Bente Helene Schei: Für Yoga ist es nie zu spät – 50 einfache Übungen

Bente Helene Schei: Für Yoga ist es nie zu spät – 50 einfache Übungen

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Bente Helene Schei leitet das „Zentrum für Klassisches Yoga“ in Oslo. Sie ist Yoga-Lehrerin und praktiziert Yoga seit über 20 Jahren, auch meditiert sie regelmäßig. Ihr Ziel ist es, Yoga für alle, die Interesse daran haben, zugänglich zu machen. Beispielsweise kann das Buch dafür Ausgangspunkt sein, mit dem sie ihre Erfahrungen im weitergibt. Das Hatha-Yoga Einstiegsprogramm ist für Anfänger ausgelegt und soll die Vitalität und die Gesundheit steigern.

Da die Atmung ein zentrales Element im Yoga ist, werden zunächst die Grundlagen der Atemtechnik erklärt. Die drei Ebenen der vollständigen Atmung mit Bauch-, Flanken-, und Schlüsselbeinatmung werden erlernt und schließlich zusammengesetzt. Die Wirkung dieser Übung wird beschrieben und auch wie wichtig Entspannung für den Körper und den Geist ist. Sich richtig zu entspannen und zur Ruhe zu kommen, kann man lernen.

Drei Programme unterschiedlicher Länge werden im Buch vorgestellt. Für das kurze Yoga-Programm reichen 10 bis 20 Minuten aus. Es beginnt mit einer entspannenden Übung, bei der man ganz still liegt, atmet und sich auf den Körper konzentriert. Es folgen Übungen, die Schaukel, Rolle, Schulterstand und Universalstellung genannt werden. Den Abschluss bildet wieder einer entspannenden Wahrnehmungsübung. Die Übungen sind relativ leicht nachvollziehbar, auch weil sie gut erklärt und mit Fotos versehen sind. Man kann sie anfangs an die eigene Leistungsfähigkeit anpassen und sich nach und nach in der Beweglichkeit steigern und etwas länger üben oder mit dem mittleren Yoga-Programm fortfahren. Dann sind 30 bis 50 Minuten einzuplanen. Wer möchte, kann mit dem langen Yoga-Programm auf bis zu 90 Minuten verlängern.

Es sind also viele Übungen dabei, die von Ungeübten, die 50+ sind, ausgeführt werden können. Man kann anfangs gut die Übungen herausfiltern, die man für machbar hält und nach und nach Übungen, die mehr Beweglichkeit oder Kraft fordern, dazunehmen. Insgesamt gibt es 50 Übungen.

Weiterhin gibt es noch gezielte Yoga-Programme für Bauch und Verdauung, Nacken und Rücken sowie Balance und Konzentration.

„Für Yoga ist es nie zu spät“ ist kein reines Trainingsbuch. Yoga wird leicht verständlich erklärt und der Nutzen wird deutlich gemacht. Bente Helene Schei, selbst über 50, macht die Übungen vor. Sie ist also auf den Fotos zu sehen. Es gelingt ihr sehr gut, mit ihrem Programm zu motivieren!

Rezension von Heike Rau

Bente Helene Schei
Für Yoga ist es nie zu spät – 50 einfache Übungen
160 Seiten, gebunden
O.W. Barth Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3426292890
ISBN-13: 978-3426292891
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Jane Gardam: Weit weg von Verona

Jane Gardam: Weit weg von Verona

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Jessica ist eine aufsässige kleine Person, die immer und fast überall aneckt. Wir erleben sie als Schülerin mit 9 Jahren. Der Zweite Weltkrieg überschattet ihr Leben und das ihrer Mitmenschen an der Nordostküste von England.

Als sie in der Schule einen Schriftsteller kennenlernt, der ihre Art zu schreiben als begabt einordnet, bleibt sie besessen vom Schreiben, das sie schon lange praktiziert. Die Liebe zur Literatur und ihr Bekenntnis, dass sie nicht beliebt ist, sind die ehrlichen Selbsteinsichten dieses eigenwilligen jungen Mädchens.

