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Schlagwort: Tod

Charlaine Harris: Grabeshauch

Charlaine Harris: Grabeshauch

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Rich Joyce ist an Herzversagen gestorben. Seine sterblichen Überreste bestätigen dies. Von einem natürlichen Tod, wie angenommen, kann man allerdings nicht sprechen. Harper Collins sieht dank ihrer Gabe die letzen Minuten von Rich Joyces vor sich. Eine unbekannte Person hat eine Klapperschlange nach ihm geworfen und das hat ihn zu Tode erschreckt.
Was die Familie aber noch viel mehr aus der Ruhe bringt, ist das, was Harper Collins über die Todesumstände von Mariah Parish, Rich Joyces Pflegerin, offenbart. Sie ist nicht an einem Blinddarmdurchbruch gestorben, wie die Familie versichert, sondern nach der Geburt eines Babys, von dem niemand zu wissen scheint. Die Joyces glauben Harper kein Wort.

Harper und Tolliver, Harpers Stiefbruder, Manager und Freund, verlassen die Ranch der Joyces. Bleiben aber wegen Familienangelegenheiten noch in der Stadt. Der Kontakt zu ihren Schwestern bzw. Stiefschwestern Mariella und Gracie, die von Onkel Hank und Tante Jona adoptiert worden sind, soll aufrecht gehalten werden.
Lizzie Joyce und ihre Schwester sind allerdings so beunruhigt, wegen dem, was Harper über Maria Parish behauptet hat, dass beide ins Motel kommen. Sie ziehen in Erwägung, dass, wenn die Geschichte stimmt, das Baby Mariah Parishs von ihrem Großvater Rich Joyce stammen könnte. Die Frage, ob es tot ist oder lebt, ist also von größtem Interesse. Tolliver empfiehlt, die Privatdetektivin Victoria Flores zu beauftragen, um das herauszubekommen. Sie sucht schon nach Jahren nach einer Schwester bzw. Stiefschwester von Harper und Tolliver.

Für Harper und Tolliver treten immer mehr die Familienangelegenheiten in den Vordergrund. Matthew, Tollivers Vater, also Harpers Stiefvater, ist gerade aus dem Gefängnis entlassen worden und nimmt wieder Kontakt auf, obwohl dieser nicht erwünscht ist. Als Tolliver im Motelzimmer angeschossen wird, ist es allerdings Matthew, der als Erster zur Stelle ist.
Es ist nicht zu verkennen, die Lage spitzt sich zu. Irgendwem sind Harper und Tolliver zu sehr auf die Füße getreten. Es muss mit den Joyces zu tun haben, die offenbar etwas auf dem Kerbholz haben.

Im Grunde ist die Geschichte um die Totenfinderin Harper Connelly sehr spannend. Die Handlung wird aber von so vielen Aspekten bestimmt, dass man Mühe hat, den Überblick zu behalten. Die Familienverhältnisse von Harper und Tolliver sind auch jetzt, wo die beiden erwachsen sind, haarsträubend und eben auch sehr unglaubwürdig geschildert. Die Hauptperson Harper Connelly könnte eine sympathische Person sein, wenn sie nicht einerseits so naiv und andererseits so altklug wirken würde. Eine Mischung, die zwar einfach unmöglich, aber eben auch faszinierend ist. Tolliver tritt brav in ihren Schatten.

Man liest also immer mal wieder mit hochgezogenen Augenbrauen. Und trotzdem mag man das Buch nicht aus der Hand legen. Auch Haarsträubendes und Deprimierendes hat manchmal eben seinen Reiz. Und hier reiht sich wirklich eine Katastrophe an die nächste. Und dies alles wird mit staubtrockenen Formulierungen und teilweise rabenschwarzen Humor vermittelt, einer tragischen Komödie gleich.

Rezension von Heike Rau

Charlaine Harris
Grabeshauch
Deutsch von Christiane Burkhardt
320 Seiten, broschiert
dtv – Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423212683
ISBN-13: 978-3423212687
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Rafale Yglesias: Glückliche Ehe

Rafale Yglesias: Glückliche Ehe

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Liebesglück und Familienleid!

