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Schlagwort: Glück

John Banville: Im Licht der Vergangenheit

John Banville: Im Licht der Vergangenheit

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Wie in seinen früheren Romanen sind es wieder Themen von Liebe, Schmerz, Abschied und Tod, die den Autor John Banville in seinem neuen Roman umtreiben!

Sein Held Alex Cleave ist ein älterer Schauspieler mit nur noch seltenen  Engagements, als ihn unverhofft ein Angebot für eine neue Rolle erreicht.

Er lebt mit seiner Frau Lydia in einer leidenschaftslosen Beziehung, die durch den Tod der gemeinsamen Tochter Cass noch beschwert ist. Er kann es nicht verstehen, warum diese vor zehn Jahren für immer aus ihrem Leben geschieden ist. Die Trauer der beiden Eheleute über den nie verwundenen Tod der Tochter ist groß.

Doch mit der neuen Rolle über den Kritiker Axel Vander stellen sich bei Cleave Erinnerungen ein, Erinnerungen an seine erste Liebe ausgerechnet mit der Mutter seines besten Freundes! In langen Passagen erinnert er sich an die glückseligen Stunden mit der 35 Jahre alten Mutter von Bill. Mit diesen Erinnerungen scheint er der bedrückenden Gegenwart entkommen zu können.

In einem lange dahin mäandernden Geschehen spielt Alex eine Filmrolle, erlebt seine Mitstreiter in ihren Rollen und Vergangenheit und Gegenwart vermischen sich. Der Tod seiner Tochter harrt für Alex Cleave der Aufklärung, und die Rolle des Kritikers Axel Vander hat mehr mit seinem vergangenen Leben zu tun, als er ahnt.

In poetischen Bildern mit zahlreichen erinnerungsträchtigen Erscheinungen nähert sich John Banville dem „Licht der Vergangenheit“ seines Hauptprotagonisten. Es zeigt sich am Ende, wie sehr wir uns in den Abläufen der Vergangenheit täuschen können. Die Realität und das Erinnerte sind nicht immer konform.

Man folgt den Spuren seiner Erfahrungen, die uns vom Glück über das Unglück bis zu seinem Lebensanfang zurückführen.

Ein rührender, liebenswerter, leicht und schwebend daher kommender Erzähler beglückt uns erneut mit den einfallsreichen und verschlungenen Entwicklungen seiner Protagonisten. Dieses Buch liest sich ruhig und gibt besonnen Auskunft über die Beziehungssonderbarkeiten seiner Figuren. Schicksale ereignen sich häufig, ohne dass man ihnen ausweichen könnte.

John Banville
Im Licht der Vergangenheit
336 Seiten, gebunden
Kiepenheuer & Witsch, Februar 2014
ISBN-10: 3462045954
ISBN-13: 978-3462045956
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Iny Lorentz: Das goldene Ufer

Iny Lorentz: Das goldene Ufer

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Der Roman des Autorenpaares ist der Auftakt einer neuen Romanserie um die Auswanderungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Die Handlung beginnt im Morast und Schlamm, im Krieg. Der kleine Walter marschiert in einem Heer von Soldaten an der Seite eines Musketiers. Sein Regiment hatte erst vor zwei Tagen mit einem Teil von Napoleons Armee gekämpft. Nun sind sie auf dem Marsch nach Waterloo. Seit zwei Jahrzehnten marschiert der Kaiser der Franzosen von Sieg zu Sieg, doch nun wollen ihm die deutschen Truppen den Garaus machen.

Die Schlacht brachte viele Verluste, viele Weggefährten, darunter die Frauen, die im Tross mitmarschierten, wurden getötet. Während der Kämpfe rettet der kleine Junge, der stets mit seiner Trommel wegen ihrer Größe zu kämpfen hat, dem Regimentskommandeur das Leben. Oberst Graf Regnitz hat ein gutes Herz und belohnt den Trommler damit, ihn nach dem Krieg mit auf sein Anwesen zu nehmen und ihm gleichermaßen wie seinem eigenen Sohn eine Bildung angedeihen zu lassen. Walter bittet den Grafen, auch Gisela, die während der Schlacht zur Waise geworden war, mit auf das Gut zu nehmen. Die fürsorglichen Gedanken, die der Oberst pflegt, sind vor allem dessen Sohn, ein Luftikus und Möchtegern, und seiner Ehefrau, die wiederum den Sohn über alles schätzt und beschützen möchte, ein Dorn im Auge. So werden Ehefrau und Sohn zwangsläufig Widersacher in einem perfiden Spiel. Walter und auch Gisela bekommen Schulbildung auf dem Anwesen und werden später vom Grafen angestellt. Während Gisela als Magd in Diensten genommen wird, wird Walter, der der Sohn des alten Försters ist, gleichermaßen als Förster in Diensten genommen. Doch die außerordentliche Intelligenz Walters missfällt dem Sohne des Grafen überaus, lässt ihn schier vor Neid platzen.

