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Schlagwort: Berlin

Joan Weng: Amalientöchter

Joan Weng: Amalientöchter

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Der Krieg ist vorbei, die Kaiserzeit beendet und die Republik wurde ausgerufen. Doch Klara hat das Gefühl stecken zu bleiben. Sie will nicht bei ihren Eltern in Weimar bleiben, zumal ihr Freund Fritz, der Arzt ist, wieder zurück nach Berlin gehen will. Die Welt ist im Umbruch und er will daran teilhaben. Gegen seinen Rat folgt sie ihm schließlich. Hier lernt Klara Kiki kennen. Mit ihr zusammen fühlt sie sich frei. Doch bewaffnete Unruhen lassen die Stimmung kippen. Im Zeitungsviertel kommt es zu einem Vorfall, der Fritz veranlasst, umdenken. Gerade als Klara das Angebot bekommt, für eine Frauenzeitschrift zu schreiben, die dem neuen Zeitgeist folgt, beschließt Fritz die Rückkehr nach Weimar. Klara kann auch von dort aus für „Die Hauspostille“ schreiben. Ausgerechnet einer ihrer gewagten Artikel sorgt im Rahmen der Versammlungssitzungen zur Gründung der neuen Verfassung für Aufsehen.

Joan Weng hat für ihren Roman eine spannende Kulisse ausgewählt. Sie hat für diesen im Dezember 1918 in Weimar beginnenden Roman viele historische Fakten eingearbeitet. Die Literatur der Weimarer Republik war Thema ihrer Doktorarbeit. Was im Buch historisch belegt ist und was Fiktion wird im Nachwort erläutert.

Die wichtigste Figur in diesem Buch ist Klara Heinemann. Sie ist eine mutige junge Frau, aber in ihrem Charakter wirkt sie wenig gefestigt. Die politischen Ereignisse werden oft in den Vordergrund gestellt, während die Beziehung zwischen Klara und Fritz nur angedeutet wird. Gefühle bleiben auf der Strecke. Als Leser erfährt man nicht wirklich, was die beiden verbindet. Klara orientiert sich dennoch an Fritz. Aber es kommt der Zeitpunkt, an dem sie eigene Entscheidungen treffen möchte. Es fällt ihr jedoch schwer, sich festzulegen. Ein Satz reicht aus und sie ändert ihre Meinung. So bleibt lange offen, wie die Zukunft für das Paar aussehen wird.

Rezension von Heike Rau

Joan Weng
Amalientöchter
400 Seiten, broschiert
Aufbau Taschenbuch
ISBN-10: 374663508X
ISBN-13: 978-3746635088
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Susanne Goga: Nachts am Askanischen Platz

Susanne Goga: Nachts am Askanischen Platz

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In einem Berliner Hinterhof zwischen dem Askanischem Gymnasium und dem „Cabaret des Bösen“ wird ein Toter gefunden. Schon einige Tage hat er unbemerkt im Schuppen gelegen. Dass es Mord war, steht bald außer Frage. Leo Wechsler und sein Team beschäftigen sich mit dem Fall. Die Suche beginnt im Gymnasium. Irgendeiner von den Schülern muss etwas gesehen haben. Auch der Besitzer des schaurigen Theaters gerät ins Visier der Ermittler. Louis Lamasque ist durch den Krieg von Gesichtsverletzungen gezeichnet, versteckt sich aber nicht damit. Das Augenmerk richtig sich bald auf eine junge Russin, die vor dem Theater nach einem Fjodor gefragt hat. Vielleicht kann sie ja zumindest Auskunft über die Identität des Toten geben.

Der Krimi spielt im Jahr 1928. Leo Wechsler wird wie gewohnt nicht nur als Kommissar, sondern auch in der Familie mit seiner Frau Klara und seinen beiden Kindern dargestellt.

