Peter Simon Fenkart: Wurzeln im Sein – Wir sind zur Erfüllung berufen

Peter Simon Fenkart: Wurzeln im Sein – Wir sind zur Erfüllung berufen

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Peter Simon Fenkart schreibt am Anfang seines Buches, er wolle mit „Wurzeln im Sein“ keinen Ratgeber vorlegen, er wolle nur erzählen, wie man seiner Erfahrung nach Erfüllung findet. Fünf Jahre habe er an dem Thema herumgedacht und darüber gelesen und mit anderen darüber gesprochen und sich – wie man so sagt – damit auseinandergesetzt. Und nun …

… hat man als Leser einen Ratgeber in der Hand, einen, der sehr gute Tipps dafür gibt, wie man den Zustand Erfüllung (oder wenigstens Zufriedenheit) erreichen kann. Ich zumindest fand genau die „Handlungsanweisungen“, die meiner Erfahrung nach zum Erfolg führen. Dabei geht es nicht um Atemübungen, Meditationsformeln oder Vorschriften der Art „Lebe vegan!“, „Zieh aufs Land!“, „Tritt einer Hilfsorganisation bei!“ oder dergleichen. Nein, es läuft auf eine tiefgreifende innere Veränderung hinaus, die nicht unbedingt den Charakter eines revolutionären Umbruchs haben muss, sondern eher evolutionär abläuft.

Aber fangen wir von vorn an, mit der Frage, was „Erfüllung“ eigentlich ist. Für Fenkart ist dieser Zustand nicht dasselbe wie „Glück“, denn dieses sei nur ein vorübergehender Zustand, ein relativ rasch erlöschendes Hochgefühl. Ein Rausch gewissermaßen. Wie bei anderen Räuschen ist man geneigt, nach dessen Abklingen einen neuen Rauschschub zu suchen, und in der Regel braucht man dafür einen noch ein stärkeren Stimulus und einen noch stärkeren und einen noch stärken … und ehe man sich versieht, ist man die meiste Zeit damit beschäftigt, dem Rausch nachzujagen. Dabei fühlt man sich zunehmend unzufrieden, weil es immer schwerer wird, „Glück“ zu empfinden und dieses Gefühl, wenn man es doch erreicht, immer weniger hoch brandet. Erfüllung hingegen brandet nicht hoch – auch wenn sie durchaus Glücksmomente bringt – und geht zugleich doch über ruhige Zufriedenheit hinaus. Sie ist mit dem Gefühl verbunden, Teil von etwas Größerem zu sein, den Blick auf oder in etwas Größeres werfen zu können. Das kann etwas Spirituelles oder Religiöses sein, wissenschaftliche Erkenntnisse, die sich zu einem intuitiven Verstehen des Ganzen weiten, das Finden von haargenau dem Platz im Leben, für den man sich berufen fühlt, der einem als Sinn seines Lebens fühlbar wird.

Peter Simon Fenkart betrachtet in dieser Anfangsphase des Buches diesen Unterschied zwischen Glück und Erfüllung, schaut auf das Phänomen Berufung, entwirft ein Etagenmodell, in dem die Befriedigung elementarer Bedürfnisse als Kellergeschoss, die „übliche“ Zufriedenheit mit Glücksmomenten als Erdgeschoss und der Zustand der Erfüllung als oberste Etage formuliert sind. Daran macht er klar, dass zum einen die oberen Geschosse ohne die unteren keinen Halt hätten, zum anderen aber eine Durchlässigkeit nötig ist: Man lebt nicht ständig ganz oben, manchmal muss man profane Kellerjobs machen – wichtig ist, dass man den Weg nach oben kennt und so oft wie möglich auch geht.

Schon in diesen Abschnitten des Buches betont Fenkart immer wieder, dass Erfüllung einem nicht zufällt. Der Weg dahin beginnt mit dem Beschluss, Erfüllung finden zu wollen. Das klingt trivial, ist es aber nicht. Fenkart erklärt in diesem Zusammenhang den Unterschied zwischen Wünschen und Wollen. Das tut er – wie fast immer im Buch – wortreich und mithilfe verschiedener Bilder. Das mag redundant wirken und wahrscheinlich ist es das auch. Aber das ist bei diesen Projekt auch nötig, denn es geht in dem Buch nicht darum, eine Abhakliste zu erstellen, sondern das Innere des Suchenden so zu formen, dass er erfolgreich bei seiner Suche sein kann. Es geht um nichts Geringeres als eine psychische Umschulung, ein Ändern von Automatismen, von Denk- und Verhaltensmustern. Es geht um eine Modifizierung des Unbewussten und – und das vor allem – einen neuen Zugang zum Unbewussten. Und das braucht Zeit, braucht übende Wiederholung.

Das alles bringt Peter Simon Fenkart allerdings in viel bodenständigeren Worten an den Leser als ich es hier zusammenfassen kann. Deshalb ist das Projekt ja auch ein etwa 200 Seiten dickes Buch und nicht nur ein Artikel, der die Schlüsselworte nennt und kurz erläutert. Vor allem aber lässt es sich deutlich besser lesen.