Dem Autorenpaar ist mit diesem Roman wieder ein großes Abenteuer gelungen, in welchem sie das Auf und Ab der Gefühle der Leser bedienen. Der Leser wird hineingezogen in eine Geschichte, die es ihm unmöglich macht, nicht für die eine oder andere Figur im Roman Partei zu ergreifen. Atmosphärisch hat mich dieser Roman sehr stark an einige Werke von Karl May erinnert. Besonders an die Werke Mays, die in Deutschland spielen. Sie handeln im gleichen Jahrhundert wie der vorliegende Roman, und Förster, Grafen, Bedienstete sind dort ebenso bekannt wie die in diesem Buch. Iny Lorenz haben sich wieder mal in eine andere Zeit begeben und verstehen es fantastisch, die Liebe zweier Menschen während eines chaotischen und zerstörenden Umfelds erwachsen zu lassen.

Abenteuer und Lust auf Abenteuer zeichnen für einen sehr unterhaltsamen Roman. Dafür kann es nur eine volle Punktzahl geben.

Lorentz; Iny
Das goldene Ufer
Taschenbuch
Knaur, München
ISBN-10: 342651169X
ISBN-13: 978-3426511695

© Detlef Knut, Düsseldorf 2013
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Julie Peters: Der vergessene Strand

Julie Peters: Der vergessene Strand

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Amelie glaubt, in ihrem Leben angekommen zu sein. Sie ist seit einigen Jahren mit ihrem ehemaligen Dozenten Michael liiert, in den nächsten Monaten soll Hochzeit sein. Das Studium hat sie erfolgreich abgeschlossen. Ein Verlag hat sich für ihre Recherchen über Beatrix Lambton interessiert und möchte ein Buch herausbringen. Ihre Freundin Diana lebt gerade in Neuseeland, aber dank Internet nimmt sie rege an deren Leben teil. Was braucht es noch? Doch dann muss Amelie schmerzlich erfahren, dass Michael mit einer anderen Frau ein Kind bekommt. Sie war davon ausgegangen, dass Michael den Seitensprung vor einigen Monaten tatsächlich nur einmal begangen hat und die Affäre längst beendet ist. Sie hat ihm und ihrer beider Liebe eine zweite Chance gegeben. Die Nachricht von dem werdenden Kind, obwohl doch sie zusammen mit Michael eine Familie gründen wollte, bricht wie ein Novembersturm über sie herein. Sie flüchtet nach Pembroke in Wales, dem Ort, in welchem die Lambton-Schwestern vor über hundert Jahren lebten, über deren Leben sie schreibt. Doch Amelie wird in diesem Ort von den Einwohnern angefeindet, ohne dafür ein Motiv erkennen zu können. Dann deutet sich an, dass sie hier bereits gelebt hatte und für die Einwohner keine Unbekannte ist. Erinnern kann sie sich daran nicht. Eine Reise in die Vergangenheit beginnt …

Julie Peters hat eine unterhaltsame und spannende Geschichte um die Suche nach dem Ich, die Suche nach den Wurzeln geschrieben. Die Protagonistin Amelie ist ohne Vater aufgewachsen, ihre Mutter hatte und wollte ihr nichts über ihren Vater erzählen. Die Wut um das Fremdgehen ihres Freundes und die Recherchen für ihr Buch treiben die Protagonistin auf den Weg in ihre eigene Vergangenheit. In einer Parallelhandlung wird dabei vom Leben der Lambton-Schwestern vor hundert Jahren erzählt. In nahezu jedem Kapitel aus der Gegenwart gibt es einen großen Absatz aus damaligen Zeit. Kenntlich wird dies durch eine andere Schriftart gemacht. Damit werden scheinbar zwei Geschichten in einem Roman angeboten. Doch schnell stellt sich heraus, dass die Protagonisten von vor hundert Jahren kaum einen Unterschied zu denen aus der Gegenwart aufweisen. Hier wie dort geht es um das Fremdgehen, um die Liebschaften der Männer, denen dies verzeiht wird, hingegen die Frauen gnadenlos dafür bestraft werden. Geht es in der Gegenwart um Schwangerschaft, so geht es auch in der Vergangenheit um Schwangerschaft. Können sich die Frauen in der Gegenwart nicht zu einer Entscheidung durchringen, so können sie es auch im Gestern nicht. Damit stellt sich die Frage, warum überhaupt dieser Griff zu der Parallelhandlung gemacht, zumal sie nach zwei Dritteln des Buches von der Autorin offenbar vergessen wurde? Still und heimlich gibt es plötzlich keine Ausflüge in die Vergangenheit mehr. Schade, war es doch eine angenehme und nette Verbindung in die Vergangenheit, die mit noch so mancher Überraschung aufwarten konnte.