Ihre Familie ist beschäftigt mit Kriegsbedrohung und Not. Der Vater, einst ein Lehrer, lässt sich an die Nordostküste Englands versetzen, wo er sich als Hilfsprediger betätigt. Jessica muss sich neu in eine fremde Schule eingewöhnen. Die Mädchen und Lehrerinnen sind ihr nicht immer wohl gesonnen!

Von Beginn an bleibt man fasziniert vom Eigensinn und von der Burschikosität, mit der sich Jessica überall ihren Weg bahnt. Sie sagt immer genau das, was ihr in den Sinn kommt und stößt damit so manchen Mitmenschen vor den Kopf.

Voller Witz und Sprachreichtum sind die Lebenserfahrungen der Schülerin, die immer wieder in denkwürdige Abenteuer – und Kriegserlebnisse verstrickt wird. Sie legt sich mit Lehrern und Eltern an und geht zielstrebig ihren eigenen Interessen nach.

Die Unmittelbarkeit und Frische, mit der Jane Gardam ihre Figur agieren lässt, zieht den Leser sogleich in Bann. Mit wehenden Kleidern läuft Jessica z. B. dem Schriftsteller nach der Schulstunde hinterher, um ihm ihre Konvolute in die Hand zu drücken, nicht ahnend, dass dieser sie nach der Lektüre in Anerkennung ihrer Begabung wirklich zu einer Schriftstellerin erklärt.

Leider kann Jane Gardam den Spannungsbogen in diesem Roman nicht durchhalten. Zu abgesetzt und willkürlich erlebt man die Abenteuer der Protagonistin, und zu viele Personen spielen in die Geschichte hinein. Es gehört Geduld dazu, um allen ihren Eskapaden zu folgen. Alleine ihre Liebe und fast Leidenschaft zur Literatur bleibt durchweg erhalten und krönt das Ende der Geschichte.

Die Autorin ist einem breiten Leserpublikum bekannt durch die Trilogie ihrer Romane um den „old Filth“ genannten Anwalt in der Kronkolonie Hongkong. Diese Romane haben die Literaturszene eines breiten Lesepublikums und auch mich zu Begeisterungsstürmen hingerissen.

Jane Gardam ist spät entdeckt worden und feierte ebenso einen späten Ruhm mit ihrem Werk. Der vorliegende Roman ist schon 1971 erschienen und gilt als ihr erster. Er kann m.E. mit den drei berühmten späteren Werken über die Anwälte in der Kronkolonie Hongkong nicht mithalten.

Jane Gardam
Weit weg von Verona
240 Seiten, gebunden
Hanser Berlin, Juli 2018
ISBN-13: 978-3446260405
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Linus Geschke: Tannenstein

Linus Geschke: Tannenstein

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Keiner kann sagen, warum der Wanderer in der Dorfkneipe von Tannenstein elf Menschen umgebracht hat. Nur der Wirt wurde verschont. Es ist kein Motiv ersichtlich. Doch als der Killer seine Kollegin und Freundin Lydia Wollstedt während der Ermittlungsarbeiten ermordet, wird der Ex-Polizist Alexander Born munter. Kaum aus dem Knast entlassen, er saß hier drei Jahre wegen Veruntreuung und Drogendelikten, macht er es sich zur Aufgabe, dem bisher nicht abgeschlossenen Fall noch einmal nachzugehen und den Wanderer aufzuspüren. Er will Rache. Als Ex-Polizist hat er weitaus bessere Möglichkeiten.

Born muss von vorne beginnen und herauszufinden, was Lydia entdeckt hat. Er nutzt dafür seine alten Kontakte und gibt sich provokant. Offiziell ist Polizeioberkommissarin Norah Bernsen an dem Fall dran. Sie agiert pflichtbewusst nach Vorschrift, muss aber einsehen, dass sie damit nicht weit kommt. Vielleicht kann man gemeinsam mehr erreichen.

