Julian Barnes: Unbefugtes Betreten

Julian Barnes: Unbefugtes Betreten

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Wahre Geschichten aus dem richtigen Leben…

Zahlreiche Episoden bilden den Plot zu diesen Erzählungen, die in sich abgeschlossene kleine Lebensgeschichten enthalten.

Da ist Vernon, der Immobilienmakler, dessen Leben durch Scheidung und Arbeit und gelegentliche Treffen mit seinen beiden Kindern gekennzeichnet ist. Mehr zufällig verliebt er sich in eine Kellnerin,–oder ist es nur ein Verlegenheitstreffen, weil er keine anderen Menschen kennt? Die Frau seiner Wahl hat eigene Geheimnisse, die er erst im Nachhinein ergründen kann.

Und dann kommen Phil und Joanna: sie haben eine nette Gesellschaft und man kommt von einem Thema zum anderen. Die Gespräche kreisen um Politik, Obama, die Clintons, Reagans und noch anderes mehr. Doch dann dreht sich alles ums Rauchen und seine Auswirkungen und um die Lügen der Entwöhnung und die Beharrlichkeit einiger, das Rauchen doch nicht aufzugeben.

Eine gesellige Plauderrunde vermag einen ganzen Kosmos an Themen zu mobilisieren. Hier erfahren wir sehr reale Alltagsgeschichten, wie sie jedem von uns begegnen könnten.

Die beiden Freundinnen Jane und Alice tauschen sich über Gott und die Welt und die eigenen Liebeserlebnisse aus.

Julian Barnes findet Worte, mit denen er realitätsnah seine Figuren agieren lässt. Seine Episoden machen jede Geschichte zu einer Einmaligkeit, so wie das Leben eines jeden Menschen in der Einmaligkeit besteht. Jeder von uns könnte die Personen kennen und über die Vergeblichkeit der Kümmernisse und Freuden nachsinnen…

Die Erzählungen des Autors zeigen einmal mehr, dass er ein Meister des Wortes ist, der zudem Tatsachen und Empfindungen punktgenau zu verbinden weiß. Seine Sprache alleine ist schon ein Genuss, und man mag keines seiner Worte missen.

Ich bin kein Liebhaber von Kurzgeschichten. Doch hier mache ich die große Ausnahme wie auch bei Alice Munro oder Raymond Carver.

Die wahrhaft großen Erzähler können noch aus den einfachsten Begebenheit Geschichten erfinden, die uns fesseln und bezaubern.

Unbefugtes Betreten? Das ist das Geheimnis dieser Geschichten: man scheint ein Lauscher beim Zuhören von persönlichen Gesprächen zu sein. Doch gönnt uns Julian Barnes die Beteiligung am Privaten!

Julian Barnes
Unbefugtes Betreten
304 Seiten, gebunden
Kiepenheuer& Witsch, 4.auflage, August 2012
ISBN-10: 346204480X
ISBN-13: 978-3462044805

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Tom Hillenbrand: Teufelsfrucht

Tom Hillenbrand: Teufelsfrucht

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Ist Ihnen beim Lesen schon Mal das Wasser im Mund zusammengelaufen? Nein? Dann müssen Sie das am besten gleich ausprobieren. Und zwar mit dem kulinarischen Krimi „Teufelsfrucht“ von Tom Hillenbrand. Ganz nebenbei können Sie sich dann beim (Mit-) Ermitteln die Zähne ausbeißen.

Im luxemburgischen Landgasthaus „Deux Eglises“ taucht urplötzlich ein berühmter Restaurantkritiker auf. Das Gasthaus hat keinen Stern, sein Inhaber Xavier Kieffer möchte auch kein Sternekoch sein, obwohl er nach seiner Ausbildung und der Kollegenmeinung alles Zeug dafür hat. Umso mehr ist er überrascht und fragt sich, was der Kritiker bei ihm zu suchen hat. Doch bevor ihm diese Frage beantwortet wird, liegt der Kritiker tot auf dem Boden seines Gasthauses. Das gefällt Xavier gar nicht. Es kann, obwohl er kein Sternerestaurant führt, dennoch negative Auswirkungen auf seinen Gasthof haben. Also beginnt er zu ermitteln. Seine erste Anlaufadresse ist sein alter Ausbilder Paul Boudier, Inhaber des Zwei-Sterne-Restaurant „Renard Noir“ in einigen Kilometern Entfernung. Von ihm erfährt Xavier einiges über den Kritiker und er erfährt etwas über ein neues Gewürz, irgendeine exotische Frucht. Doch kurz darauf brennt das „Renard Noir“ ab und Boudier ist verschwunden. Xavier setzt alles daran, diesen Fall zu klären. Zumal die französische Polizei, die der luxemburgischen den Fall abgenommen hat, kaum Anstrengungen unternimmt und nicht erkennen will, dass zwischen dem Feuer im „Renard Noir“ und dem Toten in seinem eigenen Gasthaus ein Zusammenhang besteht.

