Hans-Ulrich Grimm: Chemie im Essen – Lebensmittel-Zusatzstoffe – Wie sie wirken, warum sie schaden

Hans-Ulrich Grimm: Chemie im Essen – Lebensmittel-Zusatzstoffe – Wie sie wirken, warum sie schaden

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Angeregt durch das Buch habe ich mir eine Flasche Zitronen-Limonade herausgesucht und die Zutatenliste studiert. Vermutet hätte ich da Wasser, Zitronensaft und Zucker. Drin sind: natürliches Mineralwasser, Glukose-Fruktose-Sirup, Kohlensäure, Säuerungsmittel Citronensäure, Säureregulator Trinatrium-Citrat, natürliches Aroma, Süßstoffe: Natriumcyclamat, Aspartam, Acesulfam-K und Saccharin-Natrium.

Der Autor zeigt auf, was es mit diesen Zutaten auf sich hat, wie sie hergestellt werden und welche gesundheitlich bedenklich sind.
Wer bisher bedenkenlos ins Supermarktregal gegriffen hat, wird das nach der Lektüre des Buches nicht mehr tun. Denn viele dieser künstlichen Zusatzstoffe können gravierende Probleme für die Gesundheit mit sich bringen, gerade auch dann, wenn sie über viele Jahre täglich mit der Nahrung aufgenommen werden.
Wer hauptsächlich Fertigprodukte verzehrt und täglich Cola und Limo trinkt, könnte die Folgen irgendwann zu spüren bekommen. Und dabei geht es längst nicht nur um Gewichtsprobleme.

Hans Ulrich-Grimm hat viele Lebensmittel unter die Lupe genommen. Dass kaum noch etwas wirklich natürlich ist, nicht mal das natürliche Aroma in der oben genannten Limonade, führt er in seinem Text auf.
Mit im Buch sind ein Lexikon der Lebensmittelzusatzstoffe und ein Verzeichnis der Zusatzstoffe, die nicht als solche gelten, wie zum Beispiel der Geschmacksverstärker Hefeextrakt oder der Glukose-Fruktose-Sirup, der auch in der Zitronen-Limonade ist.

Das Buch ist gut lesbar. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Alles wird verständlich erklärt. Damit ist das Buch gut geeignet für Leser, die sich mit ihrer Ernährung auseinandersetzen wollen, die sich nicht zufrieden geben, mit den seltsamen Zutaten und dubiosen E-Nummern auf den Zutatenlisten der verarbeiteten Lebensmittel und bedenkliche Zusatzstoffe in Zukunft meiden wollen.

Rezension von Heike Rau

Hans-Ulrich Grimm
Chemie im Essen – Lebensmittel-Zusatzstoffe – Wie sie wirken, warum sie schaden
336 Seiten, broschiert
Knaur Taschenbuch
ISBN-10: 3426785617
ISBN-13: 978-3426785614
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Emma Straub: Die Tage der Kirschgärten

Emma Straub: Die Tage der Kirschgärten

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Hollywood; eine Erzählung aus der Welt der Träume und Schäume.

Erzählt wird in dem vorliegenden Roman von Emma Straub die Geschichte von Elsa Emerson, die in Hollywood zu einem allseits bewunderten und mit einem Oscar gekrönten Filmstar aufsteigt.

Beginnend mit ihrer Herkunft aus Wisconsin im Jahr 1929, wo ihre Eltern ein kleines Dorftheater inmitten eines Kirschgartens betreiben, geht Elsa mit ihrem ersten Mann, einem unbedeutenden Schauspieler, nach Kalifornien, bekommt zwei Kinder und ahnt nicht, dass sie erst hier ihr wahres Glück finden wird.

Mit Staunen folgt man ihrer Wandlung von der kleinen Elsa Emerson zur hoch geachteten Schauspielerin Laura Lamont. Den Künstlernamen hat Irving Green für sie ausgesucht, den sie auf einem der zahlreichen Feste in Hollywood kennen gelernt hat.

Mit ihr besetzt er die Hauptrolle in einem seiner nächsten Filme und führt sie damit zu Ruhm und Ehre.

Irving Green gehört als einer der Chefs zu den Studios der Gardner Brothers. Die Produzenten sind reich und haben Einfluss auf die Geschicke der nachwachsenden Schauspieler. Bei ihnen findet auch Elsa/Laura ihr Glück und gelangt zu achtbarer Bekanntheit. Irving wird nach der Scheidung von Gordon ihr geliebter Mann, nach dessen frühem Tod sie ganz die Orientierung in der Welt zu verlieren droht.