Der Autor legt ein ordentliches Tempo vor. Die Spannung, die aufgebaut wird, ist extrem. Dazu kommt, dass die Perspektive immer wieder wechselt. Damit erhält der Leser Hintergrundwissen. Ihm ist die Gefahr also sehr viel deutlicher bewusst, als Alexander Born oder Norah Bernsen. Beide sind nicht unbedingt positiv besetzt. Insbesondere Born übt Selbstjustiz ohne genaue Kenntnis der Fakten und Bernsen hindert ihn nicht daran. Moralisch einwandfrei ist das nicht. Aber gut nachvollziehbar. Die Gegenseite ist schließlich kriminell, kennt keine Grenzen und geht über Leichen. Krasse, brutale Gewaltszenen verdeutlichen das. Zum Glück beschreibt der Autor diese auf eine kaltschnäuzige, emotionslose und direkte Art. Lässt man die eigene Fantasie nicht anspringen, kann man ganz gut über diese Szenen hinweg lesen. Ich finde das gut! Wer mag, kann natürlich das Kopfkino anlaufen lassen.

Alexander Born ist echt gut! Die Handlung ist stimmig und realistisch, auch wenn mich wundert, wie viel Glück Born manchmal hat! Besonders am Ende des Buches wird das deutlich.

Rezension von Heike Rau

Linus Geschke
Tannenstein
Thriller
384 Seiten, Klappenbroschur
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3423262184
ISBN-13: 978-3423262187
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Sara Wolf: Heartless, Band 1 – Der Kuss der Diebin

Sara Wolf: Heartless, Band 1 – Der Kuss der Diebin

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Zera hat kein Herz. Sie ist die Gefangene der Hexe Nightsinger. Zera hat ihr das Leben zu verdanken, während die Banditen ihre Eltern ermordeten. Als Herzlose hat sie nur eine Möglichkeit ihr Herz, das Nightsinger in einem Glas verwahrt, und damit ihre Freiheit wiederzubekommen: Sie muss das Herz des Kronprinzen stehlen und so gleichzeitige den drohenden Krieg, der sich zwischen den Menschen und den Hexen anbahnt, verhindern.

Um in seine Nähe zu gelangen, wird sie bei Hof als Heiratskandidatin eingeschleust. So kann sie an der Brautwahl teilnehmen. Bisher hat Prinz Lucien allerdings alle Bewerberinnen abgelehnt. Doch von Zera, die so mutig und schön ist, ist er sofort fasziniert. Dass sie eine Attentäterin ist, ahnt er nicht. Zera kann sich keine Gefühle für den Prinzen leisten, aber sie muss welche vorgeben. Ihre innere Stimme, das Monster in ihr, hetzt sie ohnehin pausenlos gegen ihn auf.

Zera wartet auf eine passende Gelegenheit, um die geplante Tat ausführen zu können. Doch immer wieder zögert sie. Dabei hängt ihre Zukunft davon ab, ihr Leben! Aber Lucien gewinnt sie immer mehr für sich und sie kann ihre wahren Gefühle kaum unterdrücken.

Die Ich-Erzählerin Zera ist eine beeindruckende Heldin! Sie ist witzig, frech und schlagfertig! Und auch viele weitere Figuren sind gut durchdacht. Hier insbesondere Luciens Leibwächter Malachite und die Adlige Y’shennria, die Zera als ihre Nichte ausgibt und bei Hofe einführt.

Manchmal glaubt, man im Mittelalter zu sein. Doch es werden viele moderne Ausdrücke verwendet, die dort nicht hingehören. Das Buch spielt also in seiner eigenen Zeit.

Die Handlung ist unterhaltsam und spannend. Actionreiche Szenen werden durch humorvolle immer wieder etwas beruhigt. Zera reagiert, auch in brenzligen Situationen und auch wenn Dialogen aus dem Ruder zu laufen drohen, immer überraschend schlagfertig. Das vermittelt allerdings auch den Eindruck, dass sie ihre Mission und auch sich selbst nicht ganz ernst nimmt.