Peters hat mit diesem Roman das Thema der heutigen Girli-Generation aufgegriffen, die nicht in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen. Ständige Zweifel nagen an der Protagonistin, sie ist hin- und hergerissen zwischen ihren Wünschen und dem, was sie für sinnvoll hält, kann jedoch keinen Schlussstrich ziehen oder mit der Faust auf den Tisch hauen, wie man es sich wünschen würde. Doch darin liegt bis zu einem gewissen Grade auch die Spannung dieses Romans. Denn der Leser wartet auf die längst fällige Entscheidung. Da die parallele Handlung eh im Sande verläuft, hätte man mit dem Kürzen des Romans weit mehr gewonnen.

Mein Fazit: unterhaltsam, spannend, etwas langatmig. Aber ohne Frage macht es Spaß, ihn zu lesen.

Peters, Julie
Der vergessene Strand
480 Seiten, broschiert
Rowohlt, Hamburg
ISBN-10: 3499266644
ISBN-13: 9-783499266645

© Detlef Knut, Düsseldorf 2013
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John Williams: Stoner

John Williams: Stoner

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Die Geschichte von einem einsamen Mann.

Stoner ist der eigenwillige Sohn eines armen Farmerehepaars aus Missouri.
Arm geboren und aufgewachsen und gewöhnt an harte Arbeit verschlägt es den aufgeweckten Jungen an die Columbia Universität Missouri.
Er kam mit dem Anliegen, Agrarwissenschaften zu studieren, doch erlebt er in der Literatur seine eigentliche Offenbarung. Geschätzt und gefördert von einem seiner Professoren bringt er es nach vier Jahren zum Literaturdozenten und folgt seiner eigentlichen Berufung. Im Klappentext heißt es: der Roman handelt „von der Liebe und von der Liebe zur Poesie und zur Literatur“.

In der Tat ist Stoner ein begeisterter Literaturprofessor, dessen ganze Leidenschaft seiner Wissenschaft gehört. Doch sein Leben wird auch von zahlreichen Missgeschicken mit bestimmt.
Da ist zum einen seine Ehe mit Edith, die sich als kalt, oberflächlich und lieblos entpuppt. Später sind es die Missgunst und Intrigen an der Universität, die ihm das Leben versauern. Gute Freunde aber hat er auch.

Die Handlung schreitet flott voran. Zielstrebig und knapp erzählt John Williams die Geschichte vom Leben seines Helden, das sich über fast fünfzig Jahre erstreckt.

1914 melden sich Freunde von ihm zum Militär und zur Teilnahme am ersten Weltkrieg, wo er einen seiner guten Freunde verliert.

Die Erzählung wirkt in ihrer Diktion klar und entschlossen, so wie der Held der Geschichte entschlossen ist, sein Glück zu machen  Er fällt gar nicht besonders auf oder besitzt etwa ein besonderes Charisma. Allzu schnell hält er um die Hand der hübschen Edith an.
Dass sie nicht die Richtige für ihn ist, wird mit kurzen und unumstößlichen Sätzen deutlich. Edith wünscht sich ein Kind, für das sie sich dann aber wenig zu interessieren scheint. Der Tochter Grace gilt die ganze Liebe ihres Vaters, bis Edith neben zahlreichen anderen Gemeinheiten auch diese Beziehung zu unterlaufen versteht.

Das Leben von Stoner, der so zuversichtlich Karriere als Literaturprofessor macht, bleibt auf lange Strecken ein Fiasko. Er ist ein Mensch, mit dem man intensiv mit fühlt. Es sind die Konkurrenten an der Universität, denen er ebenso hilflos ausgesetzt ist wie den Widrigkeiten mit seiner eigenen Frau. Dass man so intensiv an seinem Geschick und seinen Niederlagen teilnimmt, lässt darauf schließen, dass in jedem Leben zuweilen Mißerfolge und Kränkungen zu verkraften sind. Hierzu nochmals ein Zitat aus dem Klappentext: “Es ist ein Roman darüber, was es heißt, ein Mensch zu sein“.

Man kann sich dem Sog dieser Geschichte kaum entziehen und folgt atemlos ihrem Fortgang.

John Williams ist erst heute wieder entdeckt worden, nachdem sein 1967 erstmals veröffentlichter Roman lange Jahre in Vergessenheit geraten war. Ein wahres Glück für den Leser!

John Williams
Stoner
352 Seiten, gebunden
Deutscher Taschenbuch Verlag, September 2013
ISBN-10: 3423280158
ISBN-13: 978-3423280150
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Johanna Marthens: London Calling – Der lange Weg zum Ruhm

