Ein feiner Herr und ein armer Hund

Ein feiner Herr und ein armer Hund

Herr Mulder ist ein feiner Herr. Eine Erbschaft macht es möglich, dass er nicht arbeiten muss. Aus gesundheitlichen Gründen macht er jeden Abend einen Spaziergang. In einem von Asylanten bewohnten Haus ist ein Feuer ausgebrochen. Es herrscht Panik vor. Das Chaos ist unüberschaubar. Menschen sterben und kommen zu Schaden. Aus einem Fenster springt ein Hund. Der Fall wird von einem Feuermann gebremst. Der verstörte Hund rettet sich zu Mulder. Mulders Personalien werden aufgenommen. Er nennt einen falschen Namen. Dann nimmt er den Hund mit sich. Mulder gewinnt das Tier lieb. Es vertreibt die Einsamkeit.
Eine Befragung auf dem Polizeirevier verläuft für Mulder ungünstig. Dass er einen falschen Namen genannt hat, macht auch ihn verdächtig. Die Polizei ist schließlich auf der Suche nach einem Brandstifter, auch wenn es hier noch andere Verdächtige gibt, wie beispielsweise den Hausbesitzer. Der Hund könnte gesehen haben, wer es war. Aber ihn kann man nicht befragen.
Der Hund verändert den Tagesablauf Mulders. Er kennt sich im Viertel aus. So erhält Mulder Kontakt mit Menschen, deren Umgang er immer gemieden hat. Es sind arme Menschen: Bettler, Obdachlose, Illegale, Flüchtlinge. So lernt Mulder die andere Seite der Stadt kennen. Der reiche Mann wird konfrontiert mit Armut und Elend. Er bekommt immer mehr den Eindruck, der Hund mache ihm seinen Wohlstand zum Vorwurf.

Es ist schon erstaunlich, wie ein Hund einen Menschen verändern kann. Ein Hund, den Mulder sich nicht ausgesucht hat, aber der dem einsamen Mann doch sehr gelegen kommt. Das Tier hat zu niemanden gehört. Er ist ein Streuner. Und Mulder folgt ihm. Man fragt sich, wer hier wen leitet.
Mulder erweitert seinen Horizont. Er lernt eine ganz andere Seite von Paris kennen. Er wird hier wohl nie ganz dazu gehören und trotzdem erstaunt es ihn, welche Menschen er hier kennen lernt. Der bisher als Unsichtbarer lebende Mann, wird mit dem Hund an seiner Seite, der ein Erkennungsmerkmal ist, sichtbar. Ein Hund ist ein Grund, angesprochen zu werden. So macht Mulder Bekanntschaft mit der Not. Und immer mehr bekommt er das Gefühl, etwas tun zu müssen, auch wenn eine daraus resultierende Handlung auf sich warten lässt.
Man liest das Buch mit Staunen, wird sensibilisiert für eine Welt, vor der man lieber die Augen verschließt. Mulder hat es bisher so empfunden, er hat in seiner eigenen schönen Welt gelebt. Und doch sind die Menschen, die er kennen lernt auch eine Bereicherung für ihn. Er verliebt sich sogar. Mulders Wesensänderung verblüfft den Leser, wird aber überaus verständlich dargestellt. Aus dem uninteressanten Mann wird ein Mensch, für den man sich immer mehr zu interessieren beginnt.

