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Gianfranco Calligarich: Der letzte Sommer in der Stadt

Gianfranco Calligarich: Der letzte Sommer in der Stadt

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Dieser Titel von Gianfranco Calligarich ist schon 1973 zum ersten Mal erschienen und wurde im Januar 2022 mit großem Erfolg neu aufgelegt.

Held dieser Geschichte ist Leo Gazzarra.
Er ist buchstäblich ein Müßiggänger, der sein Leben zu genießen weiß.
Er kam aus Mailand in die große Stadt Rom, wo er Freunde, einen kleinen Job und Unterkunft fand.
Mit seinen Einkünften ist es nicht weit her. Hier und da leiht er sich etwas, vor allem aber findet man ihn auf Partys und in den einschlägigen Kreisen, wo man trefflich zu feiern weiß.
So weitet sich der Bekanntenkreis. Allmählich wächst er in eine Clique hinein, in der viel getrunken und gefeiert wird.

In hinreißenden Bildern schildert der Autor das süße Leben zu Beginn der siebziger Jahre in Rom. Sein Protagonist ist Journalist und hat eine feine Beobachtungsgabe, mit der er Einzelheiten des Lebens, der Stadt mit ihren Kunstwerken und des eigenen Wohlergehens beschreiben kann.

Arianna wird die große Liebe seines Lebens. Doch das Spiel, das in seinem neuen Bekannten-und Freundeskreis gespielt wird, ist auch ein tödliches Spiel. Arianna ist eine exzentrische Person, deren Launen Leo bald verzweifeln lassen.

G. Calligarich kann mit seiner ausgezeichneten Wortgewandtheit die Feinheiten der Atmosphäre im Rom der siebziger Jahre hautnah schildern. Die Sommer sind heiß, und die Treffen der Freunde zeugen von einem Leben im Müßiggang und Langeweile. Die Stadtbeschreibungen und Wiedergabe von Stimmungen sind treffend und zeugen von Einfühlungsvermögen. Sie stehen ganz im Gegensatz zu den ausufernden Trinkereien. Denn der Alkoholkonsum nimmt zu, und man lebt von einem Tag auf den anderen. La Dolce Vita ist angesagt. Architekten, Künstler, Filmschaffende und erfolgreiche Geschäftsleute bilden den Kern der Gemeinschaft. Leo arbeitet mit wenig Erfolg für eine Sportzeitung. Durch die richtigen Verbindungen sucht er gelegentlich nach neuen Betätigungsfeldern. Er ist ein sensibler, nachdenklicher und literarisch gebildeter Mensch. Der Alkoholkonsum bringt mehr als einen der Protagonisten zum Scheitern. Auch Leo verfällt mehr und mehr dem Alkohol. Letztlich zeigt sich ein morbides Gebilde der Gesellschaft, denn richtig froh ist niemand. Von Gefühlen der Wehmut und Melancholie befallen kann Leo seinem Schicksal nicht entgehen.

Der Leser wird mitgerissen von einem Erzählstil, der realistisch und einfühlsam einen Sommer in der Stadt vermittelt. Auf dem Klappentext heißt es „Ein Roman für alle, die Philip Roth und Jonathan Franzen lieben.“ Dem kann ich mich nur anschließen.

Gianfranco Calligarich
Der letzte Sommer in der Stadt
Paul Zsolnay Verlag, 3. Edition, Januar 2022
208 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3552072756
ISBN-13: 978-3552072756
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Melissa Harrison: Vom Ende eines Sommers

Melissa Harrison: Vom Ende eines Sommers

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Auf einer Farm in Suffolk/ England lebt in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts Edith Mather im Kreise ihrer Familie.
Sie ist eine intelligente Schülerin muss aber fleißig auf der elterlichen Farm helfen, da alle Hände gebraucht werden. Es ist die Zeit wirtschaftlicher Not nach dem ersten Weltkrieg. Die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise machen allen schwer zu schaffen.
Ediths ältere Schwester ist verheiratet und hat schon ein Baby. Frank, der Bruder arbeitet ebenfalls mit auf der Farm und hilft beim Ernten und beim Bestellen der Felder.