Johanna Marthens: London Calling – Der lange Weg zum Ruhm

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Susanne Pagels, genannt Suzie, hatte bereits als Kind den Bolzplatz geliebt. Sie wollte nie etwas anderes machen, als Fußball zu spielen. Da wundert es nicht, dass sie nach wie vor engagiert im Frauenfußball ist. Sie spielt beim 2. FFC Turbine Potsdam. Die Fußballwelt, besonders die des Frauenfußballs, ist ihr Leben. Ihr größter Wunsch ist es, in der Frauenfußballnationalmannschaft zu spielen. Sie kennt bereits viele Spielerinnen aus der Nationalmannschaft, weil sie mit diesen gelegentlich zusammen trainiert und sozusagen als Sparringspartner mit ihnen Fußball spielt. Doch dann passiert ein Unglück. Die Nationalspielerin Tanja Klemme fällt wegen Krankheit aus. Es sind nur noch wenige Wochen bis zu den Olympischen Spielen. Tanja Klemme wird bis dahin nicht wieder fit sein. Doch es ist genau diese Fußballerin, die Suzie als Ersatz für sich bei der Fußballbundestrainerin Silvana Gier empfiehlt. Die Bundestrainerin macht sich schlau, spricht mit Suzies Trainer bei Turbine Potsdam und schaut sich einige Videos zum spielerischen Können von Suzie an. Suzie erhält tatsächlich die einmalige Chance, bei den Olympischen Spielen in Großbritannien im Team der Frauenfußballnationalmannschaft dabei zu sein. Suzie kann es nicht glauben, dass ihr so viel Glück widerfährt. Obwohl es auf den Unglück einer anderen Spielerin passiert. Aber die Olympischen Spiele werden alles andere als ein schönes Urlaubserlebnis für Suzie. Ihr spielerisches Können steht außer Frage, doch lastet ein ungemeiner Druck auf ihr. Sie möchte es allen beweisen. War sie bei Turbine Potsdam der Star, so ist sie in der Nationalmannschaft ein unbeschriebenes Blatt, selbst wenn einige Spielerinnen sie bereits kennen.

Der Autorin ist es hervorragend gelungen, den Weg in die Nationalmannschaft auf spannende und unterhaltsame Weise zu beschreiben. Im Roman wird mit vielen Höhepunkten und Rückschlägen gearbeitet, so wie es einer Nationalmannschaft bei einem solch großen Wettbewerb passieren kann. Bei einer Weltmeisterschaft oder bei den Olympischen Spielen ist das erringen der Meisterschaft nicht einfach ein bequemer Durchgang. Der Weg ist steinig und eine Mannschaft muss mit vielen Unwägbarkeiten rechnen. Diese Unwägbarkeiten wurden hervorragend als Spannungsmomente in die Handlung eingearbeitet. Der Leser fiebert nicht nur mit Suzie mit, sondern er fiebert auch mit der Mannschaft um den Titel des Olympiasiegers mit. Höchst emotional werden von Johanna Marthens viele Momente auf dem Weg in die vollwertige Mitgliedschaft der Nationalmannschaft beschrieben. Sehr authentisch werden Spielstrategien, Taktiken, Presseinterviews und Pressestatements an den Leser überbracht. Der hat zwangsläufig den Eindruck, die Autorin dieses Romans wisse ganz genau, wovon sie erzählt. Ein kleines Schmunzeln kann sich über das Gesicht des Lesers ausbreiten, wenn er den einen oder anderen Namen, der im Roman handelnden Figuren, liest. Ob es sich dabei nun um die fiktive Topspielerin Birgit Prinzen oder den fiktiven Fernsehmoderator Josef Clay Gerner handelt, der Leser weiß, wer gemeint ist.

Ein Roman, der definitiv für Fußballfans gemacht wurde, aufgrund seiner spannenden Unterhaltung aber nicht nur für diese Zielgruppe. Vielleicht mögen sich viele weibliche Leserinnen besonders angesprochen fühlen, aber dem muss nicht unbedingt so sein. Die passende Sommerlektüre, zumal unsere Damen momentan doch wieder spielen. Mir hat die Lektüre außerordentlich viel Spaß gemacht. Ich vergebe dafür fast alle Punkte.

Marthens, Johanna
London Calling – Der lange Weg zum Ruhm
Ebook
Netnovela Verlag
ASIN: B00BXP5W6I

© Detlef Knut, Düsseldorf 2013

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Richard Russo: Diese alte Sehnsucht

Richard Russo: Diese alte Sehnsucht

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Familienleben und anderes…

Wieder kann man mit diesem Roman einen hervorragenden amerikanischen Schriftsteller entdecken. Richard Russo gilt als herausragendes Erzähltalent, und den Beweis liefert er mit seinem Roman über ein Ehepaar im Kontext zu ihren Herkunftsfamilien.

Griffin und Joy sind die Hauptprotagonisten, deren Ehe und Familienleben sich Prüfungen aller Art ausgesetzt sieht.

Griffin ist ein glückloser Drehbuchbuchautor und Professor an einem kleineren College im mittleren Westen der USA. Cape Cod ist Ort heimlicher Sehnsüchte und Ferienerinnerungen von Griffin, der sogar ein Drehbuch nach der frühen Ferienbegegnung mit der Familie Brown schreiben will.

Jetzt ist er Mitte fünfzig und hat den undankbaren Auftrag seiner Eltern, ihre Asche ins Meer zu streuen! Aber nicht zu nah beieinander!