Der Fall selbst erscheint zunächst wenig spektakulär. Aber umso mehr die Befragungen voranschreiten, umso deutlicher wird, dass etwas Außergewöhnliches dahinter steckt. Leo Wechsler kann sich im Allgemeinen auf sein Bauchgefühl verlassen, auch wenn seine Kollegen lieber auf das setzen, was bewiesen werden kann. Diese unterschiedlichen Meinungen lassen den Fall sehr lebendig wirken.

Für zusätzlichen Stoff zum Nachdenken sorgt das geheimnisvolle „Cabaret des Bösen“. Hier werden Szenen für das Publikum nachgestellt, die mehr als nur ein bisschen schaurig und täuschend echt sind. Genauso undurchsichtig gibt sich Louis Lamasque.

Immer mehr wird Leo Wechsler in diesen Fall eingespannt. Dabei sollte er sich auch um private Dinge kümmern. Immer wieder verschiebt er ein dringend nötiges Gespräch mit seinem Sohn.

Der Krimi hat mir sehr gut gefallen. Der Fall ist spannend konstruiert und perfekt in die späten Zwanzigerjahre eingearbeitet. Ein Nachwort, auch mit historischen Hintergrundinformationen rundet das Bild ab.

Rezension von Heike Rau

Susanne Goga
Nachts am Askanischen Platz
Kriminalroman (Leo Wechsler)
320 Seiten, broschiert
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3423217138
ISBN-13: 978-3423217132
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Susanne Goga: Es geschah in Schöneberg

Susanne Goga: Es geschah in Schöneberg

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Bei einer Modenschau von Morgenstern & Fink werden zwei Vorführdamen auf mysteriöse Weise verletzt. Oberkommissar Leo Wechsler und seine Kollegen Robert Walther und Jacob Sonnenschein beginnen mit den Ermittlungsarbeiten. Zeugen werden befragt und bei der Besitzerin des Berliner Modeateliers Lotte Morgenstern und ihrem Teilhaber und Ehemann Carl Fink nach Erklärungen und Hinweisen gesucht. Offenbar will den beiden jemand Schaden zufügen oder das Geschäft ruinieren und hat dazu Kleider mit einem Kontaktgift präpariert.

Lotte ist polizeilich schon einmal aufgefallen. Der kreative Carl Fink hat vorher in einem anderen Modehaus gearbeitet, das seit seinem Weggang nicht mehr die besten Umsätze hat. Und auch Assistentin Anita Haase, die zur Firmengründung Geld gegeben hat, gerät ins Visier der Ermittler. Es wird nach Tatmotiven gesucht. Aber ein Ansatzpunkt ist lange nicht zu finden.

Vielleicht besteht ein Zusammenhang zu einem Mordfall. Rainer Vogt, Mitarbeiter am Institut für Sexualwissenschaft, wird tot in seiner Wohnung aufgefunden. Jemand hat ihn erschlagen. Bei der Tatortbegehung findet man ein Prospekt von Morgenstern & Fink.

Der Krimi spielt im Jahre 1927 in Berlin. Historische Hintergründe bestimmen die Handlung weitgehend mit. Die Zeit wird anschaulich beschrieben und bildet eine aussagekräftige Kulisse. Der Krimi ist auf seine eigene Weise spannend. Die Autorin erzählt sehr stimmungsvoll und mit Blick auf Details. Die Charaktere sind sehr lebendig gestaltet. So spielt beispielweise auch Leo Wechslers Privatleben eine große Rolle. Und die Kollegen im Team achten untereinander auf sich.

Der Fall bzw. die beiden Fälle erfordern viel Denkarbeit und letztendlich Kombinationsvermögen. Denn die Zusammenhänge sind erst einmal nicht ersichtlich. So bietet der Krimi für den Leser kurzweilige Unterhaltung mit einem gewissen Anspruch.