Eines Tages erscheint Constance FitzAllen aus der fernen Stadt London. Sie gibt sich als Journalistin aus und will eine Kolumne über das Landleben schreiben.
Edie ist eher introvertiert. Sie liest viel und durchstreift die Wälder. Sie empfindet das Glück der Natur, die Farben, den Duft des Heus, die wechselnden Jahreszeiten.
Constance aber löst Bewunderung in ihr aus. Dass diese ihre Nase überall hat, stört sie nicht.

Melissa Harrison, die Autorin des vorliegenden Romans, hat eine besondere Gabe, den wechselnden Farben und Stimmungen der Natur Ausdruck zu geben. Man fühlt sich beinahe mit hineinversetzt in die Wunder des Landlebens mit allen seinen Gerüchen und Geräuschen. Hingerissen vermeint man den Gesang der Vögel zu hören und staunt über die in prächtigen Farben beschriebenen Getreidefelder mit dem weiten Blick. Die Beobachtungen von Mensch und Tier in dem gleichmäßigen Trott der Jahre sind beruhigend, und die Feinheit der Beschreibungen von Melissa Harrison ist mitreißend.

Gelegentlich sieht es so aus, als solle die Geschichte ewig mit den Alltäglichkeiten der Menschen, ihren kleinen oder großen Sorgen, Klatschgeschichten und den seltenen Festen so weitergehen.

Unterschwellige Spannungen zwischen Edies Eltern, strikt befolgte Regeln im Zusammenleben von Mann und Frau, in denen Gedanken emanzipatorischen Charakters unterdrückt und ausgeschlossen werden, zeigen die dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts mit ihren gesellschaftlichen Ausprägungen.

Der erste Weltkrieg, bei dem so viele Männer ihr Leben lassen mussten, macht sich in der Landwirtschaft durch Arbeitskräftemangel ständig bemerkbar. Alle Hände müssen mit anpacken, auch Edie und ihre Mutter sind gefordert. Es ist ein hartes und entbehrungsreiches Leben.

Edie ist mit ihrer Jugend noch voller Enthusiasmus, und man spürt in ihr eine sensible Seele.

Die Geschichte soll aber nicht so beruhigend bleiben. Über lange Strecken darf man sich zunächst weiter über diese herrlichen Landschaftsbeschreibungen freuen. Dann beginnt vorsichtig und kaum wahrnehmbar der Geist der Journalistin Raum einzunehmen.
Ohne hier zu viel vorweg zu nehmen, kann man sagen, dass die Geschichte an Fahrt aufnimmt und immer rasantere Veränderungen im Verhältnis der Menschen untereinander spürbar werden.
Ein ungewöhnliches Ende bricht fast wie eine Bombe ein und lässt den Leser*in atemlos zurück.

Das Verhältnis der langen Geschichte zum erschreckenden Ende ist nicht ganz stimmig.
Der ansonsten gut erzählten Geschichte fehlte hier die Ausgewogenheit.

Melissa Harrison
Vom Ende eines Sommers
320 Seiten, gebunden
DuMont Buchverlag, Juni 2021
ISBN-10: 3832181520
ISBN-13: 978-3832181529
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Ernest van der Kwast: Fünf Viertelstunden bis zum Meer

Ernest van der Kwast: Fünf Viertelstunden bis zum Meer

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Am Strand von San Cataldo wagt Ezio Ortolani das Unglaubliche. Völlig aus dem Gleichgewicht gebracht, weil sie einen zweiteiligen Badeanzug trägt, spricht er Giovanna Berlucchi an, und setzt gleich darauf zum Rückzug an. Er glaubt sofort, zu viel gewagt zu haben. Doch sie lässt ihn nicht entkommen. Sie fordert ihn heraus. Ezio verliebt sich unsterblich, während Giovanna ihn immer ein bisschen auf Abstand hält. Zwei Heiratsanträge, die er ihr im Laufe des Sommers am Meer macht, beantwortet sie nicht. Ezio erträgt es nicht, er flieht. So verlässt er die Heimat und Giovanna, die eigentlich möchte, dass er bleibt. Vergessen kann Enzio sie keinen Tag und keine Nacht. Als Apfelpflücker und mit dem Melken von Kühen verdient er seinen Lebensunterhalt in Südtirol. Einmal noch schreibt er ihr, doch es kommt keine Antwort. Sechs Jahrzehnte vergehen insgesamt, bis Giovanna Kontakt aufnimmt und endlich Worte für das findet, was sie fühlt.