Auch die Romantik kommt nicht zu kurz. Zera und Lucien nähern sich langsam aneinander an trotz der Widerstände. Ein Knistern beginnt, doch Zera muss dagegen ankämpfen. So sehr sie sich als Herzlose auch nach dem Menschsein sehnt, sie hat eine wichtige Mission zu erfüllen.

Vielleicht ist das Buch, was den Schreibstil betrifft, nicht immer ganz perfekt. Aber es ist ausgesprochen fesselnd und faszinierend! Es hat Spaß gemacht das Buch zu lesen! Und das Ende macht sehr neugierig auf den zweiten Band 2.

Rezension von Heike Rau

Sara Wolf
Heartless, Band 1 – Der Kuss der Diebin
480 Seiten, gebunden
Ravensburger Buchverlag
ISBN-10: 3473401781
ISBN-13: 978-3473401789
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Ulrich Woelk: Der Sommer meiner Mutter

Ulrich Woelk: Der Sommer meiner Mutter

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Die Erzählung führt uns in die Mitte der sechziger Jahre an den Rand einer kleinen Stadt bei Köln: hier lebt das Ehepaar Ahrens in einem neu gebauten Einfamilienhaus mit Doppelgarage und Waschbetonterrasse. Tobi, der Sohn und Icherzähler, ist 11 Jahre alt. Schon bald ziehen neue Nachbarn ein. Sie stellen sich vor als Ehepaar Leinhard mit Tochter Rosa, die mit ihren 12 Jahren schon mitten in der Pubertät steckt.

Die sechziger Jahre werden mit diesen beiden Familien, ihrem Leben, ihren Gedanken und ihren Lebensformen vom Autor kolossal gut charakterisiert. Geht es doch darum, über Verklemmung und Fortschritt zu berichten.

Die Eheleute Leinhard verkörpern die intellektuelle Elite ihrer Zeit mit Adorno, Bloch und der Frankfurter Schule. Professor Leinhard lehrt Philosophie und ist Vertreter einer glühenden Weltbesserung. In den abendlichen Unterhaltungen wird viel vom Geist der damaligen Zeit spürbar. Ein wenig Salonkommunismus spielt in die Gespräche hinein.

Das Ehepaar Ahrens lebt in wirtschaftlich guten Verhältnissen, ist aber sexuell verklemmt, was auch dem Sohn aus nächtlich belauschten Gesprächen seiner Eltern ein wenig spürbar wird. Er kennt sich aber mit der Sexualität noch nicht so aus, denn seine Interessen liegen eindeutig bei der Erforschung des Weltraums.

Herr Ahrens ist ein liebevoller und partnerschaftlicher Vater für seinen Sohn und hält dennoch die Generationenschranke ein, “weil Kindheit schön ist“.

Als seine Frau der neuen Nachbarin nacheifert und Englisch lernen will, um wie diese Kriminalromane aus dem Englischen übersetzen zu können, ist er vollends ratlos! Was sollen die Freunde und Kollegen denken, da er doch gut verdient, und sie ihr Auskommen haben? Bürgerliche Wohlanständigkeit und eben solche Regeln vereinbaren sich schlecht mit der allgemeinen Aufbruchsstimmung hinzu mehr Freizügigkeit in allen Bereichen.

Mit dem Zusammenspiel der beiden Paare wird eine leicht erotisierende Stimmung erzeugt, die auch die beiden Kinder zusammenführt.

Woelk lässt die Zeit der sechziger Jahre neu erstehen. War es doch der Beginn gesellschaftlicher Umwälzungen in Form von Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg, Befreiung der Frauen aus sexueller und wirtschaftlicher Abhängigkeit und ganz allgemein in weiten Kreisen auch Befreiung aus bürgerlichen Zwängen. Kindern wurde Freizügigkeit gewährt, und die Formen pädagogischer Allmacht lösten sich auf. Jeder wollte auf seine Weise an der allgemeinen Aufbruchsstimmung teilhaben.

Aus der Perspektive des 11 jährigen erscheinen die Beobachtungen teilweise naiv und sind von Ahnung, Unwissenheit, Hoffnung und Neugierde gekennzeichnet. Die Sätze sind knapp und kurz und zuweilen in ihrer Naivität auch drollig.