Mit dem Koch Xavier Kieffer hat der Autor einen der außergewöhnlichsten Ermittler in die Krimilandschaft geholt. Eine interessante Figur, die sich dem Stress der heutigen Zeit nicht aussetzen mag, und das Leben lieber gelassener angeht. Hillenbrand, der von Hause aus Journalist ist, gibt der Gaumenfreude sehr viel Raum. Wenn sich eine Gelegenheit bietet, dann werden die kulinarischen Leckerbissen der luxemburgischen Küche ausgiebig beschrieben. Das liest sich aber keineswegs wie ein Kochbuch. Denn die dramaturgische Spannung wird dabei niemals aus dem Auge verloren. Vermengt wird dann alles mit dem Show-Kochen einiger TV-Köche, und Namen klingen ähnlich wie die von Witzigmann und Nestle, dem Lebensmittelkonzern. Eine perfekte Verbindung. Genussvolle, rustikale Landhausküche mit industriellen Lebensmittelprodukten und Showeinlagen einiger Wichtigtuer. Da muss es einfach im Gebälk knirschen und die Spannung ist vorprogrammiert.

Mir hat das Lesen dieses kulinarischen Krimis Spaß bereitet. Inwieweit die branchenspezifischen Fakten der Realität entsprechen, kann ich nicht beurteilen, gehe aber von akurater Recherchearbeit aus. Plausibel klingt es zumindest.
Ein Krimi für Genießer.

Tom Hillenbrand
Teufelsfrucht
304 Seiten, broschiert
KiWi, Köln
ISBN-10: 3462042874
ISBN-13-978-3462042870

© Detlef Knut, Düsseldorf 2012

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Florian Illies: 1913 – Der Sommer des Jahrhunderts

Florian Illies: 1913 – Der Sommer des Jahrhunderts

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Tagebuch einer beginnenden großen Künstlerepoche.

Florian Illies hat sich das Jahr 1913 ausgesucht, um einmal zu zeigen, wie gehaltvoll einflussreiche Künstler, Dichter und Denker das literarische und politische Leben des kommenden Jahrhunderts prägten. Tagebuchartig folgt er den Ereignissen und Treffen so bekannter Künstler wie Oskar Kokoschka, Ernst Ludwig Kirchner, Franz Marc, Klimsch und Schiele. In der Tat war 1913 ein Jahr des beginnenden Expressionismus in der Malerei, der Erneuerung in den Neurowissenschaften durch die Fortführung der Erkenntnisse von Sigmund Freuds Psychoanalyse, und es war das Jahr kreativer Schriftsteller, die uns die schönsten Werke der Weltliteratur schenkten. 1913 zeigten sich aber auch die Vorboten des politischen Umsturzes in Russland und Europa.

Fortlaufend zählt Illies von Monat zu Monat auf, was sich tat.

Hitler und Stalin begegneten sich zum ersten Mal. Franz Kafka und Sigmund Freud sind in aller Munde; Else Lasker-Schüler und Gottfried Benn verbindet eine stille Liebe. Die beiden Maler Franz Marc und Ludwig Kirchner treten auf den Plan, und Oswald Spengler befasst sich mit dem „Untergang des Abendlandes“.

Von allen diesen Künstler und anderen mehr hat man gehört und weiß sie einzuordnen. Doch nie hat jemand so kontinuierlich über das Jahr 1913 berichtet, in dem sich entscheidende Ereignisse ankündigten oder bereits ereignet hatten. In Wien gelangen die Maler Gustav Klimt und Oskar Schiele zu hohem Ansehen, zu denen auch Oskar Kokoschka zählte. Sie bildeten zusammen die Wiener Moderne. „Paris, München, Wien und Berlin galten insgesamt als die Frontstädte der Moderne“.