Was für ein wundervolles Buch! Was für eine wunderschöne, zu Herzen gehende und zu Tränen rührende Geschichte! Eine unerfüllte Liebe begleitet zwei Menschen Jahrzehnte lang. Und macht sie unglücklich. Obwohl sie kaum mehr etwas voneinander wissen, bleibt die Sehnsucht. Das Herz schmerzt. Aber Giovanna kann sich nicht eingestehen und nicht in Worte fassen, was Ezio längst weiß. Vergangenheit und Gegenwart vermischen sich. Die Zeit läuft. Entscheidungen bestimmen den Lebensweg. Wer mag schon sagen, wie sich alles entwickeln wird und wann es gut ist.
Der Autor findet Worte, die nahe gehen. Gefühlvoll und in sanfter Melancholie beschreibt er Gefühle. Er lässt nicht zu, dass Erinnerungen verblassen. Nicht an die Liebe, nicht an diesen einen Sommer und an das Meer. Auch die Hoffnung trägt die Geschichte voran. Der Blick auf das, was vielleicht doch noch kommen mag.

Rezension von Heike Rau

Ernest van der Kwast
Fünf Viertelstunden bis zum Meer
Übersetzt von Andreas Ecke
96 Seiten, gebunden
Mare Verlag
ISBN-10: 3866482051
ISBN-13: 978-3866482050
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Rax Rinnekangas: Der Mond flieht

Rax Rinnekangas: Der Mond flieht

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Sommer, Sonne und das Grauen.

Wenn man liest, dass die vorliegende Geschichte auch als „Sommergeschichte“ bezeichnet wird, könnte man zu falschen Schlüssen kommen. Es ist eine Sommergeschichte: allerdings eine der besonderen Art.

Hoch oben im Norden Finnlands lebt eine kleine Gemeinde bigotter und spartanisch orientierter Menschen. Lauri verbringt dort seine Sommerferien bei seinem Onkel und der Tante auf dem Hof Latvala. Dort fühlt er sich im Wald und Feld und am Fluss wie zu Hause.

Sein Cousin Leo und die Cousine Sonja sind eine eingeschworene Zweiergemeinschaft, in die sie Lauri bald mit einbeziehen.

Nach einer langen Einleitung, in der man viel von der herben und trüb-frommen Lebensweise der Bewohner dieser nördlichen Gefilde erfährt, nähert man sich dem eigentlichen Gegenstand der Erzählung: drei pubertierenden Jugendliche im Alter von 13 – 14 Jahren. Sie öden sich in der langweiligen Gegenwart und bauen sich eine eigene fantastische Welt. In ihr spukt es von verschwundenen Seelen und der Freiheit des Fliegens und des Geistes. Sie erklimmen eine sehr hohe Fichte und simulieren sich eine himmlische Welt, in der sie frei und ungebunden ihr eigenes Leben gestalten können. Eingebunden sind die Ereignisse in das Flimmern sommerlicher Hitze, Erntewagen, Regen und Sonnenschein.

In einer Mischung aus Fantasie und realen Vorstellungen versteigen sich die drei Jugendlichen Sonja, Leo und Lauri zu sexuellen Handlungen, die sie, angeführt von Sonja, verwirrt und erschreckt. Heimlichkeiten erhöhen noch den Genuss des Verbotenen.

Onkel und Tante sind des Sonntags im Gottesdienst und ahnen nichts von der geheimen Welt der Kinder.

Man wird nach und nach in den Sog einer unheimlichen Geschichte hineingezogen, in der sich die Grenzen zwischen Gut und Böse verwischen. Archaische Denkweisen sind Teil der bäuerlichen Einwohner in der Region, in deren Tagesablauf strenge Lebensregeln gelten.

Die Dramaturgie der Geschichte ist perfekt in der Steigerung einer Handlung, die immer dramatischer und düsterer anmutet.