Selten hat man so genau, so klar, zugleich liebevoll, bitter, traurig und komisch über ein Eheleben geschrieben, wie in dem Roman von Rafael Yglesias. Nach Fast dreißig Jahren geht das Leben einer ungewöhnlichen Ehe seinem Ende entgegen. Nicht etwa die Scheidung droht, sondern Margaret hat Krebs im Endstadium. Beide Partner sind Anfang fünfzig, und die Krankheit trifft sie ins Mark. Nach langem und schwerem Kampf gegen die Krankheit ergibt sich Margaret ihrem Schicksal und akzeptiert ihr Ende. In rührenden Szenen erlebt man eine Frau, die mutig und selbstbestimmt ihr Leben gelebt hat. Mit liebevoller Hingabe sieht man auch ihren drei Jahre jüngeren Mann Enrique, der an ihrer Seite ist, und man glaubt den beiden, dass sie in ihren langen Ehejahren neben der glücklichen Zweisamkeit auch Zeiten des Zweifels und der gegenseitigen Abneigung kennen gelernt haben.

Eingeblendet in die Familiengeschichten mit Abschied und tiefem Schmerz von der kranken Margaret wird über die Jahre des Kennenlernens, der zusammen verbrachten Zeiten und vieler Einzelheiten aus dem gemeinsamen Leben berichtet. Beide Herkunftsfamilien sind jüdischen Glaubens. Wie verschieden sie alle sind, welche Charaktere hier zusammentreffen und an Irritationen leiden: Rafale Yglesias hat sie wunderbar gezeichnet.

Neben Enrique mit seinem unruhigen Liebeshunger und seinen Berufskümmernissen, die ihm als Schriftsteller eine Quelle der Unsicherheit sind, ist Margaret die energische, sichere und zielstrebige Frau.

Jetzt stehen sie alle ratlos vor dem Ende Margarets. Ihre Eltern und besonders die Mutter zeigt sich als die, die sie immer war: beherrschend und tonangebend. Sogar um das Grab und die Beerdigung gibt es Spannungen zwischen Margaret und ihrer Mutter. Mit minutiöser Zeiteinteilung wacht Enrique über den Zeitplan, nach dem sich Freunde und Verwandte von der Kranken verabschieden können.

In selten aufrichtiger und kritischer Weise mischt Rafael Yglesias für seinen Helden Worte der Dankbarkeit mit den Überlegungen für das Weiterleben nach ihrem Tod. Er zeigt den nüchternen Alltag, die irrwitzigen menschlichen Regungen im Angesicht des Todes und erzählt von den Ambivalenzen, die in einer langen Ehe auszuhalten sind. Die komischen Momente wechseln mit den traurigen und man spürt deutlich, dass dieser Roman einem sehr realistischen Bericht gleicht, wie sich ein langes Leben zu zweit gestaltet hat, und wie Trennungen durch den frühen Tod eines Partners aussehen können. Auch hört man, wie es sich anfühlt, mit unterschiedlichem Familienhintergrund zu gemeinsamen Wurzeln zu finden.

Nie werden die Ausführungen blasphemisch, sentimental oder unecht. Nüchternheit und gefühlsbestimmtes Handeln befinden sich im Gleichgewicht und man legt den Roman berührt und ergriffen zur Seite. Genauso ist das Leben: facettenreich, vielschichtig und von Schwankungen betroffen, und R. Yglesias hat es echt und realitätsnah eingefangen. Dieser Roman ist einer der schönsten dieses Frühjahrs für mich!

