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Schlagwort: Überleben!

S. A. Bodeen: Nichts als Überleben

S. A. Bodeen: Nichts als Überleben

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Die 15-jährige Robie wollte eigentlich länger bei ihrer Tante auf Hawaii bleiben. Als diese wegen ihres Berufes keine Zeit mehr hat und für einige Zeit weg muss, bleibt Robie also allein da. Nach einem Vorfall, bei dem ein fremder Mann sie angreift, hat sie Angst und beschließt auf eigene Faust wieder nach Hause zu fliegen. Sie lebt mit ihren Eltern, die Biologen sind, auf dem Midway-Atoll. Robie muss das Versorgungsflugzeug nehmen. Doch die Maschine macht Probleme und stürzt über dem Pazifik ab. Co-Pilot Max sorgt dafür, dass sie mit ins Rettungsfloß kommt. Doch er stirbt wenig später und Robie, die ihn schließlich ins Meer stößt, ist ganz allein. Sie glaubt nicht, dass jemand nach ihr suchen wird, denn es weiß niemand von ihrer Familie, dass sie an Bord war. Auch ist es wahrscheinlich, dass vergessen wurde, sie auf die Passagierliste zu setzen. So wird sie wohl nicht vermisst. Robie muss sich eine gute Strategie ausdenken, um zu überleben.

Es ist sehr spannend zu lesen, wie Robie ihre noch vorhandenen Kräfte bündelt. Sie nutzt alle Möglichkeiten, die sie hat. Doch das ist nicht viel. Wie sie gegen ihre Panik ankämpft, wird sehr gut beschrieben. Sie findet einen sehr fragwürdigen, aber glaubwürdige Weg, der gut nachzuvollziehen ist, und der sie die Angst und die Einsamkeit doch ein klein wenig besser ertragen lässt und der ihr Denken und ihr Handeln anspornt, sodass sie sich nicht ihrem Schicksal ergibt, sondern kämpft.
Dass niemand nach ihr persönlich sucht, ist noch halbwegs glaubwürdig. Aber dass nicht nach Pilot und Co-Pilot oder der abgestürzten Maschine gesucht wird, ist nicht nachvollziehbar. Ein paar kleine Schwächen, die man einfach nicht hinterfragen darf, hat das Buch also. Aber insgesamt gesehen, bietet es eine sehr gute und spannende Unterhaltung.

Rezension von Heike Rau

S. A. Bodeen
Nichts als Überleben
Aus dem Amerikanischen von Friederike Levin
Gulliver von Beltz & Gelberg
221 Seiten, broschiert
ISBN-10: 3407747977
ISBN-13: 978-3407747976
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Richard Ford: Kanada

Richard Ford: Kanada

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Von bösen und guten Gelegenheiten zum Scheitern oder zum Überleben.

Dell ist der Held einer Geschichte, in der es um die Abgründe und wechselvollen Schicksale einer kleinen Familie geht.

Mit dem ersten Absatz ist man mitten in einer Erzählung, in der es um einen Banküberfall und um Mord und Totschlag, aber auch um das Leben und die Verirrungen geht, denen ein jeder in seinem Leben anheimfallen kann.

Aus der Sicht des jungen Dell, Zwillingsbruder seiner Schwester Berner, der um 1960 ungefähr fünfzehn Jahre alt ist, schaut man auf seine Eltern, die so gut wie gar nicht zusammenpassen. Man steht im Wahlkampf für John F. Kennedy. Dells Vater ist ganz auf dessen Seite.

Aus einer Zufallsbegegnung ist die Ehe der Eltern zustande gekommen. Von Beginn an ist sie nicht glücklich, denn die beiden passen so gar nicht zusammen. Neeva Parsons ist kopfgesteuert, vernünftig und rational denkend. Bev Parsons aber ist ein Träumer und Schaumschläger, der sein Leben nicht in den Griff bekommt. Er war bei der Air Force und hat vor kurzem seinen Abschied genommen.

Die Familie lebt in einem armseligen Häuschen in Great Falls/Montana.

Wie in einen Strudel zieht Bev seine Frau mit in ein finanzielles Abenteuer, das für beide vernichtend endet.

Nach einem Banküberfall landen die jungen Eltern mit Mitte dreißig im Gefängnis. Berner haut mit ihrem Freund Rudy ins Unbekannte ab. Dell aber gelangt mit Hilfe einer Freundin seiner Mutter nach Kanada. Hier beginnen seine Abenteuer, die ihn durch Einsamkeit, harte Arbeit und dürftige Unterkünfte auf ein Leben vorbereiten, von dem man nicht weiß, wo es ihn hinführen wird.

