Mario Frank: Gauck – Eine Biographie

Mario Frank: Gauck – Eine Biographie

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Ein Staatsoberhaupt auf allen seinen Wegen…

Wer ist dieser gefeierte und charismatische Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland?

Zuerst einmal ist da ein kleiner Junge, der, 1940 geboren, die brutalen Folgen des barbarischen Zweiten Weltkriegs aushalten und mittragen musste.
Wustrow an der Ostsee ist der heimatlich geliebte Ort seiner Kindheit. Wer diese Gegend kennt oder gar einige Kindheitsjahre selber dort verbracht hat, wird sich lebhaft vorstellen können, wie glücklich man im Fischland aufwachsen konnte. Hierhin gehen seine Sehnsüchte und Reisen immer wieder zurück.

Doch das Glück hatte Grenzen: Der Vater wurde 1946 nach dem Ende des Krieges von den russischen Besatzungstruppen nach Sibirien verschleppt und kehrte erst 1955 aus dem russischen Arbeitslager zurück.
Die Abneigung gegen das DDR System, von der Mutter vorgelebt, bestimmte fortan das Handeln in der Familie. Zur Theologie kam Gauck gegen innere Widerstände. Anders war mit seiner Geisteshaltung gegenüber dem Regime ein Studium nicht möglich.

Schon früh Vater geworden und nach wiederholten Anläufen zum Examen bis zum endlichen Gelingen hat er sich schließlich intensiv der Betreuung seiner Gemeindemitglieder, Aufgaben für anstehende Kirchentage und vor allem der Jugendlichen angenommen.

Der ausführliche Bericht von Mario Frank erlaubt den Blick auf einen Menschen, der nicht ohne Fehl und Tadel war. Seinen Kindern und der Familie war er ein eher abwesender Vater und Ehemann, so dass auch seine Frau zahlreichen Zumutungen ausgesetzt war. Der Arbeitsalltag, gekoppelt an eine stete Unruhe und unbezähmbarem Tatendrang, halfen ihm, die Jahre in der DDR zu überstehen. Dass die Grenzen einst fallen könnten, war lange Zeit undenkbar. Unter Schmerzen und im Konflikt beantragten seine ältesten Söhne die Ausreise aus der DDR. Deren Wünschen nach einem besseren Leben hatte sich der Vater verschlossen. Da zeigt unser Staatsoberhaupt eine Härte, die nur schwer verständlich bleibt, die aber auch die Ehrlichkeit zeigt, mit der hier berichtet wird.

Breiten Raum nimmt in der Biographie die politische Entwicklung mit den Stasibedrohungen und deren Gefahren ein.

Gauck war und ist ein begnadeter Redner, der das Volk bei der friedlichen Revolution von 1989 zu mobilisieren verstand. Er blieb nach Aussagen des Biographen der unabhängige Geist, der sich keiner Ideologie unterordnen wollte. Er war es, der frühzeitig die Wiedervereinigung im Blick behielt und nicht etwa einer neuen Volksrepublik nach sozialistischem Muster das Wort redete. Auf allen seinen Wegen bestand er den Balanceakt, nicht als Abtrünniger des Regimes verhaftet und ausgeschaltet zu werden.

Für den Leser sind diese Passagen ein Lehrstück in deutscher Geschichte. Hier werden noch einmal die ereignisreichen und spannenden Zusammenhänge des Zusammenbruchs der ehemaligen DDR beileuchtet.

In Gesprächen mit zahlreichen Zeitzeugen gelingt Mario Frank ein lebendiges und lebensnahes Bild dieses Präsidenten. Begeisterungsfähig und mitreißend versteht er seine Zuhörer und Besucher in Bann zu schlagen und die vielfachen Fallstricke, die einem politischen Redner unterlaufen könnten, kann er geschickt umgehen.

Zuletzt wird Gauck Präsident der Bundesrepublik Deutschland. Eine ehrenvolle und anstrengende Aufgabe.