Drogen, Alkohol und Geldnot bringen sie fast an den Rand ihres Lebens.

Hollywood und seine Filmstars, Aufstieg und Niedergang in der Filmbranche machen den Reiz des Romans aus. Glück, Reichtum und Verfall stehen nahe beieinander, und es gilt zu lernen, dem Schein und Flitter nicht aufzusitzen. Die Autorin Emma Straub scheint ganz in die Haut ihrer Protagonistin Elsa/Laura geschlüpft zu sein, denn ihr Roman wirkt lebensecht und überzeugend. Laura Lamont ist ein Star, der über die Höhen und Niederungen des Ruhms die Nähe und Erinnerung an ihre Heimat in Wisconsin nicht verloren gibt. Ruhm und Armut wechseln in schneller Folge, und vielleicht ist alles nur ein Traum?

Der Roman liest sich leicht und bewegend. Das Leben in Hollywood bietet alle Mal Stoff genug, um sich mit dem Glamour und der schillernden Welt im Filmgeschäft vertraut zu machen. Uns begegnet hier die leichte Muse, die jedoch nicht oberflächlich ist.

Emma Straub
Die Tage der Kirschgärten
368 Seiten, gebunden
Berlin Verlag, August 2013
ISBN-10: 3827010691
ISBN-13: 978-3827010698
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Thomas C. Boyle: San Miguel

Thomas C. Boyle: San Miguel

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Der amerikanische Bestsellerautor T. C. Boyle hat sich mit diesem Roman der Geschichte zweier Familien angenommen, die auf der kleinen Pazifikinsel San Miguel vor der kalifornischen Küste lebten. Aufmerksam geworden auf diese Geschichte ist er während seiner Recherchen zu dem vorhergehenden Roman „Wenn das Schlachten vorbei ist“. Mit den beiden nacherzählten Familiengeschichten, die in unterschiedlichen Epochen spielen, die erste im 19. Jahrhundert und die zweite 50 Jahre später im 20. Jahrhundert, nimmt sich Boyle dem Phänomen des immer weiter nach Westen strebenden Pioniers an. Wir finden den über 400 Seiten starken Roman in drei Teile untergliedert vor. Die ersten beiden Teile, die um 1880 spielen, sind der Familie Waters gewidmet. Der dritte Teil rückt dann in die Zeit ab 1930 vor, ragt bis weit in den Zweiten Weltkrieg hinein und erzählt die Geschichte der Familie Lester. Die kleine Kanalinsel, auf die die beiden Familien ziehen, ist geprägt von kargem Land. Kaum Vegetation ist lediglich Schafzucht in diesem minimalistischen Lebensraum möglich. Der Autor stellt zu Recht die Frage, was bewegte diese Menschen, auf diese Insel zu ziehen. Während Marantha Waters und ihre Tochter Edith nur dem Ruf von Maranthas Ehemann folgen und das Gefühl haben, auf der Insel wie in einem Gefängnis zu leben, geht Elise Lester mit ihrem Mann aus freien Stücken auf die Insel und lebt sehr gerne auf dieser Insel.

Beide Familien haben tatsächlich existiert und es liegen Dokumente über deren Leben auf der Insel vor. Das besondere Verdienst Boyles ist es, die real existierenden Familien in eine fiktive Handlung eingebettet zu haben, um sie plastischer vor dem geistigen Auge des Lesers entstehen zu lassen. Erst durch die Handlungen und Dialoge, wie sie nur in einem fiktiven Roman, zudem von einem wortgewandten Schriftsteller wie T. C. Boyle und seinem präzise und ebenso wortgewandten Übersetzer Dirk van Gunsteren machen die Verhältnisse und das Leben auf dieser Insel spürbar. Auch die Herausarbeitung von Figuren, wie sie vom Schriftsteller bezeichnet werden, sind nur in einer fiktiven Geschichte möglich. Dies macht die Charakterstudien der beiden Familien äußerst lesenswert.