Im Buch geht es nach der Beschlussfassung … nein nicht mit dem „Umkrempeln der Lage“ weiter, sondern mit der Beschäftigung mit dem Ist-Zustand. Unmittelbar damit verbunden ist das Erlernen von „Achtsamkeit“, wie es neuerdings genannt wird, wenn man wahrnimmt, was um einen herum passiert und – und das ist das Wichtigere – was das in einem auslöst. Erst danach geht es darum, sich, sein Verhalten und – wenn nötig – sein Umfeld so zu verändern, dass das, was man da wahrnimmt, sich richtig anfühlt. Richtig in Bezug auf das Ziel, auf die Erfüllung, die Berufung, den Sinn – Fenkart zäumt da das Pferd von verschiedenen Seiten her auf.

Während er zu „Erfüllung“ und „Berufung“ bereits die Methode unterfütternde Betrachtungen angestellt hat, widmet sich Fenkart im Mittelteil des Buches der Sinnfrage. Aus meiner Sicht nicht sehr glücklich, auch wenn man den Bereich nicht ganz weglassen kann. Immerhin ist „Was für einen Sinn hat mein Leben denn?“ die häufigste Formulierung in diesem Themenkreis. Fenkart spricht dazu von einem Sinn, der angeblich jedem Menschen eigen ist, und den jener finden muss, um Erfüllung zu erlangen. So, als sei es haargenau dieser eine Diamant, ohne den alles unfertig bliebe. Und wie bei einer Schaufel, die sich ja auch ihren Sinn nicht selbst geben könne, würde es auch für den Menschen einen externen Sinnstifter geben. Dieser habe vernünftigerweise den Menschen mit allem ausgestattet, was nötig ist, um diesen Sinn zu finden, und er würde ihn mittels „Leitplanken“ – gemeint sind schmerzliche Ereignissen – unterstützen, auf dem richtigen Weg zu bleiben. Dass man da berechtigterweise fragen kann, wieso dieser Stifter den Menschen nicht einfach so den Sinn erfüllen lässt, sondern sogar in Kauf nimmt, dass viele, sehr viele Menschen diesen Sinn nie finden, nie Erfüllung finden, zwingt den Autor zu einer nicht ganz handfesten Abhandlung über den freien Willen. Hier klingt das Wortreiche dann auch eher schwaflig, wie man es oft findet, wenn jemand gedanklich noch nicht zum Punkt gekommen ist oder der Punkt nicht wirklich in das Gesamtkonstrukt passt, sondern mühsam hineingeredet werden muss.

Wer dieses Buch liest – und ich empfehle das durchaus – sollte also in diesem mittleren Bereich Vorsicht walten lassen. Anders als Fenkart am Anfang des Buches behauptet, ist es nämlich nicht unerheblich, welches Modell man einer Methode zugrunde legt. Das Motto „Hauptsache, es funktioniert“ gilt nur in dem auf die eine Sache begrenzten Maß. Nehmen wir das Beispiel Barbara Pachl-Eberhart. Diese Frau hat innerhalb kurzer Zeit erst ihren Mann dann ihre beiden kleinen Töchter an den Tod verloren. Sie schrieb ein Buch über die Zeit danach („Warum gerade du?“), das vielen Menschen half. Nach Fenkarts These war es also nicht ihre Bestimmung, nicht ihr Sinn, diesem Mann und diesen Kindern Frau bzw. Mutter zu sein. Was sie in jenen Tagen an Erfüllung fühlte, war demzufolge Selbstbetrug. Schlimmer noch: Was war dann der Sinn des Mannes und der Kinder?

Stellen wir die Sache mal auf die Füße: Es gibt keinen „objektiven“ Sinn. So wie die Schaufel an sich keinen Sinn hat, sondern der Sinn sich erst im Einsatz der Schaufel – zum Schippen, zum Dekorieren, zum Morden oder als provisorischer Ersatzzaunspfahl – ergibt, so ergibt Sinn erst im Handeln des Menschen. Und so, wie der Schaufelbenutzer den momentanen Sinn der Schaufel bestimmt, so bestimmt der handelnde Mensch den Sinn seines Handeln (Nachdenken, Planen etc. eingeschlossen). Noch ein Haken bei Fenkarts Ansatz: Wenn der Mensch nur Erfüllung spürt, wenn er seine ihm aufgetragene Aufgabe erfüllt, wie kann es dann sein, dass er schon mit Erfüllung „belohnt“ wird, wenn er die Aufgabe nicht erfüllt, sondern nur daran arbeitet? Selbst Fenkart betont aber – völlig zu Recht aus meiner Sicht – dass Erfüllung eben nicht vom Abschließen einer Arbeit abhängt.

Nachträglich wundere ich mich, dass Peter Simon Fenkart in der Unterüberschrift des Buches schon einen Schlüsselsatz sagt, den er im Buch selbst jedoch nicht aufgreift. „Wir sind zur Erfüllung berufen“ steht vorn drauf – drinnen wird aber von allen möglichen Berufungen geredet, außer eben der, nach Erfüllung zu streben. Dabei wäre das der am besten handhabbare Ansatz. Die Verbindung zur Sinn-Frage, wie sie in der Regel gemeint ist, stellt Fenkart in seinem Buch selbst her: Am besten dienen wir der Gemeinschaft oder eine Sache, wenn wir nicht mit uns um möglichst viele Glücksmomente kämpfen. Es ist in jeder Sichtweise – egal ob mit Sinnstifter oder ohne – sinnvoll, Erfüllung zu fühlen und mit der daraus erwachsene Kraft und Ausstrahlung eine wie immer geartete Aufgabe zu erfüllen.