Rezension von Heike Rau

Adriaan van Dis
Ein feiner Herr und ein armer Hund
Aus dem Niederländischen von Marlene Müller-Haas
240 Seiten, gebunden
Carl Hanser Verlag
ISBN: 978-3446209961
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Käpt’n Mausbart und die Gewitterinsel

Käpt’n Mausbart und die Gewitterinsel

Emiline ist Mäusewartin. Sie betreut die Mäuse von Mr. Lovelock, der ein großes Mäusehandelsimperium besitzt. Auf der Suche nach einer entwischten Maus, einer Scharfkralle, beobachtet sie etwas Interessantes. Ein Leichensammler bringt eine Mäusetransportkiste. Mr. Lovelock versteht den Inhalt als Botschaft. Käpt’n Mausbart hat die „Lady Caroline“ versenkt und etwas äußerst Wertvolles an sich genommen. Lovelock beauftragt daraufhin Kapitän Drewshank mit dem gefährlichen Auftrag, Käpt’n Mausbart nachsetzen. Am Leben muss Mausbart dabei aber bleiben, denn Lovelock will sein Eigentum wiederhaben. Unbemerkt nimmt Drewshan die Scharfkralle mit auf sein Schiff, die sofort damit beginnt, Unheil auf der „Fliegende Füchsin“ anzurichten. Damit wird sie für Emiline zur Entrittskarte in eine neue Welt. Auf Grund ihrer guten Fähigkeiten im Mäusefangen wird sie an Bord gelassen. Sie soll zu einem tüchtigen Seemann gemacht werden. Auf offenem Meer begegnet die „Fliegende Füchsin“ einem Seeungeheuer. Möglicherweise hat der überaus gefürchtete Mausbart etwas damit zu tun. Es war ein Fehler, ihn zu unterschätzen, denn das Seeungeheuer bedeutet den sicheren Tod für die Mannschaft und die Mäuse.

Mäuse spielen in diesem Buch fast schon die Hauptrolle. Es gibt solche, die dem Menschen von Nutzen sind und solche, die das Leben eher erschweren. Es gibt Botenmäuse, Elefantenmäuse, Dungmäuse, Schlaumäuse und auch Nosferatu-Mäuse. Einige dieser Tiere sind äußerst wertvoll. Man kann viel Geld mit ihnen machen. Mr. Lovelocks Mäuseimperium zeugt davon. Ihm kommt Käpt’n Mausbart in die Quere und dafür soll er bezahlen.
Die Geschichte ist abenteuerlich und fantasievoll zugleich. Man begleitet die junge Mäuswartin Emiline gern. Sie ist äußert liebenswert und begeistert durch ihren Mut.
Die Geschichte hat es in sich. Es ist nämlich nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint. Im Hintergrund läuft eine gut ausgedachte Intrige. Man muss gut aufpassen, um den Faden hier nicht zu verlieren.
Der Schreibstil des Autors ist klasse. Die Geschichte ist kindgerecht geschrieben. Sehr gut gefallen auch die zwischen den Kapiteln eingestreuten Mäusesteckbriefe mit Zeichnungen, die überaus interessant anzusehen sind.

Rezension von Heike Rau

Alex Milway
Käpt’n Mausbart und die Gewitterinsel
Aus dem Englischen von Katharina Orgaß und Gerald Jung
Ravensburger Buchverlag
384 Seiten, gebunden
ab 8 Jahren
ISBN: 978-3473347490
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Die Rückkehr der weißen Wölfe

Die Rückkehr der weißen Wölfe

Die Umleitung führt Jessica mit ihrem Auto in den tief verschneiten Wald hinein. Es ist eine schwierige Strecke, besonders dann, als die Spuren des Räumfahrzeuges verschwinden. Dann beginnt es auch noch heftig zu schneien. Jessica erkennt bald, dass sie vom Weg abgekommen sein muss. Hier begegnen ihr die Wölfe. Sie wirken nicht bedrohlich. Ob sie Jessica vor einer Gefahr warnen wollen, wie schon einmal vor zwei Jahren? Jessica kehrt zum Highway zurück. Die Ausschilderung der Umleitung ist verschwunden.
Jessica will noch immer zu ihrer Mutter. Es ist Weihnachten. Die Feierlichkeiten sind schon in vollem Gange. Aber Doug, der Freund von Jessicas Mutter Emily, fehlt. Er ist nicht auffindbar und so steigt die Sorge um ihn immer weiter. Dass er Jagd auf die Wölfe macht, die in der Gegend gesehen worden sein sollen, glaubt Emily nicht. Jessica begegnet den Wölfen immer wieder und das erfüllt sie zusätzlich mit Sorge.
Emily, die Polizistin ist, will nicht länger warten. Zusammen mit ihrer Tochter macht sie sich auf den Weg, Doug zu suchen. Bald haben die beiden eine Spur. Dass sich ein Serienmörder in der Gegend herumtreibt, macht die Sache nicht gerade leichter. An der Tankstelle erregt ein Fremder Jessicas Aufmerksamkeit. Sie hat sofort ein ungutes Gefühl. Sie findet tatsächlich einen Hinweis darauf, dass er der Serienmörder sein könntet. Es bleibt nicht bei dieser einen Begegnung.