Wer mit dem Roman jedoch ein spannendes Abenteuer wie „Drop City“ oder „Amerika“ erwartet, der wird enttäuscht werden. Harte Auseinandersetzungen und Konflikte zwischen zwei Menschengruppen stehen nicht im Vordergrund. Wohl aber eben solch harte Konflikte zwischen den Bewohnern dieser Insel und den Naturgewalten. Diese brechen herein in Form von Stürmen, in Form des Zweiten Weltkrieges, in Form von Krankheiten. Mit San Miguel kann man sich einlassen auf einen eine historische Fiktion. Es besticht durch die vom Autor gewohnten präzisen Charakterstudien und detailreichen Beschreibungen der Landschaft, die Heimat des Inselfuchses ist, der nur auf dieser und fünf anderen kleinen Kanalinsel lebt.

Obwohl das Leben auf dieser Insel einem Abenteuer gleicht, ist der Roman kein Abenteuerbuch und man muss sich auf den Inhalt einlassen. Nichtsdestotrotz ist es hervorragend geschrieben und hat meine volle Punktzahl verdient. Ich freue mich auf ein Treffen mit dem Autor, wenn er in den nächsten Wochen durch Deutschland lesetourt.

Boyle, Thomas Coraghessan
San Miguel
Hanser, München
ISBN 9783446243231

© Detlef Knut, Düsseldorf 2013
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Christian Buder: Die Eistoten

Christian Buder: Die Eistoten

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Alice Pokel ist elf Jahre alt, als sie zusammen mit ihrem Freund Tom Hahnemann im Wald am See die Leiche eines erfrorenen Mädchens findet. Statt die Polizei zu rufen, überzeugt sie Tom davon, abzuwarten. Denn Alice will selbst den Mörder finden. Die Sache soll nicht wieder als Unfall abgehandelt werden, so wie es bei ihrer Mutter war, die vor vier Jahren in der Nähe des Wohnhauses in einer eiskalten Nacht erfroren ist.

Tom recherchiert und stößt auf die Eistoten. Ein Journalist hat sich mit den merkwürdigen Todesfällen beschäftigt. Jährlich, immer kurz vor Weihnachten, stirbt ein junges Mädchen durch Erfrierung.

Der Schreck ist groß, als das erfrorene Mädchen aus dem Wald dann vor der Kirche gefunden wird. Die Polizei, und zu der gehört auch Alices Vater, geht wieder von einem von Unfall aus. Niemand hört Alice zu, die längst Zusammenhänge erkannt hat. Sie gilt durch den Tod ihrer Mutter als traumatisiert und ihr Vater erwägt, sie in eine psychiatrische Klinik zu bringen.

Viel Zeit bleibt also nicht, den Mörder zu finden. Und tatsächlich kommen die Kinder ihm auf die Spur. Er beichtet seine Taten in der Kirche. Die flüsternde Stimme jemanden zuzuordnen, ist allerdings nicht einfach.

Alice ist ein hoch intelligentes Mädchen und ihrem Alter voraus. Orientierung gibt ihr der 1954 verstorbene Philosoph Ludwig Wittgenstein. Das heißt aber nicht, dass Alice in einer Fantasiewelt lebt, auch wenn die Erwachsenen das glauben und sie für psychologisch behandlungsbedürftig halten.

Als Leser erhält man Einblick in ihre Denkweise und kann diese viel besser nachvollziehen, als es ihr Umfeld im Buch könnte. Das ist vom Autor sehr interessant gemacht. Alice, auch wenn sie besserwisserisch und altklug erscheint, ist intelligent und stellt Zusammenhänge blitzschnell her. Sie ist genau in ihrem Denken und im Analysieren der Vorkommnisse. Das macht sie zu einer sehr interessanten Persönlichkeit.

Da sie aber, außer von ihrem Freund Tom, keine Hilfe erhält bei der Aufklärung der Morde, die von den Erwachsenen als Unfälle wahrgenommen werden, spitzt sich die Lage immer mehr zu. Dem Mörder entgeht nämlich keineswegs, dass ihm die Kinder auf der Spur sind.

Es ist ein ungewöhnliches Buch. Es begeistert durch seine Vielschichtigkeit und die interessante Hauptfigur. Zudem ist es wirklich gut geschrieben.

Rezension von Heike Rau

Christian Buder
Die Eistoten
384 Seiten, broschiert
Aufbau Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3746629950
ISBN-13: 978-3746629957
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Diane Dittmer: Pizza backen – Neue Ideen für Herzhaftes vom Blech

Diane Dittmer: Pizza backen – Neue Ideen für Herzhaftes vom Blech

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Wer gerne Pizzen zubereitet, wird sich über dieses Set freuen. Zum Rezeptbuch gehören nämlich auch zwei runde Backbleche.