Und sogar die „Methode“, die Fenkart de facto vermittelt, ist völlig unabhängig davon, ob man an einen Sinnstifter glaubt oder Naturgesetze als das nimmt, was sie sind (sie haben keinen Sinn, denn sie sind ziellos, sie beschreiben nur Zusammenhänge). Am Ende geht es „nur“ darum, zu lernen. Zu lernen, äußere An/Forderungen als solche zu erkennen. Zu lernen, innere An/Forderungen wahrzunehmen, also der ureigenen Bedürfnisse gewahr werden, die sich im Unbewussten manifestieren und sich per Emotion oder unerwarteter Handlung – „Keine Ahnung, warum ich das eben gemacht habe.“ – ins Bewusstsein spiegeln. Und zu lernen, im Handeln (Denken und Planen inklusive) dieses Innere zu seinem „Recht“ kommen zu lassen, es nicht zu ignorieren, zu übertönen oder dauerhaft zu unterdrücken. Dieser „Achtsamkeit“ widmet Fenkart im Kapitel, in dem er die „Säulen“ für den „Berufungsweg“ zusammenfasst, dann auch die meisten Seiten.

Dann kommt das Buch auf die „Schlussgerade“. Hier ist dies und das erwähnt, was als Ergänzung dienen kann, insbesondere die Berufung rückt noch einmal in den Mittelpunkt. Vor allem der Aspekt, den Fenkart schon am Anfang in seiner erfrischenden Art so beschrieb: „Ich bin davon überzeugt, dass es Berufungen in allen Kollektionsgrößen gibt. Dabei müssen wir nichts ,von der Stange‘ nehmen …“

Fazit: Denkt man sich die mittleren Passagen des Buches vereinfachend in „es gibt einen Sinn (egal, wer den bestimmt)“ um, dann hat man mit diesem Buch einen recht universellen Schlüssel auf dem Weg zu Erfüllung oder wenigstens zur Zufriedenheit in der Hand. Wie man das konkret anstellt mit der Achtsamkeit und dem Loslassen und all dem, muss man selbst erkunden – Fenkarts Entspannungstipps zum Beispiel taugen für mich überhaupt nicht –, aber das ist ja immer so bei einem guten Coaching. Auch, dass es Zeit braucht und stetes Tätigsein, vor allem im Geiste. Zu diesem Zweck kann man gut und gerne öfter in „Wurzeln im Sein“ reinschauen – Fenkarts Vorschlag, das Buch nach der Lektüre weiterzugeben, ist also nicht sein bester Rat.

Peter Simon Fenkart
Wurzeln im Sein – Wir sind zur Erfüllung berufen
BOOKSun limited, Februar 2015
ISBN-13: 978-3941527188
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Milan Kundera: Das Fest der Bedeutungslosigkeit

Milan Kundera: Das Fest der Bedeutungslosigkeit

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Betrachtungen mit philosophischem Hintergrund.

Milan Kundera hat uns 15 Jahre auf seinen neuen Roman warten lassen. Der letzte erschien im Jahr 2000 unter dem Titel “Die Unwissenheit.“ Am bekanntesten ist der Roman von der „…unerträglichen Leichtigkeit des Seins“. Wie die Titel seiner Werke schon erkennen lassen, sind seine Erzählungen durchdrungen von tiefenpsychologischen und philosophischen Fragen über das Wesen des Menschen und seiner Abgründe.

In seinem neuen Roman begegnen wir vier Freunden unterschiedlichen Alters, die sinnierend ihrem Alltag nachgehen.

Der eine und andere spaziert durch den Jardin du Luxembourg in Paris; Charles, einer der Haupterzähler, amüsiert mit Anekdoten aus dem Leben Stalins; Alain denkt über die Beziehungen zum weiblichen Geschlecht nach, Caliban, der Schauspieler, schlüpft gerne in fremde Rollen. Ramon schließlich, der Älteste von allen, sieht dem Treiben seiner Freunde zu. Ihre Gespräche zielen immer auf Fragen nach dem tieferen Sinn des Lebens, sind zuweilen schwierig meist jedoch leicht und humorig in ihrer Diktion. Wie tief ihre Gedanken bei ernstem Hintergrund verweilen, besagen Aussagen wie diese, die Charles aus einem Buch von Chruschtschow zitiert:

“Die Zeit rennt. Dank ihr sind wir zunächst Lebende, was bedeutet: Angeklagte und Verurteilte. Dann sterben wir und bleiben noch ein paar Jahre bei denen, die uns gekannt haben, aber sehr bald folgt eine andere Veränderung: Die Toten werden alte Tote, niemand erinnert sich mehr an sie, und sie verschwinden im Nichts; nur einige, sehr, sehr wenige, hinterlassen ihren Namen in den Gedächtnissen, verwandeln sich jedoch, ohne jeden authentischen Zeugen, jede echte Erinnerungen, in Marionetten….“

Um Alains Geburt gibt es ein Geheimnis. Die imaginären Gespräche mit seiner Mutter, die ihn gleich nach seiner Geburt verlassen hat, führen zu der Erkenntnis, dass Geborenwerden und Sterben nicht unserem Willen unterworfen sind. Auch die Individualität des Menschen unterliegt eigenen Gesetzen; ist sie vielleicht nur eine Illusion?