Während der ganzen Erzählung drehen sich Griffins Gedanken um die Liebe zwischen Eltern, Kind, Geliebter und Ehefrau.

Joy entstammt einer wohl angesehenen Ehe mit zahlreichen Geschwistern. Die Ehe ihrer Eltern war glücklich, – aber war sie das wirklich?

Griffin hingegen hatte Professoreneltern, die sich trennten als er älter wurde. Er weiß nie, ob sie sich nicht seinetwegen scheiden ließen, denn Kinder mochten sie gar nicht so gerne. Er wuchs ohne Geschwister aber mit umso mehr Sehnsucht nach Gesellschaft Gleichaltriger auf.

Bildet die Erinnerung an frühere Jahre einen Teil der Erzählung, so ereignen sich später slapstickgleich mehr oder weniger verunglückte Familientreffen bei diversen Hochzeiten. Bei den zu überwindenden Schwierigkeiten spielen zukünftige Schwiegereltern keine geringe Rolle. Die Ehe von Griffin und Joy ist zu Beginn sehr glücklich. Nach Jahren aber zeigen sich Abnutzungserscheinungen. Innerhalb eines Jahres nimmt die Ehe der beiden schließlich ernsthaften Schaden, denn über dreißig Jahre Eheleben haben ihre Spuren hinterlassen.

Glück kann fließend in Enttäuschung übergehen.

In teils melancholischen und teils naiv abwartenden Betrachtungen bietet Griffin mit seinen Reflexionen Einblicke in Familienleben, wie man sie überall auf der Welt antreffen kann. Durch die Komik neben der Tragik mit amüsanten und witzig vorgetragenen Bildern aus dem Leben von Joy und Griffin zeigt sich, dass Eheleben glücklich und entsagungsvoll sein kann, einmal für den einen und ein anderes Mal für den anderen zweier Partner. Melancholie, Nachdenklichkeit, Humor und Liebe zählen in diesem Buch. Man liest es angeregt und mit Gewinn.

Richard Russo weiß zu unterhalten, ohne Langeweile aufkommen zu lassen. Bis zuletzt bleibt man in Erwartung der Wechselfälle des Lebens für dieses eindrucksvolle Paar und hofft, dass alles gut enden möge!

Richard Russo
Diese alte Sehnsucht
348 Seiten, broschiert
Dumont Buchverlag, Februar 2012
ISBN-10: 3832161848
ISBN-13: 978-3832161842
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Klaus Kordon: Das Karussell

Klaus Kordon: Das Karussell

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Der 450 Seiten starke Roman erzählt eine Familiengeschichte über zwei Weltkriege hinweg. Zunächst wird in parallelen Handlungssträngen von den beiden Kindern Herbert Josef Lenz und Elisabeth Gerber erzählt. Herbert, genannt Berti, ist das Kind einer Vergewaltigung. Seine Mutter war als Dienstmagd von ihrem Dienstherrn vergewaltigt worden. Kein Wunder, dass er von ihr nur halbherzig geliebt wird und sie ihn in ein Waisenheim abschiebt. Als die Mutter später wieder einen Mann findet, hat Berti erst recht keinen Platz mehr in ihrem Leben. Das Waisenhaus wird von einem strengen Pater und einem strengen Lehrer geleitet. Gutes hat Berti von diesen Leuten nicht zu erwarten. Schon als kleines Kind von sechs Jahren, als der Erste Weltkrieg 1914 ausbricht, fragt er sich unentwegt, warum seine Mutter ihn nicht zuhause aufwachsen lässt. Sie kommt ihn zwar oft besuchen, aber das ist nicht das, was er sich wünscht. Die Frage, ob er ein ungeliebtes Kind ist, nagt sehr stark an ihm. Aber er lernt, sich im Heim durchzusetzen und wird zu einem so genannten Rüpel, letztendlich zu einem wahren Prügelknaben. Immer wieder kommt er bei Wasser und Brot in den Karzer oder muss sich über den Prügelbock legen und wird windelweich geprügelt.

Parallel dazu wird die Geschichte von Elisabeth Gerber, genannt Lisa, erzählt. Lisa wächst im Harz, in Thale, als Tochter des Sohns eines Fleischermeisters auf. Die Mutter hatte sich die Hochzeit mit einem Kleinbürger erkämpft, was deren Vater, Hüttenwerker und überzeugter Sozialdemokrat, gar nicht gerne sah. Jedoch spätestens nach der Geburt von Lisa ergab er sich in sein Opadasein mit einem bürgerlichen Schwiegersohn. Ihre Mutter betreibt eine Wirtschaft, doch mit dem Ersten Weltkrieg bricht das Unheil für die kleine Familie ein und der Vater wird in den Krieg berufen. Von nun an musste sich die Mutter mit Lisa und ihren drei Geschwistern alleine durchschlagen, denn der Vater kehrte aus diesem Krieg nicht zurück.