Mario Frank
Gauck – Eine Biographie
414 Seiten, gebunden
Suhrkamp Verlag, Oktober 2013
ISBN-10: 3518424114
ISBN-13: 978-3518424117
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Markus Wagner und Petra Forster: Wurzelwerk – Herbst- und Winterrezepte aus der Gemüseküche

Markus Wagner und Petra Forster: Wurzelwerk – Herbst- und Winterrezepte aus der Gemüseküche

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Wurzelgemüse, also Möhre, Kohlrabi, Pastinake usw., sind mittlerweile das ganze Jahr zu haben. Wer saisonal essen möchte, besinnt sich auf Knollen und Rüben aber besonders in den Herbst- und Wintermonaten. Welche Inhaltsstoffe das Gemüse hat, beschreiben die Autoren in einer Einleitung. Hier wird der gesundheitliche Wert einer Ernährung mit reichlich Gemüse herausgestrichen. Auch um Verträglichkeit geht es hier, denn an den hohen Ballaststoffanteil einiger Gemüsesorten muss man sich erst gewöhnen. Außerdem müssen Menschen mit einer Fruktosemalabsortion oder einer Allergie ihrer Lebensmittelauswahl besondere Aufmerksamkeit schenken. Weiter geht es im Text mit Hinweisen zum Einkauf und zur Lagerung und zu allgemein Gültigem, was die Verarbeitung und die Zubereitung von Gemüse betrifft. Auch einen Saisonkalender gibt es. Danach werden die im Buch vorkommenden Gemüsesorten porträtiert.

Die Einleitung ist wirklich gut geschrieben. Man erfährt Grundsätzliches und Informatives. Gemüse wird hier wirklich interessant dargestellt. So ist man gut eingestimmt darauf, mehr der tollen Knollen in die Ernährung einzubauen.

Es folgt der Rezeptteil und schon beim ersten Durchblättern fällt auf, dass die Rezepte sehr kreativ gestaltet sind. Unter den Vorspeisen findet man zum Beispiel „Möhrenmousse auf Brunnenkressespiegel“ und im Kapitel Salate & Beilagen „Rote-Bete-Salat mit selbst gemachtem Apfelmeerrettich“. Weiter geht es mit den Suppen. Hier haben wir auch eine Restesuppe und zwar die „Klare Gemüsesuppe mit allem, was da ist“. Unter Eintöpfe & Aufläufe ist ein „Zwiebel-Mangold-Auflauf“ und unter den Hauptgerichten eine „Forellenkräuterrolle mit Kartoffel-Karottenpuffer und Selleriegemüse“ zu finden. Desserts mit Gemüse? Auch das gibt es. Das „Gelbe-Rüben-Honig-Eis“ ist der Beweis dafür.

Wer neue Rezepte sucht, liegt also mit diesem Buch richtig, auch wenn natürlich ebenso Klassiker vorhanden sind. Interessant sind die vielen Vorschläge zur Abwandlung einzelner Gerichte, sodass man hier sehr gut auch seinem eigenen Geschmack folgen kann. Die Rezepte sind gut strukturiert dargestellt und leicht nachvollziehbar. Die Schwierigkeitsgrade und auch der Zeitaufwand sind sehr unterschiedlich, wobei es hierzu keine Angaben gibt. Aber jeder Hobbykoch wird das nach dem ersten Lesen eines Rezeptes für sich einschätzen können. Außerdem gibt es ansprechendes Bildmaterial.

Rezension von Heike Rau

Markus Wagner und Petra Forster
Wurzelwerk – Herbst- und Winterrezepte aus der Gemüseküche
136 Seiten, gebunden
Jan Thorbecke Verlag
ISBN-10: 379950236X
ISBN-13: 978-3799502368
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Julia Stagg: Madame Josette oder ein Dorf trumpft auf

Julia Stagg: Madame Josette oder ein Dorf trumpft auf

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Dieser Roman ist der unmittelbare Nachfolger des ein Jahr zuvor erschienenen Romans „Monsieur Papon oder ein Dorf steht Kopf“ Er beginnt etwa wenige Tage nach der Handlung des ersten Romans. Hautnah kann der Leser den Mikrokosmos in einem Bergdorf in Frankreich erleben. Während im ersten Roman die Einwohner des Dorfes Fogas durch den Zuzug eines englischen Ehepaares, die die Dorfschenke betreiben wollen, erschüttert, so werden die Einwohner in diesem zweiten Roman auf ein neues durcheinandergewirbelt.