In diesem Buch wimmelt es nur so von bekannten Namen, die das Jahrhundert prägten und mit ihnen das Charisma der zwanziger Jahre ausmachten. Heinrich und Thomas Mann gehören ebenso dazu wie Hofmannsthal und Arthur Schnitzler.

Wer wissen will, wie diese Künstler, Dichter und Denker den Beginn das 20.Jahrhundert mit ihren Künsten beeinflussten, der lese diese Aufzählung, in der wohl niemand von Rang und Namen fehlt.
Zu allen weiß der Autor uns Einzelheiten zu erzählen und fügt seine Ausführungen zu einem geschlossenen Bild dieser sehr lebendigen und hoch aktuellen Zeit zusammen.
Man meint geradezu dabei zu sein, wenn Ateliers öffnen, Lesungen stattfinden oder anderweitige Veränderungen des Jahrhunderts ihren Anfang nahmen. Auch Aldi öffnete 1913 die ersten Ladentüren!
Eine äußerst labile und zugleich von Neuerungen berstende Phase deutscher und europäischer Kulturgeschichte tut sich auf.

Die Fülle des Materials ist überwältigend und lässt einen kaum zu Atem kommen. Doch bekommt man mit diesem Jahr 1913 einen Eindruck von den schöpferischen Kräften und aufwühlenden Denkrichtungen, die uns bis heute begleiten. Das Fazit ist: alle diese kreativen Künstler und Gelehrten konnten nicht verhindern, dass zwei Weltkriege unsere Kultur und unser Land tief erschütterten und Deutschland ins Abseits drängten.

1913 ist das letzte Jahr am Abgrund vor dem ersten dieser beiden Weltkriege. Das war der Bruch, mit dem der geistige und schöpferische Niedergang der deutschen Geschichte begann.

Florian Illies hat ein umfassendes und höchst informatives Werk geschaffen, das uns Aufschluss bietet über eine beginnende neue Ära, die so tragisch mit dem ersten und zweiten Weltkrieg für Deutschland endete.

Florian Illies
1913 – Der Sommer des Jahrhunderts
320 Seiten, gebunden
S. Fischer Verlag, 2. Auflage, Oktober 2012
ISBN-10: 3100368010
ISBN-13: 978-3100368010
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Jacques Berndorf: Eifel-Bullen

Jacques Berndorf: Eifel-Bullen

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Die verbrecherischen Machenschaften in der Eifel gehen weiter. In dem aktuellen Roman „Eifel-Bullen“ von Jacques Berndorf geht es sofort mit zwei Toten zur Sache. Bevor Siggi Baumeister richtig wach wird, wird er von Kriminaloberrat Rodenstock angerufen und beauftragt, bei zwei Leuten in der Nähe zu recherchieren. Baumeister merkt, dass Rodenstock unter Strom steht, und erwartet keine langatmigen Erklärungen. Er soll bei einer Frau Walbusch überprüfen, ob sie die Nacht über zuhause gewesen ist, oder ob sie woanders war. Außerdem soll er in einem anderen Haus überprüfen, ob sich dort jemand aufhält. Baumeister denkt als Freund Rodenstocks nicht sehr lange nach und erledigt diese Aufgaben. Sodann begibt er sich an den Ort, den Rodenstock ihm als Tatort genannt hat. Dort angekommen, muss er feststellen, dass zwei Polizisten, eine Frau und ein Mann, neben ihrem Einsatzfahrzeug mit Kopfschüssen niedergestreckt worden waren. Alles sieht wie eine Hinrichtung aus. Die Polizei befindet sich in höchster Alarmbereitschaft, Kischkewitz und Rodenstock sind höchstem Stress ausgesetzt. Ein Politiker hat versucht, sich in die Ermittlungen einzumischen, und den beamten Druck zu machen. Die Polizei und auch die Staatsanwältin aus Trier wissen nicht, wie sie in diesem Fall ansetzen sollen. Zumal die beiden Polizisten in einem Landkreis aufgefunden wurden, indem sie nicht zuständig sind. Mit den ersten beiden kleinen Aufträgen an Baumeister wurde dieser ganz offiziell in den Fall mit einbezogen und bekommt natürlich sofort seine exklusiven Rechte, darüber einen Artikel zu schreiben. Für die Recherche des Artikels als auch für die Ermittlungsarbeit macht sich Baumeister also auf den Weg und beginnt mit seinen Interviewarbeiten. Als Erstes besucht er eine Freundin der toten Polizisten. Baumeister erfährt, dass es die engste Freundin der Toten ist. Darüber hinaus erfährt er, dass es in der Familie der Toten vor Jahren seltsame Vorgänge gegeben hatte, die möglicherweise ein Motiv für einen Mord darstellen könnten. Bei einem gemeinsamen Abendessen aller beteiligten Ermittler ergibt sich also als Ergebnis, dass die offiziellen Behörden eher an eine Hinrichtung denken, wohingegen der Journalist durchaus private Motive für möglich hält.