Die Geschichte spielt im hohen Norden Kanadas. Emily und Jessica müssen bei ihrer Suche nach Doug also auch mit Wetter fertig werden. Aber die Suche gestaltet sich auch so recht schwierig. Die Informationen, die die beiden Frauen beschaffen können, sind mehr als spärlich. Bald haben Emily und Jessica aber noch ganz andere Probleme. Der Serienmörder nimmt die gleiche Strecke. Und natürlich kommt es zu einer Begegnung.
Das Buch wird damit ungeheuer spannend. Dennoch, manchmal ist die Handlung nicht so ganz nachvollziehbar. Emily, als Polizistin, macht Fehler. Sie handelt unbedacht, ja schon dumm, und gefährdet damit ihre Tochter. Das wirkt konstruiert.
Das Buch liest sich trotzdem gut. Besonders das spannende Ende, als es um den Serienmörder geht, hat es in sich. Gut gefällt auch, das Mythische und Mystische, dass zwischen den Zeilen mitschwingt. Aber als dann noch herauskommt, was mit Doug geschehen ist, das ist das Gefühl der Enttäuschung noch einmal da. Man mag es nicht glauben. Da hätte der Autor sich etwas Besseres einfallen lassen können!

Rezension von Heike Rau

Christopher Ross
Die Rückkehr der weißen Wölfe
Verlag Carl Ueberreuter
254 Seiten, gebunden
ab 12 Jahren
ISBN: 978-3800054466
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Die Entdeckung der Dinomumie

Die Entdeckung der Dinomumie

Dakota lebte in Hell Creek, North Dakota, mit seinen Artgenossen vor etwa 65 Millionen Jahren. Möglicherweise wurde seine Herde von einem Tyrannosaurus rex angegriffen. Dakota, der noch jung ist, ist die ideale Beute für ihn. Dakota stirbt, wird jedoch nicht vom Tyrannosaus rex gefressen. Tyler Lyson, heute Dino-Experte, findet die Mumie des Entenschnabeldinosauriers. Er informiert Dr. Phil Manning, Paläontologe und Fossilienforscher an der Universität von Manchester. Und so beginnt ein großes Forschungsprojekt. Die Mumie wird vorsichtig ausgegraben, in ein Labor verbracht und ganz genau untersucht. Im Buch kann man nachlesen, welche Erkenntnisse die Wissenschaftler gewonnen haben.

Für kleine Forscher ist das Buch äußerst spannend gemacht. Die Forschungsergebnisse werden anhand einer kleinen abenteuerlichen Geschichte über Dakotas Leben präsentiert. Es wird nachvollzogen, wie Dakota gelebt und gestorben ist und wie er ausgesehen hat. Man kann sich ein Bild von der aufwändigen Forschungsarbeit machen. Man kann die Sensation, die Dakotas Fund war, gut nachempfinden. Die zahlreichen Fotos vermitteln ein Bild davon.
Zusätzlich gibt es im Buch allgemeine Infos über Dinos in einer Zeitleiste. Außerdem wurden Interviews mit den Dinosauriern, die einmal in Hell Creek lebten, improvisiert. Es gibt sogar ein Glossar.
Es ist ein Buch, mit dem man unglaubliche Entdeckungen über Dinosaurier machen kann. Es erweitert das eigene Wissen auf spannende Weise.