Fabian, der Neffe von Josette, die die Inhaberin des kleinen Tante-Emma-Ladens ist, hat in Paris studiert und gearbeitet. Nun kehrt er nach Fogas zurück. Zurück deshalb, weil er als Kind jedes Jahr von seinen Eltern hier hergeschickt wurde, um die Sommerferien zu verbringen. Deshalb ist ihm das Dorfleben nicht unbekannt. Nach all dem Trubel in der Metropole Paris sehnt er sich nach dem Landleben und hat die großartige Idee, seiner Tante beim Betrieb des Tante-Emma-Ladens unter die Arme zu greifen. Diese Idee kommt natürlich nicht von ungefähr, schließlich ist aus den Erbschaftsunterlagen von Jacques, dem verstorbenen Onkel, herauszulesen, dass Fabian die Hälfte des Ladens geerbt hat. Weil sich Josette nicht im komplizierten Erbschaftsrecht auskennt, war sie nie auf den Gedanken gekommen, dass ihr der Laden nicht allein gehörte. Getreu dem Sprichwort „Neue Besen kehren gut“ hat der junge Banker ganz frische und mutige Ideen, den Laden im Dorf wieder in Schwung zu bringen. Selbstverständlich kommt er nicht auf die Idee, irgendjemanden, und schon gar nicht seine Tante, zu fragen, ob sie damit einverstanden sei. Dass er damit alle Vorurteile der Dorfbewohner gegenüber den Großstädten unterstützt, fällt ihm nicht im Traum ein.
Parallel dazu erleben wir die Geschichte von Stephanie, die auch vor kurzer Zeit in das Dorf gekommen war mit ihrer Tochter Chloé. Keiner ahnt, dass Stephanie vor ihrem Mann geflüchtet ist, um mit ihrer Tochter den ständigen Wutausbrüchen ihres ewig betrunkenen Ehemanns zu entgehen. Stephanie hatte sich in Fogas bereits ein neues Heim aufgebaut und sich hervorragend in die Dorfgemeinschaft eingearbeitet.
Doch Stephanie und Fabian geraten des Öfteren mächtig aneinander. Zwischen den beiden scheint sich eine Mauer des Unglücks aufgerichtet zu haben.

Wie schon im ersten Roman hat sich die englische Schriftstellerin auf einen kleinen Trick zurückgezogen, um die Geschichte mit einem zusätzlichen zwinkernden Auge erzählen zu können: Der Geist von Jacques, dem verstorbenen Inhaber des Tante-Emma-Ladens, lebt noch in diesem Dorfladen. Meist sitzt er auf dem Kaminsims. Doch manchmal starrt er auch aus dem Fenster. Jacques ist eigentlich für alle Dorfbewohner unsichtbar außer für zwei von ihnen. Seine Witwe Josette kann ihn sehen und mit ihm sprechen genauso wie die kleine Chloé, Stephanies Tochter. Dieser Geist gibt oft Anlass zu amüsanten Szenen, wenn sich Fabian beispielsweise wundert, dass seine Tante ständig irgendwelche Selbstgespräche führt. Oder wenn Jacques Stephanie warnen möchte. Dazu schreibt er etwas in den Staub. Aber als Geist kann er nicht mit seinen Fingern im Staub schreiben, sondern er muss pusten. Und das bringt den Geist im wahrsten Sinne des Wortes außer Atem. Aber nicht nur dieser Trick ist es, der das Buch besonders reizvoll macht, sondern auch die stets wechselnde Perspektive, aus der die einzelnen Szenen geschildert werden, ist wunderbar gelungen. Nahezu alle wichtigen Dorfbewohner in dieser Geschichte kommen einmal zu Wort, um aus ihrer Sicht die Dinge zu erzählen. Damit der Leser damit nicht zu sehr überfordert wird, ist in jeder neuen Szene im ersten Absatz jeweils der Name der erzählenden Figur aufgeschrieben. Eine schöne Vorgehensweise, die ich so in anderen Romanen noch nicht entdeckt habe.

Volle Punktzahl für einen wunderschönen Roman, der in Frankreich spielt. Wer den Spielfilm um die „Schtis“ kennt, kann sich etwa eine Vorstellung von diesem Roman machen, wer den Film der „Schtis“ liebt, der wird auch dieser Roman lieben.

Stagg, Julia
Madame Josette oder ein Dorf trumpft auf
348 Seiten, gebunden
Hoffmann und Campe, Hamburg
ISBN-10: 3455404316
ISBN-13: 978-3455404319

© Detlef Knut, Düsseldorf 2013
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Christan Schüle: Wie wir sterben lernen

Christan Schüle: Wie wir sterben lernen

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Über den Tod nachzudenken, ist etwas, das viele Menschen ablehnen oder zumindest auf unbestimmte Zeit hinausschieben wollen. Man wird aber unweigerlich damit konfrontiert werden, es ist unausweichlich. So ist nun einmal der Lauf der Dinge. So ist das Leben.