Mehr als 30 Rezepte werden im Buch vorgestellt. Gebacken werden die Pizzen aber nicht nur mit dem klassischen Hefeteig mit Weizenmehl. Verwendet werden auch Quark-Öl-Teig, Kartoffel-Hefeteig, Filoteig, Blätterteig und Mürbeteig. Das Weizenmehl wird ab und an ausgetauscht oder ergänzt mit Dinkelmehl, Roggenmehl, Buchweizenmehl und Maisgrieß.

Im Buch sind sehr schöne Variationen der klassischen Pizzen zu finden, aber auch viele weitere fantasievolle Rezepte. Diese sind sortiert nach den Auflagen, das sind Gemüse, Fleisch und auch Fisch und Meeresfrüchte. Auswählen kann man beispielsweise „Rosmarin-Oliven-Fladen“, „Käsepizza mit Linsen“, „Spargelquiche“, „Beefsteakpizza“, Mangopizza mit Gänsebrust“, „Roter Zwiebelkuchen“ oder „Paprikapizza mit Sardellen“. Interessant ist auch die „Kräuterquiche mit Schinken“, weil diese auch kalt gut schmeckt. Zwei Rezepte für süßen Pizzakuchen sind auch dabei. Eine, und zwar die „Schoko-Himbeer-Pizza“, habe ich ausprobiert. Das ist eine ganz einfach zu machende Pizza mit viel Schokocreme und frischen Früchten, die dennoch sensationell gut schmeckt und die sich nach eigenem Geschmack oder Saison der Früchte auch leicht abwandeln lässt.

Die Rezepte sind übersichtlich strukturiert und leicht nachvollziehbar. Nur bei den süßen Pizzen fehlen die Zutatenlisten, sodass man sich die benötigten Dinge aus dem Text heraussuchen muss.
Es gibt viele Fotos im Buch, die sehr schön anzusehen sind. Hier werden die fertigen und sehr appetitlich aussehenden Pizzen gezeigt.
Dass die Backbleche gleich dazu sind, ist natürlich genial. Sie sind von guter Qualität und es lässt sich prima damit backen. Das Set ist damit auch gut als Geschenk geeignet.

Rezension von Heike Rau

Diane Dittmer
Pizza backen – Neue Ideen für Herzhaftes vom Blech
Fotos von Anke Schütz
Kochbuch mit 64 Seiten und zwei Pizzableche
Südwest Verlag
ISBN-10: 3517087408
ISBN-13: 978-3517087405
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C. S. Forester: Tödliche Ohnmacht

C. S. Forester: Tödliche Ohnmacht

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Kriminalgeschichte im kleinbürgerlichen Vorstadtmilieu Londons.

Dieser bereits 1935 erschienene Kriminalroman des Autors C.S. Forester folgt einer ruhigen Linienführung.

Eine Tote hat vermeintlich Suizid begangen bis sich sehr bald herausstellt, dass sie wohl ermordet wurde.

Marjorie, Schwester der toten Dot, lebt ein Leben unter der unnachgiebigen und unbarmherzigen Ägide ihres Ehemannes, der nur den eigenen Trieben und Bedürfnissen folgt. Dass er als möglicher Mörder von Dot gelten kann, ergibt sich aus vielerlei Anzeichen.

Der Stil der Geschichte erscheint ein wenig betulich und sehr ruhig. Doch macht diese Erzählform gerade den Reiz der Geschichte aus. Steht der Täter für die Mutter von Marjorie erst fest, muss sie nur noch ein Netz spinnen, in dem sie ihn zu Fall bringen kann. Mrs Clair macht sich mit ihrer liebevollen und zugleich zielstrebigen Energie auf den Weg, um den unliebsamen und brutalen Schwiegersohn zu beseitigen.

In diesem Krimi geben nicht die Fahnder und Kriminalkommissare den Ton an, sondern Marjorie, ihre Mutter und ihr Mann Ted bestimmen das Hauptgeschehen. Der liebevolle Ton untereinander „meine Liebe“ hier und „Liebste“ dort lassen zunächst verkennen, mit welcher Akribie und Intriganz Mrs Clair listig die Fäden in der Hand hält und nach einer geheimen Regie die Geschicke ihrer Tochter leitet.