Rezension von Heike Rau

Susanne Goga
Es geschah in Schöneberg
Ein Fall für Leo Wechsler
336 Seiten, broschiert
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423216220
ISBN-13: 978-3423216227
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Christoph Peters: Der Arm des Kraken

Christoph Peters: Der Arm des Kraken

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In einem Park in Berlin-Prenzlauer Berg wird ein Japaner tot aufgefunden. Dieser Japaner bewegt sich in der Szene der Vietnamesen. Deshalb wird schnell an einem Mord im Drogenmilieu gedacht, manchmal aber auch an die von Ausländerhass geprägten NSU-Morde. Die Hauptkommissarin Annegret Bartsch aus dem Vietnamesendezernat hat seit über zehn Jahren kein Mord mehr aufgeklärt, wird aber dennoch in die „SOKO Merzmorde“ gerufen, weil sie über viel Insiderwissen verfügt. Parallel zu den Ermittlungen macht sich ein anderer Japaner auf den Weg, dem toten Landsmann und – wie sich herausstellt – Kollegen bei den Yakuza (japanische Mafia) hinterherzuspüren. Denn es schien, als wollte der an der Organisation vorbei einige Geschäfte abwickeln. Für den Leser steht die Frage im Raum, ob dieser Japaner auch für den Tod seines Kollegen verantwortlich war. An dieser Stelle ist schnell zu erkennen, dass der Spannungsbogen dieses Romans nicht entlang der kriminellen Linie gezogen wird.

Dieser Roman spaltet mich und leider kann ich ihn nicht uneingeschränkt empfehlen. Die durchweg gut ausgedachte Geschichte scheint sehr viel versprechend und weckt gewisse Erwartungen. Meine jedoch wurden nicht erfüllt. Da ist zunächst einmal der Satzbau des Autors. Zehn bis zwölf Seiten in einem einzigen Satz zu absolvieren, ist eine dumme Spielerei, die mich als Leser verärgert. Es zeugt von wenig Respekt dem Leser gegenüber, der in diesen Abschnitten vergeblich nach Ruhepunkten für das Auge sucht. Schließlich sind mir die Figuren zu oberflächlich. Sie erhalten keinen Tiefgang. Man findet sie weder abstoßend noch sympathisch. Sie mögen ungewöhnlich sein und die Regel beherzigen das der Bösewicht nicht immer nur böse und der Gutmensch nicht immer nur gut ist. Aber zum Beispiel die Kommissarin als Hauptfigur, aus ihrer Sicht jedes zweite Kapitel ohne Punkt und Absatz verfasst, labert soviel an der Oberfläche herum, was nichts mit den Verbrechen zu tun hat, dass ich diese Monologe mit einem über Blättern quittiert habe. Die zweite Hauptfigur, der Killer, könnte eine richtig anspruchsvolle Figur sein. Sie tapst hier durch so viele Märkte und Läden, von denen der Inhalt jedes einzelne Regals beschrieben wird, dass man sich nur wundert, wie weltfremd wohl die Japaner in den Augen des Autors sein müssen. Ich habe eingangs nicht umsonst erwähnt, dass ich die Idee zu dieser Geschichte toll finde. Dazu gehört auch, dass aus den zwei verschiedenen Perspektiven erzählt wird. Einmal aus der Sicht der Polizistin, die in der ersten Person erzählt, zum anderen aus der Sicht einer dritten (auktorialen) Person, die das Geschehen um den Killer beschreibt. Die Kapitel wechseln sich mit dieser Erzählweise ab und deshalb ist es auch kein Spoiler, wenn ich hiervon spreche. Ab dem zweiten Kapitel folgt der Leser dem Killer unmittelbar und erlebt alles hautnah mit. Das besonders Schöne daran ist, dass der Leser immer den Ermittlern einen Schritt voraus ist. Das was die Hauptkommissarin erzählt, weiß der Leser bereits aus der Handlung des Killers (auch ein Grund, warum man die Kapitel der Polizistin überblättern kann).