Die einzelnen Charaktere der Erwachsenen sind einzigartig in ihrer Verbohrtheit und Unzugänglichkeit. Die Atmosphäre von Schuld und Sühne gekoppelt an die Unbeschwertheit einer nach Identität suchenden Jugend ist gekonnt eingefangen.

Rax Rinnekangas ist ein begnadeter Erzähler, Filmemacher und Künstler, dem man die Geschichte als wahre Begebenheit abnehmen könnte.

Dramatisch, düster und faszinierend sind seine Figuren gezeichnet.

Dass sich die Geschichte zu einem Horror ausweitet, tut der literarischen Qualität keinen Abbruch. Ein spannendes und abstruses Szenario tut sich am Ende auf!

Rax Rinnekangas
Der Mond flieht
160 Seiten
Graf Verlag, Juni 2014
ISBN-10: 3862200345
ISBN-13: 978-3862200344
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Silvia Avalone: Ein Sommer aus Stahl

Silvia Avalone: Ein Sommer aus Stahl

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Die 13jährigen Mädchen Anna und Francesca leben in der italienischen Hafenstadt Piombino. Das Leben der heranwachsenden Mädchen spielt sich zwischen dem Strand und der Via Stalingrado ab, hier sind sie umgeben von Stahlarbeitern, Staub und der Sommerhitze. Gerne kokettieren sie mit den älteren Jungs. Und obwohl sich die nur wenige Jahre älteren Mädchen abfällig über die provozierenden Freundinnen unterhalten, müssen Sie sich doch eingestehen, dass sie selbst wenige Jahre zuvor nicht anders waren. Die Väter der beiden Freundinnen sind bzw. waren in dem nahe gelegenen Stahlwerk beschäftigt. Sie sind alles andere als treuliebende Familienväter. Im Gegenteil, Alkohol und Prügel für die Ehefrau als auch für die Kinder stehen auf dem Fahrplan. Da wundert es nicht, dass sich der ältere Bruder von Anna um sie kümmert und auf sie aufpasst. Er hält ein waches Auge auf seine kleine Schwester, damit sie nicht von den Jungs angemacht oder gar geschmälert wird. Anna lässt sich davon trotzdem nicht abhalten, den Jungs schöne Augen zu machen.

Was mich an diesem Roman besonders fasziniert hat, ist die Atmosphäre, die durch die Schriftstellerin und deren Übersetzer Michael von Killisch-Horn, erzeugt wird. Da ist zunächst einmal die Stimmung von Sommer, Sonne, Strand und Ferien. Infolge des nahe befindlichen Stahlwerks kommt aber auch ein Hauch von Dortmund aus den fünfziger und sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zum Vorschein. Die Atmosphäre in dem Mietshaus brachte bei mir ein Gefühl von Duisburg, Essen oder Köln-Kalk hervor. Die Brutalität in der Familie erinnert an das dümmliche Klischee von Hartz-IV-Familien. Diese dort herrschende drückende Enge belastet die heranwachsenden Freundinnen. Sie wollen ausbrechen aus diesem System. In noch während Francesca keine großen Chancen sieht, jemals den Duft der großen weiten Welt einatmen zu können, ist Anna ganz anderer Meinung und möchte ihr Leben richtig anpacken. Während sie mit den Jungs auf dem Motorroller die Via Stalingrado auf- und abfahren, träumen sie von der Insel Elba, die sie in der Ferne am Horizont sehen können und die für sie schon ein Stück der großen weiten Welt bedeutet.

Diese Atmosphäre wird durch unterschiedliche Erzählperspektiven geschaffen, mit denen die Autorin Sylvia Avalone experimentiert. Obwohl es im Wesentlichen um eine Liebesgeschichte geht, ist es weitaus mehr als eine solche. Ein ganz großes Thema sind schließlich die sozialen Spannungen die in dieser Region herrschen, welche von der Stahlindustrie geprägt ist. Dennoch scheint alles mit Leichtigkeit erzählt zu sein. Auch wenn das Leben trotz der blauen Flecke auf den Armen so sorglos scheint und der Leser das Gefühl hat, die Mädel würden einfach nur so in den Tag hinein leben.