Christian Schüle hält nichts von Verdrängung. Er hat sich in einem Essay auf eine sehr persönliche Art und Weise dem Tod und dem Sterben angenähert und spricht darüber, keine Tabus zulassend. Es hat hier ohnehin, wie er beobachtet hat, ein Wandel eingesetzt. Es wird langsam umgedacht. Dennoch ist es ein schwieriges Thema, eines dem man mit Fingerspitzengefühl begegnen muss. Aber das gelingt dem Autor sehr gut. Er kritisiert wenig, er beobachtet lieber, setzt sich auseinander und zieht Schlussfolgerungen.

In seinem Essay geht Christan Schüle vielen Fragen nach und ergründet, wie das ist mit dem Sterben und dem Tod. Ansichten und Einsichten werden zusammengetragen. Und daraus entstehen Gedanken, die durchaus hoffnungsvoll klingen, die Trost bringen und das Unaufhaltsame erträglich erscheinen lassen. Dabei wird natürlich auch ein Blick auf das medizinisch und auch das menschlich Mögliche geworfen, das verhindern könnte, dass das Sterben und der Tod völlig unbeherrschbar scheinen oder gar würdelos und in Einsamkeit vonstattengehen.

Am Ende fasst der Autor die wichtigsten Erkenntnisse, die er durch die Arbeit am Essay und durch das tiefgehende Nachdenken gewonnen hat, zusammen. Das Buch liest sich überraschend leicht. Es löst keine Schwere aus, es macht einem nicht zu schaffen. Ein gekonnter Schreibstil, eine überlegte Wortwahl und die persönliche Offenheit des Autors sorgen dafür. Das Weiterdenken und die Schlussfolgerungen für das eigene Leben und den Blick auf den nahenden Tod, den eigenen oder anderer, muss man natürlich selbst übernehmen.

Rezension von Heike Rau

Christan Schüle
Wie wir sterben lernen
Ein Essay
224 Seiten, gebunden
Pattloch Verlag
ISBN-10: 3629130429
ISBN-13: 978-3629130426
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Gina Mayer: Das Lied meiner Schwester

Gina Mayer: Das Lied meiner Schwester

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Die in Düsseldorf lebende Schriftstellerin Gina Mayer entführt den Leser mit diesem Roman in die Zeit des Dritten Reiches. Im Mittelpunkt des Romans stehen die beiden Schwestern Anna und Orlanda. Anna, die ältere von beiden, arbeitet als Krankenschwester in einem Krankenhaus, während Orlanda als Sängerin eine Anstellung an der Düsseldorfer Oper hat. Nachdem sie diese verloren hat, entdeckt sie die Swingmusik für sich und wird Sängerin der Melody Girls. Sie wird hin und her gerissen von der Liebe zu dem Jazz-Geiger Leopold und dessen Freund Clemens, der ebenfalls an der Oper arbeiten. Als im Krankenhaus ein neuer Chefarzt erscheint, steigt Anna zur OP-Schwester auf. Seit der Machtübernahme der Nazis wird das Leben in Deutschland immer schwerer. Auch Orlanda wird mit einem Berufsverbot belegt, weil Swingmusik zur entarteten Musik gehört und die Melody Girls nicht mehr auftreten dürfen. Aber auch im Krankenhaus sind Ärzte und Krankenschwestern unterschiedlicher Meinung zu den Geschehnissen in Deutschland. Anna kann und will nicht allem zustimmen, was die Nazis anstellen. Als die Situation im Verlauf der Jahre immer schwieriger wird, schließt sich die religiöse Anna einer Gruppe an, die im Untergrund Widerstand leistet. Erst viel später erzählt sie ihrer jüngeren Schwester Orlanda davon. Die ist sofort hellauf begeistert und möchte so schnell wie möglich ebenfalls am Widerstand teilnehmen.