Wer als Leser Berndorfs Krimis mag, der ist nicht nur ausschließlich an den Kriminalfällen interessiert. Ihn interessieren in aller Regel auch die Vorkommnisse und Begebenheiten im Umfeld Siggi Baumeisters. Dabei kann es sich manchmal um eine neue Freundin handeln; manchmal handelt es sich um einen Streit zwischen seinem Freund, dem Kriminaloberrat Rodenstock und dessen Lebensgefährtin Emma, der Ex-Polizistin aus Holland; manchmal handelt es sich nur um den Kater Satchmo, der im Hause des Journalisten sein Dasein fristet. Mit großem Genuss widmet sich Berndorf der Beschreibung des Umgangs Baumeisters mit seinem Kater. Obwohl diese Passagen nichts mit dem aktuellen Kriminalfall zu tun haben, sind sie spannend und unterhaltsam und machen dem Leser Spaß.

Nachdem ich bereits einige Bücher des Autors als Hörbuch gehört hatte, brachte mir das Lesen ein besonderes Vergnügen. Selbstverständlich hörte ich in meinem Inneren die Stimme Jacques Berndorfs, der alle seine Hörbücher selbst eingelesen hat. Besonders interessant fand ich es wieder, wie er größte Teil des Buches als Dialog gestaltet wurde. Nur wenige Passagen werden vom Erzähler dargeboten. Da es sich dabei um Baumeister handelt, der in der Ich-Form nach Art eines Privatdetektivs erzählt, bleiben ihm schließlich auch nicht viele Möglichkeiten, Informationen über das Geschehen zu erhalten. Er erfährt dies aus Gesprächen mit seinen Freunden oder anderen Personen in der Handlung. Geschickt läuft so der gesamte Verlauf bis zur Ermordung der Polizisten und danach der Ermittlungsarbeit in Dialogen ab. Dem Mitdenken des Lesers sind keine Grenzen gesetzt.

Sehr gut gemachte, spannende Unterhaltung, die dabei auch ein kritisches Auge auf die momentane gesellschaftliche Entwicklung lenkt.

Berndorf, Jacques
Eifel-Bullen
Taschenbuch
KBV, Hillesheim
ISBN 9783942446617
© Detlef Knut, Düsseldorf 2012

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Antonio Carrido: Der Totenleser

Antonio Carrido: Der Totenleser

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Bei der Arbeit auf dem Feld findet Song Ci die Leiche des alten Shang. Der Mörder hat den Kopf vom Leib getrennt. Richter Feng, der angereist ist, um Cis Vater, einen ehemaligen Mitarbeiter, der in der Trauerzeit befindet, einen Besuch abzustatten, sieht sich den Toten im Lagerhaus von Bao-Pao an, obwohl es nicht sein Amtsbereich ist. Ci assistiert ihm. Bald steht fest, dass es sich um einen Raubmord gehandelt haben muss. Die Spuren führen zu Cis Bruder Lu, der den Mord unter grausamer Folter schließlich gesteht. Ci ist entsetzt. Er versucht, sich für seinen Bruder einzusetzen. Eine hohe Summe könnte es möglich machen, die Todesstrafe in Verbannung umzuwandeln.

Doch der Handel mit dem Hüter der Weisheit, der offenbar ein geldgieriger Betrüger ist, bringt Ci in große Schwierigkeiten. Als dann auch noch sein Elternhaus nach einem Blitzschlag abbrennt, erwägt er die Flucht. Seine kleine Schwester, die einzige Überlebende des schrecklichen Unglücks, nimmt er mit sich. Sein Wunsch ist es, weiter in Lin’an zu studieren, so wie Richter Feng es angeboten und sein Vater ausgeschlagen hat. Ci hat Talent, doch er ist nun ein gesuchter Betrüger und Dieb. Er ist mittellos und muss dennoch für seine kranke Schwester sorgen. Und Richter Feng ist auf Reisen und für lange Zeit unerreichbar für Ci.