Obwohl ich anfangs skeptisch war und das Buch in die Ecke der Jugendliteratur stellen wollte, wurde ich eines Besseren belehrt. Mich hat die Geschichte der Mädchen gepackt. Ich habe sie gerne auf dem Weg ins Erwachsensein begleitet und dabei Spaß gehabt. Ein weiteres Mal habe ich festgestellt, dass mich neben der Spannung der Geschichte auch die Atmosphäre einfangen kann. Wenn dann beides stimmt, um besser. Gerne volle Punktzahl.

Avalone, Silvia
Ein Sommer aus Stahl
Aus dem Italineischen von Michael von Killisch-Horn
414 Seiten, gebunden
Klett-Cotta, Stuttgart
ISBN-10: 3608938982
ISBN-13: 9783608938982

© Detlef Knut, Düsseldorf 2013
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Florian Illies: 1913 – Der Sommer des Jahrhunderts

Florian Illies: 1913 – Der Sommer des Jahrhunderts

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Tagebuch einer beginnenden großen Künstlerepoche.

Florian Illies hat sich das Jahr 1913 ausgesucht, um einmal zu zeigen, wie gehaltvoll einflussreiche Künstler, Dichter und Denker das literarische und politische Leben des kommenden Jahrhunderts prägten. Tagebuchartig folgt er den Ereignissen und Treffen so bekannter Künstler wie Oskar Kokoschka, Ernst Ludwig Kirchner, Franz Marc, Klimsch und Schiele. In der Tat war 1913 ein Jahr des beginnenden Expressionismus in der Malerei, der Erneuerung in den Neurowissenschaften durch die Fortführung der Erkenntnisse von Sigmund Freuds Psychoanalyse, und es war das Jahr kreativer Schriftsteller, die uns die schönsten Werke der Weltliteratur schenkten. 1913 zeigten sich aber auch die Vorboten des politischen Umsturzes in Russland und Europa.

Fortlaufend zählt Illies von Monat zu Monat auf, was sich tat.

Hitler und Stalin begegneten sich zum ersten Mal. Franz Kafka und Sigmund Freud sind in aller Munde; Else Lasker-Schüler und Gottfried Benn verbindet eine stille Liebe. Die beiden Maler Franz Marc und Ludwig Kirchner treten auf den Plan, und Oswald Spengler befasst sich mit dem „Untergang des Abendlandes“.

Von allen diesen Künstler und anderen mehr hat man gehört und weiß sie einzuordnen. Doch nie hat jemand so kontinuierlich über das Jahr 1913 berichtet, in dem sich entscheidende Ereignisse ankündigten oder bereits ereignet hatten. In Wien gelangen die Maler Gustav Klimt und Oskar Schiele zu hohem Ansehen, zu denen auch Oskar Kokoschka zählte. Sie bildeten zusammen die Wiener Moderne. „Paris, München, Wien und Berlin galten insgesamt als die Frontstädte der Moderne“.

In diesem Buch wimmelt es nur so von bekannten Namen, die das Jahrhundert prägten und mit ihnen das Charisma der zwanziger Jahre ausmachten. Heinrich und Thomas Mann gehören ebenso dazu wie Hofmannsthal und Arthur Schnitzler.

Wer wissen will, wie diese Künstler, Dichter und Denker den Beginn das 20.Jahrhundert mit ihren Künsten beeinflussten, der lese diese Aufzählung, in der wohl niemand von Rang und Namen fehlt.
Zu allen weiß der Autor uns Einzelheiten zu erzählen und fügt seine Ausführungen zu einem geschlossenen Bild dieser sehr lebendigen und hoch aktuellen Zeit zusammen.
Man meint geradezu dabei zu sein, wenn Ateliers öffnen, Lesungen stattfinden oder anderweitige Veränderungen des Jahrhunderts ihren Anfang nahmen. Auch Aldi öffnete 1913 die ersten Ladentüren!
Eine äußerst labile und zugleich von Neuerungen berstende Phase deutscher und europäischer Kulturgeschichte tut sich auf.

Die Fülle des Materials ist überwältigend und lässt einen kaum zu Atem kommen. Doch bekommt man mit diesem Jahr 1913 einen Eindruck von den schöpferischen Kräften und aufwühlenden Denkrichtungen, die uns bis heute begleiten. Das Fazit ist: alle diese kreativen Künstler und Gelehrten konnten nicht verhindern, dass zwei Weltkriege unsere Kultur und unser Land tief erschütterten und Deutschland ins Abseits drängten.