Rezension von Heike Rau

Phillip Lars Manning
Die Entdeckung der Dinomumie
64 Seiten, gebunden
ab 8 Jahren
Loewe Verlag
ISBN: 978-3785565179
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Schulkummer

Schulkummer

Dieses Buch ist ein Muss für alle, die als Eltern und Lehrer mit Schule zu tun haben!

Daniel Pennac hat Humor. Und mit diesem Humor bringt er ein Thema zur Sprache, das schon immer, heute wie vor hundert Jahren, Kinder, Eltern und Lehrer bewegt hat.
Es geht um die Schulzeit, die jeder anders erlebt haben mag, die aber für viele zur Qual werden konnte, heute noch genauso wie gestern!

Von seiner eigenen Schulzeit weiß Pennac mit Selbstironie und in scherzhaftem Ton zu berichten: z. B. hätte niemand je gedacht, dass er einmal Lehrer werden würde! Seine Eltern, Lehrer und er selbst waren kaum davon überzeugt, dass er überhaupt einen Schulabschluss zustande bringen könnte. Aus seinem Kopf flogen alle Schulweisheiten und jeder erlernte Stoff ganz schnell wieder heraus. Er fühlte sich unfähig, etwas zu behalten. Entsprechend schlecht fielen seine Noten aus. Keiner hatte Hoffnung, am wenigsten er selbst.

In leichten Ton erzählt Pennac weiter, wie er als Lehrer traurige und verzagte Schüler und Eltern traf, die an sich und an der Zukunft ihrer Kinder zweifelten.
Eines wird schnell klar: nicht Dummheit oder Unfähigkeit von Schülern bieten die Ursache für Schulversagen. Mit weitem Herzen, liebevollem Einfühlungsvermögen und tiefem Verständnis, das aus der eigenen Erfahrung resultiert, versteht Pennac uns zu belehren, dass es an Lehrern und Eltern liegt, wenn Kinder zu Versagern werden. Kinder brauchen Selbstvertrauen, Zuversicht und Mut, die ihnen trotz schlechter Leistungen einzuflößen sind. Aber wer versteht etwas davon?
In erster Linie Lehrer, die wie Pennac durch eigene Leidenszeiten als Schüler und Lernende gegangen sind.
Nach seinen Ausführungen zeichnet nicht Wissen den Menschen aus, sondern Lebensweisheit, das Erkennen von Zusammenhängen, Einsicht und Selbstkritik, Nachdenken, Einfühlsamkeit und Kompetenz im Umgang mit den Mitmenschen. Das sind die Merkmale emotionaler Intelligenz, wie wir sie durch die Intelligenzforschung heute kennen. Sie erst bieten die Voraussetzung dafür, den Verstand sinnvoll zu nutzen. Ohne die Stärkung dieser Eigenschaften fällt das Lernen schwer!

Pennac schreibt jedoch nicht mit erhobenem Zeigefinger: seine Antworten auf die Fragen nach dem Schulversagen gründen in den Analysen einer Gesellschaft, in der es Arbeitslosigkeit und Trennungen der Eltern gibt, Ängste, Lieblosigkeit und Zukunftssorgen. Mit Lasten beladen erscheinen die Kinder im Unterricht, und der Kopf ist nicht frei, sich mit Neuem und Aufregendem, dem Lernen, zu befassen.
Pennacs Erkenntnisse sind aus der Sozialisationsforschung hinreichend bekannt. Seiner Fähigkeit, diese Erkenntnisse reich an Beispielen in den lebendigen Alltag umzusetzen und dem Leser erfahrbar zu machen, verdanken wir, dass jedem klar wird, worum es in der Schule und beim Lernen geht!