Die Geschichte spielt in China um das Jahr 1200. Es ist die Zeit der Song-Dynastie unter Kaiser Nin Zong. Im Buch geht es um den Lebensweg Songs Cis, der als erster Forensiker der Geschichte gesehen werden kann. Der Autor hat ausführlich recherchiert und so ist ein Buch entstanden, das faszinierender nicht sein könnte. Cis Lebensweg ist geprägt von Schicksalsschlägen. Seine Fähigkeiten rufen Neider auf den Plan. Und so ist er bald verstrickt in eine Intrige am Hofe des Kaisers, in der es um Macht und Ansehen geht und die Verschleierung von Betrug. Ci hat diesem Netz aus Lügen nichts entgegen zu setzen. Er vermag zunächst nicht hinter die Fassade zu sehen. Genauso wenig wie der Leser. Und so wendet sich das Blatt ein ums andere Mal. Das erzeugt eine ungeheure Spannung.

Der Autor versteht es, eine Geschichte lebendig werden zu lassen. Man kann sich perfekt in das Geschehen hineinversetzen. Es ist Art des Autors zu erzählen, die begeistert. Als Leser ist man mittendrin, wird mitgerissen und immer wieder zum Staunen gebracht.

Rezension von Heike Rau

Antonio Carrido
Der Totenleser
Aus dem Spanischen von Julika Brandestini und Enno Petermann
640 Seiten, gebunden
Rütten & Loening
ISBN-10: 3352008418
ISBN-13: 978-3352008412
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Reinhard Schiller: Die Hildegard-Pflanzen-Apotheke – Heilpflanzen für ein gesundes Leben

Reinhard Schiller: Die Hildegard-Pflanzen-Apotheke – Heilpflanzen für ein gesundes Leben

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Auf die Naturheilkunde besinnt man sich heute wieder gerne. Dabei fällt natürlich auch der Name Hildegard von Bingen. Von ihr sind viele praktische Anleitungen überliefert, die der Heilpraktiker Reinhard Schiller mit dem vorliegenden Buch aufgegriffen hat.

Zunächst kann der Leser einen kleinen Abriss über das Lebenswerk und die Ansichten der Hildegard von Bingen und ihre Art zu heilen nachlesen. In der Hildegard-Heilkunde kommen aber auch Nahrungsmittel zur Sprache, die als hinderlich oder fördernd für die Gesundheit zu sehen sind. Diese sind ebenfalls aufgelistet.

Wer gerne selbst Heilpflanzen im Garten anbauen möchte, erfährt Wissenswertes. Auch bei den Grundlagen zur Zubereitung von Heilmitteln geht es ins Detail. Der Leser erfährt, welche „Laborausrüstung“ gebraucht wird und wie Heilmittel hergestellt werden, wie also beispielsweise Pflanzensäfte, Salben oder Kräuterhonig zubereitet werden.

Naturmedizin, auch wenn sie aus Pflanzen gemacht ist, hat immer eine Wirkung und damit bei falscher Anwendung auch eine Nebenwirkung. Eine Verwendung sollte also, wenn man nicht selbst ausdrücklich in der Naturheilkunde bewandert ist, mit dem Hausarzt abgesprochen werden. Auch darauf verweist der Autor.

Die Heilpflanzen der Hildegard von Bingen werden in kleinen Pflanzenporträts von A – Z vorgestellt. Dabei kommt die Heilerin auch immer mit Zitaten zu Wort. Das wird, wenn nötig, vom Autor kommentiert. Zu jeder Pflanze steht, bei welchen Krankheiten und Befindlichkeitsstörungen diese angewendet wird. Es folgen ein oder mehrere Rezepte. Man kann also gut sehen, welche Relevanz die Hildegard-Pflanzenmedizin heute wieder hat und diese mit Hilfe des Buches für sich nutzen.

Das Buch hat eine schöne Aufmachung. Die Seiten sind gut durchstrukturiert und mit vielen Fotos versehen. Es gibt ein Register, so dass man schnell relevante Seiten zu einem Suchbegriff finden kann. Das Buch ist zum Informieren und Nachschlagen bestens geeignet.