In Kanada erfährt er Lebensbedingungen, die extrem sind für einen Jungen von 15 Jahren. Er haust in abgelegenen Hütten und ist zwei Männern mit offensichtlich kriminellen Strukturen ausgeliefert. Mit einfachster Arbeit hilft er aus, wo immer er gebraucht wird und geht sein Leben ohne innere Widerstände an. Wunderbare Landschaftsbeschreibungen und atmosphärisch einprägsame Stimmungen begleiten unseren Helden, der seine Unschuld und Offenheit trotz der gravierenden Erlebnisse nicht zu verlieren scheint.

Hervorragend in Konzeption und Aufbau bannt die Geschichte vom ersten Moment an. Dell sieht mit aufmerksamem Blick und feinem Gespür für alles, was von der täglichen Norm abweicht, wie sich um seine Eltern etwas zusammenbraut, das ihn beängstigt. Das große Können Richard Fords lässt uns durch die Augen Dells erfahren, wie es zu den Abwegen und Fehlentwicklungen seiner Eltern kommen konnte, und wie er in seinem eigenen abenteuerlichen Leben in Kanada seinen Weg findet.

Das melancholische und verständnisvolle Ende beleuchtet eine wichtige Erkenntnis, die Dell auf seinem langen Weg zur Normalität gefunden hat. Sie gipfelt in der Einsicht, dass jeder im Leben eine Chance hat, die man nur nutzen muss. Mit Verlusten umgehen und das Gute im Verborgenen finden lernen ist die große Kunst des Lebens.

Man ist fasziniert und hingerissen von den feinen psychologischen Details, mit denen Richard Ford seine Geschichte fort und fort schreibt. Er ist einer der ganz großen Erzähler amerikanischer Herkunft, dessen Erzähltalent ihn in die unendlichen Gefilde ruhmvoller und anerkannter Schriftsteller einreiht.

Richard Ford
Kanada
464 Seiten, gebunden
Hanser Berlin, August 2012
ISBN-10: 3446240268
ISBN-13: 978-3446240261
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Maria Àngels Anglada: Die Violine von Auschwitz

Maria Àngels Anglada: Die Violine von Auschwitz

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Wer diesen Ort des Grauens überlebt hat, der war begnadet.

„Und ich komme an einen Ort, wo alles Licht erloschen ist.“
Dante, Göttliche Komödie, Die Hölle
Mit diesen Worten im Vorspann befinden wir uns an einem Ort, an dem wirklich die Hölle beherbergt schien. Auschwitz 1941!

Hier krepierten und verendeten buchstäblich die Menschen, denen man im Holocaust jedes Recht auf Leben und alle Würde abgesprochen hatte. In Originaldokumenten aus dem KZ Auschwitz, verfasst und unterzeichnet von den jeweiligen Kommandanten des Lagers, kann man nachlesen, wie und in welcher Form man die Insassen quälen und schikanieren durfte, und auf welche Weise für welche Vergehen man sie liquidieren konnte.

Die Geschichte mit ihren äußeren Bedingungen, die jeden einigermaßen normalen und mit moralischen Grundsätzen vertrauten Menschen schaudern lassen, steht im auffälligen Kontrast zu dem musischen und sensiblen Hintergrund: wir haben es hier mit dem außergewöhnlichen jüdischen Geigenbauer Daniel zu tun. Er ist wie fast alle anderen polnischen Juden in die Mühlen des allgemeinen Untergangs geraten, als er als Geigenbauer im KZ durch Zufall in Erscheinung tritt. Die sadistischen Schergen des Unrechtregimes denken sich eine infame Böswilligkeit für den feinsinnigen aber gequälten KZ-Bewohner aus: bei einer Wette wird ausgemacht, dass er den Auftrag zum Bau einer Geige erhält. Gelingt das Unterfangen, geht eine Kiste Wein an den Lagerkommandanten. Verrichtet er die Aufgabe nicht zur Zufriedenheit seiner Auftraggeber, wird er zu einem medizinischen Menschenversuch freigegeben.

Kann man sich eine grausamere menschliche Handlung auch nur ausdenken?

Eingebettet in die Musik Mozarts und in die Geschichte eines Konzerttrio, das lange nach dem Kriegsende auf Konzertreisen von dieser Geschichte hört, erlebt man noch einmal die unmäßigen Behandlungen der KZ Insassen, ihre erbärmlichen Unterkünfte, den Hunger, die Kälte und den tausendfachen Tod. Es macht einem das Herz gefrieren und lässt einen schaudern. Die wunderbare Sprache mit poetischer Kraft zeigt das herausragende Können der Autorin. Ihr feines Gespür für die Empfindungen der Menschen in aussichtloser Lage ist von anrührender Überzeugungskraft. Fassungslos steht man auch heute noch vor der Erbarmungslosigkeit, wie sie uns in diesem Buch vor Augen geführt wird. Und doch zeigt uns Maria Anglada mit ihrer Geschichte, dass außerhalb aller irdischen Erniedrigungen und Qualen die Musik eine Kraft enthält, die über allem anderen Tröstung und Zuversicht zu geben vermag.