Der Autor hat einen besonders schönen Stil gefunden, diese in Geschichte, die wie eine Familienbiografie anmutet, niederzuschreiben und zu erzählen. Eigentlich wird die Geschichte aus der Perspektive von Bertis Sohn erzählt. Doch dem stehen nur zwei Kapitel zur Verfügung: der Anfang und am Ende der Epilog. Erst im Epilog erfährt der Leser, wie der Erzähler, der ja gar nicht alles miterlebt haben kann, an die Informationen über seine Familie gelangte. Dazwischen wird das gesamte Buch von einem auktorialen Erzähler vermittelt. Über Jugendzeit und Kindheit der beiden Protagonisten Lisa und Berti bis weit in die erste Ehe hinein verläuft die Handlung beider bis zur Hälfte des Buches separat und parallel voneinander. Man erfährt vom Aufwachsen beider über die grausamen Umstände mit denen sie fertigwerden mussten, auch die schönen Momente, die sie im Leben hatten. Man erfährt, wie Lisa einen Menschen heiratet, obwohl sie ihn vielleicht nicht liebte, aber der ihr ein Zuhause bot, und den sie bis über seinen Tod hinaus respektierte. Man erfährt auch von Berti, dass er eigentlich kein Schläger werden wollte. Aber dass er doch ein großes Stück seines Lebens in diesem Waisenhaus verbrachte und sich dort durchsetzen musste, was wiederum dazu führte, dass er sehr wohl austragen konnte, um sich zu verteidigen.

In teils humorvollen Episoden werden viele Lebensabschnitte dieser beiden Personen geschildert. Der aufmerksame Leser wird erwarten, dass sich die Wege von Lisa und Berti irgendwann einmal treffen müssen. Sie werden auch einen gemeinsamen Weg beschreiten. Nahezu anrührend wird das Bemühen der beiden umeinander aufgezeigt.

Der sehr authentisch wirkende Roman ist ein Musterbeispiel für alle diejenigen, die sich berufen fühlen, aus ihrem eigenen Leben oder aus dem Leben naher Verwandter berichten zu müssen. Es gibt sehr viele Lebensgeschichten, sehr viele Lebensberichte aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges und davor. Aber meistens sind diese Berichte Tatsachenberichte, die einfach und schnörkellos erzählt werden. Als solche lassen sie jedoch oft die Spannung vermissen. Dem ist nicht so bei dem vorliegenden Roman. Dieser Roman ist dramaturgisch inszeniert, auch wenn viele Elemente davon autobiografisch oder biografisch sein sollten, ist zu spüren, dass an der Dramaturgie gefeilt wurde, damit die Leser nicht nur an die Informationen gelangen, sondern auch noch Spaß dabei haben. Ein einfühlsamer, bewegender Roman mit einem Ende, wie es sie auch geben mag. Von mir gibt es dafür fünf Sterne.

Kordon, Klaus
Das Karussell
Hardcover
Beltz & Gelberg, Weinheim
ISBN-10: 3407811144
ISBN-13: 978-3407811141

© Detlef Knut, Düsseldorf 2013

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Berit Brockhausen: Hoheitsgebiete – Revierkämpfe in der Liebe

Berit Brockhausen: Hoheitsgebiete – Revierkämpfe in der Liebe

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Als Paar zusammen zu leben, ist nicht immer einfach. Hier sind nun mal zwei völlig unterschiedliche Menschen zusammen und voneinander abhängig. Zusammenzuarbeiten und das Leben gemeinsam zu gestalten, ist eine Aufgabe, die erfüllt werden muss. Dabei kommt man sich schon mal in die Quere oder tritt sich auf die Füße. Immer wieder herrscht Uneinigkeit und aus Diskussionen wird Streit. Jeder verteidigt seine Bedürfnisse und verlangt vom anderen, was dieser möglichweise gar nicht leisten kann oder will. Es ist ein weites Feld. Manchmal wird der Ausweg nur noch in einer Trennung gesehen, auch wenn der Gedanke schmerzt. Doch gerade weil es schmerzt, weil man den anderen eigentlich nicht verlieren möchte, besteht noch Hoffnung.

Die Autorin verwendet in ihrem Buch den Begriff „Hoheitsgebiete“. Jeder Mensch hat sein eigenes unantastbares Territorium. Daneben gibt es die gemeinsamen Gebiete, die unter beider Verantwortung stehen. Grenzverletzungen sind es, die für Irritation sorgen. Diese Territorialkämpfe können aber diplomatisch ausgetragen werden. Dabei muss sich das Paar auf Augenhöhe und mit Respekt begegnen können. Denn nur dann geht es gestärkt daraus hervor.