Rezension von Heike Rau

Reinhard Schiller
Die Hildegard-Pflanzen-Apotheke
Heilpflanzen für ein gesundes Leben
132 Seiten, gebunden
St. Benno Verlag
ISBN-10: 3746234662
ISBN-13: 978-3746234663
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Deborah Holmes: Langeweile ist Gift

Deborah Holmes: Langeweile ist Gift

Dieses Buch direkt bei Amazon bestellen! Emanzipationsbewegung zu Anfang des 20.Jahrhunderts

Eine der wenigen Frauenrechtlerinnen zu Ende des 19. Jahrhunderts war Eugenie Schwarzwald, geb. Nussbaum.

Sie wurde in Ostgalizien geboren und besuchte die Grundschule in Czernowitz. Später lebte sie in Wien und betrieb als eine der Ausnahmefrauen ein Studium der Germanistik in Zürich, wo sie um 1900 promoviert wurde.

Eugenie, auch „Gena“ genannt, war eine Streiterin für Reformpädagogik, Freiheit und Gerechtigkeit. Verheiratet war sie mit ihrem Jugendfreund Herrmann Schwarzwald, der ihr den nötigen Rückhalt bieten konnte, um ihre Absichten mit ihren reformpädagogischen Ambitionen zu verwirklichen. Aufgeschlossen und rebellisch befasste sie sich neben der Arbeit als Schulleiterin in Wien mit den schönen Künsten und führte einen von zahlreichen Berühmtheiten frequentierten Salon.

Deborah Holmes zeichnet den Weg dieser jüdischen Frau nach, die keine Grenzen kannte und sich über Konventionen hinweg setzte, um ihre Ideen von Freiheit und Bildung für Mädchen in den entsprechenden Lehranstalten durchzusetzen.

Es war nicht leicht für sie, Anerkennung in den konservativen Kreisen ihrer Zeit zu finden. Nicht nur der überall herrschende Antisemitismus bereitete ihr Ungelegenheiten. Es waren vor allem ihre Ansprüche an Bildung und Gleichberechtigung für Frauen, die auf Widerstände stießen. Doch gründete sie mit unermüdlichem Einsatz ein Mädchenlyzeum, in denen diese Abitur machen konnten, und sie gründete die erste Gemeinschaftsschule für Mädchen und Jungen.

In ihrer Biographie geht Deborah Holmes den langen Weg einer Frau mit, der sie voller Elan, Kraft und guter Ideen zu ungewöhnlichen Freundschaften und Aktivitäten führte. Nach Aussagen hunderter Briefe und Dokumente war Eugenie Schwarzwald zwar nicht überall beliebt. Doch konnte sie eine große Schar bekannter Zeitgenossen in Kunst und Kultur um sich scharen. Sie überstand den Ersten Weltkrieg mit Tatkraft und ihrer unermüdlichen Hilfsbereitschaft. Der nahende Zweite Weltkrieg schickte sie jedoch auf eine Reise ins Ungewisse. Bekannte Namen unter den Freunden tauchen auf, die bemüht waren, ihre Lage zu erleichtern. Sie flüchtet in die Schweiz, wo zunächst ihr Mann und 1940 auch Eugenie Schwarzwald verstarb.

Die Biographie ist detailreich und mit zahlreichen Anmerkungen nach jedem Kapitel versehen. Das Wien mit seinem kulturellen Leben und seinen zahlreichen Künstlern, Kritikern und Dichtern nimmt in der Erzählung breiten Raum ein. Das Buch ist eine fleißige und ausführliche Arbeit geworden, in der man sowohl von den politischen Unwägbarkeiten, den Freundschaften aber auch den privaten Anfeindungen mit Betroffenheit liest. Deborah Holmes zeigt in der Person Eugenie Schwarzwalds eine Heldin mit weltoffener und charismatischer Ausstrahlung.