1913 ist das letzte Jahr am Abgrund vor dem ersten dieser beiden Weltkriege. Das war der Bruch, mit dem der geistige und schöpferische Niedergang der deutschen Geschichte begann.

Florian Illies hat ein umfassendes und höchst informatives Werk geschaffen, das uns Aufschluss bietet über eine beginnende neue Ära, die so tragisch mit dem ersten und zweiten Weltkrieg für Deutschland endete.

Florian Illies
1913 – Der Sommer des Jahrhunderts
320 Seiten, gebunden
S. Fischer Verlag, 2. Auflage, Oktober 2012
ISBN-10: 3100368010
ISBN-13: 978-3100368010
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Rose Marie Donhauser: Draußen Genießen – Sommerfeste, Grillen & Picknick

Rose Marie Donhauser: Draußen Genießen – Sommerfeste, Grillen & Picknick

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Im Sommer bietet es sich an, Mahlzeiten nach draußen zu verlegen. Das Frühstück kann auf den Balkon serviert werden, das Sommerfest findet im Garten statt und auch ein Picknick in der Natur ist etwas ganz Besonderes. Die passenden Rezeptvorschläge gibt es im Buch.

Den Anfang macht das Kapitel „Endlich Sommer“. Vorgestellt wird eine schnelle Sommerküche. Dafür wird der Tisch im Grünen gedeckt. Je nach Anlasse kann man zum Beispiel Herzhaftes wie „Gefüllte Zucchini mit Tomaten“ oder Süßes wie „Kleine Brioche mit Himbeerquark“ zubereiten und an Getränken „Ingwertee“ oder „Sekt mit Erdbeeren“ servieren.

Ein Gartenfest muss gut geplant werden. Alles was man bedenken muss, wird von der Autorin aufgelistet. Soll sich jeder selbst bedienen, bietet sich ein Büffet an. Häppchen, Salate und kleine Gerichte, die sich gut vorbereiten lassen eigenen sich besonders gut. Für Brot gibt es verschiedenen Aufstriche wie „Paprika-Creme mit Tomate“ oder „Ziegenkäse-Aufstrich“ und an Salaten „Bulgursalat mit Tomaten und Paprika“ oder „Kartoffelsalat mit Salatgurke“. Weiterhin könnte man eine „Lauchtarte mit Olivenragout backen“ oder einen „Pfifferlingskuchen vom Blech“. An Getränken könnte man verschiedene Bowlen wie „Rosenbowle“ oder Erdbeerbowle“ anbieten.

Rezeptvorschläge für ein Picknick im Grünen gibt es ebenfalls. Auch wie dieses vorbereitet wird, wird beschrieben. Vorbereiten kann man gut „Mini-Frikadellen mit rotem Pesto“ oder „Gemüsesticks mit feinen Dips“. Wer Süßes mag, nimmt „Pfirsisch-Muffins mit Mandeln“ mit. An Getränken gibt es beispielsweise „Minz-Limonade“ oder „Eistee“.

Selbstverständlich gibt es auch Grill-Rezepte. Auch hier findet man vorweg wieder allgemeine Ratschläge. Vom Grill direkt auf den Tisch kommen die „Kabeljaufilets mit Spinatpäckchen“ und das „Schweinefilet mit Champignons“. Wer lieber Gemüse mag, bereitet „Grillgemüse mit Artischocken-Dip“ zu. Selbst „Süße Früchte vom Grill“ gibt es. Auch ein Rezept für Stockbrot ist vorhanden.

Das Buch ist sehr umfangreich, was die Rezepte anbelangt. Für Abwechslung wird also gesorgt. Viele der Gerichte sind völlig unkompliziert zuzubereiten. Aber auch bei Aufwändigerem wird es dank der Schritt-für-Schritt-Anleitung nicht zu kompliziert. Zumal auch immer noch einmal dargestellt wird, was besonders wichtig beim Kochen ist. Die gute Übersichtlichkeit der Zubereitungsschritte macht sich hier ebenfalls bezahlt.
Viele Rezepte lassen sich nach eignen Vorstellungen abwandeln. Indem man Zutaten wie beschrieben austauscht, entstehen geschmacklich veränderte Gerichte.