Sehr vielschichtig und mit vielen Details aus dem damaligen Düsseldorf, aber auch aus der Zeit des Dritten Reiches, wird von Gina Mayer einen anrührende Geschichte zweier Schwestern im Widerstand gezeichnet. Schwerpunkt liegt dabei ganz klar auf der Entwicklung der Figuren. Während einzelne Nebenfiguren noch einem klassischen Schwarzweißbild entsprechen, so ist dies bei den Hauptfiguren nicht mehr erkennbar. Sie bestehen aus unendlich vielen Grautönen. Auf diese Weise versucht die Schriftstellerin dem Leser nahezubringen, dass die Zeit des Dritten Reiches nicht einfach schwarz-weiß gesehen werden darf. Obwohl die Schwestern bei weitem nicht immer einer Meinung sind, gehen sie doch einen gemeinsamen Weg auf ein gemeinsames Ziel zu. Bei den Freunden und anderen ist dies nicht mehr der Fall. Während der Jazzmusiker Leopold an seinem Berufsverbot beinahe zu Grunde geht, schafft es der Opernsänger Clemens bis in die höchsten Kreise und wird sogar von Göbbels hofiert. Eine gemeinsame Freundin Fritzi, die schon in ihrer Jugend ihren jüdischen Nachnamen abgelegt hat, weil sie nichts mit der jüdischen Religion zu tun hat, zeigt, dass auch Juden nicht in einen gemeinsamen Topf zu werfen sind. Annas Chefarzt ist ein Mensch, der durchaus Verständnis für das menschliche Miteinander aufbringt, der den Nazis aber keinen Widerstand entgegenbringt und eher, seinen Wohlstand und seine Karriere im Sinn, bei öffentlichen Anlässen den Nazis nach dem Mund redet. Diese Vielschichtigkeit von Figuren und Charaktereigenschaften wird von der Autorin in eine spannende Handlung gepackt und mit sehr vielen Bildern und Detailtreue in die Köpfe der Leser gepflanzt. Während der Leser lange Zeit im Glauben gelassen wird, dass die Fronten innerhalb dieser Figurenkonstellation ziemlich klar sind, gibt es zum Ende hin immer mehr Überraschungen. Die Hinundhergerissenheit zwischen den beiden Männern Leopold und Clemens zieht sich durch den gesamten Roman und immer wieder muss sich der Leser fragen, wie sich Orlanda am Ende entscheiden wird. Wird sie sich überhaupt entscheiden müssen, oder macht die Liebe ihr eigenes Spiel mit ihr?

Ein hinreißender Roman, der in Düsseldorf spielt und viel Liebe zur Musik durchschauen lässt. Ein Roman, der die Gefühle anspricht, und den Menschen von heute, die meistens die Zeit des Dritten Reiches nicht am eigenen Leib erfahren haben, emotional nahe bringt. Ein solcher Roman hat einfach die volle Punktzahl verdient.

Gina Mayer
Das Lied meiner Schwester
544 Seiten, broschiert
Aufbau, Berlin
ISBN-10: 3746628679
ISBN-13: 9783746628677
© Detlef Knut, Düsseldorf 2013

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Molly Brown: Körner – Rezepte mit Biss

Molly Brown: Körner – Rezepte mit Biss

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Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide und Samen sind gesund. Das hört man immer wieder. Diese Zutaten beim Kochen mit einzubeziehen, ist allerdings nicht ganz einfach. Aber wie in „Körner – Rezepte mit Biss“ gezeigt wird, lassen sich daraus wirklich sehr abwechslungsreiche Gerichte zubereiten. Hier sollen übrigens nicht nur Vegetarier angesprochen werden, auch wer Fleisch mag, findet passende Rezepte. Der Schwerpunkt bei den Zutaten liegt bei Bio-Produkten.

Zunächst gibt es eine Warenkunde. Hier werden Samen, Hülsenfrüchte und Getreide in Wort und Bild vorgestellt, darunter Augenbohnen, Carmague-Reis, Sojabohnen, Buchweizen, Akaziensamen und Dinkel. (Dass Dinkelmehl bei Glutenunverträglichkeit geeignet ist, wie die Autorin bemerkt, stimmt allerdings nicht.)

Die Rezepte sind sortiert. Unter den Vorschlägen für das Frühstück findet man zum Beispiel „Bananen-Mango-Smoothie mit Haferflocken“. Weiter geht es mit Suppen, darunter „Maissuppe mit Quinoa, Paprika & Avocadocreme“. Auch interessante Salatkreationen sind im Buch, zum Beispiel „Buchweizensalat mit Räucherlachs, Roter Bete & Spinat“. Eintöpfe gibt es ebenfalls, darunter ist ein „Sieben-Gemüse-Couscous mit Marokkanischen Gewürzen“. Danach kommen Rezepte zu Pilaws, Risottos und Paellas, dazu zählen die „Gebratene Entenbrust mit Freekeh & eingelegter Zitrone“ und der „Spanische Reis mit Schweinefilet, dicken Bohnen & Spinat“. In den Hauptgerichten findet man unter anderem ein „Bretonisches Bohnengratin mit Thunfisch“. Es folgen einige Beilagen, wie die „Zucchiniküchlein mit Feta & Sonnenblumenkernen“ oder die „Buchweizencracker mit Chia & Sesam“. Süßes gibt es auch. Hier haben wir „Braunen Milchreis mit Trockenfrüchten in Verjus & Honig“ oder die „Vollkornbrot-Eiscreme“. Den Schluss bildet das Kapitel mit den Broten und Kuchen. Darunter ist zum Beispiel ein „Mehrkornbrot mit Möhren und Orangen.“