Die wenigen Personen, die das Geschehen bestimmen, machen es leicht, der Geschichte zu folgen. Man spürt das Klima um die Mitte der dreißiger Jahre in England, als die Welt noch überschaubar und fast gemütlich war. Meint man nicht sogar ein wenig, Miss Marple in der Hauptfigur zu erkennen?

Der Roman des 1966 verstorbenen Schriftstellers C.S. Forester ist offen, klar und leicht makaber aufgebaut und bietet neben dem eigentlichen Geschehen ein ruhiges Klima der Beschaulichkeit.

C. S. Forester
Tödliche Ohnmacht
280 Seiten, broschiert
Deutscher Taschenbuch Verlag, August 2013
ISBN-10: 3423249714
ISBN-13: 978-3423249713
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Uwe Timm: Vogelweide

Uwe Timm: Vogelweide

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Von Liebe, Begehren und ihrem Vergehen.

Auf einer einsamen Insel in der Elbmündung lebt für einige Monate der Vogelkundler Eschenbach. Was hat ihn hier her getrieben? Nur seltene Besucher kreuzen zuweilen auf, darunter Freunde und Freundinnen aus seinem vergangenen Berufs- und Gesellschaftsleben in Berlin. In assoziativen Motiven hält der Erzähler Rückschau auf sein Leben, das von zahlreichen Höhen und Tiefen gekennzeichnet war. Da findet man sich bei Galeristen, auf Partys und in Restaurants wieder, wo man zu seinen „besseren“ Zeit ein- und ausging. Er hatte zusammen mit seinem Freund Fred ein gut gehendes Unternehmen, das den Zeitläufen am Ende nicht standhalten konnte und Pleite ging. Es blieb auch nicht aus, dass sich in ihren Kreisen Amouren entwickelten, Ehen zerbrachen und zusammen mit diesen Hoffnungs- und Zukunftsträume zerfielen. Der ehemalige IT Fachmann Eschenbach, das schöne Ehepaar Ewald und Anna und Eschenbachs ehemalige Freundin Selma sind die Protagonisten, deren Geschicke hier abgehandelt werden. In langen und teilweise schwerblütigen Betrachtungen ergeht sich Eschenbach in seinen Erinnerungen. Er ist nun alt, und Leidenschaften und die Liebe sind Geschichte. Doch die Geister der Vergangenheit holen ihn ab und zu mit allen damit verbundenen Gefühlen ein, um dann langsam zu verlöschen.

Melancholisch und versonnen ist auch der Abschiedsbesuch von Anna auf der einsamen Insel bei Eschenbach. Jugendliches Begehren brachte früher ihre Lebensläufe durcheinander. Heute ist das vorbei, und die beiden können gelöst über ihr vergangenes Leben sinnieren. Man geht den Stimmungen der Natur nach, spürt den Wind und hört das Vogelgezwitscher. Uwe Timm gibt den sich wandelnden Gefühlen mit seiner Stimme einen eigenen Klang zwischen Trauer, Resignation und Versöhnung.

Uwe Timm ist der Meister der leisen Töne, die er auch in seinem neuen Roman anklingen lässt. Mit Reflexionen ganz eigener Art geht er den Lebensspuren seiner Hauptfiguren nach. Zuweilen wirken die Geschichten verträumt, abgeklärt und schon fast verarbeitet in ihrer jeweiligen Problematik.

Unnachahmlich fein und sensibel ist die Sprache, mit der Uwe Timm uns am Wandel der Zeiten teilnehmen lässt. Er ist einer der großen deutschen Erzähler, auf dessen neue Romane man neugierig wartet.

Uwe Timm
Vogelweide
336 Seiten, gebunden
Kiepenheuer & Witsch, August 2013
ISBN-10: 3462045717
ISBN-13: 978-3462045710
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Cornelia Read: Der Junge, den niemand sah

Cornelia Read: Der Junge, den niemand sah

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Der Prospect Cemetery in Queens ist seit Jahrzehnten sich selbst überlassen. Die letzte Beerdigung fand im Jahr 1954 statt. Nun ist der Friedhof vollkommen verwildert. Dennoch haben sich einige freiwillige Helfer unter der Leitung von Cate Ludlam daran gemacht, hier aufzuräumen. Auch Madeline Dare ist mit dabei. Familiäres verbindet sie mit Cate und auch diesem Friedhof.