Daniel Pennac schreibt so menschlich, so verständnisvoll und unmittelbar dem Leser zugewandt, dass man gar nicht anders kann, als ihm zuzustimmen! Eltern mögen das Buch zum Trost und zur Selbststärkung lesen! Denn wie oft scheitern Kinder, weil die Eltern und Lehrer das Scheitern antizipieren?
Das Buch ist Rückblick und Ausblick in einem, autobiographisch und visionär,–man sollte es einfach lesen!

Daniel Pennac
Schulkummer
Wer kennt ihn nicht: den Schulkummer?
ISBN:3462040723
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Warum die Zitronen sauer wurden

Warum die Zitronen sauer wurden

Fünfzehn Gedichte von Heinz Erhardt findet man im Buch, illustriert von Christine Sormann. Die Gedichte werden schon Kindergartenkindern gefallen. Heinz Erhardt ist ein sehr spontaner Dichter. Seine Wortwahl gefällt. Hier klingt nichts gekünstelt oder gestellt. Er versteht es, mit den Worten zu spielen.

Oftmals stehen Tiere im Mittelpunkt der Gedichte. Ein Affe zum Beispiel, der aus dem Urwald Afrikas stammt, aber in den Zoo Hagenbeck verbracht wurde. Er schreibt einen Brief nach Hause und erzählt von seinen Erlebnissen. Man erfährt, woher der Regenwurm seinen Namen hat, und was passieren kann, wenn ein Igel sich verliebt.

Der Humor kommt nicht zu kurz. Manche Gedichte sind der reinste Quatsch. Aber gerade das gefällt ausgesprochen gut. Heinz Erhardt verbreitet mit seinen Gedichten gute Laune. Seine Fantasie bringt so manchen zum Staunen. Viele Kinder werden dies zum Anlass nehmen, sich auch mal selbst im Reimen zu versuchen.

Die Auswahl, die Peter Baumann getroffen hat, gefällt. Und die Zeichnungen passen ganz wunderbar dazu. Großzügig gehalten und farbenfroh sind sie. Es macht viel Spaß, sie zu betrachten. Das Buch ist nicht nur für Kinder interessant, sonder für alle Fans von Heinz Erhardt, der in diesem Jahr 100 geworden wäre.

Rezension von Heike Rau

Heinz Erhardt
Warum die Zitronen sauer wurden
Gedichte für Kinder
Illustriert von Christine Sormann
Lappan Verlag
48 Seiten, gebunden, durchgehend illustriert
ab a Jahren
ISBN: 978-3830311447
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Die Totengräberin

Die Totengräberin

Die entsprechenden Medikamente in der Apotheke zu entwenden, war leicht. Magda hat den Diebstahl einfach einer Kollegin angehängt. Es war also alles gut ausgedacht. Das Opfer verhält sich zwar anders als geplant, aber es gelingt Magda trotzdem, ihren Mann ins Jenseits zu befördern. Ihr Haus in der Toskana ist Ort des Geschehens, weit ab von der Heimat Berlin. Natürlich hat Magda ein Motiv. Ihr Mann hat sie betrogen und damit ihrer Liebe kaputt gemacht. Magda kann nicht mehr mit ihm leben, aber eigentlich auch nicht ohne ihn.

Den Einheimischen erzählt sie, Johannes wäre zu einem Freund nach Rom gefahren. Später meldet sie ihn als vermisst, weil er nicht zurückkommt und sie keinen Kontakt mit ihm aufnehmen kann. Die Vermisstenanzeige bringt natürlich nichts. Ein erwachsener Mann, der sich ein paar Tage nicht gemeldet hat, wird nicht gleich gesucht.