Daneben gibt es noch doppelseitige Specials. Hier erfährt man, wie Gewürzmischungen hergestellt werden, wie man Sprossen selbst ziehen oder wie man Milch aus Samen und Kernen machen kann.

Zu jedem Rezept bekommt man eine kleine Einführung. Die Zutatenlisten sind sortiert nach Händlern. Die Rezeptanleitungen sind strukturiert und gut nachvollziehbar. Auch die Zubereitungszeit wird mit angegeben.

Das Kochbuch ist etwas Besonderes, weil man viele eher wenig bekannte Zutaten entdecken kann, die dann in kreativen Rezepten eingesetzt werden. Wer etwas Kocherfahrung hat und mal anders als alltäglich und auch gesünder kochen möchte, kann sich von diesem Buch inspirieren lassen. Dazu tragen auch die vielen perfekt gemachten Fotos bei. Nach und nach können die Zutaten, die sich auch gut für die Vorratswirtschaft eignen, angeschafft werden. Eine ballaststoffreiche Ernährung braucht ohnehin eine Eingewöhnungszeit.

Rezension von Heike Rau

Molly Brown
Körner – Rezepte mit Biss
Mit Fotos von Deirdre Rooney
304 Seiten, gebunden
Dorling Kindersley Verlag
ISBN-10: 3831024529
ISBN-13: 978-3831024520
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Tom Rob Smith: Ohne jeden Zweifel

Tom Rob Smith: Ohne jeden Zweifel

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Ein Thriller der besonderen Art!

Der Icherzähler dieses spannenden Romans beginnt mit gemütvoller Schilderung seinen Lebensbericht über seine Eltern und sich und das, was er mit diesen erlebt hat.

Die Eltern zogen eines Tages aus London nach Südschweden, woher seine Mutter stammte. Sie hatten ihre Gärtnerei in London verkauft und im Süden Schwedens einen etwas herunter gekommenen Hof erworben. Dort wollten sie bescheiden und glücklich ihren Lebensabend verbringen. Was wie eine romantische Idee aussah, entpuppte sich jedoch für Daniel, ihren Sohn, als wahre Schauergeschichte. Denn ohne Vorwarnung bekam er nach etwa einem viertel Jahr einen Anruf vom Vater, dass die Mutter an einer Psychose litte und in einer Klinik sei.

Nun nimmt eine Geschichte ihren Lauf, die mit Spannung zu immer neuen Höhen aufdreht.

Tilde, Daniels Mutter, flieht vor der schwedischen Psychiatrie nach London zu ihrem Sohn in der Hoffnung, dass er ihren vermeintlichen Wahnideen Glauben schenkt. Doch auch Daniel weiß sich nicht anders zu helfen, als seine Mutter nach wirren und fast unglaublichen Geschichten, die sie ihm breit und chronologisch  erzählt hat, in die Londoner Psychiatrie einweisen zu lassen.

Er macht sich am Ende selber auf die Suche nach der Wahrheit, immer auf der Flucht vor Fehlinformationen. In Schweden, wohin er reist, stößt er auf Geschichten, die ihn fast an sich selber und seinen Wahrnehmungen zweifeln lassen. Doch unverdrossen geht er seiner Spurensuche nach und stößt auf erstaunliche Belege für Dinge, die zunächst auch ihn an einen Wahn hatten denken lassen.

Fazit: mit Raffinesse und Geschick führt uns der Autor auf Spuren, die uns in die Irre führen und dringend der Aufklärung bedürfen. Es geht um Kindesmißbrauch und Inzest, um Adoption und immer wieder um Verwirrspiele, mit denen die Wahrheit um die diversen Mißbräuche verschleiert wird. Das düstere Schweden im Winter mit kargen Lebensbedingungen in Schnee und Eis, mit weiten Feldern, die wenig besiedelt sind, und tiefen Seen geben der Geschichte eine besondere Dynamik.