Die Autorin vermittelt ihr Anliegen nicht nur auf eine theoretische Art und Weise. Vielmehr wird das von ihr Gesagte mit Beispielen untermauert. Dabei wird keiner in einer Paartherapie bevorzugt. Zu einer Beziehung gehören immer zwei und jeder hat das Recht angehört zu werden. Jeder hat ganz eigene Gefühle, Empfindungen und Gründe für sein Handeln, nur kann der Partner keine Gedanken lesen und versteht manches falsch. Die Autorin zeigt, wie sie diese Verstrickungen durch gezielte Einwürfe oder Fragen löst. Die vermeintlichen Gegner werden wieder zusammengebracht.

Es sind wirklich Alltäglichkeiten in einer Paarbeziehung, um die es geht. Deshalb ist das Buch auch allen Paaren zu empfehlen. Es führt hinter die Kulissen, hinterfragt Denkweisen und Absichten. Es braucht Übung, das Gelesene anzuwenden. Es ist harte Arbeit und kann nicht von einem auf den anderen Tag gelingen. Territoriale Konflikte lassen sich ja nicht vermeiden. Aber es ist der Umgang damit, der entweder Probleme schafft oder eben, wenn man es richtig angeht, die Konflikte auflöst, so dass beide glücklich damit sein können. Das vermittelt die Autorin auf gekonnte Art und Weise, mit viel Verständnis und auch ein wenig Humor.

Rezension von Heike Rau

Berit Brockhausen
Hoheitsgebiete – Revierkämpfe in der Liebe
224 Seiten, Klappenbroschur
Südwest Verlag
ISBN-10: 3517087947
ISBN-13: 978-3517087948
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Rebecca Michéle: Die Tote von Higher Barton – Ein Cornwall-Krimi

Rebecca Michéle: Die Tote von Higher Barton – Ein Cornwall-Krimi

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Der Untertitel ist Programm. Wie sollte es auch anders sein? Ein spannender Krimi mit überraschenden Wendungen in einem Mix aus: Rosamunde Pilcher (diverse Romane), Agatha Christie (Miss Marple) und Caroline Graham (Inspector Barnaby-Romane).

Nach vierzig Jahren hat Mable auf die Einladung ihrer damaligen Freundin reagiert. Sie hat sich ins Auto gesetzt, um den alten Zwist aus dem Weg zu räumen und zum Geburtstag von Abigail nach Higher Barton in Cornwall zu reisen. Seit den Vorfällen von damals ist Mable zu einer Londonerin geworden. So muss sie sich kurz vor der Ankunft am Ziel eingestehen, dass sie sich bei dem Unwetter verfahren hat und zudem kein Benzin mehr im Tank ist. Die Wege, die ihr damals so vertraut waren, sahen nun irgendwie anders aus. Zum ersten Mal in ihrem Leben wünscht sie sich ein Handy, mit dem sie wenigsten Hilfe hätte holen können. Ihr bleibt nichts anderes übrig, als in ihrem Corsa mitten auf der schmalen Straße zu übernachten.

Am nächsten Morgen wird sie von einem alten Kauz geweckt, der an ihrem Wagen nicht vorbei kann. Er hilft Mable, den Wagen in eine Straßenbucht zu schieben und bringt sie anschließend nach Higher Barton. Es ist früh am Morgen. Mable möchte die Anwohner nicht stören, die nach der gestern verpassten Party sicher alle noch schliefen. Doch die morgendliche Kühle hält sie nicht davon ab, durch die offen stehende Terrassentür die Bibliothek des Hauses zu betreten. Während sich ihre Gedanken der Vergangenheit zuwenden, entdeckt sie vor dem Kamin die Leiche einer jungen Frau. Als pensionierte Krankenschwester erkennt sie sofort, dass jede Hilfe zwecklos wäre. Sie stürmt in die Küche, wo sie das Hausmeisterehepaar beim Frühstück trifft. Als sie hocherregt mit denen zurück in die Bibliothek kehrt, ist die Leiche verschwunden.

Als Autor von Reisebeschreibungen über Südengland hat es mich in besonderem Maße interessiert, einen in diesem Landstrich spielenden Krimi zu lesen. Meine Erwartungshaltung, damit Erinnerungen an Menschen, Dörfer, Kleinstädte, Pubs und Landschaften zu aktivieren und dabei gleichzeitig an spannenden Ermittlungen teilzuhaben, ist mit diesem Buch voll erfüllt worden. Die Beschreibungen im Stile einer Agatha Christie, die an der englischen Riviera geboren wurde, einer Rosamunde Pilcher, die unendlich viele Geschichten in diesem Landstrich spielen ließ oder einer Caroline Graham, die für ihren Inspector Barnaby extra einen kornischen Landstrich Midsommer schuf, rufen beim Lesen ein Gefühl des Reisens hervor. Der Krimi ist eine sehr gut gemachte Geschichte, der demjenigen, der Ähnliches wie ich erwartet, eine unterhaltsame und spannende Lektüre sein wird. An einem Manko, welches ich keinesfalls Rebecca Michéle anlaste, komme ich allerdings nicht vorbei. Das Buch hat kein Lektorat erfahren. Die Seiten, die fehlerfrei sind, können an den Fingern einer Hand abgezählt werden, ganz so, als wäre lediglich eine automatische Rechtschreibkontrolle drüber gelaufen. Schade, dass die wunderschöne Geschichte der Autorin damit verhackstückt wurde.