Rafale Yglesias
Glückliche Ehe
430 Seiten, gebunden
Verlag: Klett-Cotta
ISBN-10: 3608937072
ISBN-13: 978-3608937077

Martine Leavitt: Keturah, Gefährtin des Todes

Martine Leavitt: Keturah, Gefährtin des Todes

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Auf der Suche nach einer neuen Geschichte folgt Keturah dem sagenumwobenen Hirsch in den Wald hinein. Bald muss sie feststellen, dass sie sich verlaufen hat. Drei Tage irrt sie umher, bis sie die Hoffnung verliert, noch nach Hause zu finden. Es bleibt ihr nichts anderes, als auf den Tod zu warten. Auf einem schwarzen Hengst kommt die dunkle Gestalt eines Mannes herangeritten, um Keturah mit sich zu nehmen. Doch das junge Mädchen ist noch nicht bereit. Sie bringt es aber auch nicht übers Herz, einen anderen zu benennen, der an ihrer Stelle sterben soll. Dabei, so erfährt Keturah, wird ihr Dorf bald von der Pest heimgesucht werden. Doch für Keturah ändert das nichts, vielmehr will sie die Bewohner warnen. Mit einer Geschichte, die ihre eigene ist, versucht sie den Tod hinzuhalten und erhält einen Tag Aufschub. Zeit, um eine Liebe zu finden, die größer ist als der Tod.

Der junge Lord John Temsland findet Keturah am Waldrand. Die Freude im Dorf ist groß, als er das Mädchen wohlbehalten zurückbringt. Besonders ihre Großmutter, bei der Keturah lebt, ist erleichtert. Ihren Freundinnen Beatrice und Greta erzählt Keturah dann von ihrem Handel mit Gevatter Tod. Später geht sie zu Sor Lily, der weisen Frau des Dorfes, und bittet um einen Liebeszauber. Sie zahlt einen hohen Preis dafür. Doch nun wird Keturah wissen, wenn sie der Liebe ihres Lebens gegenübersteht. Ist es der Schneider oder der Kantor? Ist es vielleicht sogar John Temsland? Der Liebeszauber schlägt nicht an. Und fast schon ist es wieder Nacht. Ob Keturah den Tod wohl noch einmal hinhalten kann?

Die Geschichte ist traumhaft schön, aber auch unendlich traurig. Keturah muss die Liebe ihres Lebens finden, um dem Tod zu entgehen, doch es will ihr nicht gelingen. So nimmt das Schicksal seinen Lauf.
Die leicht fließende Sprache der Autorin begeistert. Sehr stimmungsvoll kommt die Geschichte daher, zerfließt in Melancholie. Man liest ein Märchen. So stimmt auch das Umfeld. Die Abgeschiedenheit des von Wald umgebenen Dorfes. Der Aberglaube, der für manches Rechtfertigung ist. Die Träume der jungen Mädchen. Und über all dem liegt immer der Tod. Er ist allgegenwärtig, wartet. Doch in dieser Geschichte hat auch er so etwas wie ein Herz und weckt eine ungekannte Sehnsucht in Keturah.

Man ahnt es bald, wer sich mit dem Tod einlässt, kann im Grunde nicht gewinnen. Doch Keturah muss es versuchen, viel zu sehr hängt sie am Leben. Viel zu sehr liebt sie ihre Mitmenschen. Sie ist nicht bereit hinzunehmen, dass anderen Leid geschieht. Dass der Preis, den sie zahlen muss, viel zu hoch ist, merkt sie zu spät. Gevatter Tod ist geschickt im Manipulieren. Man weiß, dass es keine Ende geben wird, wie man es sich wünscht. Und so wird wohl der eine oder andere das Buch am Ende mit einer Träne im Auge aus der Hand legen und noch lange über die Geschehnisse nachdenken müssen und den Tod.

Rezension von Heike Rau

Martine Leavitt
Keturah, Gefährtin des Todes
Aus dem Englischen von Birgitt Kollmann
237 Seiten, gebunden
ab 13 Jahren
Carl Hanser Verlag
ISBN-10: 3446234756
ISBN-13: 978-3446234758

Carol Bruneau: Glasstimmen

Carol Bruneau: Glasstimmen

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Lucy bangt um ihren Mann, seit er diesen Schlaganfall hatte. Lange Zeit liegt Harry im Koma. Der Anblick ist unerträglich schmerzlich. Das Leben ist nicht mehr wie es war. Aber da sind zum Glück noch ihr Sohn Jewel mit seiner Frau Rebecca und ihr Enkel Robert. Lucy ist es unmöglich, jetzt noch an die Zukunft zu denken und so wenden sich ihre Gedanken der Vergangenheit zu. 55 Ehejahre liegen hinter ihr. Es war keine einfache Zeit. Hundert Mal hätte Lucy Grund gehabt, Harry davonzulaufen, doch sie ist geblieben.