Als Magdas Schwager Lukas zu Besuch kommt, bringt das alles durcheinander. Magda, dem Stress scheinbar doch nicht gewachsen, entwickelt eine Psychose. Vielleicht ist es aber auch Berechnung. Bald hält sie Lukas für Johannes, der das Spiel ergeben mitspielt, weil er Magda schon seit Jahren liebt. Die traute Zweisamkeit wird jedoch bald gestört. Es gibt Menschen, die keine Ruhe geben wollen und immer wieder nach Johannes fragen. Einer entdeckt gar seine Leiche im Gemüsegarten unter dem Olivenbäumchen. Er sieht seine Chance, endlich an Geld zu kommen …

Es ist die Unverfrorenheit der Täterin, die den Leser überrascht. Sie geht vor, als wäre der Mord an ihrem Mann ganz normal, ja sogar unumgänglich. Er erhält seine gerechte Strafe und Punkt. Es sieht ganz danach aus, als ob sie damit durchkommt. Doch die Mörderin hält noch weitere Überraschungen parat. Die so stark scheinende Frau, lebt in ihrer eigenen Welt. Unliebsames wird verdrängt und durch Fantasiegespinste ersetzt. Die Umwelt spiel brav mit. Allen voran ein Polizist, der an Dämlichkeit kaum zu übertreffen ist. Er wirkt unglaubwürdig. Lukas zunächst nicht. Er sieht endlich eine Möglichkeit der bisher heimlich vergötterten Frau näher zu kommen und nutzt dies aus. Schamlos! Man kommt aus dem Staunen über diese Unverfrorenheit gar nicht heraus. Die Sache entwickelt sich weiter. Lukas gerät in die Fänge einer Frau, die keinen Widerspruch duldet. Man ahnt bald, worauf es hinausläuft. Damit es dennoch spannend bleibt, wird ein Erpresser auf den Plan gerufen. Der erpresst zwar den Falschen, nämlich Johannes, aber der ist ja nun das Mitspielen gewöhnt und tut es auch hier.

Es gibt ein paar inhaltliche Unglaubwürdigkeiten, das lässt sich nicht von der Hand weisen. Die Handlung wirkt konstruiert. Dennoch, das Buch ist sehr unterhaltsam. Und man kann ein paar vergnügliche Stunden damit verbringen. Der Mord ist kein Faktor der gruselig wirkt. Dazu wirkt die Geschichte, wie gesagt, nicht glaubwürdig genug. Also kann man ruhig darüber Schmunzeln, wie die Sache sich entwickelt. Die Geschichte ist grotesk, die Charaktere allesamt verschroben.
Das Buch ist aber gerade deswegen zu empfehlen. Es macht Spaß, die Geschichte zu verfolgen. Sie ist vom Schreibstil her wunderbar formuliert und liest sich mühelos. Wer verrückte Krimis mag, wird also begeistert sein!

Rezension von Heike Rau

Sabine Thiesler
Die Totengräberin
512 Seiten, gebunden
Wilhelm Heyne Verlag, München
ISBN: 978-3453432758
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Richard Stark: Keiner rennt für immer

Richard Stark: Keiner rennt für immer

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Zwei Banken sollen fusionieren. Elaine Langen, die Frau des Bankdirektors, dessen Bank geschluckt werden soll, wittert ihre Chance. Sie wird wissen in welchem Wagen das Bargeld transportiert wird. Sie erzählt Jack Beckham davon. Mit ihm hatte sie ein Verhältnis bis ihr Mann ihn wegen Betruges hinter Gitter gebracht hat. Nun ist er wieder frei. Beckham hat die entsprechenden Kontakte. Er hält sich an Parker und Dalesia, die auf so eine Gelegenheit nur gewartet haben. Allerdings wollen die beiden den Raubüberfall ohne Beckham durchziehen, denn auf den würde die Polizei sofort kommen.
Beckham braucht bloß einen Bewährungstermin nicht einhalten und schon ist er weg vom Fenster. Doch der hält sich nicht an die Abmachung. Elaine schießt ihm kurzerhand hinterrücks eine Kugel ins Bein und schon landet Beckham im Krankenhaus. Der glaubt allerdings, dass Parker auf ihn geschossen hat. Der hat jedoch ganz andere Probleme. Ein Kopfgeldjäger ist ihm auf der Spur, hat Fragen zu einer Parker bekannten Person, die verschwunden ist.
Polizistin Gwen Reversa beginnt unterdessen den Fall Jack Beckham zu untersuchen. Sie macht ihren Job gut – zu gut. Parker kommt ihr gerade noch zuvor, nimmt Elaine die Waffe ab, bevor die Polizistin es tun kann.
Für den Überfall wird noch ein dritter Mann gebraucht. McWhitney macht auch Bekanntschaft mit dem Kopfgeldjäger, der ihm ziemlich dumm kommt und bald nicht mehr gesehen wird. Doch Roy Keenan hat nicht alleine gearbeitet. Seine Mitarbeiterin kommt bald drauf, was in der Kleinstadt läuft.