Dieser Psychothriller kommt ohne Mord und Totschlag aus. Dafür benutzt er die menschliche Psyche, die von Paranoia und Einbildung gesteuert alle Beteiligten ins Chaos zu stürzen scheint. Verwickelnd, spannend und bis zuletzt faszinierend kann Tom Rob Smith auf der Klaviatur zwischen Wahn und Wirklichkeit balancieren.

Sehr lesenswert!

Tom Rob Smith
Ohne jeden Zweifel
384 Seiten, gebunden
Manhattan, Oktober 2013
ISBN-10: 3442546788
ISBN-13: 978-3442546787
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Kathleen MacMahon: Liebe im Zeichen des Nordlichts

Kathleen MacMahon: Liebe im Zeichen des Nordlichts

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Nachdem Bruno seine Job bei Lehman Brothers verloren hat, beschließt er, sich auf familiäre Spurensuche zu begeben. Er hat alle Zeit der Welt und reist nach Irland. Er gedenkt ohnehin nur nach Amerika zurückzukehren, falls Obama die Wahl gewinnt. Er beginnt einen Stammbaum zu erstellen. Dass auch Addie zu seiner Familie gehört, weiß er anfangs nicht. Und dass sie eine Cousine zweiten Grades ist, halten beide dann auch für unerheblich, was ihre aufkeimende Liebe betrifft. Auch sie hat viel Zeit. Die Aufträge, die sie als Architektin sonst hat, bleiben in letzter Zeit aus. Während er hinter die Geheimnisse der Familiengeschichte zu kommen versucht und immer tiefer gräbt, will sie lieber vergessen. Sie kann ihren Erinnerungen nichts Positives abgewinnen, während er das Zusammengehörigkeitsgefühl zu seinen Ahnen sucht. Dennoch kommen sich beide näher, die Liebe wird tiefer. Selbst Addie, die weder an die große Liebe glaubt und es außerdem kaum für möglich hält, einmal glücklich zu sein, vertraut Bruno immer mehr. Ihre Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft wächst. Dass die Zeit begrenzt ist, dass es beinahe zu spät ist für die Liebe, ahnen beide nicht.

Es ist eine traurige Liebesgeschichte. Was anfangs Glück verspricht, wird bald zum Drama. Die Autorin spart sich allerdings jeden klischeehaften Herzschmerz. Was sie erzählt, wirkt authentisch. Wahre Gefühle kommen hier zum Tragen. Wobei vielleicht zu viele Probleme in die Geschichte gepackt worden sind. Was sonst ein ganzes Leben füllt, soll in wenigen Wochen aufgearbeitet werden und das ist nun mal unmöglich. Dennoch berührt diese Liebesgeschichte und geht zu Herzen wie kaum eine andere. Zeit bleibt immer ein abstrakter Begriff. Man hat nie genug davon. Vielleicht will uns das die Autorin anschaulich vor Augen halten. Aber es ist schade, dass sie Geschichte so tragisch enden muss.

Rezension von Heike Rau

Kathleen MacMahon
Liebe im Zeichen des Nordlichts
Aus dem Englischen von Karin Dufner
400 Seiten, gebunden
Knaur Verlag
ISBN-10: 3426652854
ISBN-13: 978-3426652855
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Rita Falk: Sauerkrautkoma

Rita Falk: Sauerkrautkoma

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Diesmal darf der Franz Eberhofer nicht in Niederkaltenkirchen ermitteln. Er wird zwangsversetzt nach München, obwohl ihm die Großstadt gar nicht liegt. Er ist auch nicht bereit, da zu wohnen. Lieber donnert er mit Sirene und Blaulicht die nicht unerhebliche Strecke hin und her, um in seinem Saustall zu übernachten.
Trotzdem lassen die Oma und der Papa es sich nicht nehmen, dem Bub in München einen Überraschungsbesuch abzustatten. Gekommen sind sie nicht etwa mit dem Zug, sondern mit dem alten Opel Admiral vom Papa. Sie begleiten Franz, der mit dem Birkenberger Rudi verabredet ist, ins Augustiner und hinterher ist das alte Auto weg. Taucht aber zwei Tage später wieder im Dachauer Forst auf.
Das Auto stinkt erbärmlich, hat den Ausflug aber sonst gut überstanden. Es fehlt nichts. Aber wie sich später herausstellt, ist etwas dazugekommen. Im Kofferraum liegt die Leiche einer jungen Frau.
Weil keiner sich zuständig fühlt, muss sich Franz der Sache annehmen.
Dabei hat er wirklich genug am Hals. Der Leopold ist, weil er in einer Ehekrise steckt, wieder zuhause eingezogen und das geht dem Franz ordentlich gegen den Strich. Und dann macht da einer frech der Susi den Hof und Franz sieht sich gezwungen seiner Angebeteten einen halbherzigen Heiratsantrag zu machen, damit die nicht auf dumme Gedanken kommt.