Beim Kampf gegen das Dickicht, das hier vorherrscht, findet Madeline die Knochen eines Kleinkindes. Die Rippen sind zertrümmer, sodass sie sofort auf ein Verbrechen tippt. Die Polizei wird verständigt. Die Ermittlerin Jayné Skwarecki nimmt ihre Arbeit auf.

Es stellt sich heraus, dass die Leiche etwa sechs Monate auf dem Friedhof gelegen haben muss. Eine passende Vermisstenanzeige beschleunigt die Identifizierung. Schnell ist klar, dass es sich um den kleinen Teddy handelt. Die Urgroßmutter des Kleinen erkundigt sich immer wieder bei der Polizei nach ihm. Die Mutter und ihr Lebensgefährte geraten in Verdacht. Aber ihnen etwas nachzuweisen ist äußert schwierig. Deshalb versucht Madeline selbst Licht ins Dunkel zu bringen.

Der Krimi ist sehr spannend aufgebaut. Neben den normalen Ermittlungsarbeiten entwickelt Madeline, die wirklich gut gezeichnete Hauptfigur, eigenes Interesse an dem Fall und bringt sich mit ein. Zwischen ihr und der Ermittlerin Jayné Skwarecki entwickelt sich eine Freundschaft.

Der Tod des kleinen Jungen geht Madeline sehr nahe. Es beeinflusst natürlich, wie sollte es auch anders sein, ihr Privatleben. Das wird sehr einfühlsam beschrieben. Der Fall selbst ist interessant, auch weil die Umstände, die zum Tod des Jungen führen nicht lückenlos nachvollziehbar sind. Jedes noch so kleine Detail, das herausgefunden wird, ist also äußerst wichtig.

Nach und nach kommt dann doch eine Reihe von Puzzleteilen zusammen und es ist sehr spannend zu verfolgen, wie vor Gericht der Mord rekonstruiert wird. Das Gefühl, einen gut geschriebenen Krimi zu lesen hält sich bis zum Schluss.

Rezension von Heike Rau

Cornelia Read
Der Junge, den niemand sah
448 Seiten, broschiert
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423214589
ISBN-13: 978-3423214582
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Stefanie Koch: CROSSMATCH – Das Todesmerkmal

Stefanie Koch: CROSSMATCH – Das Todesmerkmal

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Wer die anderen Bücher von Stefanie Koch, die schon mal vom EXPRESS als Donna Leon vom Rhein bezeichnet wurde, und ihren Kommissar Lavalle kennt, der weiß, dass er Spannung erwarten kann und darf. Der Begriff des Thrillers ist nicht umsonst auf den Umschlag gedruckt. Die Handlung, welche dieses Mal ohne Lavalle auskommen muss, spielt größtenteils in Düsseldorf, der Stadt der Schönen und Reichen. Für Kommissarin Lea Willach steht eine neue Leiche ins Haus, eine Leiche, die um alle lebenswichtigen Organe beraubt worden war. Sie war explantiert worden. Schnell bekommen Lea und ihre Kollegen heraus, dass es sich dabei nicht um einen freiwilligen Organspender handelt. Sie kommt einer internationalen Organisation, genannt Q21, auf die Spur, die im Auftrag reicher Kunden vor nichts zurückschreckt, um an passende Organe zu gelangen. Diese Erkenntnis bringt sie in das Visier einer ebenfalls international agierenden Polizeieinheit, die sich mit ebenfalls ungewöhnlichen Methoden anschickt, die Q21 zu stoppen. Methoden, die Lea nicht ohne weiteres gutheißen kann.