Die vorgetragenen Thesen spiegeln zahlreiche Fragen, mit denen sich unsere Helden beschäftigen.

Ein wenig schaut die Sinnlosigkeit aus allen Ecken, und doch hört man dieses: wir leben! Als Tenor der Gespräche.

Selten habe ich ein so hintergründiges, tiefschürfendes und gelegentlich verrücktes Buch gelesen wie dieses.

Kundera bezieht sich in seinen Betrachtungen über das Leben auf Philosophen wie Schopenhauer, Hegel und Kant.

Die Handlung besteht aus Episoden. Zeit und Orte wechseln. Man erfährt aber genug, um von jedem einzelnen der Protagonisten einen Eindruck zu gewinnen. In den Gesprächen geht es immer wieder um die Frage unserer menschlichen Bedeutung für heute und immer. Als Fazit kann man konstatieren: wir haben keine!

Zuletzt ist es die Comédie Humaine im Sinne Balzacs, die dieser Roman zeigt: wir alle sind Spieler in dem großen Lebensspiel, in dem jedem seine besondere Rolle zugedacht ist.

Für anspruchsvolle Leser ist die Lektüre ein Gewinn!

Milan Kundera
Das Fest der Bedeutungslosigkeit
144 Seiten, gebunden
Carl Hanser Verlag, Februar 2015
ISBN-10: 3446247637
ISBN-13: 978-3446247635
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Julia Jessen: Alles wird hell

Julia Jessen: Alles wird hell

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Oda hat eine große Familie, die sie von Kindheit an trägt. Mit allen Höhen und Tiefen. Sie nimmt, was das Leben für sie bereit hält, ohne nach Konsequenzen zu fragen. Vor allem, als sie jung ist. Sie entscheidet unkonventionell und auch mal jenseits von Moralvorstellungen. Es ist so schwer, anerkannt zu werden und Liebe zu finden. Aber es geht nicht immer nur nach ihren Vorstellungen. Die Menschen in ihrem Umfeld sind, wie sie sind. Ihre Denkweisen und Handlungen nachzuvollziehen, ist nicht einfach. Ein gewisser Abstand muss also immer gewahrt werden. Oftmals wird Nähe aber auch gar nicht erst zugelassen. Diese Oberflächlichkeit ist für Oda nicht leicht zu ertragen.
Mit ihrem Partner ist sie glücklich. Mit ihm und dem kleinen Sohn lebt sie in einem schönen Haus. Auch beruflich läuft alles bestens. Es ist also alles gut, bis sie sich ein zweites Kind wünscht, das ihr Mann nicht haben will. Für Oda steht eine Entscheidung an. Sie könnte Ulf heiraten oder ihn verlassen oder beides tun.

Julia Jessen beschreibt in ihrem Buch ein ganzes Leben. Als Leser begleitet man Oda auf diesem Weg und nimmt Anteil. Denn nicht immer ist das Glück auf ihrer Seite. Nicht immer kann sie ihre Vorstellungen vom Leben verwirklichen und dennoch muss es immer weitergehen. Mit viel Gefühl und auf eine tiefgehende Art und Weise entwickelt die Autorin diese Geschichte, die immer wieder auch sehr traurige Züge annimmt. Das ist sehr ergreifen und lässt natürlich auch über das eigene Leben nachdenken und den Umgang mit den Belastungen, die es so mit sich bringt, die unausweichlich sind, was immer man auch tut. Oda zumindest nimmt die Dinge mit dem Älterwerden und der wachsenden Lebenserfahrung nicht mehr ganz ernst, findet zu mehr Gelassenheit, und das tut ihr gut.
Es steckt viel in diesem Buch. Schließlich umfasst es die Spanne eines ganzen Lebens.

Rezension von Heike Rau

Julia Jessen
Alles wird hell
304 Seiten, gebunden
Verlag Antje Kunstmann
ISBN-10: 3956140249
ISBN-13: 978-3956140242
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Édouard Louis: Das Ende von Eddy

Édouard Louis: Das Ende von Eddy

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Geboren im Elend und auferstanden…

Mit ungeheurer Sprachgewalt zieht uns dieser Roman von Édouard Louis in seinen Bann. Hier spricht einer aus Erfahrung vom Abgrund des Daseins.

Hoch im Norden Frankreichs befindet sich ein Dorf in der Picardie, in dem die Handlung angesiedelt ist. Die Männer arbeiten in der Fabrik, und die Frauen haben sich um die zahlreichen Kinder zu kümmern und müssen das Überleben der Familie sichern. Ein „Fehler“ in ihrer Entscheidung kann das ganze Budget über Bord werfen. Die Mutter erkannte nicht, … “das, was sie ihren Fehler nannte, ganz im Gegenteil durch ein Regelwerk vollkommen absehbarer Mechanismen bedingt war, geradezu ausweglos von vornherein festgelegt.“ (S.64)

Als kleiner, schmächtiger Junge wird Eddy schon von seinem Vater als Enttäuschung erlebt. Er ist kein „ganzer Kerl“ im Sinne der Gemeinschaft. Da muss man stark und durchsetzungsfähig sein. Von Jungen in seiner Schule wird er gehänselt und malträtiert. Seine feminine Seite fordert zu Quälereien heraus, die unmenschlich erscheinen. Sein Schwulsein macht ihm schwer zu schaffen, und der von ihm beschriebene Kampf gegen das Anderssein ist erschütternd. Grausamkeit ist Bestandteil in einer Gesellschaft, die beständig am Abgrund lebt. Hier herrschen raue Sitten in den Familien und in der Dorfgemeinschaft.