Der besondere Reiz dieses Romans liegt also nicht darin, den Täter zu ermitteln. Vielmehr liegt die Spannung darin, ob und wie der Killer geschnappt wird. Oder anders ausgedrückt: ob er seinen Auftrag erfüllen kann und der Polizei nicht in die Fänge geht. Wäre das Buch vernünftig gesetzt und hätte viel weniger Ladenregale und Gelaber, so könnte ich es mit höchsten Tönen empfehlen. So bleibt mir nur eine Empfehlung für den experimentierfreudigen Leser.

Peters, Christoph
Der Arm der Krake
Luchterhand Literaturverlag
ISBN 9783630873206
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Susanne Goga: Mord in Babelsberg

Susanne Goga: Mord in Babelsberg

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Kommissar Leo Wechsler hat die junge Frau gekannt, die da ermordet im Innenhof von Riemers Hofgarten in Berlin-Kreuzberg liegt. Vor einigen Jahren war er mit ihr befreundet gewesen, hat sie seitdem aber nicht wieder gesehen. Damit müsste er den Fall eigentlich abgeben, aber ihm liegt daran, den Mörder selbst zu finden. Wie betroffen er ist, versucht er sich nicht anzumerken zu lassen, aber das gelingt ihm nur schlecht. Er arbeitet in einem Team, dessen Kollegen, insbesondere Jakob Sonnenschein und Robert Walther, sich auch persönlich nahe stehen.

Der Name ist, wie den Ausweispapieren in der Handtasche zu entnehmen ist, Marlene Dornow. Die Mordwaffe befindet sich am Tatort. Es ist eine rote Glasscherbe, die, wenn Leo Wechsler sich nicht täuscht, ein Hinweis auf das Tatmotiv geben könnte.

Die Ermittlungsarbeiten beginnen im Umfeld. Die junge Frau, die die Ermordete gefunden hat, die Hausmeisterin und Anwohner werden befragt. Schnell wird klar, dass Marlene Dornow ein Faible für reiche Männer hatte und von ihnen lebte. Es gibt Hinweise darauf, dass auch der Abgeordnete Eduard Hellwig dazu gehörte.

Der nächste Mord, mit ähnlicher Tatwaffe ausgeführt, lässt nicht lange auf sich warten. Es handelt sich um den bekannten Stummfilm-Regisseur Viktor König. Einen Zusammenhang herzustellen, fällt allerdings schwer. Denn Marlene Dornow hatte keinen Kontakt zum Filmgeschäft.

Die Autorin führt mit ihrem Krimi ins Berlin des Jahres 1926. Die Kulisse ist sehr stimmig gehalten und mit einem Blick für Details und Zeitgeschichtliches ausgeschmückt. Das gefällt sehr gut. Das Privatleben des Kommissars Leo Wechsler ist ein weiterer Punkt, der dem Krimi überaus authentisch erscheinen lässt. Der Krimi wirkt also sehr realistisch, was Morde und Ermittlungsarbeiten betrifft.

Verschiedene Szenen, die nichts miteinander zu tun zu haben scheinen, werden langsam zusammengeführt und so entsteht nach und nach ein Bild der Vorgänge, die zu dem Morden führten. Was aber nicht heißt, dass der Mörder mit seinem Motiv schnell ausfindig gemacht wird. Es ist ein Puzzlespiel und die richtigen Schlüsse zu ziehen, ist auch für einen Ermittler wie Leo Wechsler nicht einfach.