Dass die Geschichte einen unerwarteten und tragischen Ausgang nimmt, lässt sich zu Beginn nicht ahnen. Alles in Allem ist es Ulrich Woelk gelungen, ein Zeitkolorit mit adäquaten Stimmungsbildern zu erfassen. Das Büchlein ist konzentriert und inhaltsreich und sehr empfehlenswert!

Ulrich Woelk
Der Sommer meiner Mutter
189 Seiten, gebunden
C.H.Beck, Januar 2019)
ISBN-10: 3406734499
ISBN-13: 978-3406734496
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Pedro Lenz: Die schöne Fanny

Pedro Lenz: Die schöne Fanny

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Drei Freunde leben in diesem Roman in den Tag hinein: Frank alias Jackpot, Louis und Grunz; letztere sind Maler, Jackpot freier Schriftsteller. Während die beiden Maler noch etwas zustande bringen, ist der Schriftsteller immer vermeintlich auf Erfolgskurs, hat aber fast noch keine Zeile für seinen neuen Roman geschrieben. Sie leben in der kleinen Stadt Olten in der Schweiz.

Die beiden Maler sind schon an die 70 Jahre alt, Jackpot ist nur halb so alt.

Alles dreht sich um die schöne Fanny, ein Modell der beiden Maler, in die sich Jackpot unsterblich verliebt. Er wartet, sucht und findet sie ab und zu wieder, aber sie bleibt nie lange, und für ihn ist sie geheimnisumwittert. Wie sich später rausstellen soll: zu Recht!

Mit einem lockeren, amüsierten Tonfall mit zahlreichen lakonischen Einschüben hat Pedro Lenz seinen Roman garniert. Man liest ihn mit Schmunzeln und ergötzt sich an dem leichtlebigen Dasein der drei Künstler. Der Roman gemahnt an eine Art Schelmenroman, in der es um die unbeschwerte Lebensart und die heitere Liebe geht. Der Ton bleibt immer witzig und locker. Man zieht sich gegenseitig ein wenig auf und verbringt viele Stunden beim gemeinsamen Essen und Trinken. Ausstellungseröffnungen und Begegnungen mit vielerlei Charakteren geben den Roman den Pfiff und eine gewisse Aktualität. Der Text ist angereichert mit durchaus klugen, zuweilen gar philosophischen Gedanken und setzt eine gewisse Bildung voraus. „Ich beschloss, mit dem Nachdenken aufzuhören. Aber mach das mal bewusst, nicht mehr zu denken. Das funktioniert nicht, weil auch der Gedanken, nicht denken zu wollen, gedacht werden muss“. Logisch, nicht wahr?

In der Erzählung von Pedro Lenz geht es u.a. auch um die ganz alltäglichen Dinge wie die Beschaffung von Geld.

Der immer wieder angekündigte Roman von Jackpot bleibt lange nur Fiktion, denn es fehlt ihm an Eingebung. Sein Bruder, ein erfolgreicher Geschäftsmann, unterstützt ihn großzügig mit Geld, so dass er seinem Bohèmeleben frönen kann, ohne zu verhungern.

Man wartet geduldig darauf, dass seine Liebesgeschichte und die Gestaltung seines Romans Formen annimmt. So lange darf man weiter an den ergötzlichen Tagesereignissen teilnehmen.

Ach, aber alles kommt am Ende ganz anders als erwartet! Die Geschichte steuert auf ein gutes Ende zu.

Das Leben: es spielt zuweilen verrückt. In diesem Roman dürfen wir der Leichtigkeit des Seins nachspüren. Spannung darf man nicht erwarten. Man freut sich am Ende an der Auflösung des Rätsels um Fannys Leben und Jackpots Roman und hat unterhaltsame Stunden gehabt. Die Empfehlung des Schweizer Literaturclubs ist gerechtfertigt!