Die Autorin hat sich in ein Milieu begeben, welches erst vor kurzer Zeit in den Medien seine Runde machte. Die Recherchen eröffneten ihr Ungeahntes. Wenn man das mit dem Wissen um die Spionage seitens der NSA und anderer Geheimdienste zusammenbringt, dann wird alle fiktive Handlung in dem Thriller authentisch und plausibel. Die rasante Handlung wird gekonnt durch die Montage der Szenen (Probleme in der Familie, Koma ihres bisherigen Lebensgefährten etc.) mit so manchem Cliffhanger befördert. Das Buch lässt sich kaum aus der Hand legen, während man mit der Protagonistin Lea der größten Mafiaorganisation Q21 hinterherjagt. Ausgefeilte, zeitgenössische und plausible Dialoge, die den meisten Teil der Handlung beschreiben und nur von kurzen erzählenden Passagen unterbrochen werden, sind ein beliebtes Mittel, ein Handlung voranzutreiben, wobei sich der Leser in die Handlung hineinversetzt sieht. Kleine Anspielungen auf die Kollegen der schreibenden Zunft sind ebenfalls geschickt eingeflochten und fallen nur Insidern oder absoluten Krimiliebhabern auf. So spannend-verwirrend die Handlung ist, so schafft es Stefanie Koch, in einer verwirrenden Doppeldeutigkeit einzelner Sätze das Misstrauen beim Leser wachzuhalten. Während eine Figur von einem Kind spricht, im nächsten Satz an ein Kind denkt, sollte der Leser nicht unbedingt glauben, dass es sich in beiden Fällen um ein und dasselbe Kind handelt. Das ist Thrill pur.

Aber so sehr ich auch Geschichten mag, hat das Buch doch einen leichten bitteren Beigeschmack. Der Satz ist völlig daneben und entspricht nicht dem eines Buches. Auseinandergezogene Zeilen wegen des Blocksatzes ohne Silbentrennung und viele fehlende Leerzeichen, die aus zwei Wörtern eines machen, zwingen oft zum nochmaligen Hinschauen beim Lesen. Doch hält mich das mangelnde drucktechnische Handwerk nicht davon ab, dem Buch vier von fünf Sternen zu geben. Das Lesevergnügen war ja (fast) perfekt.

Koch, Stefanie
CROSSMATCH: Das Todesmerkmal
dot.books, München
ISBN: 9783955200480

© Detlef Knut, Düsseldorf 2013

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Christa S. Lotz: Die Köchin und der Kardinal

Christa S. Lotz: Die Köchin und der Kardinal

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Die 18-jährige Elisabeth und ihre zwei Jahre jüngere Schwester Agnes müssen mit ansehen, wie ihr Elternhaus verwüstet wird, als die Kaiserlichen Truppen die Stadt Calw im Schwarzwald überfallen. Die Eltern und der Bruder werden verschleppt, während die Schwestern von Jakob Gruber, einem Soldaten, beschützt werden. Für Elisabeth und Jakob ist es Liebe auf den ersten Blick, auch wenn ungewiss ist, ob sich die beiden jemals wiedersehen werden.
Auf ihrer weitern Flucht verschlägt es Elisabeth und Agnes nach Baden-Baden. Im „Roten Ochsen“ finden die beiden eine Anstellung in der Küche. Und weil Kardinal Thomas Weltlin Elisabeths Forellen in Kräuterrahm ausgezeichnet schmecken, stellt er sie als seine persönliche Köchin ein und nimmt auch Agnes mit in seine Obhut. Bald verzichtet er gegenüber Elisabeth auf Förmlichkeiten. Auch wenn es nicht sein darf, verliebt er sich in die junge Frau. Aber mehr als Sympathie bringt Elisabeth dem Kardinal nicht entgegen.
Doch auch bis nach Baden-Baden dringen die Soldaten Jan von Werths vor. Es gibt viele Tote. Unter den Verletzten ist auch Jakob. Diesmal ist es an Elisabeth, ihn zu retten.

Die Geschichte beginnt in Süddeutschland im Jahre 1634. Es ist ein fiktiver historischer Roman, dessen Rahmenhandlung aber geschichtlich verbürgt ist.
Die Autorin verliert sich gerne in Details. Das lässt die Geschichte sehr authentisch wirken.
Auch der Schreibstil gefällt sehr gut. Das Buch lässt sich wunderbar lesen. Es ist spannend und überrascht durch die immer wieder stattfindenden Begegnungen zwischen Elisabeth und Jakob.
Viel Leben bringt Elisabeths Schwester Agnes in die Geschichte. Das Mädchen entzieht sich der Kontrolle ihre Schwester, sie intrigiert und verhält sich unangemessen.
Diese vier Punkte zusammengenommen sorgen für eine sehr unterhaltsame Lektüre.

Rezension von Heike Rau

Christa S. Lotz
Die Köchin und der Kardinal
446 Seiten, gebunden
Aufbau Taschenbuch
ISBN-10: 374662942X
ISBN-13: 978-3746629421
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