Ihr Blick geht zurück ins Jahr 1917. Als das Munitionsschiff explodierte, hätte Lucy ihren Mann beinahe schon einmal verloren. Sie denkt an ihre Tochter Helena, die seither vermisst wird und an den Sohn, Jewel, den sie damals aufgenommen hat. Sie denkt an den schwierigen Neuanfang nach der Halifax-Katastrophe und an das, was seither geschah.

Lucys Mann überlebt. Er erwacht schließlich aus dem Koma. Ob es ihm jemals wieder gut gehen wird, weiß kein Arzt zu sagen. Nach vielen Wochen darf Harry wieder nach Hause. Lucy bekommt ihn zurück als Pflegefall. Immerhin hat sie ihn nun für sich allein und widersprechen kann er ihr auch nicht mehr.

Es ist ein Buch, das sehr stark berührt, das nachdenken lässt, über das Leben. Lucy hätte allen Grund ihren Mann zu hassen. Und doch liebt sie ihn. Sie kann nicht ohne ihn leben. Wieso dies so ist, beschreibt die Autorin in ihrem Buch sehr genau. Als Harry so schwer erkrankt, sinkt ihr Lebensmut ins Bodenlose. Sie klammert sich fortan an die Vergangenheit, obwohl das bedeutet, dass sie Kummer und Leid noch einmal erleben muss. Doch das bringt sie auch ihrer Familie wieder näher.

Die verschiedensten Gefühle kommen in dieser Geschichte zum Tragen. Man gewinnt einen tiefen Eindruck von Lucys Persönlichkeit. Manchmal verschwimmen Gegenwart und Vergangenheit, auch für den Leser. Die beiden Erzählstränge sind dicht miteinander verwoben. Immer wieder hat man direkt Mühe, umzuschalten. Aber das ist auch das Einzige, was es am Buch zu kritisieren gibt. Es ist ein beeindruckendes, wenn auch nicht leicht zu ertragendes Buch, das von einer tiefen Traurigkeit erzählt, die aber am Ende wieder in Hoffnung mündet.

Rezension von Heike Rau

Carol Bruneau
Glasstimmen
Aus dem kanadischen Englisch von Gregor Hens
464 Seiten, gebunden
Mare Verlag
ISBN-10: 3866481217
ISBN-13: 978-3866481213

Martina André: Die Teufelshure

Martina André: Die Teufelshure

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John Cameron hasst den Tod. An der Hinrichtung Henry Strattons hat er kein Interesse. Die Umstände sind allerdings schon spannend. Offiziell soll er an einem Komplott gegen das Parlament beteiligt gewesen sein. Inoffiziell heißt es, dass er die Finger nicht von Lord Chester Cuninghames Mistress lassen konnte. Während die Hinrichtung in vollem Gange ist, wartet John zurückgezogen in einem Pub ab. Ausgerechnet hier lernt er eine junge, bezaubernde Frau kennen, der die Hinrichtung scheinbar sehr zu Herzen geht. John und Madlen MacDonald haben viel gemeinsam, stammen sie doch beide aus den Highlands. Es trifft John hart, als er erkennt, dass Madlen zum schwarzen Lord gehört. Sie ist also die Teufelshure!
Dennoch begegnet John Madlen wieder. Er nimmt eine Einladung von ihr an. Es kommt wie, es kommen muss. Es gibt kein Halten mehr. Als Madlen ihn in ihre Geheimnisse einweiht, entdeckt John, dass er für sie töten würde. Aber fürs Erste beschließen die beiden, zu fliehen. Doch Cuninghame hat längst Pläne mit John und Madlen gemacht. Er steht einer geheimen Bruderschaft vor und ist bereit alles zu tun, um seine Ziele zu erreichen. Beide werden gefasst und John bekommt die Macht des Lords zu spüren, der mit dem Teufel im Bunde ist. Wegen fadenscheiniger Gründe wird John zum Tode verurteilt.