Kälte, Hunger, Alkohol und dürftigste Lebensbedingungen haben zu einer Verrohung der Umgangsformen beigetragen. Wut, Angst, Hass und Gewalttätigkeit prägen das Leben. Da ist der kleine, zarte Eddy Opfer nicht nur seiner Mitschüler, sondern gleich der ganzen Dorfgemeinschaft. Als Schwuchtel und Tussi wird er, der so gerne in Mädchenkleidern lebt und mit Puppen spielt, verhöhnt. Das ist ein schreckliches Leben. Archaische, patriarchale und gewalttätige Machtstrukturen machen das Leben und Überleben schwer.

Die Dürftigkeit der Behausungen und die Armut erinnern an die Romane von Émile Zola, der die Not der Fabrikarbeiter als Folge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert in seinen Romanen heraufbeschworen hat.

Die Sprache ist rüde und ungepflegt. Eddy durchläuft alle Schikanen der Erniedrigung, bis er sich aus diesem Sumpf zu befreien lernt.

Dieser Roman ist von außerordentlicher Brisanz. Zeigt er doch das Elend der Menschen in den „Banlieue“, den Randgebieten um Frankreichs Großstädte herum und in den großen Industriezentren.

Die differenzierte Betrachtungsfähigkeit von Édouard Louis ist beachtlich und zieht einen absolut in Bann. Das Bild auf dem Klappentext zeigt einen empfindsamen und wachen jungen Mann. Er studiert inzwischen Soziologie in Paris. Sein altes „Ich“ hat er hinter sich gelassen. Sehr lesenswert!

Édouard Louis
Das Ende von Eddy
208 Seiten, gebunden
FISCHER, Februar 2015
ISBN-10: 3100022777
ISBN-13: 978-3100022776
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Minette Walters: Der Nachbar

Minette Walters: Der Nachbar

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Sicherlich, es war nur eine Frage der Zeit, bis ich einen Roman von Minette Wolters in den Händen halte. Bei meiner Englandaffinität muss schließlich ein solcher Roman von mir gelesen werden. Die britische Schriftstellerin ist dafür bekannt, dass ihre Krimis und Thriller einen starken britischen Charakter aufweisen. Ihr Roman „Der Nachbar“ erschien 2001 und verbindet auf hervorragende Weise die Kriminalermittlung um ein vermisstes Mädchen mit einem gänzlich anderen Thema.

Darum geht es in dem Roman: In der Sozialsiedlung Bassindale bei Southampton schlägt bei der Bevölkerung die Aufregung in Chaos um. Ein zehnjähriges Mädchen ist verschwunden. Die Leute sind besorgt. Da sickert dank einer Sozialarbeiterin durch, dass in der Siedlung ein Sexualstraftäter unter einer neuen Identität einquartiert worden war. Die Erregung der Leute um das Verschwinden des kleinen Mädchens schlägt um in Hass. In Demonstrationen wollen sie ihrer Wut freien Lauf lassen. Doch unter die Demonstranten mischen sich auch randalierende Jugendliche. Unter Alkohol- und Drogeneinfluss basteln sich die Jugendlichen Benzinbomben und wollen diese gegen den Kinderschänder, den sie für den Entführer des kleinen Mädchens halten, einsetzen. Das kleine Viertel verwandelt sich in einen Hexenkessel. Es gibt Tote und zahllose Verletzte. Während ein großes Polizeiaufgebot unter Zuhilfenahme eines Polizeihubschraubers versucht wird, der Lage in dem Viertel Herr zu werden, forciert eine kleine Einsatzgruppe der Polizei die Ermittlungen im Falle der verschwundenen Amy.

Die Autorin hat den Roman in zwei Parallelhandlungen aufgeteilt. Da ist zum einen der Strang um die Ausschreitungen in dem Sozialviertel und zum anderen die Jagd und Suche nach dem Mädchen und ihrem Entführer. Gespickt wird die Handlung immer wieder mit Protokollen von der Polizei, die dem Ganzen den Hauch einer Liveberichterstattung geben. Vom Polizeihubschrauber aus wird die ganze Szenerie beobachtet und immer wieder ein Überblick über die Randalierer gegeben. Als die Randalierer das Oberwasser gewinnen, geraten selbst die Initiatoren der Demonstrationen in das Fadenkreuz dieser Rowdys. Der erste Tote allerdings ist selbst einer von den Randalierern, der durch seine eigene Benzinbombe in Brand gerät. Die hilfsbereite Ärztin gerät in die Fänge des Sexualstraftäters und seines Vaters. Dieser ist polnischer Abstammung und geht wahrlich nicht zimperlich mit der Ärztin um. Auch das gesamte Chaos im Viertel ist bildhaft beschrieben und versetzt den Leser in eine chaotische Ausnahmesituation. Chronologisch parallel erfährt der Leser von der Suche nach den zehnjährigen Mädchen. Dabei kommt es immer wieder sporadisch zu Kontakten mit den Leuten im Ausnahmezustand. Informationen werden hin und her gegeben. Aber zu einem wirklichen Zusammenführung beider Stränge wird es nicht kommen. Beide Stränge sind aufregend und spannend. In beiden Handlungsverläufen werden die Ursache für das Verschwinden des Mädchens aufgezeigt.

