk: Die Jahre der Schwalben – Die Ostpreußen Saga, Band 2

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Frederike ist nun mit Alexander zu Stieglitz verheirate. Sein Geheimnis kann er nicht länger vor ihr verborgen halten. Es ist nicht der Altersunterschied, der ihm Sorge gemacht hat, sondern sein Gesundheitszustand. Ax hat Tuberkulose. Dass Mutter Stefanie davon wusste, es verschwieg und sie trotzdem zur Heirat ermuntert hat, ist für Frederike unfassbar. Sie muss nun, da Ax sich zur Behandlung in die Schweiz begeben muss, Gut Sobotka alleine leiten. Allerdings handelt der Inspektor gegen ihre Anweisungen. Zudem zweifeln die Dienstboten ihre Fähigkeiten an. Ihr Stiefvater Erik und Tante Edel leisten schließlich wertvolle Hilfe.

Frederike vermisst ihren Ehemann. Zugleich kann sie sein Verhalten nicht verstehen. Das Leben gestaltet sich ganz anders als erwartet. Als sie Rudolph von Hauptberge in Berlin trifft, verliebt sie sich in ihn. Doch eine Scheidung kommt nicht in Frage, auch wenn sie nie eine Ehe mit Ax geführt hat.
Für weitere Probleme sorgt die politische Situation. Der Zweite Weltkrieg steht bevor.

Tatsächlich ist der zweite Band, der auf „Das Lied der Störche“ folgt sehr viel spannender. Frederike steht wieder im Mittelpunkt. Familiäres bildet den Rahmen. Die Autorin nimmt sich reichlich Platz, um den Alltag auf dem Gut zu schildern. Dabei rückt die politische Entwicklung mit ihren Folgen immer mehr in den Vordergrund. Frederike beweist Mut. Sie lässt sich nicht unterkriegen. Nach schweren Schicksalsschlägen beginnt sie noch einmal neu.

Ich fühle mich also auch mit dem zweiten Band der Ostpreußen Saga sehr gut unterhalten. Frederike wird sehr authentisch beschrieben. Die Autorin hat sie in ihrem Denken, Handeln und ihren Bemühungen, sich ihre Lebensfreude zu erhalten, sehr glaubwürdig beschrieben. Zudem ist das Buch flüssig geschrieben. Die 550 Seiten sind erstaunlich schnell gelesen. Ulrike Renks Schreibstil ist perfekt und zieht mit! Ich freue mich auf den dritten Band!

Rezension von Heike Rau

Ulrike Renk
Die Jahre der Schwalben – Die Ostpreußen Saga, Band 2
560 Seiten, broschiert
Aufbau Taschenbuch
ISBN-10: 3746633516
ISBN-13: 978-3746633510
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Ulrike Renk: Das Lied der Störche – Die Ostpreußen Saga, Band 1

Ulrike Renk: Das Lied der Störche – Die Ostpreußen Saga, Band 1

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Frederike von Weidenfels stammt aus der ersten Ehe ihrer Mutter, die nun in dritter Ehe mit Erik von Fennhusen verheiratet ist. Die Familie kommt auf Gut Fennhusen zusammen. Weitere Kinder werden geboren. Frederike fühlt sich auf dem Gut sehr wohl, auch wenn sie in der Erbfolge weit hinter ihren Geschwistern steht. Sie genießt die Freiheiten, die ihr hier gewährt werden. Erik behandelt Frederike, als wäre sie seine eigene Tochter. Ab einem gewissen Alter macht Frederike sich Sorgen um ihre Zukunft, auch wenn Ihr Stiefvater ihr versichert, dass sie immer eine Heimat auf Gut Fennhusen haben wird. Frederike bekommt eine gute Ausbildung, die ihr weiterhelfen kann. Aber sie weiß, dass man von ihr erwartet, bald zu heiraten. Sie ist mittlerweile in der Lage ein Gut hauswirtschaftlich zu führen. Ax von Stieglitz ist ein reicher Gutsbesitzer und zudem ein Freund der Familie. Frederike mag ihn schon lange, doch er ist viel älter als sie. Die Mutter redet Frederike sehr eindringlich zu. Doch die junge Frau mag sich nicht verschachern lassen. Die Frage ist nur, ob sie eine Wahl hat.