Rezension von Heike Rau

Susanne Goga
Mord in Babelsberg
Kriminalroman
320 Seiten, broschiert
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423214864
ISBN-13: 978-3423214865
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Micaela Jary: Das Bild der Erinnerung

Micaela Jary: Das Bild der Erinnerung

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Die junge Kunsthistorikerin Anna Falkenberg soll die Expertise anfertigen. Doch das das Bild, das Beatrice Coleman im Aktionshaus Bonhoff in München abgegeben hat, löst ihr Misstrauen aus. Es soll zu einer Sammlung gehören, die sich im Nachlass des Stiefvaters befindet. Als Sammler war Philip Coleman jedoch nicht bekannt. Das „Liebespaar“ von Leo Reichenstein gilt zudem seit 70 Jahren als verschollen. Die Geschichte ist mysteriös.
Anna Falkenberg beginnt, die Herkunftsgeschichte des Bildes zu recherchieren. Sie verfolgt das Bild zurück zur Galerie Richardson in London, die das Werk angeblich an Philip Coleman verkauft hat. Oliver Richardson leitet die Galerie seines Großvaters Henry. Der alte Mann kann am ehesten Auskunft über das Bild geben, dessen Schicksal sich offenbar in der Nachkriegszeit des besetzten Berlins entschieden hat.
Der erste Kontakt mit der Galerie verläuft unbefriedigend und verstärkt Annas Misstrauen noch, was die Echtheit des Bildes betrifft. Später wird sie sogar anonym bedroht. Unterkriegen lässt sie sich davon nicht, nicht ahnend, dass ihre Familiengeschichte ebenfalls mit dem Bild in Zusammenhang steht.

Die Geschichte ist sehr geheimnisvoll. Von Anfang an ahnt man, dass für Anna Falkenberg mit den Recherchen zum Bild ein Abenteuer beginnt. Was sie nach und nach recherchiert, ist in einem anderen Erzählstrang, der zurückgeht in die Berliner Nachkriegszeit Wirklichkeit.
Durch verschiedene Blickwinkel wirkt der Roman sehr realitätsnah. Die historischen Hintergründe sind perfekt recherchiert. Vergangenheit und Gegenwart werden auf unerwartete Weise verbunden.
Der Schreibstil der Autorin ist beeindruckend. Mit ihrem detailreichen Ausdruck lässt sie Bilder beim Leser entstehen. Die Geschichte wirkt so unglaublich lebendig. Starke Gefühle werden vermittelt, die den Leser mitfühlen lassen. „Das Bild der Erinnerung“ ist ein faszinierender und damit ein sehr fesselnder Roman.

Rezension von Heike Rau

Micaela Jary
Das Bild der Erinnerung
416 Seiten, Klappenbroschur
Goldmann Verlag
ISBN-10: 3442478855
ISBN-13: 978-3442478859
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Johanna Adorján: Meine 500 besten Freunde

Johanna Adorján: Meine 500 besten Freunde

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„Meine 500 besten Freunde“, das sind mehr oder weniger wichtige oder anerkannte Größen im Berliner Polit- und Showgeschäft. „Dazu zu gehören“ ist alles, dafür würde man womöglich sogar die eigene Seele verkaufen. So jedenfalls lesen sich die Geschichten von Damen, Herren, Journalisten und solchen, die es sein möchten. Wer im Restaurant „Borchardt“ in Berlin verkehrt, hat es zu etwas gebracht. Aber natürlich nicht alle! Zuweilen möchte man nur gesehen werden, sich in der Gunst der Stunde sonnen und schlicht gesagt „mehr scheinen als sein“. Die Eitelsten der Eitlen, die Angeber, Gernegroße und wer sie nun alle sein mögen: Filmsternchen, Journalisten, Politiker und Theaterleute kommen dort zusammen. Auch der Dirigent Daniel Barenboim ist hier schon gesehen worden. Er gehört zu den hoch geachteten Honoratioren der Stadt.

Johanna Adorján benutzt zum Einstieg in ihr Buch mit Porträts ihrer besten Freunde das Treffen zweier Freundinnen. Klatsch und Tratsch bieten den Hintergrund, mit dem sich auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten „tout Berlin“ trifft, um sich zu zeigen, gelegentlich anzugeben, sich im Ruhm des Gegenübers zu sonnen, hintergründige Affären zu offenbaren oder mit dem eitlen Gehabe einer  wichtigtuerischen Gemeinde das Treffen dort zur Show hoch zu stilisieren.