Die Aufmachung des Taschenbuches ist ansprechend. Neben den Protokollen der Polizei ist gleich zu Beginn eine Karte des Stadtteils mit den Straßen abgebildet, auf die der Leser immer wieder zurückgreifen kann, wenn die Straßennamen in der Handlung beschrieben werden. Das Flair der englischen Stadt und der englischen Landschaften kommt ausreichend rüber. Darauf liegt sicherlich nicht das Hauptaugenmerk der Schriftstellerin, aber wer die Großstädte in England kennt, kann eine gute Vorstellung von dem Sozialviertel bekommen. Die südenglische Stadt Southampton macht darin keinen Unterschied.

Der Roman ist extrem lesenswert und bietet eine gute Unterhaltung.

Walters, Minette
Der Nachbar
Aus dem Englischen von Mechtild Sandberg-Ciletti
Goldmann, München
ISBN 9783442457151
© Detlef Knut, Düsseldorf 2015
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Wie ich aus Versehen eine Bank ausraubte (Buchvorstellung)

Wie ich aus Versehen eine Bank ausraubte (Buchvorstellung)

Im Rahmen des FeuerWerke Verlags erscheinen ausgewählte Romane aus Leselupe-Kreisen als Taschenbuch und eBook. Den dritten Roman möchten wir Ihnen hier vorstellen:

Nach den Bestsellern „Vincent will Meer“ und „Ein Tick anders“ folgt mit „Wie ich aus Versehen eine Bank ausraubte“ nun ein dritter großer Roman, der sich auf liebevolle und unterhaltsame Weise der Thematik Tourette widmet. Unterstützt wird das Buch vom „InteressenVerband Tic und Tourette Syndrom e.V.“, dem 10% der Bucheinnahmen zu Gute kommen.

Jan ist verliebt in Laura. Ein Teufelsweib! Sie macht die lustigsten Grimassen, schreit die tollsten Ausdrücke und mit ihr kann man einfach Pferde stehlen gehen. Und Geld. Denn mit der jungen Frau raubt Jan „unfreiwillig“ eine Bank aus. Unfreiwillig, weil Laura unter dem Tourette-Syndrom* leidet und manchmal Worte ausstößt, die sie weder so meint noch kontrollieren kann. Doch der manchmal leicht begriffsstutzige Jan liebt sie gerade dafür.

Das ungleiche Paar macht sich mit der Beute auf eine verrückte Reise durch halb Europa. Dabei lernen sie nicht nur Paris, London, Brüssel und Mallorca kennen, sie beginnen auch zu verstehen, was es heißt, zu vertrauen. Und was es heißt, wenn gegenseitiges Vertrauen missbraucht wird. Doch am Ende wird (fast) alles gut und für Jan und Laura geht es um die große Frage nach der Liebe…

Ein unterhaltsamer, Mut machender, humorvoller und sensibler Entwicklungs- und Reiseroman über zwei unendlich liebevolle Protagonisten, die gemeinsam ihre eigene Welt entdecken und im Leser so Verständnis, Mitgefühl und Nächstenliebe wecken. Seit dem 19.02.2015 als Taschenbuch und eBook im deutschen Buchhandel erhältlich. Mit 10% ihrer Einnahmen unterstützen der Verlag und Autor den „InteressenVerband Tic und Tourette Syndrom e.V.“.

Titel: “Wie ich aus Versehen eine Bank ausraubte”
Autor: Simon Bartsch
Genre: Roman/Humor/Reise
Verlag: FeuerWerke Verlag
Jahr: 2015
ISBN eBook: 978-3-945362-05-1
ISBN Taschenbuch: 978-3-945362-06-8
Leseprobe: PDF
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Richard Stark: The Hunter

Richard Stark: The Hunter

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Seine eigene Frau sollte auf ihn schießen und ihn töten. Es sieht auch danach aus, als hätte sie ihn erwischt. Niemand weiß, dass er wieder auf die Beine gekommen ist. Ein Unglück kommt selten allein und so greift den scheinbar verwahrlosten Mann die Polizei auf und setzt ihn fest wegen Landstreicherei. Dass er ein Verbrecher und Mörder ist, weiß hier keiner. Und auch nicht, dass er bereits Rachepläne ausbrütet. Im Plänemachen ist Parker unschlagbar. Ihm gelingt jeder Coup. Das letzte Mal ist er allerdings betrogen worden. Der Name des Mannes, der auf seiner Abschussliste steht, ist Mal Resnick.
Parkers Frau Lynn wird wissen, wo er ist und auch sie hat eine Rechnung an Parker zu bezahlen. Parker geht wie gewohnt akribisch vor. Er hat alle Zeit der Welt. Und wer sich ihm in den Weg stellt, wird kalt gemacht. Auf eine Leiche mehr oder weniger kommt es nicht an. Dass er sich dabei gegen ein ganzes Kartell stellt, macht die Sache nur noch spannender.