Die Geschichte beginnt in Schottland im Jahre 1647 und ist von der Romantik zwischen den beiden Liebenden geprägt. Die Zeiten sind hart, herrscht doch Krieg. Der schwarze Lord verfolgt John und Madlen ohne Gnade. Immer wieder werden die beiden getrennt. Es ist ein Kampf auf Leben und Tod. Das allein wäre schon spannend genug. Lord Chester Cuninghame hat jedoch ein Geheimnis. Ein mysteriöser Stoff hat ihm zur Unsterblichkeit verholfen. Sein Ziel ist es, die Weltherrschaft zu erlangen. Auch John wird Opfer seiner widerlichen Experimente, die schon so viele Menschenleben gekostet haben.
Man verfolgt den Verlauf der Geschichte mit Spannung, muss mit ansehen, wie John alles verliert.

Genau an der richtigen Stelle, lässt die Autorin neue Aspekt in die Geschichte einfließen. Ein Zeitsprung in die Gegenwart, in das Jahr 2009, sorgt für frischen Wind. Lord Chester Cuninghame hat mittlerweile ein riesiges Imperium aufgebaut. Immer noch experimentiert er im Verborgenen. Es ist erschreckend, zu sehen, wie weit er gekommen ist. Aber auch John hat sich weiterentwickelt und setzt dem schwarzen Lord einiges entgegen. Ins Spiel kommt auch eine junge Wissenschaftlerin, die mit einer neuen Droge experimentiert. Sie beeinflusst das Geschehen auf ihre Weise. John erkennt in ihr Madlen wieder. Vergangenheit und Gegenwart werden auf interessante Weise verbunden. Der Tod ist allgegenwärtig, dabei ist er es, der besiegt werden soll.
Wie man schnell bemerkt, kommen in diesem Buch unterschiedliche Genre zum Tragen. Diese Mischung sorgt für ein perfektes Leseerlebnis.
Die Charaktere, bis hin zur kleinsten Nebenrolle, sind sehr gut beschrieben.
Man hat Spaß am Lesen, wird gut unterhalten und was zum Nachdenken gibt’s auch.

Rezension von Heike Rau

Martina André
Die Teufelshure
662 Seiten, broschiert
Rütten & Loening Verlag
ISBN-10: 335200773X
ISBN-13: 978-3352007736

David Shields: Das Dumme am Leben ist, dass man eines Tages tot ist

David Shields: Das Dumme am Leben ist, dass man eines Tages tot ist

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Eine kleine Lebens–und Sterbetrachtung!

Von der Wiege bis zur Bahre reichen die Stationen, mit denen uns David Shields in seiner „Anleitung zum Glücklichsein“ beglückt. Seine Mischung aus Sachbuch, Fachbuch und Biographie ist von erfrischender Ehrlichkeit.

Er berichtet abwechselnd über entwicklungsbiologische Tatsachen und Statistiken und belebt diese Fakten mit Erfahrungen seiner Beziehungen zu seinem Vater, zur Tochter und in Erinnerungen an seine eigenen Lebensetappen. Das Wechselspiel zwischen eigenen Erfahrungen und Sachinformation, mit denen der Autor aufwartet, ist belebend, und mit Humor zeigt er die Ambivalenzen, denen wir im Laufe des Lebens in verschiedenen Entwicklungsstufen ausgesetzt sind. Da wechseln Phasen zwischen Liebe und Hass, und der versierte Autor zeigt uns, dass diese ethnologisch überall auf der Welt parallel verlaufen.

Von der Entwicklung des Fötus bis zum Alter reichen seine Ausführungen, die er mit Zitaten aus Werken bekannter Philosophen, Abenteurern und Schriftstellern in loser Folge anreichert.