Dennoch: Klatsch regiert die Welt, und so ist das Buch eine unterhaltsame Studie über die eingebildeten oder vorhandenen Fähigkeiten und das Gebaren einiger, die das Gesellschaftsbild der Hauptstadt Berlin mit prägen.

Freundinnen sind oft geheime Rivalinnen um die Ehemänner oder Liebsten ihrer getäuschten Partnerinnen.

Mit einem ebenfalls enttäuschten Journalisten, der sich vergeblich einen Preis gewünscht hat, empfindet man Mitleid. Seine Ehe ist ein Desaster, nur er hat das bisher nicht erkannt.

Doch gibt es in Berlin auch die Drogenabhängigen und die Lebeleute, die sich einfach das Leben schön machen wollen. Ob sie alle glücklich sind? Man darf daran zweifeln.

Die Autorin kann Witz mit trockenem Humor verbinden und auf eine ernste und komische Weise dieses Panoptikum unserer Berliner Gesellschaft karikieren. Sie schreibt mit der nötigen Distanz, die einem die Gesellschaft am Ende nahe bringt.

Eine unterhaltsame Lektüre ist ihr mit ihrem zweiten Buch gelungen, die allerdings nicht ganz an die erste mit dem Titel „Eine exklusive Liebe“ heranreicht, in der sie sich mit dem Schicksal ihrer Großeltern auseinander gesetzt hat.

Johanna Adorján ist eine hervorragende Feuilletonistin, deren Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung fast immer mit besonderer Freude zu lesen sind.

Johanna Adorján
Meine 500 besten Freunde
256 Seiten, gebunden
Luchterhand Literaturverlag, Februar 2013
ISBN-10: 3630873545
ISBN-13: 978-3630873541
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Daniel Höra: Das Ende der Welt – MIT GEWINNSPIEL

Daniel Höra: Das Ende der Welt – MIT GEWINNSPIEL

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Es ist die Zeit nach der großen Katastrophe. Seit seinem siebten Lebensjahr wächst Kjell bei der Armee auf, lebt in einem Internat. Seine Mutter ist ihm fremd geworden. Als Kjell vierzehn ist, geht er mit seiner Einheit nach Berlin. Unter General Cato geht es darum, die Senatsbürger bei der Wahl vor Anschlägen zu schützen und die Stadtsektoren zu kontrollieren, besonders den M-Sektor, wo nur Zefs unter unmenschlichen Bedingungen hausen und Banden regieren. Als Kjell einen Anschlag auf Kanzler Amandus verhindert, wird er mit einer besonderen Aufgabe betraut. Fortan muss er als Leibwächter der Kanzlertochter Leela zur Verfügung stehen, bis dieses heiratet.

Mit der politischen Richtung Kanzler Amandus kann General Cato sich nicht einverstanden erklären. Amandus Friedenspläne und das angestrebte Bündnis mit anderen Staaten hält er für Verrat. So plant Cato selbst die Macht zu übernehmen. Kjell gerät mitten hinein in dieses Machtgerangel. General Cato und seine Ausbilder spielen ein böses Spiel mit ihm. Bald steht Kjell als Verräter da, ohne zu wissen, wer ihm diese Rolle zugedacht hat. Um sein Leben zu schützen, nimmt er Leela zum Schein als Geisel und flieht mit ihr.

Die Geschichte spielt in der Zukunft, wird aber von einem Standpunkt aus betrachtet, der noch weiter in der Zukunft liegt, so dass die Zeit, in der die Handlung liegt schon wieder Vergangenheit ist. Für den Leser bedeutet das, nicht nur eine zeitliche Spanne in der Zukunft zu betrachten, sondern auch zu erfahren, wohin der Ausgang der Geschichte letztendlich führt.