Diesmal geht es ausschließlich um Rache. Schließlich kann Parker es nicht hinnehmen, dass er auf so üble Weise gelinkt worden ist, und auch noch seinen Anteil aus dem letzten Coup verloren hat. Seine Pläne und seine Vorgehensweise beschreibt der Autor sehr genau. Da sitzt jeder Gedanke, jedes Wort und jeder Handgriff. Parker zeigt sich skrupelloser als man es aus den anderen Büchern gewohnt ist. Er kennt kein Pardon. Als wäre er unsterblich. Diese Verbissenheit wird schonungslos dargestellt. Da bleibt einem als Leser der Atem weg. Aber es ist natürlich auch sehr spannend. Denn Parker handelt planvoll und intelligent. Er ist ein Gauner, ein Mörder, aber auch ein Genie. Und jeder der hier zu Tode kommt, hat selbst genug auf dem Kerbholz und hat es nicht anders verdient, so seine Rechtfertigung. Das Buch liest sich gut! Man wird als Leser förmlich durch die Seiten gejagt. Aber wie diese Jagd ausgehenen wird, vermag man nicht zu sagen, auch wenn man es ahnen kann.

Rezension von Heike Rau

Richard Stark
The Hunter
Aus dem Englischen von Nikolaus Stingl
192 Seiten, gebunden
Paul Zsolnay Verlag
ISBN-10: 3552057153
ISBN-13: 978-3552057159
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Matthew Thomas: Wir sind nicht wir

Matthew Thomas: Wir sind nicht wir

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Familiengeschichte in Amerika.

In einem breit angelegten Epos wird hier über die Geschichte einer irischen Einwandererfamilie in Amerika berichtet. Die Zeit umfasst beinahe ein halbes Jahrhundert: von 1941 bis 2000.

Beginnend mit dem Jahr 1952 erzählt Matthew Thomas die Geschichte der Familie Tumulty und hier insbesondere der Tochter Eileen. Sie wurde 1941 in die ärmlichen Verhältnisse, in denen ihre Eltern lebten, geboren und verbrachte intensive Jahre mit ihrem Vater, den sie sehr verehrte. Doch steht es nicht zum Besten mit der Ehe der Eltern. Der ewige Geldmangel und der Alkohol nehmen allmählich alle Kräfte gefangen. Eileen hat nur den einen Wunsch: diesem Elend zu entkommen! Sie ist intelligent und fleißig und schafft es bis zur Pflegedienstleiterin als Krankenschwester.

Erst als ihr der sensible und feinfühlige Ed Leary begegnet, hofft sie auf bessere Zeiten. Zunächst sieht es auch danach aus. Doch Eileen muss feststellen: Leary lebt nur für seine Wissenschaft. Selbst Aufstiegaussichten und Beförderungen lassen ihn kalt. Für die Bedürfnisse seiner Frau und später seines Sohnes zeigt er nur wenig Einfühlungsvermögen und Sinn.

Das Auf und Ab der Zeiten, Hochzeiten, Geburten und Sterbefälle bestimmen das Geschehen. Matthew Thomas weiß seine Geschichte nachhaltig mit Leben zu füllen. Motiviert durch seine detaillierte Erzählweise vertieft man sich ganz in das beschriebene Mittelschichtmilieu. Die Lebensweisen sind geprägt vom Arbeitsalltag und von losen und unverbindlichen Freundschaften. Mit den Augen von Thomas durchdringt man die Welt der einfachen Leute, die sich durch die Zeiten quälen, immer in der Sorge um das Fortkommen und das Geld. Der gemeinsame Sohn von Ed und Eileen durchlebt seine Kindheit und Jugend, ohne dass die Eltern etwas von seinen kleinen oder großen Nöten ahnen. Hier wird über die Geschichte eines Alltags berichtet, den jeder aus einer anderen Perspektive und unter unterschiedlichen Zielsetzungen und Hoffnungen erlebt. Wunderbar eingängig ist dieses Amerika mit seinen Möglichkeiten aber auch Einschränkungen.

Die Stärke des Romans beruht auf den Details amerikanischer Kleinbürgerlichkeit. Immer fehlt etwas zum vollkommenen Glück. Auf irgendeine Weise scheitern die Personen an ihrer eigenen Unzulänglichkeit. Eileen, Ed und ihr gemeinsamer Sohn Connell wachsen dem Leser ans Herz und man verfolgt ihre Schicksale mit angehaltenem Atem. Ob sie alle ihr Glück finden werden? Die Hoffnungen sind groß, doch die Realität zeigt sich von einer unerwartet grausamen Seite. So ist das Leben! Und wie immer sind amerikanische Erzähler Meister in ihrem Fach: Leben mit allen seinen Brüchen und Glücksmomenten festzuhalten!

Matthew Thomas
Wir sind nicht wir
896 Seiten, gebunden<
Berlin Verlag, Februar 2015
ISBN-10: 3827012066
ISBN-13: 978-3827012067
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Britta Schwarz und Carsten Märtin: Meine Brille kann zaubern!

Britta Schwarz und Carsten Märtin: Meine Brille kann zaubern!