Zu Beginn schon zitiert er Kommentare zu den Hebräischen Heiligen Schriften, in denen es heißt, dass ein Baby mit geballten Fäusten auf die Welt kommt, als wolle es sagen:“ Alles gehört mir. Ich werde alles erben.“ Wenn der Mensch aber von der Welt geht, sind seine Hände geöffnet, als wolle er sagen:“Ich habe nichts von der Welt in meinen Besitz genommen.“

Die Zeit zwischen dem Leben und dem Tod sei gemessen an der Anzahl der Jahre, in denen die Welt besteht, als gering anzusehen.

Der Wechsel von philosophischer Weisheit und erfahrenem Leben macht den Reiz des Werkes von David Shields aus.

Von Beginn an vermerkt er die Gegenpole Leben und Tod als sich ergänzende Komponenten, die von uns Menschen als schwer verstehbare Ereignisse angesehen werden. Seine Aussagen kulminieren in dem Satz, den er in John Updykes „Hasenherz“gefunden hat:“ Die Fülle endet, wenn wir der Natur das Lösegeld gezahlt haben, wenn wir ihr Kinder übergeben. Dann ist sie fertig mit uns, und aus uns wird, erst innerlich, dann auch äußerlich, Abfall. Welke Blumenstengel.“ Mit anderen Worten, “ Sich vermehren und sterben. Fortpflanzen und Vergessen.“

Nicht zuletzt ist das Buch eine Hommage an den Vater von David Shields, den er mit amüsierten und erstaunten Blicken bei seinem Alterungsprozess begleitet. Ihm verdankt er die Liebe zum Sport und zur Sprache. Auf die Frage nach dem Fazit des Lebens antwortet der Vater: „Das Sterben ist einfach. Das schafft jeder. Zu leben ist das Kunststück!“

Die vielen Anekdoten und Zitate, dazu die melancholisch reflektierten Erinnerungen bieten eine sehr persönliche Note.

Ob wir mit den nüchtern -realistischen Betrachtungen dieses kleinen Werkes glücklich werden?

Diese Bilanz unseres Lebens ist radikal, sie ist genau, und sie ist ehrlich und treffend. Es bleibt bei „Einer Art Anleitung zum Glücksein,“ –in Abwandlung des Titels von dem bekannten Kommunikationsforscher Paul Watzlawik, der mit seinem Buch  „Anleitung zum Unglücklichsein“ Maßstäbe gesetzt und die Bestsellerlisten erobert hat.

Mit seinem Buch lag David Shields lange auf den New York Bestellerlisten.

David Shields
Das Dumme am Leben ist, dass man eines Tages tot ist
Gebundene Ausgabe: 256 Seiten
Verlag: C.H. Beck
ISBN-10: 3406592856
ISBN-13: 978-3406592850

Jeremy Page: Tagebuch eines ungelebten Lebens

Jeremy Page: Tagebuch eines ungelebten Lebens

Für Guy hat das Leben keinen Sinn mehr. Sein kleine Tochter lebt nicht mehr. Daraufhin haben seine Frau und er sich getrennt. Guy hat sich zurückgezogen auf sein Boot, ein altes holländisches Frachtschiff. In dieser Einsamkeit setzt er das Familienleben in einem Tagebuch fort. Jeden Tag schreibt er, als wäre seine Tochter noch am Leben und seine Frau bei ihm. Doch nicht nur er sucht auf dem Wasser Ruhe, Geborgenheit und Schutz. So lernt er Marta und ihre erwachsene Tochter kennen. Ihre Probleme beginnt er, an sich heran zu lassen. Er muss dafür ein Stück weit seine Traumwelt verlassen und in die Realität finden.
Das hat Folgen. Die Tagebuchwelt verändert sich, beginnt ein Eigenleben. Der Ton ändert sich. Die kleine Familie bekommt Probleme. Guy fühlt sich bald weder in seinen Gedanken, noch in der Realität wohl. Der Druck wird so groß, dass er bald keinen Ausweg mehr weiß.