Besonders praktisch ist das Buch, wenn man größere Sommer- und Grillfeste ausrichten will. Es gibt viele Rezepte im Buch zu Speisen die sich vorbereiten lassen und auch einiges, was man am Tag vorher fix und fertig zubereiten und dann kalt servieren kann. So kann man sich als Gastgeber ein kleines zeitliches Polster schaffen und etwas mehr Zeit mit seinen Gästen verbringen, statt pausenlos in der Küche oder am Grill zu stehen.

Bei der Fülle an Rezepten fällt die Auswahl nicht leicht. In einem kleinen Zweizeiler wird immer auf die entsprechende Speise eingestimmt. Daran kann man sich gut orientieren. Natürlich kann man eine Auswahl auch anhand der Bilder treffen. Das sind wahre Kunstwerke. Man kann sich hier gut, auch was die Gestaltung des Esstisches und die Präsentation der Speisen angeht, inspirieren lassen.

Rezension von Heike Rau

Rose Marie Donhauser
Draußen Genießen – Sommerfeste, Grillen & Picknick
Fotos von Alexander Walter
157 Seiten, gebunden
Franckh-Kosmos Verlag
ISBN-10: 3440125882
ISBN-13: 978-3440125885
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Frühling, Sommer, Herbst und Winter

Frühling, Sommer, Herbst und Winter

Gezeigt werden in diesem Bildband faszinierende Naturaufnahmen. Die Fotos stammen von renommierten Fotografen. Es sind einzigartige Nahaufnahmen, die zeigen, wie die Natur sich mit den Jahreszeiten verändert. Die Texte dazu sind interessant und so geschrieben, dass auch Kinder sie inhaltlich verstehen können.

Sehen wir uns das Kapitel „Frühling – Die Natur erwacht“ näher an.
Gleich auf der ersten Seite kann man eine Reihe von Blüten betrachten, ganz aus der Nähe, als würde man eine Lupe zu Hilfe nehmen, um alles ganz genau erkennen zu können.
Nicht nur die Pflanzen erwachen zu neuem Leben. Im April oder Mai erwachen die Gartenschläfer aus ihrer Winterruhe. Auf den Bilder kann man die Tiere mit ihrem Nachwuchs sehen.
Die Knospen beginnen sich zu entfalten, an den Bäume wächst das erste frische Grün, wie ein ganzseitiges Bild eines Waldes sehr eindrucksvoll zeigt.
Interessant ist auch das Bild einer Biene, die über und über mit dem Blütenstaub der Weidenkätzchen bedeckt ist.
Wer aufmerksam durch die Natur geht, kann Vogelnester entdecken. Auch im Buch kann man die Nester mit Eiern von Sperling und Sumpfschnepfe betrachten. Da kann auch mal ein Kuckucksei dabei sein. Wie es aussieht, wenn ein kleiner Vogel, den großen Kuckuck füttern muss, zeigt ein weiteres Bild.
Auch in Weihern oder Tümpeln gibt es im Frühling Interessantes zu entdecken. Froschlaich zum Beispiel, der aussieht, wie ein Gebilde aus Seifenblasen.
Wenn die ersten Bäume blühen, ist die Begeisterung groß. Auch das vermittelt ein ganzseitiges Bild. Aber es gibt noch viel mehr zu sehen.
Zu allen Bildern gehören passende Texte. Hier wird Interessantes und Lehrreiches aus der Natur auf sehr unterhaltsame Art und Weise vermittelt.

Die anderen Kapitel sind ebenso gestaltet. Auch hier sind die Bilder nach der Entwicklung der Natur in den entsprechenden Jahreszeiten gegliedert. Die Fotos sind spektakulär. Oft wurde aus ungewohnter Perspektive fotografiert. Immer wieder sind die Bilder stark vergrößert, so dass Einzelheiten zu sehen sind, die man mit bloßem Auge, nicht erkennen könnte. Und auch auf eine gute Stimmung wurde geachtet. Dabei sind es oft die interessanten Lichtverhältnisse, die auffallen. Am Ende des Buches wartet noch ein Überraschung auf die jungen Leser. Es ist ein Bildersuchrätsel.
Das Buch eignet aber nicht nur für Kinder, sondern für Leser jeden Alters. Es lädt nicht nur zum Ansehen ein, sondern auch zum eigenen Entdecken der Natur, die man dann, mit durch das Buch geschärften Sinnen, mit anderen Augen und viel aufmerksamer betrachten kann.