Deborah Holmes
Langeweile ist Gift
388 Seiten, gebunden
Residenz Verlag, Oktober 2012
ISBN-10: 3701732035
ISBN-13: 978-3701732036
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Michael Sears: Am Freitag schwarz

Michael Sears: Am Freitag schwarz

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Zwei Jahre Gefängnis hat ihm der Betrug eingebracht. Es war ein Wirtschaftsdelikt. Eine halbe Milliarde hat der Investmentbanker absichtlich zu seinem Vorteil falsch verbucht. Die Bewährungsauflagen sind hoch. Jason Stafford darf nicht mehr in seinen alten Job zurück. Er hofft, wenigstens mit seiner Frau wieder zusammen zu kommen, aber sie ist nicht bereit, ihm zu verzeihen, dass er sie mit dem gemeinsamen Sohn sitzen gelassen hat. Zumindest einen Teil der Schuld will Jason abtragen. Angie kommt mit dem autistischen Jungen ohnehin nicht klar und kämpft mit ihrer Alkoholsucht. Auch die Erziehungsmethoden der Großmutter, bei der Kid im Moment ist, sind äußerst fraglich. Also holt Jason den autistischen Sohn zu sich nach Hause und stellt sich damit einer ungeheuren Herausforderung.
Die Anfrage eines Finanzinspektors könnte finanzielle Sicherheit bringen. Es geht bei diesem Job um die Durchsicht von Unterlagen, auf die aufgrund eines Vorfalls bereits die Börsenaufsicht ein Auge geworfen hat. Jason soll herausfinden, ob es Grund zur Sorge gibt. Es ist zunächst nicht offensichtlich, aber die Vorgänge deuten auf Unregelmäßigkeiten hin. Tatsächlich scheinen die Zahlen nicht in Ordnung zu sein. Jason entdeckt etwas, dass unbedingt verschleiert bleiben soll. Dafür tut der Täter scheinbar alles und schreckt auch nicht vor Mord zurück.

Berufliches und Privates von Jason Stafford wird in diesem Krimi zusammengeführt. Man lernt die Hauptperson dadurch sehr viel besser kennen. Jason ist ein Betrüger, das darf man nicht vergessen, aber durch sein privates Umfeld wirkt er symphytisch. Er kämpft um seinen autistischen Sohn und versucht ihm ein guter Vater zu sein.
Auf seine Arbeit konzentriert er sich trotzdem mit allen Mitteln und untersucht die komplizierten Unterlagen mit seinem Spürsinn. Es ist spannend zu lesen, wie er, ohne es zunächst zu ahnen, eine Lawine ins Rollen bringt. Kapitel für Kapitel nimmt der Krimi an Spannung zu.
Tatsächlich sind die Zusammenhänge kompliziert, aber so dargestellt, dass sie auch von Laien gut nachvollziehbar sind.
Der Krimi ist gut gemacht. Der Autor hat einen wunderbaren Schreibstil, so dass sich das Buch wirklich gut liest. Sehr empfehlenswert!

Rezension von Heike Rau

Michael Sears
Am Freitag schwarz
Deutsch von Susanne Wallbaum
432 Seiten, broschiert
Dtv – Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423214090
ISBN-13: 978-3423214094
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Chris Van Allsburg: Die Geheimnisse von Harris Burdick

Chris Van Allsburg: Die Geheimnisse von Harris Burdick

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Surreales in geheimnisvollen Bildergeschichten…

Mit diesen Bildern hat es seine geheime Bewandtnis. Sie wurden eines Tages dem amerikanischen Verleger Peter Wenders von einem Mann überreicht, der sich Harris Burdick nannte. Er versprach, ihm zu jeder Zeichnung eine Geschichte einzureichen. Doch Burdick tauchte nie wieder auf. So blieben die Zeichnungen liegen, und zuweilen schrieben Kinder ausgedachte Geschichten dazu.

Chris Van Allsburg sah die Zeichnungen und war so fasziniert, dass er sie zur Veröffentlichung an sich nahm. Der besondere Reiz der Darstellungen liegt in den Titeln, mit denen Burdick jede Zeichnung versehen hatte. Allsburg fühlte sich unwillkürlich animiert, sich die passenden Geschichten zu den Bildüberschriften  auszudenken. Das geht am Ende jedem Betrachter und auch mir so.

Die Zeichnungen sind von einer merkwürdigen Magie. Sie sind grau in grau gehalten. Teilweise wirken sie surreal und teilweise gruselig, insgesamt aber entseelt. Man kann sich keine Stimme, keinen Atem und keinen Laut zu den Bildern vorstellen.

Da liegt ein Junge im Schlaf. Die Überschrift zu dieser Zeichnung lautet “Archie Smith im Schlaf“ und darunter „eine flüsternde Stimme fragte: ist er das?“

Nun mag man sich die wunderlichsten Geschichten dazu ausdenken.