Es ist beängstigend zu sehen, wie Guy in einer Trauerphase versinkt, die nicht enden will. Traum und Wirklichkeit vermischen sich. Nur so ist das Leben überhaupt noch auszuhalten. Oder auch nicht. Man macht sich Sorgen um Guy, der immer wieder mit lebensgefährlichen Aktionen den Tod herausfordert.
Die Atmosphäre im Buch, von Trauer und Trostlosigkeit getragen, dürfte so manchen Leser überfordern.
Der Autor findet Worte für ein Schicksal, das beeindruckt und zu Herzen geht. Gefühle werden nachvollziehbar deutlich. Gefühle, die man eigentlich niemals spüren will.
So gut das Buch auch geschrieben ist, es macht unendlich traurig. Am Ende möchte man einen Stift zur Hand nehmen und fortsetzten, was offen endet. Man möchte dem Ganzen irgendetwas Positives geben. Aber irgendwie ist alle Hoffnung dahin.

Rezension von Heike Rau

Jeremy Page
Tagebuch eines ungelebten Lebens
Übersetzt von Andreas Gressmann
416 Seiten, gebunden
Mare Verlag
ISBN-10: 3866481136
ISBN-13: 978-3866481138
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Hans-Jörg Karrenbrock, Miriam Özalp: Abschied für immer

Hans-Jörg Karrenbrock, Miriam Özalp: Abschied für immer

Es gibt Dinge, über die spricht man nicht gerne. Und doch muss man sich auch diesen Themen stellen. Im Buch geht es um das Abschiednehmen, also um den Tod, der nun mal auch zum Leben dazugehört. Der Umgang mit diesem Thema ist nicht leicht, eine Begegnung aber unvermeidbar. Mit dem Ratgeber ist eine Annährung möglich. Die vielen Fragen, die man hat, werden hier beantwortet.

Aufgeklärt wird zunächst über das Geheimnis des Sterbens. Die Autoren erzählen, was mit dem Menschen passiert und mit seinem Körper. Es werden auch Vermutungen angestellt, was nach dem Tod kommen könnte. Dabei finden die verschiedenen Religionen Beachtung. Besonders interessant ist hier die Frage, ob der Mensch eine Seele hat.

Es ist ungeheuer traurig, zu erleben, wenn ein Mensch stirbt. Die Autoren leisten hier Beistand und vermitteln Trost. Ist es kein plötzlicher Tod, dann läuft dieser Vorgang meistens in bestimmten Phasen ab, die im Buch aufgezeigt werden. So lernt man die Gefühle des Sterbenden, aber auch seine eigenen ein wenig besser kennen. Auch die Frage, wie Sterbebegleitung aussehen kann, wird beantwortet. Gerade wer sich hilflos fühlt, findet hier viele Ratschläge.

Was nach dem Tod passiert, wird ebenfalls erörtert. Man erfährt, welche Bestattungsformen es gibt oder welche Rituale nun inszeniert werden. Auch mit der Trauer wird man nicht allein gelassen. Man erfährt wie andere sich fühlen, und diese Gefühle aufarbeiten. Und man liest, wie man den verlorenen Menschen in Erinnerung behalten kann.

Eingegangen wird im Buch auf konkrete und mögliche Situationen. Immer wieder sind Erfahrungen in die Texte eingegliedert. Die Autoren gehen sehr sensibel mit dem Thema um und zeigen sich ausgesprochen verständnisvoll, so dass die Lektüre des Buches tatsächlich schon für ab 10-jährige geeignet ist.
Es wird sehr offen umgegangen mit dem Thema. Die Autoren räumen auf mit Klischees, sind aber sehr offen für das, was Menschen glauben. Mit ihrem Buch versuchen sie Ängste zu nehmen und sie spenden Trost.