Pedro Lenz
Die schöne Fanny
256 Seiten, gebunden
Kein & Aber
ISBN-10: 3036957677
ISBN-13: 978-3036957678
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Paul Grote: Pinot Grigio stand nicht im Testament

Paul Grote: Pinot Grigio stand nicht im Testament

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Der Fotograf Frank Gatow ist in Südtirol unterwegs, um Weingüter für einen Fotoband zu fotografieren. Werner Kannegießer, ein Winzer, hat ihn dazu eingeladen. Doch vor Ort eingetroffen, muss Gatow feststellen, dass der Kannegießer tot ist. Er soll in der Karibik bei einem Tauchunfall ums Leben gekommen sein. Kannengießers Tochter Theresa glaubt aber, dass es Mord war. Beweise dafür fehlen ihr allerdings. Sie schafft es aber immerhin, Gatows Misstrauen zu wecken.

Bald wird der Fotograf von allen möglichen Leuten angesprochen, in deren Angelegenheit hineingezogen und manipuliert. Offenbar herrscht großer Unfrieden in der Familie. Das zu erwartete Erbe ist Anlass für die extremen Streitigkeiten. Es gibt also ein Motiv. So erhärtet sich der Mordverdacht. Gatow sollte sich besser nicht weiter einmischen. Doch er verpasst den Moment, sich zurückzuziehen, und so steckt er bald mit drin im Intrigenspiel. Die Polizei ist zunächst keine große Hilfe. Sie stützt den Mordverdacht nicht.

Durch den Anfang des Buches muss man erst mal durch. Viel zu langwierig wird in den Krimi hineingeführt. Es geht einfach nicht vorwärts. Doch das Blatt wendet sich. Die Spannung steigt etwas, auch wenn der Autor immer wieder zu Weinproben, Landschaftsbeschreibungen oder politischen Erklärungen abschweift. Natürlich gibt es auch Interessantes zum Thema Wein zu erfahren. Auch wecken die Beschreibungen der Weingüter, die es tatsächlich gibt, Neugier.

Der Fall selbst ist interessant, wenn auch sehr verwickelt. Es ist eine große Aufgabe für Frank Gatow, der ja kein Privatdetektiv ist, hier einen Durchblick zu bekommen. Es geht schließlich um 22 Millionen Euro! Gatow handelt bald auch aus eigenem Interesse, weil er den Nervenkitzel liebt. Den bekommt er auch, als er seine Nachforschungen gegenüber den falschen Leuten bekannt macht.

Rezension von Heike Rau

Paul Grote
Pinot Grigio stand nicht im Testament
448 Seiten, Klappenbroschur
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3423217405
ISBN-13: 978-3423217408
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Jeffrey Eugenides: Das große Experiment

Jeffrey Eugenides: Das große Experiment

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Jeffrey Eugenides gehört zu den großen amerikanischen Erzählern, die in einem Atemzug mit Jonathan Franzen, Siri Hustvedt und Richard Powers genannt werden.

Mit seinem Roman „Middlesex“ machte er vor Jahren Furore.

Nun also hat er einen Band mit Erzählungen vorgelegt.

Auch hier begibt sich der Autor in die Welt der Menschen mit ihren Kümmernissen, Erfolgen und Niederlagen, es geht um Alter, Sterben und Tod. Sehr schön nimmt Eugenides in seiner ersten Erzählung Bezug auf das Buch von Wallis: „Zwei alte Frauen“, die von ihrem Stamm im Norden Alaskas abgehängt wurden, weil sie zu nichts mehr taugten. Hier sind es Cathy und Della, die Freundinnen sind und sich immer umeinander gekümmert haben. Als Della wegen Demenz ins Altenheim abgeschoben werden soll, packen sie die Sachen und entfliehen dem Heim. In Gedanken spult der Autor das Leben der beiden zurück. So entsteht eine Geschichte, die wie ein eigener kleiner Roman anmutet.