Mir gefällt, dass das Buch eine eher ruhigere Lektüre ist. Ich habe es sehr gern gelesen und die Entwicklung der der Familie mit großem Interesse verfolgt. Frederike ist die Hauptperson. Sie ist eine sehr sympathische Person und entwickelt sich im Buch vom Kind zur jungen Frau. Man folgt ihr gerne auf ihrem Lebensweg. Die in den 20er Jahren beginnende Geschichte zeigt das Leben auf einem reichen Gutshof im Wandel der Zeit. Viele geschichtliche Aspekte werden verdeutlich.
Die Ostpreußen Saga beruht auf wahren Hintergründen, welche die Autorin im Anhang zeigt. Sie hat daraus mit viel Fantasie eine Geschichte entwickelt, die sich tatsächlich so ähnlich abgespielt haben könnte.
Allerdings fehlen Höhepunkte. Es verläuft doch alles in recht beschaulichen Bahnen. Ich denke aber, das wird im zweiten Band „Die Jahre der Schwalben“ etwas anders. Zumindest lässt das Ende dies vermuten.

Rezension von Heike Rau

Ulrike Renk
Das Lied der Störche – Die Ostpreußen Saga, Band 1
512 Seiten, broschiert
Aufbau Taschenbuch
ISBN-10: 3746632463
ISBN-13: 978-3746632469
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Rebecca Gablé: Die fremde Königin

Rebecca Gablé: Die fremde Königin

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Dieser Roman ist der Folgetitel von „Das Haupt der Welt“, der im Mittelalter Deutschlands spielt und nichts mit den Waringham-Romanen zu tun hat. Die Autorin beweist wieder einmal ihren Einfallsreichtum bei der Ausschmückung der historischen Fakten mit einer fiktiven, sehr unterhaltsamen Handlung.

Es geht um König Otto im 10. Jahrhundert. Insofern schließt der Roman an seinem Vorgänger an. Die italienische Königin Adelheid, die nach dem Tod ihres Mannes zusammen mit ihrer Tochter festgesetzt worden war, um die Herrschaft über ihr Reich zu ergaunern, wird von einem Mann König Ottos befreit. Der zuverlässige Panzerreiter Gaidemar wurde von Ottos Sohn Wilhelm für diese Aufgabe vorgeschlagen. Das ist Otto recht, denn sollte der Plan schief gehen, dann verliert er nur einen unbedeutenden Neffen. Sollte die Befreiung aber glücken, dann kann er seine eigenen Pläne umsetzen und durch die Hochzeit mit Adelheid die Macht über das Königreich Italien erlangen. Dieser Plan geht dank Gaidemar auf. Da er aber ein ungeliebter Bastard ist, wird ihm seitens Otto kein großes Lob zuteil. Doch es wächst eine Freundschaft zwischen Adelheid und Gaidemar als auch zwischen ihm und Wilhelm heran.

Mit viel Detailtreue versieht Gablé die einzelnen Szenen in der über mehrere Jahre laufenden Handlung. Ihre bildreiche Sprache, die passenden Vergleiche und Metaphern lassen ein tiefes Eintauchen in die Zeit am Hofe König Ottos zu. Besonders hervorheben möchte ich das Kapitel mit der Schlacht gegen die Ungarn im Lechfeld. Dies wird von ihr Freud und Leid ganz nah aneinander erzählt und seitenlang überzog eine Gänsehaut meine Arme.

Dieser Roman erhält die volle Punktzahl und sollte spätestens zu Weihnachten in jedem Bücherregal stehen. Schließlich bietet er deutsche Historie mit einer spannenden Story.

Rebecca Gablé
Die fremde Königin
Bastei Lübbe, Köln
ISBN 9783431039771

© Detlef Knut, Düsseldorf 2017
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Franzobel: Das Floß der Medusa

Franzobel: Das Floß der Medusa

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Es ist das Jahr 1816, als die Medusa von Frankreich nach Afrika segelt. Eine französische Kolonie ist das Ziel. Auch der zukünftige Gouverneur ist unter den Reisenden. Alle sind voller Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Der unfähige Kapitän Chaumarey hat es zu verantworten, dass das Schiff auf einer Sandbank aufläuft. Trotz aller Mühen ist es nicht freizubekommen. Die Lage ist hoffnungslos, denn Hilfe ist nicht zu erwarten. Da die wenigen Rettungsboote nicht über genügend Platz verfügen, wird ein Floß gebaut, das mit zum Festland geschleppt werden soll. Aber der Plan geht nicht auf. Weil es nicht vorwärtsgeht und die Bote abzutreiben drohen, wird das Seil gekappt und das manövrierunfähige Floß mit 147 Menschen seinem Schicksal überlassen.