In einem Raum fliegen hunderte von Vögeln herum und der Text lautet: „Alles begann, als jemand vergass, das Fenster zu schließen.“

Ein weiteres Bild zeigt eine Nonne, die auf einem Stuhl durch die Kirche fliegt.

Ein schlafendes Mädchen wird gezeigt. Auf ihrem Am liegt ein Buch mit Kräutern darüber verstreut. „Er hatte sie vor diesem Buch gewarnt. Nun war es zu spät.“

Chris Van Allsburg gilt das Verdienst, die geheimnisvollen  Zeichnungen der deutschen Leserschaft 25 Jahre nach der Erstveröffentlichung in Amerika vorzustellen. Harris Burdock aber blieb verschollen.

Ein seltenes Kleinod hat der Carlsen Verlag damit unter die bibliophilen Leseratten gebracht!

Chris Van Allsburg
Die Geheimnisse von Harris Burdick
32 Seiten, gebunden
Carlsen Verlag, November 2012
ISBN-10: 3551517835
ISBN-13: 978-3551517838
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Elisabeth Herrmann: Schattengrund

Elisabeth Herrmann: Schattengrund

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Die Eltern möchten nicht, dass ihre Tochter Nico das Erbe ihrer verstorbenen Großtante annimmt. Da Nico noch keine achtzehn Jahre alt ist, schlagen sie also das Erbe aus. Nico ist damit nicht einverstanden, auch wenn sie nicht weiß, auf was sie sich mit dem Erbe einlassen würde. Seit zwölf Jahren hatte sie keinen Kontakt mehr zu Tante Kiana. Erinnerungen an die Zeit in Siebenlehen, an ihre Tante und das alte Fachwerkhaus hat sie keine mehr.

Die Geheimniskrämerei ihrer Eltern kann Nico kaum ertragen. Also fährt sie, während eine Freundin ihr den Rücken frei hält, in den Harz. Sie kommt bis Altenbrunn. Nach Siebenlehen gibt es für den Bus kein Durchkommen. Alles ist eingeschneit. Nico geht zu Fuß los, verläuft sich jedoch und verliert die Orientierung. Ihr Retter ist Leon Urban, ein Student, der hier einen Familienbesuch macht.

Kaum steht Nico vor dem alten Haus ihrer Tante, sind die Erinnerungen wieder da. Sie weiß, wie sie ins Haus kommt und kennt sich darin aus. Selbst Kater Minx ist noch da, auch wenn er mittlerweile sehr alt sein muss. Es ist einsam hier, aber schön. Doch dann passieren seltsame Dinge. Die Dorfbewohner verhalten sich sehr ablehnend. Jemand schleicht ums Haus und jagt ihr Angst und Schrecken ein. Es ist offensichtlich, dass niemand sie hier haben will. Irgendwas ist damals geschehen, als Nico noch ein kleines Kind war. Sie erinnert sich jetzt wieder an ihre Freundin, die damals ums Leben kam. Nico würde am liebsten flüchten, doch nach wie vor sind die Straßen unpassierbar.

Ein Geheimnis, das bereits über ein Jahrzehnt bewahrt wird, liegt der Geschichte zugrunde. Die einen wissen davon, die anderen ahnen vielleicht etwas. Die wieder eingekehrte Ruhe im Dorf ist allerdings allen heilig. Und dann kommt Nico ins Dorf und sticht ins Wespennest schon durch ihre bloße Anwesenheit. Dabei ist Nico eine sympathische junge Frau und auch glaubwürdig in ihrem Tun von der Autorin beschrieben.

Immer spannender und vor allem unheimlicher wird die Geschichte. Die Autorin gibt nur ganz langsam Details preis, so dass man als Leser auch noch verunsichert wird.

Die Wahrheit liegt im Dunkeln und als Nico sich zusammenreimt, was damals geschehen ist, will ihr nicht mal Leon glauben, denn Beweise hat sie keine. Es fällt nicht leicht eine Lesepause zu machen, denn man wird ständig in Atem gehalten. Die Gefahr ist ja greifbar. Einer schleicht herum, ein Mörder vielleicht, der verhindern will, dass Nico mehr herausbekommt oder ihr Wissen offenlegt. Hier wird die Spannung eines Thrillers spürbar.

Rezensionen von Heike Rau

Elisabeth Herrmann
Schattengrund
Thriller
416 Seiten, Klappenbroschur
cbt, München
ISBN-10: 3570161269
ISBN-13: 978-3570161265
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