Eine Geschichte nach der anderen enthüllt die Wirklichkeit der Protagonisten, ihre Sorgen, Nöte und Liebesabenteuer. Die Geschichten sind nicht immer heiter. So ist das Leben: geprägt von Höhen und Tiefen und immer wieder von Familienbanden, die uns Menschen umgeben und so manche Missgeschicke neben der Nähe und Fürsorge offenbaren. Wir hören von Rodney und Rebecca: sie näht Stoffmäuse, von deren Verkauf die Familie lebt. Rodney frönt der alten Musik und hat sich mit dem Kauf eines Clavichords so übernommen, dass die Schulden ihm über den Kopf wachsen. Wieder eine andere Protagonistin versucht verzweifelt, durch künstliche Befruchtung schwanger zu werden. Mit den Männern hat es nicht geklappt, jetzt ist sie schon vierzig und es wird höchste Zeit für eine Schwangerschaft.

So reiht sich eine Erzählung an die andere. Man sollte Pausen machen zwischen dem Lesen, denn so inhaltsreich, persönlich und empathisch ist jede Erzählung für sich, dass man sie erst in sich nachwirken lassen will, bevor man sich an das nächste Kleinod wagt.

Alles in Allem sind die Geschichten tragisch. Sie handeln von vergehender Liebe, von Vergänglichkeit, von Alter und Tod. Sie handeln davon, wie das Leben ist!

Die Feinsinnigkeit, mit der die Figuren gezeichnet sind, machen das Leseerlebnis aus. Atmosphärisch dicht und wahrheitsgetreu wird hier gezeigt, wie wenig vielversprechend Leben sein kann. Die glücklichen Momente sind nicht von Dauer. Und doch gibt es auch Erfolge beim Lebenskampf und gelegentlichen Überlebensstrategien, die man nur bewundern kann.

Jeffrey Eugenides
Das große Experiment
336 Seiten, gebunden
Rowohlt Buchverlag, November 2018
ISBN-10: 349801675X
ISBN-13: 978-3498016753
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Frank Goldammer: Roter Rabe

Frank Goldammer: Roter Rabe

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Gleich nach dem Ostseeurlaub fährt Oberkommissar Hellers Frau Karin in den Westen. Sie hat überraschend die Erlaubnis bekommen, Sohn Erwin zu besuchen. Heller hat unterdessen einen schwierigen Fall zu lösen. Dabei muss er sich auch um den Haushalt und Pflegekind Anni kümmern. Auch Frau Marquart, in dessen Haus er mit seiner Familie lebt, hat immer größere Probleme mit ihrem Gedächtnis. Dass nun auch noch eine weitläufige Verwandte von Frau Marquart aufgenommen wird, passt ihm nicht. Diese Edeltraud Hermann macht ihn misstrauisch.

Zwei Männer, Zeugen Jehovas, sollen Selbstmord in ihren Gefängniszellen begangen haben. Dabei wäre eine Vernehmung äußerst wichtig gewesen, schließlich standen sie unter Spionageverdacht. Bei diesen nicht nachvollziehbaren Todesfällen bleibt es nicht. Die Explosion in einem Kraftwerk lässt für Heller nur eine Schlussfolgerung zu. Doch wer ist der Drahtzieher? Heller stößt auf Zeitungen, mit denen offenbar Nachrichten übermittelt werden. Doch diese zu entschlüsseln, ist schwierig.

Das Buch ist gut geschrieben. Das Alltagsleben am Anfang der 50-er Jahre ist gut eingefangen. Frank Goldammer Krimis um Max Heller sind immer auch spannende Ausflüge in die Geschichte, hier mit Blick auf die politische und gesellschaftliche Situation in der Anfangszeit der DDR. Die einzelnen Figuren, Hellers Familie und seine Kollegen, hier insbesondere Oldenbusch und der neue Unterkommissar Salbach, sind wie gewohnt gut ausgearbeitet.

Der Fall ist interessant, aber auch sehr undurchsichtig. Heller versucht mit Härte durchzugreifen. Er riskiert nicht selten sein Leben. Karin fehlt ihm und er hat Sorge, dass sie im Westen bleibt, zumal eine erwartete Nachricht ausbleibt. Auch das hat Einfluss auf sein Verhalten. Er muss sich eingestehen, dass er nicht genug Zeit hat, um sich um Anni zu kümmern. Erst jetzt merkt er, was alles an Karin hängen geblieben ist.