Angerührt und ergriffen legt man das kleine Büchlein zur Seite. Die Autorin Maria Àngels Anglada und die Übersetzerin Theres Moser haben ein überragendes Meisterwerk geschaffen.

Romane wie diese bleiben für immer Mahnmale, die uns erinnern werden, was zu verhindern für alle Zukunft unsere Aufgabe bleiben wird.

Maria Àngels Anglada
Die Violine von Auschwitz
Gebundene Ausgabe: 176 Seiten
Verlag: Luchterhand Literaturverlag
ISBN-10: 363087326X
ISBN-13: 978-3630873268

Überleben!

Überleben!

Februar 1945. Niederschlesien. Die Russen rücken näher. Der Evakuierungsbefehl ist da. Die Großmutter, die schwangere Mutter und die Kinder, die 15jährige Gisel, der 12jährige Erwin, der 6jährige Harald und der noch nicht mal 2 Jahre alte Wolfi müssen zum Bahnhof. Alles was ihnen lieb und teuer ist, müssen sie zurücklassen. Nur was sie schleppen können und was für das Überleben wichtig ist, darf mit. Unterwegs bekommt die Mutter Wehen. Sie muss raus aus dem Zug und in ein Krankenhaus. Die Großmutter verspricht, die Kinder nach Dresden zu bringen und dann zurückzukehren.
Bei einem Zwischenstopp auf einem Bahnhof verlieren die Kinder ihre Großmutter, aus den Augen. Irgendwo steht sie am Schalter an. Dann schrillt die Sirene. Fliegeralarm! Gisel versucht die Kleinen zu beruhigen. Sie muss mit ihnen in einen Luftschutzkeller. Gepäck bleibt zurück und dann verliert sie im Chaos auch noch Harald. In der Damentoilette des Luftschutzbunkers finden die Kinder sich wieder. Doch dann schlagen die Bomben ein. Das Licht geht aus. Die Kinder sind allein. Die Tür lässt sich nicht öffnen. Wenigstens hat Harald den Rucksack mit dem Proviant gerettet. Bald stellen die Kinder fest, dass nebenan jemand sein muss. In der Herrentoilette ist ein Soldat. Er ist schwer verletzt. Durch ein Rohr hindurch können die Kinder sich mit ihm verständigen. Der Mann vermittelt den Kindern, was jetzt wichtig ist, da es dauern kann, bis sie gefunden werden. Die Zeit schleicht dahin.

Das Buch ist ein Geburtstagsgeschenk. Geschrieben von einer Großmutter für ihre Enkelin. Gisela, genannt Gisel, erzählt, was sie um ihren 16. Geburtstag auf der Flucht erlebte. Ganz auf sich allein gestellt, saß sie mit ihren Geschwistern und einem nicht zur Familie gehörenden Mädchen in der Damentoilette des Luftschutzbunkers fest. Es war ein Kampf ums Überleben. Gisel orientierte sich an dem Verhalten, das ihre Mutter, wäre sie da gewesen, an den Tag gelegt hätte. Sie griff die Ratschläge des schwer verwundeten Soldaten von nebenan auf. Die Geschichte ist dramatisch und sehr packend. Sie zeigt jungen Leuten von heute, wie Kinder und Jugendliche den Krieg erlebten, wie ausgeliefert sie den Geschehnissen waren und wie verzweifelt, welches Schicksal sie und ihre Verwandten traf. Dabei wird ihre Sehnsucht nach Frieden und ihr Überlebenswille deutlich gemacht. Gisel wird nicht als Heldin dargestellt. Sie ist ein Mensch mit Fehlern und Schwächen. Doch sie gibt ihr Bestes, entwickelt Stärke und das macht die tragische und unglaubliche tiefgründige Geschichte so glaubwürdig, eine Geschichte, die unter die Haut geht und sehr berührt.

Über die Autorin:
Gudrun Pausewang musste als 16jährige das Elend von Flucht und Vertreibung am eigenen Leib erfahren. Mit ihren Büchern über den Krieg kämpft sie gegen das Vergessen.

Rezension von Heike Rau

Gudrun Pausewang
Überleben!
Ravensburger Buchverlag
220 Seiten, gebunden
für junge Erwachsene
ISBN: 3-473-35254-3
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