Rezension von Heike Rau

Béatrice Fontanel
Frühling, Sommer, Herbst und Winter
Die schönsten Bilder aus der Natur
128 Seiten, gebunden
ab 4 Jahren
Ravensburger Buchverlag
ISBN: 3-473-55110-4
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Der Sommer, als Lucy vier war

Der Sommer, als Lucy vier war

Als Anna erfährt, dass sie schwanger ist, will sie es nicht glauben. Sie kann sich nicht vorstellen, eine Mutter zu sein. Sie ist viel zu jung und nicht verheiratet. Außerdem beschäftigt sie sich mit wichtigen Dingen. Sie ist graduierte Studentin, Fotografin. Anna lässt abtreiben. Es bleibt ihr Geheimnis.

Auch Cerise ist schwanger. Obwohl ihre Mutter ihr zur Abtreibung rät, bringt sie ihr Baby zur Welt. Sie sucht sich Hilfe bei der LifeRight-Organisation, findet eine kleine Wohnung. Ihr Freund sucht sich eine andere Freundin.

10 Jahre später.
Cerise lebt immer noch in ärmlichen Verhältnissen in der kleinen Wohnung. Sie arbeitet in einem Altenheim, lernt Jake kennen und wird wieder schwanger. Travis wird geboren. Cerise ist weiterhin auf sich allein gestellt. Travis Vater ist arbeitslos, kann keinen Unterhalt zahlen. Weil auch Cerise wegen Travis nicht mehr arbeiten kann, zieht sie mit Sohn und Tochter um, um ein Weiterbildungsangebot anzunehmen, das sie als ihre letzte Chance sieht. Doch in der neuen Stadt geschieht ein Unglück, das Cerise vollends aus der Bahn wirft.

Anna führt ein privilegiertes Leben. Sie ist mit Elliot verheiratet, lebt in einem schönen Haus. Das Paar hat eine Tochter namens Lucy. Doch als Eliot arbeitslos wird, ist Anna wieder schwanger. Die kleine Familie muss ebenfalls umziehen. Die neugeborene Tochter Ellen ist krank. Da Anna vorläufig nicht wieder als Fotografin arbeiten kann, plagen sie neben den Ängsten um ihre Kinder auch Zukunftsängste.

Anna und Cerise sind zwei vom Charakter her völlig unterschiedlich Frauen. Sie stammen zudem aus, fast könnte man sagen, unterschiedlichen Welten.
Mit Spannung verfolgt man die Lebenswege der beiden Frauen. Jede versucht ihr Leben in den Griff zu bekommen, den Alltag zu meistern. Das verbindet die Frauen ebenso, wie ihre uneingeschränkte Liebe zu ihren Kindern.
Zunächst laufen die Geschichten von Cerise und Anna parallel. Doch als Leser wartet man darauf, dass sich begegnen und zueinander finden.
Die Autorin schreibt mit viel Feingefühl, ohne zu werten. Das Buch geht unter die Haut und ist sehr bewegend und aufwühlend.
Nach dem Lesen des Buches fühlt man sich nicht mehr sicher. Das Schicksal ist unberechenbar, man kann nicht sagen, was das Leben bereit hält, inwieweit man beeinflussen kann, was geschieht. Doch das Buch macht auch Hoffnung, sorgt dafür, dass man sich an Glücksmomente erinnert und sie in Gedanken festhält. Es vermittelt aber auch, dass ein Neuanfang im Leben immer möglich ist, wie schwer es auch sein mag.

Über die Autorin
Jean Hegland lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern im Norden Kaliforniens.

Rezension von Heike Rau

Jean Hegland
Der Sommer, als Lucy vier war
Aus dem Amerikanischen von Veronika Cordes
432 Seiten, gebunden
Krüger Verlag
ISBN: 3-8105-0868-3
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