Es geht im Buch um Spionage. Und so taucht Alexej Saizev, ein alter Bekannter, wieder auf, der nun für den MGB arbeitet, und dem Raben auf die Spur kommen will. Er behindert Hellers Ermittlungsarbeiten, so wie auch Hellers Chef Niesbach. So überschlagen sich zum Ende hin die Ereignisse und enden in einer Überraschung.

Rezension von Heike Rau

Frank Goldammer
Roter Rabe
Kriminalroman
384 Seiten, Klappenbroschur
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3423262095
ISBN-13: 978-3423262095
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Emmanule Carrère: Der Widersacher

Emmanule Carrère: Der Widersacher

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Emmanuel Carrère hat sich eines Genres für seine Geschichte angenommen, die man nicht anders als eine romanhafte Dokumentation beschreiben kann.

Als er in der Zeitung von einem Hochstapler liest, der innerhalb kurzer Zeit seine nahe Familie umgebracht hat, kann er nicht anders, als sich dieses Falls literarisch anzunehmen.

Diese Erklärung setzt er seiner Erzählung voran.

Er hat Kontakt zu dem Ungeheuer und verfolgt dessen Prozess.

Nun aber einmal langsam: minutiös geht er dem Geschehen nach und erkennt, dass hier wirklich ein kranker Mensch gehandelt hat.

Am 19.Januar 1993 erschlug der vermeintliche Arzt und hoch angesehene Wissenschaftler Jean-Claude Romand zuerst seine Frau, kurz darauf seine beiden kleinen Kinder und danach auch noch seine beiden Eltern mit dem geliebten Familienhund. Er zündete sein Haus an und nahm Schlaftabletten. Unglücklicherweise für ihn rettete ihn die Feuerwehr und seine ganze erlogene Existenz flog auf.

Hier setzt Carrère mit seinem Bericht an. Er befragt die Freunde von Romand, seine Nachbarn und erkundet sein Umfeld. Erschrocken nimmt er zur Kenntnis, dass hier die Abgründe der menschlichen Psyche ihren Ausdruck gefunden hat. Unter der Maske bürgerlicher Wohlanständigkeit mit erfolgreichem Lebensweg verbirgt sich ein Mann, der nichts zuwege gebracht hat: weder sein Arztexamen ist echt noch seine Anstellung bei der WHO in Genf mit häufigen Dienstreisen und Vorträgen überall in der Welt.

Grundlage der finanziellen Existenz dieses Lebens waren großzügige Finanztransaktionen, mit denen Romand vorgeblich durch Anlagen in der Schweiz den arglosen Geldgebern riesige Gewinne versprach. Und hier lauerte denn auch der Fallstrick, der ihn buchstäblich zu Fall brachte.

Wie E. Carrere das alles langsam aufdeckt und den Leser an dieser Erkundungsreise teilnehmen lässt ist atemberaubend und lässt den Leser erschauern. Seine Sprache wird der Brutalität der Vorgänge gerecht; sie ist lebendig und lebensnah, doch lässt sie sowohl den Autor als auch den Leser erstaunen, mit welch einer Leichtigkeit sich Verbrechen begehen lassen.

Wie konnte nur niemand darauf kommen, dass dieses ganze Leben eine Fiktion war?

Man liest das Buch mit höchster Spannung, weil es auch eine Studie über die Psyche eines Mannes birgt, der sich und andere in ein vollständiges Missverhältnis zwischen Wahn und Wirklichkeit führt.

Obwohl ich kein wirklicher Krimifan bin, reizt dieses Buch bis zuletzt als gelungene Sozial- und Psychostudie.

Emmanuel Carrere
Der Widersacher
195 Seiten, gebunden
Matthes & Seitz Berlin, August 2018)
ISBN-10: 3957576121
ISBN-13: 978-3957576125
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