Rezension von Heike Rau

Hans-Jörg Karrenbrock / Miriam Özalp
Abschied für immer
Vom Umgang mit Trauer und Tod
128 Seiten, Klappenbroschur
ab 10 Jahren
Verlag Carl Ueberreuter
ISBN-10: 3800016117
ISBN-13: 978-3800016112

Georg Diez: Der Tod meiner Mutter

Georg Diez: Der Tod meiner Mutter

Todesfälle in der Familie : eine Selbstbeobachtung.

Eine Vielzahl von Büchern erscheint jedes Jahr auf dem Buchmarkt, in denen Menschen ihre Todeserlebnisse protokollieren, den nahenden eigenen Tod oder den von Angehörigen.
Tod und Leben gehören zusammen: das sagt sich so leicht! Aber wie sieht die Wirklichkeit aus?
Georg Diez ist einer von jenen, die sich mit der Erinnerung an den Tod der Mutter etwas von der Seele geschrieben haben. Seine Form ist die einer differenzierten Reflexion über eine Mutter, deren Leben ganz im Zeichen der Veränderung stand.

Sie stammte aus einem bürgerlichen Elternhaus, in dem viel Schein und Verlogenheit herrschte. Die Großeltern von Georg Diez gehörten zu jenen Jahrgängen, die den Krieg überlebt hatten und mit der alten Welt ihre eigenen Lebensvorstellungen begraben mussten ohne neue an ihre Stelle setzen zu können. Kinder aus diesen Familien, Georgs Mutter also, gehörten häufig zu den Revolutionären der 68 ziger Generation, die gerne ihre Herkunft über Bord warfen. Sie wussten mit der Zerrissenheit und der unter autoritärem Gebaren verborgenen Scheinheiligkeit ihrer Eltern nichts anzufangen. Protest und Aufruhr waren die Zeichen der Zeit, in die Georgs Mutter hineingeriet. Das Ergebnis war eine tiefe gefühlsmäßige Verunsicherung, die gekoppelt war an eine unbeugsame Selbstbestimmung und die Trennung von ihrem Mann. Nach dem frühen Ende der elterlichen Ehe lebte der Autor abwechselnd beim einen oder anderen Elternteil. Er beschreibt sensible, atmosphärisch deutlich nachspürbare Augenblicke der Fremdheit, die es zwischen seiner Mutter und ihm gab.
Während ihres Sterbens bemüht er sich darum, ihr die angemessene Fürsorge angedeihen zu lassen, und er will wissen, wer sie ist!
Fragen nach der Selbst- und Fremdbestimmung sind Teile seiner Reflexionen, so dass es hier auch um eine Familienstudie geht. Hat die viel beschworene Selbstbestimmung der Mutter ihr wirklich nur Glück und nicht auch Isolation und Einsamkeit beschert?

In seinen Erinnerungen berichtet Georg Diez schonungslos über seine wechselnden Gefühle. Sein eigenes Leben ist angefüllt mit beruflichen und privaten Verpflichtungen. Schwankend zwischen Schuld, Sorge, Angst vor dem Verlust und Ärger über die ständigen Störungen wurden die Gedanken über den Verfall der Mutter ständige Begleiter seines Alltags. Bemerkenswert sind die ambivalenten Gefühle, mit denen die Lebenden den Wechsel zwischen der Aktivität des Alltags und der Teilnahme an der Trostlosigkeit des Untergangs erleben.

Minutiös zeichnet der Autor die Beobachtungen mit der Konfrontation des Todes als existenzielles Erleben auf.
Die Suche nach den Wurzeln der Gemeinsamkeit zwischen ihm und seiner Mutter ist Bestandteil seiner inneren Rückschau.
Es stellt sich hier die Frage, wem die Veröffentlichung dieser Bekenntnisse dienen soll. Ist sie womöglich eine Form exibitionistischer Selbstdarstellung?
Die Begründung liegt ganz einfach neben der Selbstbefreiung im Lerneffekt für andere!
Die Konfrontation zwischen Eltern und Kindern im Angesicht des Todes sind noch viele Erinnerungsbücher wert!

Georg Diez
Der Tod meiner Mutter
Kiepenheur & Witsch
208 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3462041422