Grandios! Auch mit diesem mittlerweile fünften Buch um den Dorfpolizisten Franz Eberhofer wird man wieder sehr gut unterhalten. Abwechslung bringt seine Zwangsversetzung nach München mit sich, denn eine Großstadtpflanze ist der Eberhofer nun wirklich nicht und stellt sich demensprechend an.
Überhaupt scheint diesmal der Mordfall, der eigentlich nicht schlecht konstruiert ist, in den Hintergrund zu rücken, denn familiäre Probleme und Dorfangelegenheiten nehmen den Franz Eberhofer ordentlich in Beschlag. Selbst die Hunderunden mit dem Ludwig dauern ungewöhnlich lange.
Mit im Buch sind wieder Rezepte von der Oma. Wobei beim „Gedampften Sauerkraut“ ein Hinweis auf die möglichen Nebenwirkungen bei empfindlichen Menschen fehlt. So ein Sauerkrautkoma steckt man nämlich nicht so leicht weg!

Rezension von Heike Rau

Rita Falk
Sauerkrautkoma
Ein Provinzkrimi
272 Seiten, Klappenbroschur
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423249870
ISBN-13: 978-3423249874
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Polly Campbell: Lebe lieber unperfekt – Anleitung zum Unvollkommensein

Polly Campbell: Lebe lieber unperfekt – Anleitung zum Unvollkommensein

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Es ist anstrengend, perfekt sein zu wollen. Trotzdem streben wir das an. Wahrscheinlich, ohne das Ziel jemals zu erreichen. Dafür stehen wir ständig unter Druck und orientieren uns an andern, statt uns selbst zu vertrauen. Vielleicht ist es besser, zu akzeptieren, dass Perfektion nicht möglich ist und dass auch Schwächen und Fehler durchaus zum Menschsein gehören.

Die Autorin zeigt in ihrem Buch verschiedene Lebensbereiche auf, dazu gehören Familie, Berufsfeld und Freundeskreis. Sie erklärt, wie wir uns selbst unter Stress setzten, nur um einem unerfüllbaren Ziel nachzujagen. Es geht viel besser und viel entspannter, das Unperfekte mit Gelassenheit zu sehen. Sich glücklich und zufrieden zu fühlen, lässt sich ohnehin nicht erzwingen. Es ist eine Frage, wie wir zur unserer Unvollkommenheit stehen und wie wir zu uns stehen. Sich ständig kritisierend zu beobachten, ist eher ein Hemmnis. Wer mag schon Neues ausprobieren, wenn er davon ausgeht, ohnehin zu versagen?

Die Autorin spricht aus Erfahrung. Dass sie über ihre eigenen Fehler und Unzulänglichkeiten spricht, macht sie sympathisch. Viele Begebenheiten können auf das eigene Leben übertragen werden. Sie akzeptiert ihre Fehler und macht einfach das Beste aus ihrem Leben, ohne Perfektion anzustreben. Die Gedanken, die Polly Campbell darlegt, können vom Leser ebenfalls überdacht werden. So findet man bei sich selbst die Gelegenheiten, bei denen man sich selbst unnötigerweise unter Stress setzt. Es gibt eine ganze Anzahl von Übungen im Buch, die Unterstützung geben bei dieser psychologischen Arbeit. Denn mit dem Lesen des Buches, auch wenn gute Anregungen gegeben werden, ist es natürlich nicht getan. Eine Änderung der Lebenseinstellung lässt sich nicht von heute auf morgen umsetzten. Aber mit dem Buch kann man einen guten Anfang machen!

Rezension von Heike Rau

Polly Campbell
Lebe lieber unperfekt – Anleitung zum Unvollkommensein
Aus dem Englischen von Rita Hörner
272 Seiten, Klappenbroschur
Knaur MensSana
ISBN-10: 3426657333
ISBN-13: 978-3426657331
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