Mein Gesamtfazit fällt trotzdem positiv aus, da ich die Mängel nicht der Autorin anrechne und das Gefühl beim Lesen der Geschichte nicht schöner sein kann. Also: sehr empfehlenswert!

Rebecca Michéle
Die Tote von Higher Barton
Goldfinch Verlag
356 Seiten, broschiert
ISBN-10: 3940258148
ISBN-13: 978-3940258144

© Detlef Knut, Düsseldorf 2012
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Julia Stagg: Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf

Julia Stagg: Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf

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Angefüttert durch Alex Capus’ „Leon und Louise“ und dem darin enthaltenen Flair bin ich auf das hier besprochene Buch von Julia Stagg aufmerksam geworden. Zugegeben, das Auto auf dem Umschlagbild war auch nicht ganz unschuldig, wie das ganze Umschlagbild an einige schöne Tage im Périgore erinnerte.

Nun ist das Flair in diesem Buch nicht mit der Besinnlichkeit bei Capus zu vergleichen, aber Flair, französischen Charme und ausgelassene Fröhlichkeit bringt es trotz aller Katastrophen ins Spiel. Die Schriftstellerin hat den französischen Nerv sehr gut getroffen, und das obwohl, oder gerade weil?, sie eine Britin ist. Das wird daran liegen, dass sie ähnliche Erlebnisse wie die des englischen Ehepaares Lorna und Paul Webster in dem Buch hatte erfahren müssen. Genau wie diese hat Stagg mit ihrem Mann eine Pension auf dem französischen Lande eröffnet und betrieben. Für die Websters geht es in dem Pyrinäendörfchen Fogas nicht gerade lustig zu. Als sie sich im Sommer die „Auberge de Deux Vallées“ anschauten und sich in sie verliebten, wohnten dort noch die Inhaber mit ihrer Familie, das Restaurant war in Betrieb, die Betten bezogen, in der Küche hatte es nach Gewürzen geduftet. Doch nun, als sie im Winter endlich die Möbelwagen ausladen, ist die Herberge nichts weiter als eine dreckige und heruntergekommene Herberge, deren Möbel und Fußböden von Mauseköttel übersät sind. Doch dies ist nicht das einzige Ungemach, welches sie erwartet. Viel schlimmer soll der Ärger werden, den Serge Papon, Bürgermeister des Örtchens, ihnen bereitet. Denn dass das Restaurant in einem französischen Dorf von Engländern, die noch nie etwas vom Kochen verstanden hätten, seinem Schwager vor der Nase weggeschnappt wurde, ist ein unverzeihlicher Affront.

Mit leicht süffisantem Humor hat Julia Stagg diesen Roman verfasst. Hin und wieder musste ich in lauteres Lachen ausbrechen. Der Streit zwischen den „geschmacklosen“ Engländern und den „Froschschenkelfressern“ bildet die Grundlage dafür und für ein heilloses Chaos in den Bergen Frankreichs. Zahlreiche Begebenheiten, wie die von Jaques, der dem Bürgermeister eine Flamme an dessen Hinterteil hält, worauf der in Flammen aufgeht, der Raum nach geschmortem Fleisch riecht und Jaques sich vor Lachen nicht mehr einkriegt, geben Anlass, so manche Traurigkeit schnell zu vergessen. Denn immer wieder neue Intrigen des Bürgermeisters lassen die Websters nicht zur Ruhe kommen. Manche Szenen haben etwas von Situationskomik an sich und man liest sie gern ein zweites Mal.

Einfühlsam und gut gelungen ist die Einführung eines Geistes in die reale Welt dieser Dorfgemeinschaft. Aber dieser Geist macht keinesfalls eine Fantasy-Geschichte aus dem Roman. Es ist der verstorbene Ehemann einer Dorfbewohnerin, die mit ihm gerne noch Zwiesprache hält.

Die sprachliche Umsetzung des Humors wird zweifellos auch das Verdienst der Übersetzerin Angelika Naujokat sein. Sie hat hervorragend die sprachlichen Schwierigkeiten (die Websters sprechen anfangs mit deutlichem, später mit weniger ausgeprägtem Akzent) für den deutschen Leser gemeistert. Und auch Annie mit ihrem losen Gebischkommtbeschonderschgutrüber.

Das Buch ist äußerst unterhaltend, bannt den Leser in einem ständigen Auf und Ab von Gefühlen und ist deshalb sehr zu empfehlen.

Stagg, Julia
Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf
Übersetzt von Angelika Naujokat
349 Seiten, gebunden
Hoffmann & Campe
ISBN-10: 3455403433
ISBN-13: 978-3455403435

© Detlef Knut, Düsseldorf 2012
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