Kjell lebt in einer ungewissen Zeit. Deutschland, wie wir es kennen, ist Geschichte. Trostlosigkeit herrscht. Die Sonne ist schon lange nicht mehr zu sehen. Weite Landstriche sind zerstört. Auch das Stadtbild Berlins ist verkommen. Die bessergestellten Senatsbürger leben in abgeschirmten Vierteln.

Die Arbeiter, die Zefs, wohnen in den Ruinen, wo sich auch Flüchtlinge verstecken, und versuchen irgendwie zu überleben, werden aber immer wieder mit skrupellosen Gewaltakten der Armee, die für Ruhe zu sorgen hat, konfrontiert. Es ist hoffnungslos, die Lage ändern zu wollen. Aufstände werden niedergeschlagen. Es ist ein erschreckendes Szenario, das hier als Kulisse für die Geschichte um den jungen Soldaten Kjell dient.

Kjell kann nicht durchschauen, was vor sich geht. Sein Denken ist von Kind auf geprägt durch seine Ausbilder, denen er blind vertraut. Er ist überzeugt auf der richtigen Seite zu stehen, ist es gewöhnt zu gehorchen und Befehlen zu folgen. Der Autor lässt Kjell selbst erzählen. Seine Gedanken werden dem Leser also in aller Offenheit mitgeteilt.
Dass Kjell immer wieder auf die falschen Ratgeber hört, zieht sich durch das Buch wie ein roter Faden. Man darf nicht vergessen, dass er gerademal 14 ist und seine eigene Meinungsbildung immer unterdrückt wurde. Doch er entwickelt sich weiter. Nach und nach lässt er Emotionen zu, auch als er sich in Leela verliebt. Für sich selbst zu denken, führt ihn jedoch in eine tiefe innere Zerrissenheit, die auf eine sehr eindringliche Weise geschildert wird.

Der Autor gibt sich kritisch und untermalt diese Kritik mit ernsten Bildern. Nachdenklichkeit stellt sich ein. Aber das Buch ist nicht durchweg nur ernst. Wenn zum Beispiel aus der Zukunft heraus ein Blick zurück in unsere heutige Zeit geworfen wird, von der man nun nichts Genaues mehr weiß, und man sich die Bedeutung mancher Gegenstände völlig falsch zusammenreimt. Im Buch gibt es dann auch ein Glossar. Der Herausgeber des Buches, ein Nachkomme Kjells versucht sich mit Begriffserklärungen. So ist dieses faszinierende Buch dann auch noch in einen spannenden Rahmen gepackt.

Rezension von Heike Rau

Daniel Höra
Das Ende der Welt
384 Seiten, gebunden
Bloomsbury Kinderbücher & Jugendbücher
ISBN-10: 3827054389
ISBN-13: 978-3827054388

Gewinnspiel:

Dieses Buch ist ganz besonders zu empfehlen. Deshalb verlosen wir drei Exemplare, freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom Verlag Bloomsbury Kinderbücher und Jugendbücher.

Wer beim Gewinnspiel mitmachen möchte, sollte einen kurzen Kommentar unter die Rezension schreiben und uns mitteilen, was er lieber mag. Zukunftsromane die tatsächlich vorstellbar erscheinen oder solche, die eindeutig ins Reich der Fantasie gehören.

Teilnahmeschluss ist Mittwoch, der 07.12.11. Die Gewinner werden ausgelost. Der Rechtsweg ist wie immer ausgeschlossen.

Viel Spaß!

Philip Sington: Das Einstein-Mädchen

Philip Sington: Das Einstein-Mädchen

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Sie ist es, Elisabeth, das Mädchen an das Psychiater Dr. Kirsch so oft denken muss, obwohl er sie bei einer kurzen Begegnung kaum kennen gelernt hat. Doch was macht sie hier im Krankenhaus? Die Ärzte wissen nicht, was passiert ist. Sie wurde bewusstlos aufgefunden. Man weiß nicht einmal, wie sie heißt. Dr. Kirsch will zunächst für sich behalten, dass er die junge Frau kennt. Sie hatte ein Flugblatt bei sich mit einer Ankündigung zu einer Physik-Vorlesung von Albert Einstein. Also wird sie das Einstein-Mädchen genannt.