Der Autor stellt sich diese Szenen vor und fügt sie zu einem spannenden Roman zusammen. Es ist ein Buch, von dem ich zunächst angenommen habe, dass es in seiner Schicksalshaftigkeit zu nahe gehen wird. Der Autor lässt die dafür nötige Nähe, aber nicht zu. Er schreibt in einem überzogen Schreibstil und lässt sehr viel an Sarkasmus mit einfließen. Das wirkt teilweise völlig deplatziert, verhindert aber, dass man sich inhaltlich auf das Buch voll und ganz einlassen kann oder sich den zentralen Figuren zu sehr annähert. Eine schonende Distanz bleibt also erhalten. Das spart die psychologischen Effekte, die zu beobachten sind, während sich die Katastrophe immer weiter zuspitzt, aber nicht aus. Eine Auseinandersetzung mit dem heutigen menschlichen Miteinander wird regelrecht erzwungen.

Das Buch ist nach einer wahren Begebenheit, einem historischen Ereignis geschrieben. Die geschilderten Szenen sind der Realität nahe und könnten sich so abgespielt haben. Ein harter, sehr erschreckender Überlebenskampf, der Brutalität und Kannibalismus nicht ausspart, wird aufgezeigt. Auch das Schicksal der wenigen Überlebenden wird weiter verfolgt und die Wirkung auf die Öffentlichkeit und die Politik von damals dargestellt.

Rezension von Heike Rau

Franzobel
Das Floß der Medusa
592 Seiten, gebunden
Paul Zsolnay Verlag
ISBN-10: 3552058168
ISBN-13: 978-3552058163
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Claudia und Nadja Beinert: Die Mutter des Satans

Claudia und Nadja Beinert: Die Mutter des Satans

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In einer Zeit, in der der große Reformator Martin Luther in aller Munde ist, erscheint der Roman „Die Mutter des Satans“ von den Zwillingsschwestern Claudia und Nadia Beinert natürlich zum richtigen Zeitpunkt. Und dennoch hebt sich der Roman in besonderer Weise von der üblichen Martin-Luther-Literatur ab: Es ist ein fiktiver Roman durch die Augen seiner Mutter gesehen.

Die Fiktion in einem Roman des historischen Genres bedeutet mitnichten, dass alles erfunden wurde. Im Gegenteil, werden doch die nachweislichen Fakten sehr sorgsam ausgewählt, aneinandergereiht und erst durch die Fiktion zu einem Gesamtbildnis zusammengeführt.

Erzählt wird also die Geschichte von Margarete Luder und deren Familie. Martin ist als handelnde Figur lediglich eine Nebenfigur, obwohl sich doch alles um ihn dreht. Die Autorinnen gehen der Frage nach, wo die Wurzeln für Martin und sein Schaffen gelegt wurden. Was hat ihn dazu bewogen, so zu handeln, wie er gehandelt hat? Im Handeln und Denken der Mutter, aber auch des Vaters, in der Erziehung des Kindes ist dessen Werdegang begründet. Neben dieser Geschichte wird der Leser sehr viel über das Leben und die Verhaltensweisen zu Beginn des 16. Jahrhunderts erfahren. Viele Details nehmen ihn mit in diese Zeit, die von Kriegen, Pest und Hexenwahn geprägt war. Nicht nur das Leben der Bauern, sondern auch das der Bergleute im Kupferbergbau des Mansfelder Landes wird beleuchtet und bildet den gesellschaftlichen Hintergrund dieses Romans. Die starke Hinwendung zur und Verbundenheit mit der Religion wird nicht zuletzt in den Gedanken der Protagonisten aufgenommen. Diese kursiv hervorgehobenen Sequenzen sind durchwebt von Zitaten aus der Bibel und anderen religiösen Schriften, weil Margarete alles Denken, alle Ausrichtung des Lebens aus dem Glauben zu Gott ableitet. Nicht ungewöhnlich für die damalige Zeit und auch heute in vielen Religionen wieder ehr beliebt.

Parallel zum Leben Margarete Luders wird die Geschichte eines engen Freundes ihres Sohnes von einem Außenstehenden erzählt. Lucas Cranach der Ältere porträtiert Margarete und ihren Mann Hans. Er, der nicht nur Freund Luthers war, sondern auch Bürgermeister in Wittenberg und PR-Mann für die Reformation, wird in seinem Verhältnis zu seinen Söhnen beschrieben. Seine Porträtstudien zu den Gemälden lassen ihn weit in das innerste von Luthers Mutter vordringen, was in der Erzählweise des Romans eine weitere Perspektive ermöglicht.

Der Roman fesselt durch seine besondere Sichtweise. Zu keinem Zeitpunkt hatte ich das Gefühl, eine Biografie zu lesen. Dennoch habe ich viele Aspekte aus dem Leben des Reformators erneut erfahren. Ein Thema, welches hervorragend umgesetzt wurde und sich bestens auch für unterhaltsame Stunden eignet.

Claudia und Nadja Beinert
Die Mutter des Satans
Droemer Knaur Verlag, München
ISBN 9783426653838

© Detlef Knut, Düsseldorf 2017
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