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Die vierjährige Emma erfährt bei einem Augenarzt-Termin, dass sie nun eine Brille tragen muss. Aber Emma meint, keine zu brauchen. Außerdem findet sie Brillen doof. Leon aus dem Kindergarten hat zwar auch eine, aber den kann sie nicht leiden. Als sie sich dann beim Optiker eine Brille heraussuchen soll, macht Emma ein riesiges Theater.

Zuhause steckt Emma die neue Brille einfach in die Spielzeugschublade. Sie aufzusetzen, kommt nicht infrage. Als Leon ihr dann im Kindergarten erzählt, dass seine Brille zauber kann, wird Emma neugierig. Tatsächlich sieht er Dinge, die sie nicht sehen kann. Es scheint also tatsächlich so zu sein, dass eine Brille zaubern kann. Und dann zu Hause setzt Emma ihre neue Brille auf und ist ganz erstaunt, über das, was die Brille sie sehen lässt.

Eine anfängliche Abneigung gegen eine Brille hat wohl jedes Kind. Es ist ein schwieriges Thema. Das, was die Mutter sagt, zählt nicht. Sie kann nicht überzeugen, zumal sie selbst auch keine Brille trägt. Ein Kind, das schon eine Brille hat, und gute Erfahrungen gemacht hat, kann eher weiter helfen. So auch in dieses Buch. Der kleine Leon ist begeistert von seiner Brille.

Kinder können einmal testen, ob sie die Details auf den Bildern erkennen können, so wie Emma, als sie die Brille aufsetzt und erstaunt bemerkt, was ihr bisher entgangen ist. Die Sterne an der Zimmerdecke hat sie zwar gesehen, aber nicht, dass diese auch Gesichter haben.

Die Geschichte macht neugierig und lädt ein, die eigene Brille einmal aufzusetzen. Natürlich kann das Buch auch Überzeugungsarbeit leisten, wenn ein Kind gar nicht erst zum Augenarzt gehen möchte, aber offensichtlich ist, dass es nicht gut sieht.

Die Geschichte ist also spannend gemacht und kindgerecht erzählt. Die Bilder sind detailreich und Kinder können gut verfolgen, wie sich alles entwickelt. Eine Brille zu bekommen, wird so zum Abenteuer.

Rezension von Heike Rau

Britta Schwarz und Carsten Märtin
Meine Brille kann zaubern!
32 Seiten, gebunden
Lappan Verlag
ISBN-10: 3830312318
ISBN-13: 978-3830312314
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Hans-Ulrich Grimm: Die Kalorienlüge – Wie uns die Nahrungsmittelindustrie dick macht

Hans-Ulrich Grimm: Die Kalorienlüge – Wie uns die Nahrungsmittelindustrie dick macht

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„Die Kalorienlüge“ erschien erstmals 2008. Nun liegt das Buch in überarbeiteter Neuauflage vor. Das ist gut so, denn gerade, was die Ernährung betrifft, hat sich im Laufe der Jahre doch einiges geändert, könnte man denken.

Im Buch geht es vor allem um die Frage, warum die Menschen immer dicker werden. Seit 2008 hat sich da offenbar nicht viel verändert. Gesundheitsprobleme bestehen nach wie vor, sind vielleicht sogar noch größer geworden. Kein Wunder, denn auch das, was wir essen, hat sich nicht verändert. Die industriell verarbeiteten Lebensmittel mit ihren künstlichen Aromen und Geschmacksverstärkern sind weiter auf dem Vormarsch. Massentierhaltung gibt es nach wie vor. Obst und Gemüse werden weiter mit für den Menschen schädlichen Mitteln gedüngt und gespritzt und dann schön in Plastik abgepackt.
Was das für den Menschen bedeutet, erklärt Hans-Ulrich Grimm sehr genau. Es sind längst nicht mehr nur überzählige Kalorien, die dick machen. Da spielen offenbar noch ganz andere Faktoren eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Der Autor hat das Buch erweitert, hat neue Studien ausgewertet und bekannte Fakten aus dem heutigen Blickwinkel noch einmal kritisch betrachtet. Insbesondere zum Thema Fett und Zucker sind die Erkenntnisse verändert. Aber es geht auch um das Plastik aus der Verpackung, das ebenfalls mit verantwortlich für unsere Gesundheit ist. Das alles ist sehr aufschlussreich.

Das Buch ist ernüchternd. Hans-Ulrich Grimm ist nun mal ein Kritiker der Nahrungsmittelindustrie. So trägt das Buch vor allem die Botschaft in sich, dass es so nicht weitergehen kann, obwohl es ja offensichtlich genau das tut. Deshalb bietet der Autor auch klare Lösungsvorschläge, die Ernährung betreffend. Es ist durchaus möglich, sich ohne industriell verarbeitete Lebensmittel zu ernähren. Es geht dabei nicht darum, einen perfekten BMI zu erreichen, sondern vielmehr um das individuelle Wohlfühlgewicht.

Rezension von Heike Rau

Hans-Ulrich Grimm
Die Kalorienlüge – Wie uns die Nahrungsmittelindustrie dick macht
320 Seiten, broschiert
Knaur Taschenbuch
ISBN-10: 3426786982
ISBN-13: 978-3426786987
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