Als sie endlich erwacht, ist sie völlig aus der Fassung und muss ruhig gestellt werden. Sie kann sich an nichts erinnern. Kirsch interessiert sich für den Fall, mehr als er sollte. Doch viel weiß er nicht über die junge Frau, auch nicht, dass sie ein Kind geboren haben muss, wie die Untersuchungen ergeben.
Dr. Kirsch hat noch andere Probleme. Da ist Alma, seine Verlobte, mit der er nicht zusammenbleiben kann, weil er an einer Syphilis leidet, die er sich während seiner Zeit als Feldarzt geholt haben muss. Die Krankheit ist weit fortgeschritten.

Nach einem Vorfall in der Klinik, soll er alsbald seine Kündigung einreichen. Mit den Behandlungsmethoden eines Kollegen kann er sich nicht anfreunden. Die Insulinschocktherapie, so glaubt er, ist nicht zum Besten der Patienten. Eine heftige Auseinandersetzung mit seinem Vorgesetzen Professor Bonhoeffer bei der er viel einstecken muss, ob nun gerechtfertigt oder nicht, macht ihm sehr zu schaffen.
Dabei wollte er den Fall des Einstein-Mädchens übernehmen. Unter den gegebenen Umständen wird er seinen Vorgesetzen dazu wohl kaum noch überreden können. Kurzerhand fälscht Dr. Kirsch die Überweisung. Er hat vor, die ihm verbleibende Zeit besonders für diesen Fall, der ihm sehr am Herzen liegt, zu nutzen.

Die Behandlung, die Dr. Kirsch seiner Patientin zukommen lässt, geht über das übliche Maß hinaus. Kirsch beginnt auch privat, die Geheimnisse seiner Patientin zu erkunden. Und auch seine Gefühle kann er kaum im Zaum halten. Die Geschichte wird von seiner Zerrissenheit getragen, denn ihm ist sehr wohl bewusst, dass er seine Kompetenzen überschreitet und zu weit geht. Seine Patientin dagegen ist ihm ausgeliefert. Und doch scheint auch sie ihm gegenüber Sympathie zu empfinden.

Im Vordergrund der Geschichte steht also ein Familiengeheimnis. Immer mehr kommt Kirsch hinter die wahre Identität seiner Patientin. Unfassbar ist, was er erfährt. Doch als Leser kann man nicht wissen, ob man dem trauen kann, was Kirsch herausfindet. Er forscht in einem Gespinst aus Lüge und Wahrheit, das er zunächst nicht zu durchdringen vermag. Das macht die Spannung im Buch aus. Denn wohin die Recherchen des Doktors führen ist ungewiss, auch wenn der berühmte Wissenschaftler Albert Einstein eine Rolle spielen muss. Inwieweit kann man dem trauen, was Einsteins Sohn Eduard erzählt, als Kirsch ihn in der Nervenheilanstalt Burghölzli besucht?

Es ist eine ruhige Geschichte und kein Thriller, wie man glauben könnte, wenn man nach dem geht, was hinten auf dem Buch steht. Aber mitreißend ist das Buch allemal. Der Roman selbst ist lesenswert und unterhaltsam. Außerdem erhält man spannende Einblicke in die Arbeit Martin Kirschs an der Charité im Berlin 1932. Einer Zeit in der Dr. Kirsch seine Arbeit neu infrage stellen muss. Anmerkung zu den historischen Hintergründen gibt es dann auch im Nachwort.

Rezension von Heike Rau

Philip Sington
Das Einstein-Mädchen
Deutsch von Sophie Zeitz
464 Seiten, Klappenboschur
dtv, Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423247835
ISBN-13: 978-3423247832
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