Von Anfang an steht der Bankraub unter keinem guten Stern. Parker geht mit Professionalität vor, doch er wird an allen Ecken und Enden behindert. Man kann es kaum fassen, welche Kette von Ereignissen in Gang gesetzt wird, seit der Entschluss zum Bankraub feststeht. Für den Leser ist es ausgesprochen fesselnd, die Entwicklungen zu verfolgen. Der Focus wird auf Parker gerichtet, einem wirklich eiskalten und abgebrühtem Verbrecher mit sehr viel Charme. Allerdings weiß er nicht, wann es genug ist. Was geplant ist, wird durchgezogen. Wer sich nicht an Abmachungen hält, sich ihm in den Weg stellt, wird aus dem Weg geräumt. Da werden keine großen Worte gemacht.
Es sind einfach zu viele Eingeweihte und Mitwisser, die auf der Bildfläche erscheinen. Jeder hat seine eigenen Ziele im Hinterkopf, die es zu verfolgen gilt. So wird Parkers Plan immer wieder über den Haufen geworfen. Er muss improvisieren und macht das gut.
Man fühlt sich als Leser direkt mit in den Krimi einbezogen. Man fühlt mit. Der hintergründige, oftmals sehr trockene Humor kommt gut an. Der Autor sorgt für immer neue Überraschungen und damit für den perfekten Spannungsbogen. Seine Art zu schreiben gefällt. Die Handlung ist sehr gut vorstellbar. Ganz großes Kino!

Rezension von Heike Rau

Richard Stark
Keiner rennt für immer
Aus dem Amerikanischen von Nikolaus Stingl
288 Seiten, Klappenbroschur
Paul Zsolnay Verlag
ISBN-10: 3552054634
ISBN-13: 978-3552054639
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Zebraland

Zebraland

Auf dem Heimweg von einem Festival schließt sich Fridolin einer Gruppe ihm bekannter junger Leute an. Als sie mit dem Auto um eine Kurve fahren, passiert es. Sie wissen, sie haben etwas angefahren. Möglicherweise ein Tier. Doch es ist Yasmin, die mit ihrem Moped unterwegs war. Es ist gar nicht lange her, dass Fridolin mit ihr gesprochen hat. Und nun ist sie tot. Es macht keinen Sinn, den Notarzt zu rufen. Judith, Philipp, Anouk und Fridolin fahren davon. Die Sache soll vertuscht werden. Zu diesem Zweck wird das Auto in der Werkstatt von Fridolins Cousin wieder hergerichtet.

Am nächsten Tag erfahren die Jugendlichen aus dem Radio, dass die Mopedfahrerin noch gelebt hat und erst auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben ist. Trotzdem beschließen sie, nicht zur Polizei zu gehen. Ruhe kehrt dennoch nicht ein, denn offensichtlich weiß jemand von ihrer Tat. Ein Erpresser manipuliert fortan die jungen Leute.

Vier Jugendliche versuchen einen Unfall mit tödlichem Ausgang zu vertuschen. Keiner will die Konsequenzen tragen. Keiner fühlt sich verantwortlich. Und die Polizei, auch wenn man das nicht glauben mag, kommt den jungen Leuten auch nicht auf die Schliche. Es geht im Buch nicht um die Ermittlungsarbeit der Polizei, sondern allein darum, wie die Jugendlichen mit ihrer Entscheidung fertig werden. Sie hätten wohl einfach weitergelebt wie bisher, wenn der Erpresser nicht aufgetaucht wäre. Der macht den Jugendlichen das Leben zur Hölle.

Die Geschichte wird von zwei Seiten betrachtet. Fridolin und Judith erzählen abwechselnd. Spannend ist, wie jeder sich verhält. Fridolin fühlt sich nicht der Gruppe zugehörig und Judith ist in Phillip verliebt, der aber mit Anouk zusammen ist. Das führt zu zusätzlichen Verwicklungen. Wer hier im Hintergrund die Fäden zieht und die jungen Leute wie Marionetten tanzen lässt, ist lange nicht ersichtlich, auch wenn man beizeiten einen Verdacht hat.
Das Buch ist interessant zu lesen. Die Geschichte ist nicht unbedingt realistisch. Aber solch ein Gedankenspiel einmal zu simulieren, hat seinen Reiz.

Rezension von Heike Rau

Marlene Röder
Zebraland
222 Seiten, gebunden
ab 12 Jahren
Ravensburger Buchverlag
ISBN: 978-3473353019
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Fünf Angstbären und ein unheimlicher Gast

Fünf Angstbären und ein unheimlicher Gast

Papa Bär und Mama Bär schlafen. Sie merken nicht, wie der Wind auffrischt. Die Äste der Bäume beginnen zu knarren, die Blätter rascheln. Babybär kommt ans Bett seiner Eltern, weil er glaubt, dass draußen ein Monster ist. Papa Bär erklärt, dass es keine Monster gibt. Trotzdem lässt er Babybär mit ins Bett. Immer schlimmer wird der Sturm, draußen kracht und poltert es. Auch der kleine Bär kann nicht schlafen und wieder muss Papa Bär ein Stückchen rutschen. Bald gesellt sich auch noch der große kleine Bär zu ihnen. Dass Papa Bär auch ihm versichert, dass es keine Monster gibt, nützt nichts.
Ruhig schlafen Mama Bär und die Kinderbären. Nur Papa Bär kann nicht wieder einschlafen. Er lauscht dem pfeifenden Wind. Die Schatten an der Wand, könnte man tatsächlich für Monster halten, muss er sich eingestehen. Dann plötzlich wummert es an die Tür und alle werden wach. Selbst Papa Bär bekommt es mit der Angst zu tun. Möglicherweise ist da draußen doch ein Monster.

Die Zeichnungen im Buch fallen sofort ins Auge. Die Bilder sind ganz zauberhaft. Der Blick richtet sich auf das Bett der Bärenfamilie, das im Laufe der Nacht von den Bärenkindern bevölkert wird. Hier fühlen die Kleinen sich wohl. Bei Papa und Mama sind sie sicher, auch wenn draußen der Sturm tobt. Kinder kennen die Angst vor der Nacht natürlich, die aber meist unbegründet ist. Schließlich, dass weiß auch Papa Bär, gibt es keine Monster. Trotzdem erlebt die Bärenfamilie Unheimliches, bis dann zum Ende hin der ganze Spuk aufgeklärt wird. Das Buch hat damit sicher eine beruhigende Wirkung auf kleine Kinder. Es macht Spaß, die Geschichte vorzulesen, anzuhören und die Bilder zu betrachten.

Rezension von Heike Rau

Paul Bright / Jane Chapman
Fünf Angstbären und ein unheimlicher Gast
Loewe Verlag
32 Seiten, gebunden, durchgehend illustriert
ab 3 Jahren
ISBN: 978-3785565858
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